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Schnee im Sommer

Werner Ehrlich: 23. Juni 1948 – 12. Dezember 2021

Er war über Jahrzehnte einer der originellsten, scharfsinnigsten, unermüdlichsten und einfallsreichsten Kulturorganisatoren Dresdens. Er war Partisan unter den Kulturarbeitern, Pirat zwischen den Apparaten, Eulenspiegel unter den Bürokraten, Visionär im Tal der Ahnungslosen, Schelm im Dickicht der Verordnungen, Überwinder der Trägheit, Zauberer des Unmöglichen. Mit ihm war Kultur subversiv und Kunst kreativ.

Werner Ehrlich erfand Schnee im Sommer, Jazz im Boxring. Kulturelle Interessen-gemeinschaften, Esel für die Polit-Kirmes, die Experimentierbühne im Dresdner Zwinger, Picknick im Plattenwerk, Grafik im Espresso, Gemäldetransporte per Anhalter, Johannstädter Elbfeste und Plakate ohne Druckgenehmigung. Er gehörte zu den Mitbegründern der Dresdner AnStiftung, war Aktiver Macher + Denker beim Wendefest und dem Dresdner AnStifter-Friedenspreis, Motor unserer Ost-West-Begegnungen Stuttgart trifft Dresden, dem Stadt-Kulturspaziergang über_brücken mit Jochen Stankowski und vielen weiteren politisch-kulturellen Initiativen, die das Land gegen den Strich bürsten.

Er konnte ein Lied singen von Parteiverfahren, Auschlüssen, Abmahnungen, Ignoranz, Verachtung, Kleinmut und alter wie neuer SpießbürgerInnen.
Er machte Unmögliches möglich.
Ein Kommunist, der jetzt im Himmel auf uns wartet. Ich hoffe, er hat Zeit.

In Erinnerung an den ehrlichen Menschen denken wir an unsere FörderInnen und Freunde – stellvertretend für viele weitere: An Barbara Rockenbauch / Susanne Rinne / Enrico Pieri / Menne Maier / Pit Luz / Marc Hoh / Desmond Tutu / Doris Neu / Wolfgang Brunner / Inge Jens / Irmela Grämkow / Rainer Roth / Peter Dübbers / Gabi Dreiss / Andreas Henschel / Heinz Witthoeft / Guillermo Aparicio / Gangolf Stocker / Uwe Dreiss / Ilse Günther / Raimund Thum / Hans Hermann Frese 

Peter Grohmann, 7.1.2022

Wiglaf Droste ./. Joe Bauer

Joe Bauer: „Der Dichter, Satiriker, Sänger, Entertainer Wiglaf Droste ist im Alter von 57 Jahren in Franken, wo er zuletzt mit seiner Partnerin gelebt hat, an Organversagen gestorben. Einige Dinge haben wir zusammen gemacht, noch 2015 ist er im Flaneursalon am Fluss im Hafen aufgetreten. Wir haben oft über seine Alkoholkrankheit gesprochen. Leider war nichts zu machen. Keine Chance. Wir haben einen guten Mann, einen ungewöhnlich scharfen Denker, brillanten Schreiber und phänomenal präsenten Unterhalter verloren. Vor einigen Jahren saßen Wiglaf und unsereiner, wie öfter mal, bei Sauerbraten und Spätzle im Brunnenwirt am Stuttgarter Leonhardsplatz. Tags darauf schickte er mir dieses Gedicht…“:

RICHTIG SPACHTELN GEGEN NAZIS  / Von Wiglaf Droste
Hitler vegetierte arisch
lebte vulgo vegetarisch.
Fleisch? Niemals, nicht einen Happs!
Auch kein Bier und keinen Schnaps,
und auch niemals Zigaretten,
denn es galt, die Welt zu retten:
Vor den Bolschewiken, Juden,
allem Schönen, Wahren, Guden
also vor den Großgenüssen.
Deshalb schrieb der Mann „Mein Kampf“. mehr…

In Erinnerung an Justus Pankau

Justus Pankau war Förderer und politischer Unterstützer des Theaterhauses und der AnStifter. Am 16.11.2017 fand ihm zu Ehren ein Fest in der Ludwigsburger Scala statt, das Gerd Jüttner und Hardy Huober ausrichteten. Justus konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen, aber er sandte uns Grüße. In der Nacht vom 17. zum 18.11.2017 ist er gestorben. Ein freundlicher, hilfsbereiter und weltoffener Mensch – wir werden uns immer gern an ihn erinnern. (PG)

Die Trauerfeier für Justus Pankau findet am 8. Dezember um 14 Uhr
auf dem Pragfriedhof Stuttgart statt.
Er war ein Multitalent: Justus Pankau (1923 geboren) und sein Leben hinter der Kamera. Ein Mensch, der die Entwicklung im Fernseh- und Filmbereich mit- gestaltete. Er begann seine Karriere als Kameraassistent im kriegszerstörten Hamburg, arbeitet bei der Neuen Deutschen Wochenschau, dort war er Kameramann und Reporter in Personalunion. 1954 kam er zum Süddeutschen Rundfunk nach Stuttgart und war dabei, „als die Bilder im Fernsehen richtig laufen lernten“. Pankau ist Mitbegründer der inzwischen legendären Stuttgarter Schule (sie nannte Prof. Walter Jens ein „Meisterwerk visueller Rhetorik“ ), bekam für den Spielfilm „Malatesta“ (mit Eddie Constantine) den Bundesfilmpreis in Gold (1970), später u.a. auch den Grimme-Preis für den Dokumentarfilm „Die Borussen kommen“. Für diese Fernsehdokumentation Film durfte er in der Kabine von Borussia Dortmund drehen, die ersten „Nacktbilder“ von Fußballspieler beim Duschen sorgten für Schlagzeilen (1964). Deutscher Kulturfilmpreis dann 1965 für „Wagenrennen“. Es gibt wohl keinen lebenden Kameramann, der gleichzeitig so erfolgreich Dokumentationen wie Spiel-und Fernsehfilme drehte. 2002 erhält ein Film, bei der er für die Kameraführung verantwortlich, war in Locarno den Goldenen Leoparden (Das Verlangen). Der Film war die Abschlussarbeit von Ian Dilthey, einem Absolventen der Filmakademie Baden-Württemberg. mehr…