Ostermarsch
Bus fährt nicht zum AFRICOM

Nachricht der Deutschen Friedensgesellschaft:

Bitte beachten wegen Anreise Ostermarsch. Der Bus 73 ab degerloch haelt nicht an Africom, bitte nutzt die U5 und U6 ab Hauptbahnhof bis moehringen und anschließend die U3 bis Landhaus. Dann noch 10 min. Fußweg. Sagt es allen weiter.

Vom Hbf fährt um 10:47 eine U6 nach Möhringen. Um 11:11 geht’s weiter mit der U3 nach Landhaus.

Wettern der Woche
Ostern. Western.

Ostern. Western. – Peter Grohmanns "Wettern" vom 16.04.2014

Am 16. April 1917 kehrte Lenin, aus Zürich kommend, in Sankt Petersburg ein. Der Genosse kam über den Stuttgarter Kopfbahnhof und wäre gern ausgestiegen, um seinen Stuttgarter Verleger J.H.W. Dietz Grüß Gott zu sagen – Rot Front sagt man bekanntlich erst später. Die beiden kannten sich seit dem Internationalen Sozialistenkongress 1907 auf dem Cannstatter Wasen, auf dem sich am 18. August 1907 rund 50000 Menschen versammelt hatten (lt.Polizei 100000). Undenkbar, hätte die Polizei Lenin aussteigen lassen! 1907 hatte der Genosse Dietz jenen Kongress und das Meeting bei den Behörden angemeldet. Die Königstreuen machten ihm zur Auflage: 1. Rote Fahnen dürfen nicht zur Verwendung gelangen; 2. Beleidigende Ausfälle gegen die Reichsregierung, die Regierungen der Deutschen Bundesstaaten und befreundeter Staaten müssen unterbleiben. 3. Den Verhandlungen wohnt ein Polizeibeamter in bürgerlicher Kleidung an.

Heute ist alles anders. Jesus lebt, aber Lenin ist tot. Sankt Petersburg hieß nicht für immer, sondern nur für etliche Jahre Leningrad. Das hätte sich kein Prophet nie träumen lassen. Beleidigende Ausfälle gegen befreundete und korrupte Regimes interssieren keine Maus. Und rote Fahnen finden bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten Verwendung – und sei es nur, um die Bürger mal so richtig zu erschrecken. Das klappt deshalb kaum, weil die Bürger nur noch sehr wenig über rote Fahnen, Ausbeutung und Klassengesellschaft wissen: Sie sind im Möbelparadies angekommen. Und was die Polizeibeamten angeht: Die wohnen komplett uniformiert und mit Gesichtsmasken nahezu allen Versammlungen bei, ohne dass es ihnen viel ausmacht, von den „Zivilen“ mal garnicht zu reden. Nur zu lange Reden stören sie. Und schlechte Musik und schlechte Bezahlung. Da sind sie sich nicht nur mit den Krankenschwestern, den Kindergärtnern und Altenpflegern einig, sondern auch mit allen anderen mies bezahlten Jobbern und Aufstockern. Früher wären sie, ohne mit der Wimper zu zucken, mit geballter Faust und roter am 1.Mai aufmarschiert, zu schlechter Musik und den zu langen Reden der Besserverdienenden. Heute ist nur noch die Wurst rot.

Und heute? Da nimmt sich das Volk den 2. Mai als Brückentag: Flug auf die Krim. Best Western Hotel Sewastopol. 19,90 Tag, VP. Fast wie im Kapitalismus, lieber Uljanow.

Mitschnitt
Dr. Matthias Hartwig zum Thema „Kosovo, Krim & co. – Was ist das Völkerrecht noch wert?“

Am Montag, den 14. April 2014 sprach Dr. Matthias Hartwig vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg auf Einladung der AnStifter, Ohne Rüstung leben, DFG/VK, Pax Christi und Kultur des Friedens zum Thema „Kosovo, Krim & co. – Was ist das Völkerrecht noch wert?“

Wie sind die Vorgänge rund um die Krim völkerrechtlich zu bewerten?
Stehen sie in einer Linie mit der Abspaltung des Kosovo von Jugoslawien bzw. Serbien?
Welche Konsequenzen haben diese Vorgänge für das Völkerrecht insgesamt?

Dr Matthias Hartwig: Kosovo, Krim & co. – Was ist das Völkerrecht noch wert?

Leider hatte ich technische Schwierigkeiten (Überhitzung der Kamera), sodass der Mitschnitt insbesondere im Bereich der Diskussion lückenhaft ist.

Von nah bis fern
Wir wern was lern

Liebe Leut,

es ist Zeit, danke zu sagen. Zumindest, wenn Sie zu denen gehörten, die es schon geahnt hatten: Als am Montag der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech im Württembergischen Kunstverein erklärte, wie er sich eine Postwachstumsökonomie vorstellt, mussten wir den Raum fast wegen Überfüllung schließen. Genau für Sie haben wir deshalb einen Mitschnitt der Veranstaltung online gestellt, den Sie sich bequem von zu hause aus anschauen können (und sollten).

Leider können wir für den kommenden Montag nicht versprechen, dass Sie Ihr Sofa nicht verlassen müssen. Dann spricht um 19:30 Uhr Dr. Matthias Hartwig vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg unter dem Titel “Kosovo, Krim & co. – Was ist das Völkerrecht noch wert?” – natürlich wieder im Kunstverein. Nach den wieder dramatischer werdenden Informationen aus der Ostukraine (Besetzungen von Verwaltungsgebäuden) erhoffen wir uns spannende und gleichzeitig unaufgeregte Einblicke.

Das Thema Völkerrecht wird sicher auch einen wichtigen Schwerpunkt des diesjährigen Ostermarsches am Samstag, den 19. April bilden (11:30 Uhr: Start am AFRICOM, Sternhäule; 13:30 Uhr: Lautenschlagerstraße; 14:40 Uhr: Kundgebung auf dem Schlossplatz). Wir wissen leider auch nicht, wie der Demozug vom Africom zur Lautenschlagerstraße gelangt, für einen Fußmarsch sind die 7,5 Kilometer aber doch etwas viel…

Auch recht weit ist es zur internationalen Kunstausstellung Underground, einem grenzüberschreitenden Projekt zum Gedenken an den Beginn des Ersten Weltkrieg, in der Festung Schoenenbourg im Elsass. Ausgehend von 1914 fokussiert sie bewusste und unbewusste Ängste in einer Welt des Terrorismus, der nuklearen Bewaffnung und der latenten Kriegsgefahr. Wir halten die Ausstellung für absolut sehenswert und haben monatliche Exkursionen geplant: Ab 28 Anmeldungen unter underground@die-anstifter.de (30 Euro, WKV-Mitglieder: 28 Euro) geht’s an den Samstagen 31.5., 28.6., 26.7., 30.8., und 27.9.2014 mit dem Bus ins Elsass. Natürlich können Sie auch nicht so betuchten Mitmenschen eine Exkursion ermöglichen: AnStifter-Stichwort “Underground”, IBAN: DE31 4306 0967 7000 5827 01, BIC: GENODEM1GLS. Weitere Informationen zur Ausstellung: www.kontur-stuttgart.de.

