Stadtarchiv Stuttgart, Bellingweg 21, 70372 Stuttgart
Veranstalter: Stadtarchiv Stuttgart
In den vergangenen 30 Jahren hat sich der Umgang mit der Erfassung persönlicher Daten auf radikale Weise geändert. Vergleicht man den berüchtigten „Mantelbogen“ der Volkszählung von 1987 mit dem Anmeldeprofil eines Sozialen Netzwerks wie Facebook oder Instagram, wirken die kollektiven Ängste und Boykottaufrufe, die damals Hunderttausende von Menschen auf die Straße trieben, wie Zeugnisse einer rätselhaften Massenpsychose. Warum lösten Fragen nach der Größe der eigenen Wohnung oder dem bevorzugten öffentlichen Verkehrsmittel in den 1980er Jahren so starke Bedrohungsphantasien aus? Und warum geben wir in der digitalen Kultur von heute wesentlich intimere persönliche Informationen in aller Freiwilligkeit preis, ohne diese Offenlegung als bedrohlich zu empfinden? Der Vortrag versucht die irritierende Verschiebung von der Erfassungsangst der 1980er Jahre zur Erfassungslust von heute nachzuzeichnen und ihre Gründe zu deuten.
Andreas Bernard schreibt für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ und ist Professor am „Center for Digital Cultures“ der Leuphana Universität Lüneburg. Im S. Fischer Verlag erschien von ihm 2017 „Komplizen des Erkennungsdienstes. Das Selbst in der digitalen Kultur“.
Verschlagwortet mit: Geschichte, Gesellschaft, Zivilgesellschaft