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Wie die Stasi am Mangel scheiterte – zumindest bei der Telefonüberwachung

Prof. Josef Foschepoth hat in der Süddeutschen einen interessanten Artikel über die Telefonüberwachung in der DDR veröffentlicht.

Ein Land von der Einwohnerzahl Nordrhein-Westfalens musste viel investieren, um die eigene Bevölkerung und dazu noch den „Klassenfeind“ in der Bundesrepublik zu überwachen. […] Vieles, was im Westen längst automatisiert erfolgte, musste in der DDR durch erhöhten Personaleinsatz erledigt werden. Keine Frage, auch auf dem Gebiet der Kommunikations- und Überwachungstechnologie hat die DDR den Wettlauf mit dem Westen verloren.

Prof. Foschepoth wird am Montag, den 23. Februar 2015 ab 19:30 Uhr im Württembergischen Kunstverein auf Einladung der Rosa Luxemburg Stiftung und der AnStifter über „Die NSA-Affäre. Vorläufiger Höhepunkt der Massenüberwachung in der Bundesrepublik“ sprechen.

Demokratische Kontrolle von Geheimdiensten – machbar oder aussichtslos?

Dokumentation der Podiumsdiskussion „Demokratische Kontrolle von Geheimdiensten – machbar oder aussichtslos?“ im Rahmen der Verleihung des Stuttgarter Friedenspreises an Edward Snowden.

Die Gesprächspartner von Fritz Mielert waren: Die taz-Chefredakteurin Ines Pohl, die Sprecherin des Chaos Computer Clubs Constanze Kurz und der Historiker Prof. Dr. Josef Foschepoth.

Die AnStifter Gestern wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen wegen der Abhörung des Mobiltelefons von Bundeskanzlerin Merkel einstellen will. Gleichzeitig gingen Meldungen über drastische Erhöhungen der Budgets der Geheimdienste durch die Presse. Was ist los in diesem Land, dass in dieser Situation so eine Dreistigkeit ans Tageslicht kommt?

Constanze Kurz Die Meldung tauchte bisher nur im Fokus auf und wurde noch nicht bestätigt. Für mich war die Strafanzeige wegen des Abhörens von Merkels Telefon ohnehin nicht von hoher Bedeutung, da ich der Meinung bin, dass dieser Einzelfall hinter den Massenüberwachungsskandal bzw. den vielen einzelnen Skandalen zurücktritt.
Was mir so durch den Kopf ging bei dem Statement von Edward Snowden und natürlich auch bei der Laudatio, ist, dass wir die Geheimdienste nicht schicksalshaft hinnehmen dürfen. Wir sind ja schließlich diejenigen, die die Geheimdienste finanzieren. Wir wählen diejenigen, die sie kontrollieren sollen und für ihren gesetzlichen Rahmen zuständig sind.
Vor allem durch den verlorenen Nimbus der Geheimdienste sehe ich in diesem Skandal eine gewisse Chance. Auch geht ihr Spielen mit den Ängsten der Bevölkerung, aus dem das System der Geheimdienste teilweise seine Legitimität bezieht, nicht mehr ganz auf. Ich glaube, wir haben einen Zeitpunkt der Geschichte erreicht, an dem wir erfolgreich gegensteuern können.
Gerade bei den Festakten anlässlich des 25. Jahrestags des Mauerfalls, musste ich sehr oft daran denken wie ich als Teenager vor dem Stasi-Hauptquartier in der Normannenstraße stand. Damals haben wir auch nicht geglaubt, dass wir einen so großen Geheimdienstkomplex einmal loswerden können.
Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied zu damals: Heute können wir unsere Kritik laut äußern. Und das sollten wir auch tun.

Die AnStifter Die Debatte rund um den NSA-Überwachunsgskandal kreist stark um technische Details. Ist diese Fokussierung richtig oder müssen wir uns davon emanzipieren?

mehr…

Thüringer Koalitionsvertrag zum NSU-Terror
Endlich Konsequenzen für Verfassungsschutz?