Ein aufklärerisches Grüßle senden

Peter Grohmann & Fritz Mielert

PS: Am Montag hatten wir versprochen, Infos zu den Stuttgarter Repair Cafés in den Newsletter zu packen: Ein auf Elektronik spezialisiertes Repair Café findet alle drei Monate in Wangen statt, ein weiteres im Westen kommt langsam in die Gänge. Was uns vorliegt haben wir unter die-anstifter.de aufgelistet.

Ach, bitte unsere sonstigen Termine nicht vernachlässigen.

Niko Paech
Vom Wachstumsdogma zur Postwachstumsökonomie

Mitschnitt eines Vortrags vom 7. April 2014 im Württembergischen Kunstverein auf Einladung des Klima- und Umweltbündnisses Stuttgart, der AnStifter, der Kaktus-Initiative innerhalb der IHK und des BUND Stuttgart.

Niko Paech: Vom Wachstumsdogma zur Postwachstumsökonomie

Die lang gehegte Hoffnung, dass wirtschaftliches Wachstum durch technischen Fortschritt nachhaltig oder klimafreundlich gestaltet werden kann, bröckelt. Weiterhin scheint ein auf permanente ökonomische Expansion getrimmtes System kein Garant für Stabilität und soziale Sicherheit zu sein. Darauf deuten nicht nur die Eskalation auf den Finanzmärkten und die Schuldenkrisen hin, sondern auch die Verknappung jener Ressourcen („Peak Everything“), auf deren unbegrenzter und kostengünstiger Verfügbarkeit das industrielle Wohlstandsmodell bislang basierte. Zudem nährt die sog.„Glücksforschung“ den Befund, dass Steigerungen des monetären Einkommens ab einem gewissen Niveau keine weitere Zunahme des subjektiv empfundenen Wohlbefindens hervorruft. Folglich ist es an der Zeit, die Bedingungen und Möglichkeiten einer Postwachstums-Ökonomie auszuloten. Letztere ist das Resultat eines prägnanten Rückbaus arbeitsteiliger, geldbasierter und globalisierter Versorgungsmuster. Stattdessen werden Suffizienz und urbane Subsistenz als Ergänzung eines merklich reduzierten und zugleich umstrukturierten Industriesystems bedeutsam sein. Aus Konsumenten werden souveräne Prosumenten, die mittels reaktivierter Subsistenzressourcen (z.B. Handwerk) zur gemeinschaftlichen Versorgung beitragen. Zudem ist die Postwachstumsökonomie durch Sesshaftigkeit gekennzeichnet, also durch Glück ohne Kerosin.

Prof. Dr. Niko Paech ist Wirtschaftswissenschaftler und vertritt den Lehrstuhl für Produktion und Umwelt an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Er forscht und lehrt unter anderem in den Bereichen Klimaschutz, nachhaltiger Konsum, Umweltökonomik, Sustainable Supply Chain Management, Nachhaltigkeitskommunikation, Diffusionsforschung, Innovationsmanagement und Postwachstumsökonomik. Momentan ist er u.a. Vorsitzender der Vereinigung für Ökologische Ökonomie (VÖÖ) und gehört unter anderem dem Post Fossil Institut (PFI) an.

13. Mahnwache am 12.4.2014 – Wir warten weiter auf die Antwort des Justizministers!

Die 13. Mahnwache fand am Samstag, 12. April 2014,  in Stuttgart (Schlossplatz) statt.

Wir hatten am 12. Februar 2014 Justizminister Stickelberger einen Offenen Brief zugestellt – und warten weiter auf seine Antwort!

Mit den Mahnwachen jeweils am 12. des Monats werden die General-/Staatsanwaltschaft und das Justizministerium in Stuttgart immer wieder an ihre Verantwortung für die Gerechtigkeit erinnert, bis das
Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen wird.

Nach dem Tod mehrerer Beschuldigter und nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe kann es sich gegenwärtig nur noch gegen 1 (einen) Beschuldigten richten. Er wird seit Monaten auf seinen Gesundheitszustand und seine un/mögliche Verhandlungsfähigkeit untersucht.

#TTIP
Versetzt Campact die USA in Angst und Schrecken?

Die USA verweigern der Campact-Campaignerin Maritta Strasser ein Visum. Dieses bräuchte sie dringend, um im Mai an einem Treffen internationaler Umwelt-, Bürgerrechts- und Verbraucherschutzorganisationen teilzunehmen, die in den Vereinigten Staaten ihren Widerstand gegen das transatlantische „Freihandelsabkommen“ TTIP vernetzen wollen.

“Die USA versuchen offenbar jetzt schon mit Einreiseverboten, den Widerstand der Zivilgesellschaft gegen das Freihandelsabkommen zu brechen und mit Schikanen Aktivisten einzuschüchtern. Damit greift das Mutterland der Demokratie zu Methoden, wie sie sonst nur autokratische Staaten kennen. Jetzt muss sich Außenminister Steinmeier einschalten, das Vorgehen der Amerikanischen Botschaft verurteilen und die Erteilung des Visums erwirken”, lässt sich Felix Kolb, Geschäftsführer von Campact, zu dem Fall in einer Pressemitteilung zitieren.

Häufig wünscht man sich in der politischen Arbeit gerade einen solchen Fall: Der Gegner reagiert mit unverhältnismäßiger Härte, baut das Schema David gegen Goliath plakativ auf und sorgt so für eine Mobilisierung. Hoffen wir mal, dass es in diesem Fall genau so läuft und wir alle zusammen das unmögliche Abkommen noch verhindern können.

Disclaimer: Der Autor war selbst Campaigner bei Campact.

Zeitungsstreik in Stuttgart
Videos der Kundgebung vom 1.4. online

Zeitungsstreik, verdi-Kundgebung in Stuttgart, 01.04.2013:

1. Ergebnis der Streikversammlung, G. Manthey

Gerhard Manthey: Ergebnis der Zeitungsstreik-Versammlung, Stuttgart, 01.04.2014

2. Wolfgang Schorlau, Schriftsteller

Wolfgang Schorlau, Schriftsteller bei der verdi-Zeitungsstreik-Kundgebung, Stuttgart, 1.4.14

3. Brigitte Loesch, MdL, Vizepräsidentin des Landtages

Brigitte Loesch, MdL, bei der verdi-Zeitungsstreik-Kundgebung, Stuttgart, 1.4.14

4. Peter Grohmann für mehr Zensur

Peter Grohmann für mehr Zensur, verdi-Zeitungsstreik-Kundgebung, Stuttgart, 1.4.14

5. Kahlschlag-Protest-Song

Kahlschlag-Protest, verdi-Zeitungsstreik-Kundgebung, Stuttgart, 01.04.14

6. Vom Streiken lernen, Joe Bauer

Vom Streiken lernen, Joe Bauer, Stuttgart, 01.04.2014

Herzlichen Dank an fluegel.tv für die Filmerei!

