Der Lucas-Plan
alternative Produktion aus der Feder der Belegschaft, England 1975/76

Do, 22. Juli 2021, 19:00 Uhr - 21:00 Uhr
Altes Feuerwehrhaus, Möhringerstr. 56, 70199 Stuttgart
Veranstalter: Rosa Luxemburg Stiftung BW, Die AnStifter
Wichtiges:

Ist möglicherweise ein Bild von 13 Personen, Personen, die stehen und Text „ROSA LUXEMBURG STIFTUNG BADEN- WÜRTTEMBERG Die AnStifter Eigensinn VORTRAG & DISKUSSION DO, 22.07.2021, 19:00 UHR ALTES FEUERWEHRHAUS STUTTGART-SÜD, SAAL «SICH DEN KOPF DER UNTERNEHMER FÜR EINE BESSERE ZUKUNFT ZERBRECHEN...>? DER LUCAS-PLAN: ALTERNATIVE PRODUKTION AUS DER FEDER DER BELEGSCHAFT, ENGLAND 1975/76 MIT: PIT WUHRER Tom ADLER WECHSEL Gerechte Mobilität und alternative Produktion SPUR“

Vortrag & Diskussion mit Pit Wuhrer & Tom Adler

+++ Angesichts der notwendigen Hygiene-Maßnahmen, müssen wir die Zahl der Sitzplätze im Saal begrenzen. Wir bitten deshalb um eine verbindliche Voranmeldung unter: bawue@rosalux.org +++

«Sich den Kopf der Unternehmer für eine bessere Zukunft zerbrechen…»

Baden-Württemberg ist durch eine intensive Industrieproduktion im Bereich der Auto- und Zulieferindustrie aber auch des Maschinen- und Anlagebaus geprägt. Trotz des Einzugs prekärer Beschäftigung in den Metallbereich (Leiharbeit, Werkverträge) liegen die Löhne in diesen Branchen weit über dem Level des Dienstleistungssektors und tarifliche und betriebliche Regelungen bieten relativen Schutz und Sicherheit für hunderttausende von Beschäftigten.

Den Beschäftigten der Auto- und Zulieferindustrie steht eine mehrfachen Krise bevor: Über allem steht die Klimakrise, die objektiv eine Abkehr von der Produktion von hochmotorisierten Oberklassewägen in immer weiter wachsender Stückzahl erfordert. Der – zum Teil politisch (EU-Flottengrenzwerte), aber noch viel mehr konkurrenzgetriebene (Tesla) – technologische Wandel des Antriebsstrangs bedingt einen Strukturwandel, der schon in vollem Gange ist und potenziell viele Arbeitsplätze im Südwesten kosten könnte. Die Arbeitgeber nutzen die defensive Situation der Belegschaften und Gewerkschaften zum Angriff auf tarifliche Rechte und Standards, die ihnen schon immer ein Dorn im Auge waren und verlagern Produktion in großem Umfang ins Ausland (wobei es nichts mit Umweltschutz zu tun hat, wenn man Autoteile zukünftig zu niedrigeren Löhnen und mit hehrem Gewinn in Osteuropa herstellt…)

Solche Konstellationen des Strukturwandels sind nicht neu, sondern treten in kapitalistischen Volkswirtschaften immer wieder auf, man denke z.B. an die Stahlkrise der 70er in Deutschland. Das Dilemma vor dem die Linke und Arbeiter*innenbewegung dann steht ist die Vermittlung bzw. der Versuch einer Synthese zwischen der objektiv nötigen Veränderung der Produktion und dem legitimen Interesse der Beschäftigten Arbeit und Einkommen zu schützen.

In diesem Zusammenhang macht es Sinn sich historische Situationen zu vergegenwärtigen, in denen sich Industriebelegschaften an dieser Synthese versucht haben. Mitte der 70er Jahre organisierten sich Betriebsrät*innen und Belegschaften des britischen Konzerns Lucas Industries und machten etwas in der gewerkschaftlichen  Debatte unübliches: Sie zerbrachen sich angesichts drohender Rationalisierung und Werksschließungen «den Kopf des Arbeitgebers» und entwarfen einen ins Detail gehenden Plan der Umstellung der Produktion von Rüstungsgütern auf eine Reihe ziviler und ökologisch nützlicher Güter.

Die Initiative sorgte für großes Aufsehen in der britischen Öffentlichkeit. Auch außerhalb, z.B. in Deutschland, wurde die Konversions-Initiative des Gesamtbetriebsrats von Lucas Ltd. von Gewerkschaften mit großem Interesse aufgenommen.

Der Publizist Pit Wuhrer, lebte in den 70er Jahren in Großbritannien und verfolgte die Entwicklungen um den Lucas Plan aus nächster Nähe und hatte Kontakt zu wichtigen Akteuren wie dem Sprecher des (inoffiziellen) Gesamtbetriebsrats Michael Cooley.  In seinem Vortrag stellt Wuhrer die ökonomische Ausgangslage im Großbritannien der 70er Jahre dar, beleuchtet die Stationen des Versuchs des Gesamtbetriebsrats ein alternatives Produktionsprogramm bei Erhaltung der Beschäftigung durchzusetzen und beleuchtet die Stationen des Versuchs der Belegschaft, ein alternatives Produktionsprogramm durchzusetzen, analysieret die Gründe für das Scheitern damals und skizziert die Chancen für vergleichbare Initiativen heute.

Tom Adler wird ins Thema einführen. Es ist gelernter Gießerei-Modellbauer und war viele Jahre, bis 2012, Betriebsrat bei Daimler in Stuttgart. Als Mitglied der linken Betriebsgruppe «Plakat-Gruppe», war er in die Lancierung von innerbetrieblichen Konversions-Debatten bei Mercedes in den 1980ern involviert, die einen Teil ihrer Inspiration aus dem Lucas-Plan bezogen.

Verschlagwortet mit: Ökonomie/Wirtschaft, Verkehrspolitik