Man kann sich schon schämen, wie langsam Baden-Württemberg bei der Aufklärung des NSU-Terrors den anderen Bundesländern hinterherkriecht. Umso erfreulicher ist das, was sich jetzt in Thüringen tut: Zwar konnten sich die Möchtegernkoalitionäre aus Linken, SPD und Grünen nicht auf eine Abschaffung des Landesamts für Verfassungsschutz einigen, die grundsätzliche Überprüfung der Notwendigkeit des Inlandsgeheimdienstes soll aber überprüft, der Einsatz von verdeckt ermittelnden Personen stark eingeschränkt und die Kontrolle des Landesamts für Verfassungsschutz verbessert werden.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt hierzu, dass die rot-rot-grüne Koalition „eine Expertenkommission berufen [wolle], die die Notwendigkeit des Amtes für Verfassungsschutz überprüfen und dem Landtag hernach einen Reformvorschlag vorlegen soll.“

Es wird also spannend im Osten.

Ein Vorgeschmack auf die Friedensgala
Holen wir uns das Internet zurück!

Um die Spannung zu erhalten, verraten wir nicht wie Edward Snowden beim „TED talk“ auf die Bühne kam. Dort sprach er im März 2014 darüber, wie wir uns das Internet zurückholen. Denn es liegt an uns, die grundlegenden Freiheiten zu schützen, weil es uns alle betrifft, nicht nur Amerikaner oder Europäer. Snowden und Berners-Lee (der gerne mal als der Erfinder des Internets genannt wird) sprechen auch über eine Art Magna Carta des Internets.

Edward Snowden: Here’s how we take back the Internet
(Dauer: 35 min, Englisch, deutsche Untertitel)

Genauso überrascht von Snowdens Auftritt war der Geheimdienst NSA. Ein paar Wochen später bekam der stellvertretende Direktor Richard Ledgett die Gelegenheit darauf zu reagieren.

Wußten Sie schon, dass die NSA unsere Privatsphäre sogar verbessert? Das behauptet zumindest Ledgett in diesem Interview. Außerdem bezeichnet er Edward Snowden als arrogant, weil dieser es ja nicht besser wissen könne als die Autoren der amerikanischen Verfassung. Aber die Geheimdienste sollen mehr von Demokratie und Bürgerrechten verstehen als wir? Es liegt wohl wirklich an jedem von uns (und an Edward Snowden) die Freiheiten und Grundrechte zu schützen.

Richard Ledgett: The NSA responds to Edward Snowden’s TED Talk
(Dauer: 33 min, Englisch, deutsche Untertitel hoffentlich bald)

„Right livelihood award“ für Edward Snowden und Alan Rusbridger

Vor kurzem bekamen Edward Snowden und Alan Rusbridger den undotierten Ehrenpreis des „Right livelihood award“, auch „Alternativer Nobelpreis“ genannt. Die Reaktionen der beiden sind auf der Homepage des Right Livelyhood Award zu sehen.

Alan Rusbridger ist Chefredakteur der britischen Zeitung „Guardian“, die Anfang Juni 2013 zuerst Berichte aus den Geheimdokumenten Snowdens veröffentlicht hat. Aufgrund dessen musste Rusbridger vor einem britischen Ausschuss aussagen. Darin erklärte er wie verantwortungsvoll die Redaktion die Dokumente auswertet und verteidigte Pressefreiheit, Demokratie und Freiheitsrechte. Die Veröffentlichung der Informationen sei notwendig, um eine öffentliche Debatte über das Ausmaß der Spionage zu führen.

Einen Artikel und einen Videozusammenschnitt gibt es auf der Homepage des Guardian: Guardian will not be intimidated over NSA leaks, Alan Rusbridger tells MPs (Der Guardian wird sich nicht einschüchtern lassen wegen der NSA-Veröffentlichungen, sagt Alan Rusbridger den Abgeordneten)

Spiegel Online berichtete ebenfalls darüber und über die absurden Fragen, die Rusbridger gestellt wurden. NSA-Anhörung im britischen Unterhaus: „Lieben Sie dieses Land?“