#TTIP
Mitschnitt eines Vortrags von Harald Klimenta

TTIP Free Trade ? - Dr. Harald Klimenta - der 43. Neue Montagskreis

Vortrag und Diskussion mit Dr. Harald Klimenta, Peter Conradi und Petra Bewer am 31. 03. 2013 im Theaterhaus Stuttgart unter dem Titel „Der transatlantische Handelspakt – zu wessen Freud` und wessen Leid?“

„Wir wollen, dass die Verhandlungen zum geplanten Freihandelsabkommen mit den USA erfolgreich zum Abschluss geführt werden“, erklären CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag vom 27.11.2013. Über dieses Abkommen (TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership) hat eine lebhafte und kritische öffentliche Diskussion begonnen. Wem nützt, wem schadet es? Wer verhandelt und unterzeichnet dieses Abkommen, das zu einer transatlantischen Freihandelszone (TAFTA – Trans-Atlantic Free Trade Agreement) führen soll?

Dr. Harald Klimenta ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von Attac und Autor von zahlreichen Veröffentlichungen zu sozialen, ökologischen und ökonomischen Themen, zuletzt Co-Autor und Koordinator des Attac-Basistextes „Die Freihandelsfalle“.

Ein herzliches Dankeschön für den Mitschnitt geht an Bernd D. Behnk von Omnipress.

Wettern der Woche
Schwarze Tage

Schwarze Tage – Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 02.04.2014

Während in Berlin die ersten Mitarbeiterinnen des BND in den Untergrund gehen und ihre Stellungen ausbauen, mosert der Spitzel der Grünen, der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, das alles sei ein schwarzer Tag für Deutschland und die Stellungen viel zu „mächtig, riesig, hässlich und ungeheuer teuer“.

Ach, wenn’s doch der einzige schwarze Tag wäre! Erstens, Hans-Christian, ist das alles demokratisch besprochen und legitimiert, von der Schwarzen, den Grünen, dem Gelben, als es sie noch gab, und den Rosa-Roten. Demokratie hat eben auch Nachteile – häufig gewinnen die Falschen wie in Frankreich oder in der demokratischen Volksrepublik Türkei.

Da braucht es natürlich Geheimdienste aller Couleur, dort wie da, die mitregieren, die den Regierungen und, wenn’s unbedingt sein muss, auch dem Volke die Wahrheit sagen, früher oder später. Meistens später und oft zu spät.

Die Wahrheit ist dehnbar wie ein Schlüpferbändel aus Gummi, wusste meine Omi Glimbzsch in Zittau. Mal so gesehen: Ob nun von Frau Merkel 250 oder 350 Telefonate gespeichert wurden, ist unerheblich angesichts der Tatsache, dass unsere Gutste allein in einer Woche 600 Mal telefoniert – seit Beginn ihrer Amtszeit vor mehr als 13 Jahren sind das 325 000 Telefonate. Wer hört eigentlich Sigmar Gabriel ab und warum nicht? Wer hört Nietzsche ab oder Siemens-Chef Joe Kaeser oder den Freund aller Kanzler, den Deutschbanker Jürgen Fitschen?

Mahnungen, Warnungen oder Hinweise auf gestern werden ungern gehört oder gelesen. Etwa, wenn es da heißt, dass zwischen 1941 und 1942 faktisch die gesamte jüdische Bevölkerung, Sinti, Roma etc. pp. in der Ukraine und auf der Krim von uns ermordet wurden. Diesbezüglich hört auch mich niemand, und selbst wenn: Es sind zu wenige.

Zu unserem weisen Sokrates kam jüngst einer und begann zu plappern und zu plaudern. „Langsam, Junge“, stoppte Sokrates und fragte seinen Besuch: „Hast du denn das, was du mir sagen willst, auf die Wahrheit hin geprüft?“ Der Gast schüttelte den Kopf und sagte: „Aber ich hab’s gehört!“ Genosse Sokrates lächelte: „Behalt’s für dich.“ Manches behalte ich für mich. Das hier nicht.

Das Wettern der Woche stellt Peter Grohmann Kontext:Wochenzeitung zur Verfügung.

Newsletter
Was kommt nach dem Ende?

Na, haben Sie heute auch schon eine Grenze zu spüren bekommen? Einen Moment, in dem einfach nicht mehr machbar war? Ja? Dann geht’s Ihnen wie den Ölvorräten, den Ackerflächen, den Süßwasserreservoirs. Seit Jahren geistert Peak Oil schon durch die Debatten und wird mittlerweile flankiert von Peak Soil und Peak Water. Inzwischen ist sogar vom Peak Everything die Rede, da wir in immer mehr Bereichen die Belastungsgrenzen unseres Ökosystems erreichen. Damit bröckelt eben jenes Dogma, das die Grundlage unseres Wirtschaftssystems und des industriellen Wohlstandsmodells bildet: Das Wachstum. Auch die lang gehegte Hoffnung, dass wirtschaftliches Wachstum durch technischen Fortschritt nachhaltig oder klimafreundlich gestaltet werden kann, scheint endgültig zur Illusion zu werden.

Uns bleibt folglich nichts anderes übrig als die Bedingungen und Möglichkeiten einer Postwachstums-Ökonomie auszuloten. Wie wir den Ausstieg aus dem Wachstumswahn schaffen können und was dessen Platz einnehmen könnte, wird uns der Wirtschaftwissenschaftler und Vordenker einer Postwachstumgsgesellschaft Niko Paech am Montag, den 7. April ab 20 Uhr im Württembergischen Kunstverein erläutern.

Ach, und wenn sie schon vorher etwas infrage stellen oder sich das Handwerkszeug zulegen wollen, um den Ausstieg aus dem Wachstumswahn zu schaffen, hätten wir auch eine spannende Veranstaltung zu bieten: Am Donnerstag, den 3. April um 19 Uhr natürlich auch wieder im Kunstverein stellen uns Annette Ohme-Reinicke und Peter Grohmann „Die Subversive Theorie“ von Johannes Agnoli vor. Das Buch beinhaltet eine „Reise quer durch die Geschichte der Theorie der menschlichen Rebellion gegen jede Form von Macht und der Unterdrückung“ bis in die Gegenwart.