Noch was: Im Juli diesen Jahres interviewten Alan Rusbridger und sein Kollege Ewen MacAskill Snowden in Moskau: I, spy: Edward Snowden in exile (Ich, der Spion: Edward Snowden im Exil) Darin sprach Snowden auch über das vergangene Jahr seit den Veröffentlichungen:

Es ist unerwartet und schwierig gewesen, aber es ist ermutigend gewesen. Es hat mir viel Kraft gegeben, die Reaktion der Öffentlichkeit zu sehen. Es war erleichternd, die Reaktion von Gesetzgebern, Richtern, Organisationen in der ganzen Welt zu sehen, Bürgerrechts-Aktivisten, die gesagt haben, dass es stimmt, dass wir ein Recht haben, mindestens die groben Umrisse dessen zu wissen, was unsere Regierung in unserem Namen macht, und was sie gegen uns macht.

Ein Teil davon sein zu können, selbst wenn es ein kleiner Teil ist, das ist, denke ich, die lohnendeste Arbeit meines Lebens gewesen.

(Edward Snowden)

Egal!

Flickr.com/Deiby
cc-by-nc Flickr.com/Deiby

Pünktlich zum Wochenende enthüllten die üblichen Verdächtigen aus Süddeutscher, NDR und WDR am Samstag einen richtig großen Skandal: Die Bundesregierung, namentlich der damalige Kanzleramts- und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier von der SPD, stimmte irgendwann nach 2001 zu, den USA massenhaft Rohdaten des wichtigsten Internet-Knotenpunkts Frankfurt zur Verfügung zu stellen. Steinmeier wusste, ebenso wie alle anderen Beteiligten, dass unter diesen Rohdaten auch fünf Prozent Daten von Bundesbürgern waren. Und dass dies einen eindeutigen Verfassungsbruch darstellt.

Dieser Verfassungsbruch kommt nun quasi zufällig ans Licht. Eine Regierung verstößt gegen einen zentralen Artikel des Grundgesetzes und es folgt auch bei politisch Interessierten und Engagierten nicht mehr als ein Achselzucken.

„Was regst Du Dich so auf? Hast Du etwas anderes erwartet?“ Ja, habe ich. Für mich hat dieser Fall noch einmal eine neue Dimension. Natürlich kann ich mir vorstellen, dass Konstrukte wie ein tiefer Staat auch hierzulande existieren. Natürlich sind unsere Geheimdienste nur extrem unzureichend kontrolliert (wenn überhaupt, siehe die kaum wahrnehmbaren Versuche, auch in Baden-Württemberg ein parlamentarisches Kontrollgremium einzurichten). Natürlich entwickeln Sicherheitsorgane ein Eigenleben. Natürlich erzeugt Überwachung bei den Überwachungsextremisten den Wunsch nach mehr Überwachung.

Doch für mich besteht hier ein Unterschied. Ein gravierender Unterschied: Bei dieser Weiterleitung gab es sogar im BND Bedenken. Dafür hat das Kanzleramt in Form seines Kanzleramtschefs ihr Placet gegeben. Und dem parlamentarischen Kontrollgremium wurden absichtlich Fakten vorenthalten. Mein Vertrauen in die Regierung ist an einem neuen Tiefpunkt angelangt.

Aber egal. Keep shopping! Am Donnerstag eröffnet endlich das Milaneo! Um 8. Sehen wir uns?

Bis zur Friedensgala
Unterstützung für Snowden

Die Friedensgala rückt immer näher: Am 23. November werden die AnStifter den Friedenspreis Edward Snowden überreichen.

Leider wird es unmöglich sein, dass er den Preis persönlich bei der Friedensgala entgegen nimmt, da er keinen sicheren Aufenthaltstatus in Deutschland hätte. Zeigen Sie daher ihre Unterstützung!

Ab Montag 15. September können Aufkleber im AnStifter-Büro abgeholt werden: wir haben viele der „Asyl für Snowden“-Aufkleber, und wenige der „Ein Bett für Snowden“-Aufkleber.

Machen Sie noch mit bei der Kampagne von Campact! und fordern Sie eine Aufenthaltserlaubnis für Snowden und ein Whistleblower-Gesetz in Deutschland: „Schutz für Edward Snowden in Deutschland!“

Eine andere Mitmachaktion ist die Internetseite „Thank you Edward Snowden“, der amerikanischen Organisation Fight for the Future, die sich für Grundrechte und Freiheit im Internet einsetzt. Dort haben schon viele Menschen Fotos mit Grußbotschaften oder Texte eingereicht, um ihre Unterstützung öffentlich zu machen.

Von der Abschaffung der Geheimdienste und neuem Internet-Optimismus

Der Deutschlandfunk hat in der Sendereihe „Leben in der digitalisierten Welt“ vom August diesen Jahres auch den Themenbereich Überwachung, Privatssphäre und Grundrechte aufgegriffen.

Darin meint Sascha Lobo: „Wenn man davon sprechen möchte, dass das Internet überwacht wird, dann ist das nur ein Teil der Realität. Die ganze Realität lautet, dass die Welt mithilfe des Internets überwacht wird.“ Trotzdem ist er optimistisch was die Zukunft des Internets angeht, wenn wir die politische Richtung bestimmen. Das Überwachungs-Netz – Die geplatzte Illusion von der freien digitalen Welt (Deutschlandfunk: Kultur heute, Beitrag vom 7.8.2014)

Constanze Kurz plädiert für die Abschaffung des großen Teils der Geheimdienste. Constanze Kurz: „Es ist wirklich ein politisches Tollhaus“ (Deutschlandfunk: Kultur heute, Beitrag vom 8.8.2014)

Christian Heller regt mit seiner These vom Ende der Privatsphäre immer die Diskussion an. Der Post-Privacy-Ansatz geht davon aus, dass Privatsphäre eine neuzeitliche Erfindung ist und die Offenheit des Internets viele Chancen birgt. Freiwillige Aufgabe von Privatssphäre (Deutschlandfunk: Kultur heute, Beitrag vom 6.8.2014)

 

Friedenspreis für Snowden
Was tun nach dem NSA-Skandal?

Seit 2013 werden Original-Dokumente veröffentlicht, die das Ausmaß und das System der digitalen Überwachung durch Geheimdienste beweisen. Daher haben die AnStifter den Stuttgarter Friedenspreis 2014 an Edward Snowden vergeben, und ihm und seiner Zivilcourage das „Menschel“ bei der Friedensgala am 23. November widmen. (Es ist nur Zufall, dass die Skulptur so gläsern ist, wie unsere Privatsphäre)

Was ist seit den Veröffentlichungen passiert, was hat sich geändert? Außer diplomatischen Gesprächen, ernsten Blicken und einem NSA-Untersuchungsausschuss, der mit einem Rücktritt  begann, nicht viel. Die Diskussion über die Vernehmung Snowdens in Deutschland steckt in der Sackgasse. Was tun also? Die Sache selbst in die Hand nehmen!

– Letzten Samstag, bei der Demo „Freiheit statt Angst“ in Berlin, waren 6500 Menschen auf der Straße, um gegen Massenüberwachung und für Grundrechte zu demonstrieren. Dennoch: letztes Jahr, kurz nach den ersten Enthüllungen durch Snowden waren es rund 15.000 Demonstranten.

– Das internationale literaturfestival Berlin ruft auf zu einer weltweiten Lesung unter dem Motto „Freiheit und Anerkennung für Edward Snowden“. Dabei werden Texte zum Thema Überwachung und Bürgerrechte vorgelesen werden. In Stuttgart gibt es die Snowden-Lesung am kommenden Montag, 8.9. im Galao.

Wie ist denn die Situation in Stuttgart überhaupt? Was passiert hier in Reaktion auf den NSA-Skandal? Und wo kann man sich hinwenden, um aktiv zu werden? Nachdem man für den Friedenspreis abgestimmt hat. Und die täglich schlechten Nachrichten darüber hört.

– Schon seit langem beschäftigt sich der Chaos Computer Club Stuttgart (CCCS) nicht nur mit den technischen Entwicklungen, sondern auch mit den damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Fragen. Neben regelmäßigen „Cryptoparties“ in der Stadtbibliothek, bei denen grundlegende Verschlüsselungstechniken beigebracht werden. Als Teilnehmer kann man den eigenen Laptop oder das Smartphone mitbringen und von Experten lernen man wie Emails verschlüsselt und sicher im Internet surft. Es werden auch Vorträge zu verschiedenen Themenbereichen organisiert, z.B. eine Buchlesung über den NSA-Skandal oder Digitale Ethik.