Wir springen Ihnen zu viel zwischen Themen herum? Sie haben recht. Damit ist wirklich kein Blumentopf zu gewinnen. Deshalb haben wir speziell für Sie noch schnell die Veranstaltung “Kosovo, Krim & co. – Was ist das Völkerrecht noch wert?” organisert, mit der wir weiter über die Ukraine und die Folgen der Krim-Krise nachdenken wollen. Am 14. April ab 19:30 Uhr wird uns Dr. Matthias Hartwig vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht mit Informationen versorgen (auch diesmal im Kunstverein).

Rebellische Grüße

Peter Grohmann & Fritz Mielert

PS: Wettern der Woche über Drohnen 
PPS: Unsere erste Veranstaltung zur Ukraine als Mitschnitt
PPPS: Demo zum Themenkomplex Frieden, Demokratie und “Freihandel”am 12.4., 13 Uhr, Schlossplatz Stuttgart & eine Woche später, am 19.4., 11:30 Uhr, Ostermarsch mit Start am AFRICOM, Sternhäule

Falls Sie für die Termine oben nicht zu gewinnen sind…

Nachgeschaut
Die Friedensbewegung 2014

Am Donnerstag standen sie plötzlich in der DenkMacherei: Zwei junge Männer, die unter dem Motto „Friedensbewegung 2014“ innerhalb von zwei Wochen in Stuttgart – genauer am Samstag, den 12. April um 13 Uhr auf dem Schlossplatz – eine Demonstration aus dem Boden stampfen wollen. Auf Facebook haben sich die beiden kennengelernt – und haben sich nach eigener Aussage vorher noch nie politisch engagiert  und nur wüssten, wie man „Demo“ schriebe. Ihr erster Anlaufpunkt sei die Mahnwache gegen Stuttgart 21 am Hauptbahnhof gewesen. Wer sonst sollte ihnen bei ihren ersten Schritten weiterhelfen? Die Mahnwache schickte sie dann ins Parkschützerbüro weiter, wo sie auf die lokale Rechtshilfegruppe, den AK Jura, stießen. Der impfte sie mit den rechtlichen Fragen zur Versammlungsanmeldung und zu Versammlungen insgesamt, leitete sie weiter zum Ordnungsamt und gab ihnen den Tipp, anschließend bei mir in der DenkMacherei vorbeizuschauen.

Zwei frisch gebackene Versammlungsleiter sind sie also. Thematisch kreisen sie rund um Frieden, „Volkssouveränität“, Gentechnik, Banken und das Freihandelsabkommen mit den USA. Sie berichteten davon, wie groß die Bewegung schon auf Facebook sei, dass sich bundesweit schon an die zwanzig Gruppen gefunden hätten, die Demos organisieren wollten und wie sie in dem Netzwerk ihr Projekt gegen Kritik verteidigten. Über eine Stunde lief das intensive Gespräch. Wir unterhielten uns über Fragen der Mobilisierung vom Presserecht bis zu Terminplänen und großen Verteilern, sammelten mögliche RednerInnen und Zielgruppen und versuchten, den Bedarf an Bühnentechnik zu bestimmen.

Ich bin begeistert vom Wissenshunger der beiden – aber auch misstrauisch: Klar, ich bekomme gerade nicht mit, was auf Facebook läuft. Dafür habe ich einfach keine Zeit. Doch wie lief es mit anderen Internet-Protesten? ACTA ging weitgehend in die Hose. Teilnehmende waren häufig enttäuscht von der Unprofessionalität, engagierten sich aber auch nicht weitergehend, um das Manko zu beheben. Zumindest mein Bürokollege Roland Blach, seines Zeichens Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft Baden-Württemberg, hat die Initiative schon auf Facebook entdeckt und „geliked“.

Was mir besondere Schwierigkeiten bereitet ist der für sie wichtige Begriff der Volkssouveränität. Immer wieder kommt in ihren Ausführungen das Wort Volk auf. Handelt es sich um eine rechte Unterwanderung oder um einen unbedachten Umgang? Ich tippe bisher eher auf letzteres zumal sie sich klar von Extremismus distanzieren, stolz darauf sind, wie viele Menschen mit ausländisch klingenden Nachnamen sich auf Facebook mit ihnen solidarisieren und sie sich als Mitte der Gesellschaft bezeichnen.

Freitag trafen wir uns erneut: Sie hatten mich zu einem ersten Treffen ihres Orgakreises auf die Fildern eingeladen. Sechs Männer und eine Frau debattieren Stunden über Themen, Motto, Aufgabenteilung und Umgang auf Facebook. Anschließend steht die Veranstaltung, die nur die erste in einer ganzen Reihe werden soll, unter dem Titel „FRIEDEN in Deutschland, in Europa, weltweit!!! DEMOKRATIE durch echte Mitbestimmung der Bürger/innen!!! GENMAIS STOPPEN Freihandelsabkommen (TTIP) verhindern!!!“

Natürlich ist diese Themenmischung immer noch problematisch. Schließlich lassen sich hinter einer thematisch klar abgegrenzten Demonstration mehr Menschen versammeln als hinter einer Mischung, die weitestgehend darauf ausgelegt ist, die Bedürfnisse im Orgateam abzudecken. Doch in dieser Situation, in der alle aufgeregt sind, ist das Ergebnis wahrscheinlich das erreichbare Maximum.

Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.

PS: Eine Debatte zur Friedensbewegung insgesamt läuft auf den Nachdenkseiten

Baustelle öffentliches Leben

Stuttgart im März 2014: Die wichtigsten öffentlichen Gebäude werden wegen Umbau, Ausbau oder Abriss eingezäunt. Der Landtag, das Innenministerium, die ehemalige Stadtbücherei/kommendes Stadtarchiv, das Neue Schloss, die Villa Berg, der Fernsehturm und das Schauspielhaus. Nicht zu übersehen: ein gewisser Hauptbahnhof mitten in der Stadt.

Die Zugänglichkeit zu öffentlichen Gebäuden ist erschwert und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Es scheint so als würde das öffentliche Leben still stehen, oder sich zumindest im Umbruch befinden. Aber was für ein Umbruch? Aufbruch in eine neue offene Zivilgesellschaft? Oder bloß Abbruch der veralteten Infrastuktur?