– Das Prism Camp 2 findet am 10.-12. Oktober im Literaturhaus Stuttgart statt. Die Konferenz beschäftigt sich zweieinhalb Tage mit den Konsequenzen aus der Internet-Überwachung. Es sollen Vorträge, Workshops, etc. stattfinden. Aus dem selben Umfeld gingen Neue Stuttgarter Abendgespräche hervor. Das erste Abendgespräch am 1. Oktober führt der Journalist Peter Welchering unter dem Titel „Unsere tägliche Überwachung gebt uns heute – Warum Geheimdienste uns flächendeckend überwachen“.

 

Überwachung
Warum die Hoffnung, die NSA könnte sich an den Daten verschlucken, unbegründet ist

Immer wieder wird die NSA-Affäre inkompetent kommentiert, indem auf die immensen Datenmengen hingewiesen wird. Heute z.B. durch die Neue Osnabrücker Zeitung:

Dabei kann die NSA nur einen Bruchteil der abgeschöpften Daten verwenden. Dem Durchschnittsbürger bleibt daher nur die klammheimliche Schadenfreude, falls die NSA an ihrer eigenen Datenmenge eines Tages erstickt.

Warum diese Art, mit dem Überwachungsskandal umzugehen, grob fahrlässig ist, zeigt ein Blick auf die aus verschiedenen Quellen verfügbaren Daten.

Mobilfunk - Bevölkerung - Speicherplatz

Die Weltbevölkerung wächst viel langsamer als die Anzahl an Mobilfunkzugängen; in Kürze werden nahezu alle Menschen einen solchen Zugang besitzen, weshalb das Wachstum der Zugänge abnimmt. Gleichzeitig konvergieren die Kosten für Speicherplatz gegen Null. Das Ziel der Sicherheitsfanatiker, eine nahezu totale Überwachung zu realisieren, rückt also zumindest im Mobilfunkbereich in greifbare Nähe. Ähnliche Statistiken lassen sich garantiert auch für andere Lebensbereiche erstellen.

Merkel ist sauer – und wir erst!

Liebe Leute,

wer hätte das gedacht: Die Bundeskanzlerin scheint wegen der Überwachung ihres Handys wirklich sauer zu sein. Warum sich Merkel jetzt so aufregt, bringt die Satireseite Postillon wunderbar auf den Punkt:

„Die Bundeskanzlerin empfindet es als Schlag ins Gesicht, dass sie womöglich über Jahre abgehört wurde wie ein räudiger Einwohner der Bundesrepublik Deutschland“, erklärte Seibert. „Sie fragt sich sogar, wozu sie eigentlich Kanzlerin geworden ist, wenn ihre Privatsphäre genauso mit Füßen getreten wird, wie die ihrer Wähler.“
Seibert verriet auch, dass sich Angela Merkel wünsche, es gäbe jemanden, der dafür zuständig sei, gegen die Ausspähung durch die NSA vorzugehen. Ihrer Meinung nach sollte es eigens vom Volk gewählte Repräsentanten geben, die derartige Vorfälle in Zukunft verhindern.
veröffentlicht unter cc-by-nc-sa

Und auch im Ländle wären manchmal etwas mehr Rückgrat wünschenswert. So haben Stuttgart und Baden-Württemberg kurz vor der Sommerpause beschlossen den zukünftigen Lern- und Gedenkort Hotel Silber um eine Etage verkleinert und damit das bereits erarbeitete Konzept sowie den Dialog mit der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber ad absurdum geführt. Im Dezember steht die endgültige Entscheidung über den zukünftigen Haushalt an – Zeit, die wir zusammen nutzen sollten, um weiter Druck zu machen.
Verschiedene Homosexuellenverbände haben in einem ersten Schritt einen Appell online gestellt und es wäre sehr schön, wenn sich noch ein paar AnStifterInnen dem anschließen würden.