Wie geht es eigentlich weiter mit der Villa Berg? Wenn das Innenministerium ersatzlos abgerissen würde, wer würde sich beschweren? Wer weiß schon wo der Landtag zur Zeit tagt?  Was macht der Anblick all dieser Zäune um öffentliche Gebäude mit den Bewohnern und Besuchern? Darf das Thema überhaupt ästhetisch diskutiert werden? Werden Bauzäune Normalität oder bleiben sie die Ausnahme?

mehr…

Termine im April 2014

Dienstag, 1.April 2014, 20 Uhr
Die biologische Lösung – Die deutsche Justiz und das SS-Massaker von Sant’Anna

Einführung: Eberhard Frasch
Lesung: Hermann Abmayr
aus dem Buch Politische Justiz in unserem Land
Eine Sammlung von Beispielen, herausgegeben von Jörg Lang für Die AnStifter und die Kontext:Wochenzeitung
Veranstalter: Geschichtswerkstatt Tübingen u.a.
Ort: Kulturamt Tübingen, Nonnengasse 19, Tübingen
Mehr …

Donnerstag, 10. April, 19  Uhr
Vor der Wand
Lesung: Michael Göring, Hamburg
Ort: Theodor-Heuss-Haus, Feuerbacher Weg 46, Stuttgart
Mehr zum Buch …     zur Veranstaltung …

Sonntag, 13. April 2014, 11 Uhr
Georg-Elser-Freundeskreis
Gedenken zum Jahrestag der Ermordung Georg Elsers
„Befreiende Erinnerung an einen listenreichen Schreiner“

Redner: Hellmut G. Haasis, Eberhard Frasch (AnStifter-Initiative-Sant’Anna)
Musik: Dieter & Dieter
Ort:  Georg-Elser-Gedenkstein in Heidenheim-Schnaitheim (Fischerweg)
Zum Bericht über die Veranstaltung in der Heidenheimer Zeitung

 

Ukraine
Aufzeichnung der Podiumsdiskussion

Am Montag den 24.03.2014 fand um 19:30 Uhr im Württembergischer Kunstverein (WKV) Stuttgart unsere Podiumsdiskussion zum Thema ”Desinformation, Irritationen, Halbwahrheiten: Was ist los in der Ukraine?” statt. Mitveranstalter waren Ohne Rüstung leben und DFG/VK. Auf dem Podium saßen Andreas Zumach (taz), Paul Russmann (Ohne Rüstung leben) und Martin Zeis (attac).

Cams21 war so freundlich, die Podiumsdiskussion aufzuzeichnen:

Podiumsdiskussion: Was ist los in der Ukraine 24.03.2014

Unterstützt wurde diese Veranstaltung von Kultur des Friedens und AK Demokratie.

Materialien zur laufenden Debatte

  • Historische Kartendaten: geacron.com (leider ohne die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik getrennt auszuweisen)
  • Putin-Rede: offizielle englische Version, deutsche Übersetzung
  • Charta von Paris für ein neues Europa: Wikipedia, Originaldokument
  • Offener Brief von Kultur des Friedens zur Berichterstattung: PDF
  • Zusammensetzung der Übergangsregierung: Wikipedia
    „Obwohl Jarosch und anderen Mitgliedern der Gruppe bei der Regierungsbildung verschiedene Posten angeboten wurden, gehört der Prawyj Sektor der am 27. Februar gebildeten ukrainischen Übergangsregierung nicht an. Hingegen stellt die mit dem Rechten Sektor verbündete Swoboda-Partei im Kiewer Kabinett mehrere Minister, einen Vizepremier und den Generalstaatsanwalt Oleg Machnitzkij. Der neue Sekretär des Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Andrij Parubij, kooperierte als „Kommandant“ des Maidan eng mit dem Führer des Rechten Sektors, Dmytro Janosch.“ Wikipedia
  • Prawyj Sektor/Rechter Sektor: Wikipedia
  • Abgefackelte KP-Büros in der Westukraine: Hierzu konnte ich keine seriösen Quellen finden. Z.B. die Berliner Zeitung berichtete allgemein über verwüstete Parteibüros.
  • Website: russland.ru
  • Gewaltsamer Übergriff auf TV-Direktor in der Ukraine, dessen Anführer, Igor Miroschnitschenko Mitglied des Parlamentsausschusses für Pressefreiheit ist: Youtube-Video
  • Netzwerk deutschsprachiger Journalisten, die hierzulande die Debatte prägen: Nachdenkseiten

Wettern der Woche
Fingerjucken

Wo die Drohnen fliegen – Peter Grohmanns "Wettern" vom 26.03.2014

Klar, dass es nun manche in den Fingern juckt, dass sie am liebsten blankziehen würden, losballern, wenn sie könnten, was sie dürften, wie sie wollten. Stellen wir uns bloß mal vor, was für eine Entbehrung für viele: jahrzehntelang nur kalter Krieg und anschließend warmer Frieden. Wie stolz waren die Europäer allesamt, als sie zum Endes jedes Jahrzehnts mit tränenerstickter Stimme verkünden konnten: Kein Krieg in Europa seit 1945! Griechenland zählte bekanntlich damals, 1948, nicht zu Europa, und Jugoslawien erst, seit es verkuppelt und kaputtgemacht wurde. Und Bürgerkriege oder Volksaufstände werden ja nicht mitgerechnet, nicht in echt, also Ungarn, CSSR, Polen oder so …

Zugegeben, dabei waren wir immer wieder mal, aber nie so richtig vollberechtigt. Wegen der Skrupel. Skrupel sind ganz schlecht für einen Krieg. Irak, Iran, Afghanistan, Pakistan – je nun! Aber die Welt darf niemals vergessen. Auch nicht, dass faktisch 500 Meter Luftlinie von meinem Rechner entfernt Stuttgart-Vaihingen und Stuttgart-Möhringen liegen und dass ohne die Vaihinger und Möhringer weltweit faktisch kriegsmäßig gar nichts läuft!

Auf den Fildern, wo sonst Krauts wachsen würden, koordinieren zwei Stützpunkte die US- und NATO-Kriegslogistik. EUCOM kümmert sich um NATO-Einsätze oder andere Kriege. Von Stuttgart aus wurden unter anderem der erste Irakkrieg, der Jugoslawienkrieg und auch der Nachschub für den zweiten Irakkrieg im Jahr 2003 koordiniert. Das ist nicht alles. Seit 2008 residiert hier auch auch AFRICOM (in Möhringen). Alles was bei den Schwarzen in Sachen Krieg so läuft oder zum Laufen gebracht werden muss und mit strategischen Stützpunkten, Gas, Öl oder anderen Rohstoffen zu tun hat, läuft hier querfeldein über den Artikel 26.1 des Grundgesetzes. Kriegsstützpunkte also – aber mehr können wir im Moment noch nicht für euch tun.

Der Stuttgarter an sich hört so was verständlicherweise gar nicht gern, ja, er hört regelrecht weg, sollte zufälligerweise in der Stadt die Rede darauf kommen. Da ist er wie alle andere Landsleute auch: wegducken.

Frau von der Laien weiss natürlich nicht, was wir hier alles in petto haben. Kein Drohnenangriff niemals nirgends, der nicht über Stuttgart gelaufen ist oder läuft. Logisch – wir könnten mehr tun. Beispielsweise erst einmal NATO-Truppen an den russischen Grenzen aufmarschieren lassen, sagt unser Flintenweib. Nur so, zum Spaß. Nu guggemal, Iwan, würde meine Omi Glimbzsch in Zittau sagen und die Vorräte in ihrem Luftschutzbunker erneuern.

Das Wettern der Woche stellt Peter Grohmann der Wochenzeitung Kontext zur Verfügung.

#Didacta
Hilferuf von LobbyControl

Eben erreichte uns der unten stehende Aufruf von LobbyControl, um den Lobbyismus an unseren Schulen einzudämmen. Unsere Büropartner von der Deutschen Friedensgesellschaft sind auch vor Ort auf der Bildungsmesse Didacta und greifen sich mit der Präsenz der Bundeswehr an Schulen ein ganz ähnliches Thema heraus.

Morgen startet die Bildungsmesse Didacta in Stuttgart.

Das heißt: rund 900 Aussteller stellen ihre neuesten Lehr- und Lernmaterialien vor. Darunter auch Unternehmen und Verbände, die versuchen ihre Inhalte in die Schulen zu tragen.

Vor dem Hintergrund unseres Diskussionspapiers „Lobbyismus an Schulen“ werden wir die Messe die ganze Woche hinweg kritisch begleiten, über
Einflussnahme und Meinungsmache an Schulen berichten und aufzeigen, was man dagegen tun kann.

Doch dafür brauchen wir Ihre Hilfe!

Wir suchen noch ehrenamtliche HelferInnen, die uns am Freitag- oder/und Samstagvormittag vor der Messe Stuttgart beim Verteilen unserer lobbykritischen Flyer zu Meinungsmache an Schulen unterstützen.

Treffpunkt: Vor der Messe Stuttgart, den genauen Treffpunkt werden wir kurzfristig mitteilen.
Uhrzeit: Freitag ab 9:30, Samstag ab 9:00
Kontakt: felix.kamella@lobbycontrol.de, 0221-1696507

Über Ihre Unterstützung würde ich mich sehr freuen. Bitte melden Sie sich bei Interesse per E-Mail an und teilen mir den Tag mit, an dem Sie dabei sind.

Und wir AnStifter freuen uns natürlich auch!

Postwachstum
Gespräch mit Niko Paech

Am 7. April um 20 Uhr kommt Niko Paech auf Einladung vom Klima- und Umweltbündnis, der Kaktus-Initiative, dem BUND und den AnStiftern zu einem Vortrag nach Stuttgart in den Württembergischen Kunstverein.

Zur Einstimmung auf die Veranstaltung ist ein Gespräch ganz spannend, das der Deutschlandfunk im November letzten Jahres mit dem Wirtschaftswissenschaftler führte.

Newsletter
Schon wieder die AnStifter – diesmal zur Ukraine

Liebe Leute,

«der Westen betreibt [in Bezug auf Russland] das, was die Amerikaner in lichteren Momenten „Pitbull-Politics“ getauft haben: Ohne nachzudenken, geht man auf den anderen los, mit der animalischen Härte der Instinkte. Pitbull-Politics ist per Definition eine Politik mit gefletschten Zähnen, aber ohne Hirn. In der politischen Kampfarena sieht das dann so aus: Nato-Einheiten werden an die Grenze Russlands verlegt, Wirtschaftssanktionen vorbereitet, Feuerwerke an Beschimpfungen gezündet.»

So kommentierte Gabor Steingart letzte Woche im Handelsblatt die internationale Lage rund um die Ukraine. Höchste Zeit, einmal innezuhalten, zu versuchen, die Situation zu verstehen und über Auswege nachzudenken. Wir wollen uns diese Zeit nehmen und haben die VeranstaltungDesinformation, Irritationen, Halbwahrheiten: Was ist los in der Ukraine? aus dem Boden gestampft (Montag, 24.3., 19:30 Uhr, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart). Bisher haben Andreas Zumach von der taz und Paul Russmann von Ohne Rüstung leben für die von Martin Zeis (attac) moderierte Podiumsdiskussion zugesagt. Von offiziellen Stellen kamen leider nur Absagen, was wir natürlich persönlich nehmen. Trotzdem sind wir zuversichtlich, dass uns das geballte Wissen auf dem Podium auch so schon einen guten Einblick in den Konflikt gewähren wird.

Machen Sie’s gut! Wir sehen uns Montag im Kunstverein.

Peter Grohmann und Fritz Mielert

PS: Gewettert wurde diese Woche – zumindest nicht filmisch. Kontext wurde diese Woche von der Reportageschule in Reutlingen geentert…
PPS: Unsere Friedenspreisträgerin von 2011 hat ein Mädchen geboren. Es soll nicht beschnitten werden und wäre dann eines der ersten Mädchen im Norden Kenias, das um diese Verstümmelung herumkommt. Drücken wir ihr die Daumen!
PPPS: Noch anderthalb Wochen läuft die Einreichungsfrist für den Stuttgarter Friedenspreis 2014. Wo bleibt Ihr Vorschlag?vorschlag@stuttgarter-friedenspreis.de
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PPPPPS: Lesenswerte Rede von Jürgen Lodemann zum 100. Geburtstag von Thaddäus Troll

Sonst ist leider gerade tote Hose…

Jürgen Lodemann zum 100. Geburtstag von Thaddäus Troll

Zum 100. Geburtstag von Thaddäus Troll hielt der Schriftsteller Jürgen Lodemann am Montag, den 17. März, auf einen Festakt im Stuttgarter Rathaus die folgende, schöne Rede.

Verehrte Troll-Versammlung,

hier sollte bekannt sein, was Trolle sind. Und wie sie so sind und warum. Dass sie Prüfungen sind. … ein Anders-herum-Geher war er, der Thaddäus.

Und wahrlich notwendig wäre der jetzt. Nicht nur im Schriftstellerverband. Dort hab ich ab 1975 viel mit ihm zu tun gehabt – mit dem Sprachmeister, dem Sprechmeister – in seinen letzten fünf Lebensjahren. So liberal war er wie links wie konservativ, sogar mal „Parteigründer“ („Radikale Mitte“!), gab Anstöße, nicht nur dass ein Schriftstellerhaus entstand in der Kanalstraße, auch fürs Urheberrecht, für Buchpreisbindung, für die Menschenrechte, für not-wendige neu-alte Sichtweisen – fast so etwas wie ein Letzter war er für litérature engagée.

Indignez vous! Empört euch! Ja, für mich war er wie eine Verkörperung von Witz, Widerstand und List, der in kein Museum gehört, sondern verblüffend aktuell ist – jedenfalls kein Dichter als Zierschleife, in unserer Verpackungs-Gesellschaft. Am Weltüberwachungsmarkt.