Soweit und so herzlich

Peter Grohmann und Fritz Mielert

PS: Peter Grohmann freut sich noch über weitere ZuhörerInnen bei der 1. Lesung seiner Biografie am Sonntag um 11 Uhr im Theaterhaus.
PPS: Bisher sind schon 380 Karten für unsere FriedensGala weg. Dass wir nachher keine Klagen hören! Kartentelefon: 0711 / 40 20 7 -20, Online-Reservierung
PPPS: Am Samstag um 15 Uhr gibt’s einen guten Vortrag über Fracking in der DenkMacherei

Newsletter vom 1.8.2013

An immer mehr Orten greifen Flüchtlinge zu einem der schärfsten Protestformen, die wir uns vorstellen können: Mit Hungerstreiks machen sie auf ihre menschenunwürdige Situation aufmerksam. In Stuttgart befinden sich seit dem 29. Juli 2013 Flüchtlinge vor dem Integrationsministerium im Streik. Ab dem heutigen Donnerstag wollen sie auch nichts mehr trinken. Die Forderungen der Flüchtlinge haben wir online dokumentiert.

Einige Stuttgarterinnen und Stuttgarter wollen sich solidarisch zeigen und versammeln sich deshalb am Freitag, den 2. August um 5 vor 12 in der Thouretstraße.

Und auch an anderen Stellen sind die Bürgerrechte weiterhin bedroht. Auf Youtube findet sich ein sehr anschauliches Video, das den Überwachungsstaat einfach erklärt, zu dem nahezu täglich neue erschreckende Details bekannt werden. Ein breites Bündnis von Greenpeace über die Verbraucherzentralen bis hin zur Digitalen Gesellschaft sucht MitzeichnerInnen unter einem Offenen Brief gegen die totale Überwachung.

Daneben beschäftigen sich neue Arbeitsgruppen der AnStifter mit folgenden Themen:

Am Rechten Rand Europas
Beunruhigt durch die jüngsten Ausschreitungen gegen Sinti und Roma in Ungarn, die dortige Demontage des Rechtsstaats und die Ausbreitung von Rechtsextremismus in vielen osteuropäischen Ländern planen wir Veranstaltungen für den Herbst.
Nächstes Treffen: 20.8., 17:30, DenkMacherei
Mailingliste: http://lists.die-anstifter.de/cgi-bin/mailman/listinfo/arre

100 Jahre Erster Weltkrieg
2014 jährt sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum hundertsten Mal und die AnStifter wollen dieses in allen Bereichen einschneidende Ereignis aufgreifen und mit Aktionen und Veranstaltungen eine Brücke in die Gegenwart schlagen.
Nächstes Treffen: 19.8., 19:30, DenkMacherei
Mailingliste: http://lists.die-anstifter.de/cgi-bin/mailman/listinfo/2014

Herzlichst: Peter Grohmann und Fritz Mielert

Luschtig: Wettern der Woche: “mehr” oder “weniger”
AnStifter müssen auch wohnen: Gesucht 2,5 Zi, bis 600 €, 0711 50 924 23
Geboten: Große ETW Neue Weinsteige, 120 m2, 1400.- Euro.
Für radelnde Protestanten: Critical Mass Stuttgart

Aktualisierung
Von ihrem Vorhaben, dass sie ab Donnerstag auch nichts mehr trinken würden, haben die Flüchtlinge sich abbringen lassen.

BürgerInnenbrief 150

Wenn die Worte nicht stimmen,
so mißlingen die Werke;
misslingen die Werke,
so gedeihen Kunst und Moral nicht;
gedeihen Kunst und Moral nicht,
so trifft die Justiz nicht;
und trifft die Justiz nicht,
so weiß das Volk nicht, wohin Hand und Fuß setzen.
Also dulde man nicht,
dass an den Worten etwas in Unordnung sei.

Konfuzius.