Im Verband hatte ich mit ihm überraschend eng Kontakt, obwohl von mir nur erst ein Buch existierte, attackierende Sozial-Geschichte aus dem größten deutschen Stadtgebilde, dem Ruhrgebiet, in kaputtem Deutsch. „Wer hört die Karre vorre Tür?“ – „Karre“ meinte in Essen auch Limousinen. Gestirnte – und zu Stuttgarts heutigen Problemen wäre da höchstens zu lesen gewesen: Säpps in Schuld! (Deutschland, deine Ruhrleute). Einer mit Kaputtdeutsch also bekam zu tun mit Schwabens Wortvirtuosem. Und der rühmte plötzlich meine RuhrHure – aber auch der nutzte ab 75 verstärkt Deutsch in der frühesten Wort-Bedeutung: Leutedeutsch.

Und mir wird immer klarer, was der jetzt und hier wünschen würde: Abkehr, Umkehr. Wie ein barocker Bußprediger zog der durchs Ländle, hierorts schäme sich sogar der Schnee, nicht genügend schwarz zu sein. Und auch: Schluss mit Waffen an Diktaturen! Kampagnen hatte der gemacht, mit Grass, Böll, Walser, für den Eintritt der Autoren in Gewerkschaften . Kampagnen für Willy Brandt, für den politischen Sprechmeister, der sie durchschaut hatte, die Gefahr der Dichter, zu enden als (Zitat Brandt) „Randfiguren der holzverarbeitenden Industrie“.

Und ich Anfänger nun vor diesem Wunderbaren, ja, scharfzüngig warer, aber verletzend nie, nirgends schwarzer Donnerstag. Und so was wie „Mappus-Mafia“, das hätte er nie gesagt, dieser Menschenfreund. Es sei denn, die Sachlage hätte es gefordert. Zuletzt nicht mal mehr aufbrausend war er, sondern  sanft sachkundig. Mit Röntgenblick, fürs Absurde. Und just deshalb, wie hilfreich wäre der, jetzt, für Stuttgarts VerFahrenheit. Und ich höre ihn ja reden: Würde gegen alle Fakten dieser Schiefbahnhof wirklich realisiert, entstünde für Europa tatsächlich ein Verkehrs-„Knoten“. Ein Infarkt. Als Lachnummer?

Reflektiert hätte er über des Menschen abgründige Fehlbarkeit. Und Hörigkeit. Über auch des Schwaben Genialität im Wegdrängen von Realität. Hätte wohl auch leise gemurmelt: „Fortschrittsbesoffenheit. Sinnvoll nicht mal für die, die sich dran kaputtverdienen.“  Heilandzack, diesen Troll, jetzt benötigte ihn diese Stadt der Trolligen, diesen Meister der Meinungsfreiheit. Was ihm nun wohl einfiele dazu, dass vom Berliner Kanzleramt zwei Milliarden durchgewunken wurden – für zwei Millionen Mehdorn-„Möhrchen“? Oder dazu, was nun alles beim Bayern FC unter dem Teppich bleiben darf, seit der Boss dort die Verlängerung der Ermittlungen so aufrecht abwendete. Ach, Thaddäus.

Er mit seinen Erfahrungen im Südfunk, ich mit meinen im Südwestfunk, da war ständig auszutauschen. Wie sehr ihn immer gefreut hat, dass ich Unterhaltung nur „Untenhaltung“ nannte. Troll ein Ur-Schwabe? Vor laufender Kamera sagte er, er sei „gesamtdeutsch“. Sein letzter Wein, an seinem letzten Tag, war ein französischer. Operierte gern auch mal mit Eidesformeln des römischen Rechts: „Schaden abwenden“! Und mich, den Ruhrpottmann spornte er an. Zum Reden. Bekam plötzlich mehr Stimmen als er, bezog im Autorenvorstand seinen Posten, stieg sogar auf in den PEN, konnte dann ermitteln, wer mich da befördert hatte, der Schwabe den Ruhrpottmann.

Dank Jörg Bischoffs Biographie ist nun vieles nachlesbar, Troll wollte „die Arbeit in jüngere Hände legen“, Rückzug, Nachlassen der Kräfte. Ja, „Depression“. Und das ist meist ein Tribut ans unfassbar Reale, etwa an alles idiotische wechselseitiges Gedrohe, damals mit Wett-Hochrüsten, aber auch das Zusammenlegen von Sendern, mit Rückbau der Kultur-Programme, in Stuttgart wie Baden-Baden. Und in den Aufsichtsgremien der Sender? Inkompetenz. Intendant Bausch für Troll ein Glücksfall. Dagegen mein Schwarzwaldfunk: Wenn da 1945 hoch im Wald über dem Weltbad ein Funkhaus entstand, gegründet von Franzosen und Künstlern – Heinrich Strobel, Carlo Schmid, Alfred Döblin, der erste Intendant ein Hörspielkünstler – dann sollte das doch dort hinten im Wald ein Sender sein für Kultur. Und was wurde daraus? Ein Quoten-Druck-Fehler. Unten-Haltung.

Einig waren wir uns, dass die Sender am Kopf faulten, und das blieb so, wo jetzt wieder Qualitäten weg sollen, die noch von Bert Brechts „Badener Lehrstücken“ stammen: ein Welt-Orchester – weg, Donaueschingen, Brutstätten von Hindemith und Eisler bis Strawinsky, Boulez, Maderna, Nono, Ligeti, Lachenmann undundund – damals hörte er mir geduldig zu, resigniert nickend, was alles mein Literaten-Stammtisch „Café Größenwahn“ mal wieder nicht hatte senden dürfen, Gedichte, von Fried, von Andersch oder dass bei einer kommenden Bundestagswahl von zehn Großdichtern keiner für einen Kanzler Helmut Schmidt war, aber alle zehn gegen Strauß (für Strauß ließ sich einfach kein Schriftsteller auftreiben), auch das sollte prompt nicht über den Sender, war „nicht ausgewogen“.

Für Rundfunkrat Dr. Hans Bayer war „ausgewogen“ identisch mit Langeweile. So was schoben wir uns nun ständig hin und her, Verstöße gegen die Staatsverträge der Sender. Die verlangen „Staatsferne“, und fordern seit je drei Aufgaben: Information, Unterhaltung, Kultur – doch in Stuttgarts Rundfunkrat hatte nachweislich nur einer Kultur-Kompetenz. Geschliffen war der seit 1945 von Werner Fincks satirischer Zeitschrift „Wespennest“, dann vom „Spiegel“, dann von Düsseldorfs Kom(m)ödchen – und wahrlich auch von seinen sechs Jahren als Kriegsberichter, als Opfer und als Techniker der Nazi-Propaganda. Was ihn traumatisiert hat. Überlebt hatte er das „in Angst“, so hat er’s mal kurz seiner Freundin gestanden.