Liebe Bürgerinnen und Bürger:
Ich bin doch nicht blöd, sagt das Volk zu Media-Markt. Doch, werd’ ich einwenden. Denn wer auf billig schaut, ist leicht beschickert, meschugge, dumm oder blöd. Wer wird denn heut, in diesen Zeiten, wo die Gletscher schmelzen und die Kinder nicht nur arbeiten müssen und hungern, sondern auch schießen, unbesehen aufs Billige hereinfallen? Das Hemde aus Bangladesch, die Schuh billig aus China, die Rosen Chemie-strotzend aus Lateinamerika? Schön blöd, möchte ich sagen, wer fürs portionsgerechte Zerteilen eines ganzen Schweins 1,67 Euro bekommt – Stücklohn, nicht daß wir uns falsch verstehen. Blöd, weil ihnen nichts andere übrig bleibt und die ganze Kommunikation nichts hilft, nicht alle Aufklärung, nicht das gute Buch, nicht das Fernsehprogramm: Es sind arme Schweine, die blöd dran sind, diese wie jene. Die einen, weil sie fressen müssen, bis sie schlachtreif sind, die andern, weil sie essen, schlafen, leben müssen. Die Schläfer sinds, die nicht wählen gehen, weil die Worte nicht stimmen, und weil die Worte nicht stimmen, werden sie nicht gehört…

Ich könnt ma innen Arsch beißen, hat meine Omi Glimbzsch aus Zittau gern gesagt, wenn sie von Fehlern erzählte, sich grün und blau ärgerte über was weiß ich, und sei es nur, „daß ich das Fernsehn nich ausgeschaltet hab’ bei dem Mist und ins Bett gegangen bin“. Liebe Leut’, uns nützt das Ärgern über Gestern nur, wenn wir die
alten Fehler nicht wiederholen. Das ist schwer genug. Gerade ist ja mal wieder viel Sand im Getriebe der Bürgerbewegten. Dabei sind die Leute um uns rum hellwach, kritisch, skeptisch, mißtrauisch geworden. Da haben zu oft die Worte nicht gestimmt. Nehmen Sie diese lächerliche und zu Recht geplatzte Anhörnung zum Grundwassermanagement, wo ein arroganter Beamter uns Bürger abmeiert wie Erstklässler. Nehm ’se die Gespräche zum „Hotel Silber“, wo Stadt und Land die seit vielen Jahren engagierten Bürger vor der Tür stehen lassen und drinne ein neues Konzept entwickeln, um Miete zu sparen! Der VfB würde sich so was natürlich nicht bieten lassen. Die Worte stimmen auch bei mir, bei uns nicht immer. Manchmal tun wir so, als stehe die Machtübernahme unmittelbar bevor. Manchmal merken wir nicht, wie viele Bürger echt angekäst sind, weil sie wegen uns ne Stunde später heim kommen, Leute, die wir auf unserer Seite brauchen oder doch wenigstens überzeugen wollen, oder? Na gut, dann halt „nur“ zum Nachdenken anregen!

Der demokratische Alltag ist grau. Er hat nichts vom Sturm auf die Bastille an sich, schade, nix vom Kanonendonner der Novemberrevolution in Württemberg und dem Aufbruch in Zeitalter der Aufklärung. Angesagt ist aber der Abbau alter Rechte, angesagt sind die Spitzel diesseits und jenseits des Atlantiks, angesagt ist der Überwachungsstaat, angesagt ist das große, alte, immer wiederholte Versprechen, daß sich spätestens nach den nächsten Wahlen alles ändert. Was unser Land indes braucht, ist ein demokratischer Aufbruch, ist die Einsicht von uns allen in unsere Stärke als weltoffene, tolerante Bürgerbewegung mit langem Atem, mit Ausdauer und Power hinzustehen und das 1000 x Gehörte eben noch mal zu hören. Wird es uns gelingen, wieder mehr Menschen auf unsere Seite zu ziehen? Vielleicht wär’s ja ganz gut, wenn wir uns selbst öfters mal zur Kritik ermunterten! Ein wöchentlicher öffentlicher Ratschlag nach jeder Demo mit aktuellen, heißen Themen – wie wärs? Damit die Worte wieder stimmen! Peter Grohmann