Zu einem Drittel fordern also die Staatsverträge Kultur. Ergo müsste im Sender jeder dritte Aufsichtsrat Entsprechendes vorzuweisen haben, das war uns klar – doch eben jetzt war wieder mal 15 Jahre lang in der SWR-Aufsicht kein Schriftsteller – der Sender also staatsnah, aber sprachfern? Just das sei das Problem, sagte schon Troll und sah die SWR-Aufsicht so wie kürzlich Uwe Seeler die Aufsicht seines HSV, nach sieben Niederlagen. Zitat Seeler: „Ahnungslose kämpfen um den Abstieg“. Genial, hätte Troll frohlockt, der alte Mittelstürmer hatte ja so was von recht: Rundfunkrat wie HSV: „Ahnungslose kämpfen um den Abstieg“. (Uns Uwe meinte natürlich gegen, sagte aber um und formulierte so Wahrheit im Troll-Format.)

Trolls Scharfblick benötigen wir dringend, gut täte der, bitter not, auch anderswo. Obenhalter statt Untenhalter. Typischer Troll-Plot wäre jetzt, dass er erzählte, wie dieser oder jener Bahn-Chef die eigene Bahn – meidet. Zugunsten gestirnter Limousinen. Weil für diese Herren „Energiewende“ eher eine Mär des Mittelalters scheint.

Auch an diesem Montag sind sie hier ja wieder unterwegs, die Natur- und Stadt-Schützer, Wissenschaftler, Unternehmer, Anwälte, Theologen, Ingenieure. Eisenbahn-Liebhaber! Troll hätte gesagt: Nein, das ist keine Politik-Verdrossenheit. Das ist: Politik-Sehnsucht! Höchstens Partei-Verdrossenheit. Denn es fällt schwer, mit ansehen zu müssen, wie da brav ausgelöffelt wird, was andere einbrockten. Und beim Dauergemurmel von Verträgen, die einzuhalten seien (Immobilien-Verträge, Bahnverträge), da hör ich ihn fragen: Wo bleibt der Ausschuss, der dokumentiert, wie die entstanden sind! Befreiende Geschichten wüsste der vom Verträge-Kündigen, weil das Dach unsicher ist, weil der Keller voller Wasser steht, voller Mineral-Wasser?  Ja, auch beim Nesenbachwasser wäre er sanft sachkundig, dieser Seifensiedersohn aus Bad Cannstatt, der Genussmensch, der Wahrheit genoss, nicht Mehrheit.

Nicht verletzend, sachgerecht bliebe der und würde erzählen von der Lebensgefahr im viel zu engen Schiefbahnhof. Deutschlands bislang bestfunktionierender Bahnhof vor dem Rückbau zum Nadelöhr? Von 16 auf 8 Gleise? Mit 60 Tunnelkilometern und nicht unter Straßen, sondern unter mehr als tausend bebauten Grundstücken der Trolle! Die Bahnsteige nicht nur zu eng, sondern auch die Neigungswinkel lebensgefährlich. Und dies neue Gutachten? Die Parameter sind längst veraltet, das ist taube Pro-Propaganda. Deutschland, deine Großprojekte. Unter all seiner Lachlust, er war ein Ernster, ein Sozialer, ein Politischer.

Die Bahn rühmt bekanntlich als „West-Ost-Achse der Zukunft“ die schnelle Reise von Paris nach Bratislawa. Bislang bringt zum Glück den rasenden Reisenden immer noch ein wohltätiger Kopfbahnhof kurz zur Besinnung. Ach, wer fürs Kleinliche und Enge ein so geniales Bildwort gewusst hat wie das vom „Entaklemmer“ (der also, ehe ihm auch nur ein Enten-Ei entgeht, seine Tierchen in den Hintern kneift), was wohl wüsste der nun fürs Gegenteil, fürs Vergeuden!  Auch dafür, dass auf dieser grandiosen West-Ost-Bahn schier nichts mehr zu sehen sein soll von der wahrlich einzigartigen Stutengarten-Stadt, nicht Fernsehturm, Weinberge, Hochbauten, Riesen-Bäume, sondern ausschließlich Tunnelschwärze.

Tja, wenn jetzt tatsächlich keine Umkehr käme, dann gäbe er ihm vollends recht, dem aufrechten Seeler: Ahnungslose kämpfen um denAbstieg. Ich hör ihn auch fragen, warum kein Regierender die Warnungen des Hermann Scheer nutzt, Träger des alternativen Nobelpreises für Wirtschaft , die Warnung, dass Atomkraft nicht nur die gefährlichste von allen Kräften ist, dauerhaft todesgefährlich, sondern auch die bei weitem teuerste Energie. Fatal un-wirtschaftlich. Weil seit je die Folgekosten weggerechnet wurden. Weggelogen.

Ach Thaddäus, dein letzter Herbst, Herbst 79, das war Dein letzter Literatur-Preis, drei Monate in Soltau bei Lüneburg. King Lear auf der Heide? Auch ich war mehrere Wochen in Soltau. Vom Kampfgelände Fallingbostel dröhnten Panzerschüsse herüber, auchdas kanntest Du. Damals konnte der Osten den Westen 30mal vernichten, der Westen den Osten 40mal.

Und Du kanntest auch „Volks-Ab-Stimmungen“. Wo, so hör ich Dich, bleibt auch da der Ausschuss, der klärt, was denn dem Volk gesagtworden war. Heftig würdest Du Freund Conradi zustimmen: Volksabstimmungen setzen kein Recht außer Kraft, kein Strafrecht, kein Planungsrecht, kein Haushaltsrecht. Auch keine Brandschutzregeln. Aber wie sagte es der Landesvater? Der Käs sei gegessen. Da hör ich Dich ächzen. Derart missratenen Käs, den schluckt man einfach nicht! Als Wirkstoff ist der ver-heerend –auch im Leib der Stadt!

So etwa hätte er’s gesagt, der Genussfreund, der Menschenfreund. In seinem letzten Herbst. Frühe Mühen mit den „neuen Medien“. Und? Die Bilanz? Erfolgsschriftsteller, aber wirkungslos. Noch mehr Mordwaffen an Diktaturen, auch aus dem Ländle. Nirgends ein Umdenken. Sondern Verdrängungsgesellschaft. Thaddäus, Du Andersherumgeher, Du standest ganz oben auf meiner Gäste-Liste fürs „Literatur-Café Größenwahn“, für litérature engagée, für die warstDu einer der letzten fabelhaften Vertreter. „Empört Euch!“ hat kürzlich noch mal einer mit über 90 gerufen, ein Deutsch-Franzose. Doch Du warst plötzlich weg! Wie Dein Vorbild? Wie Tucholsky? Aber so einen wie Dich, den brauchen wir! Dringend  – oder aber – könnte es sein, dass Du hier – wenigstens in dieser Stadt – doch noch – lebst?

via Bei Abriss Aufstand