Grundgesetz, Datenschutz & viele Termine – AnStifter-Newsletter vom 24. Juli

Dass Deutschland kein souveräner Staat ist, war uns neu. Nicht so dem alten Sozialdemokraten und AnStifter Albrecht Müller, früher Planungschef im Kanzleramt, der das schlüssig auf denNachdenkseiten nachweist. Heribert Prantl beklagt in der Süddeutschen die „Unterhöhlung des Bodens des Grundgesetzes“ durch die aktuellen Affären – ja mei, schreibt Müller, „das ist durch die fortbestehenden Sonderrechte der Alliierten schon lange geschehen.“

Apropos Überwachung: Die Bewegungsdaten der O2-Mobilfunkkunden will der Konzern Telefónica in anonymisierter Form vermarkten. Datenschützer und Politiker fürchten, dass Rückschlüsse auf die Kunden möglich sein werden.

Ab Null Uhr wird zurückgelogen, ob Sie’s glauben oder nicht. Jeweils Mittwochs erscheint die neue Kontext mit dem „Wettern der Wochen“ – diesmal: Wenn Marvin dopt. Schau’s an: KOKS.

Wilder Süden? Am Wochenende startet die 23. Auflage der Tour de Natur erstmals im Wilden Südwesten der Bundesrepublik!

Morgen, am Donnerstag, den 25. Juli ist es soweit: Das dritte europäische Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte beginnt in den Wagenhallen in Stuttgart. Der Orgakreis hat ein buntes Programm https://www.die-anstifter.de/?p=14891 mit Dutzenden von Vorträgen und Workshops u.a. zu den folgenden Themen zusammengestellt: Großprojekte: Entstehung und Legitimität, Ökonomische Hintergründe von Großprojekten, EU-Konzerne, Mobilitätswahn, Recht auf Stadt, Wasserprivatisierung, Verhältnis zwischen Bewegungen und Parteien, Frauen und Widerstand, Anti-AKW-Bewegung, Repression und Gezi-Park Istanbul.

Dies, unser Philosophisches Café und mehr natürlich auch online in unserem neuen Kalender.

Wir sehen uns in den Wagenhallen!

Peter Grohmann und Fritz Mielert

PS: Die AnStifter haben das dritte europäische Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte mit 1.500 Euro unterstützt und so die ersten Flugblätter finanziert.

PPS: Tickets für den Bus am 11./12. August zum Atomwaffenstützpunkt Büchel gibt’s natürlich weiterhin auf den Montagsdemos – und auch an unserem Stand auf dem dritten europäischen Forum.

PPPS: Freitag haben die AnStifter den Verein Welthaus Stuttgart mit gegründet, der sich darum bemüht, im Städtle einen entsprechenden Platz für die Zivilgesellschaft zu schaffen.

Aristoteles, der alte Schowi, meint: „Man muss nicht nur den besten Staat im Auge haben, sondern auch den möglichen.“

Visualisierung
Stasi vs. NSA

Bundespräsident Gauck verharmlost leider massiv die Datensammelwut der USA. Um ihm – und natürlich auch uns – die Dimension der Überwachungsmaßnahmen zu veranschaulichen, hat OpenDataCity die „Aktenschränke“ mal nebeneinandergestellt.

Gehe zu Stasi versus NSA. Realisiert von OpenDataCity (CC-BY 3.0)

Ab 9. Juli
EuGH verhandelt über Privatsphäre und Überwachung #vds

Heribert Prantl erläutert heute auf sueddeutsche.de warum die Verhandlung des über die Vorratsdatenspeicherung, der am 9. Juli beginnt zu überraschenden Ergebnissen kommen könnte.

In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gibt es den Artikel 7: „Jede Person hat das Recht auf die Achtung ihrer Kommunikation.“ Und es gibt den Artikel 8: „Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.“ Man kann aber nicht behaupten, dass diese Grundrechte bisher irgendwo und irgendwie eine große Rolle gespielt hätten.

Das könnte sich jetzt ändern.

Dann hoffen wir mal, dass er mit seinem Optimismus recht hat und die Überwachungs- und Bespitzelungsprogramm Prism & Tempora zu einer Wiederherstellung unserer Bürgerrechte führen.