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BürgerInnenbrief 150

Wenn die Worte nicht stimmen,
so mißlingen die Werke;
misslingen die Werke,
so gedeihen Kunst und Moral nicht;
gedeihen Kunst und Moral nicht,
so trifft die Justiz nicht;
und trifft die Justiz nicht,
so weiß das Volk nicht, wohin Hand und Fuß setzen.
Also dulde man nicht,
dass an den Worten etwas in Unordnung sei.

Konfuzius.

Liebe Bürgerinnen und Bürger:
Ich bin doch nicht blöd, sagt das Volk zu Media-Markt. Doch, werd’ ich einwenden. Denn wer auf billig schaut, ist leicht beschickert, meschugge, dumm oder blöd. Wer wird denn heut, in diesen Zeiten, wo die Gletscher schmelzen und die Kinder nicht nur arbeiten müssen und hungern, sondern auch schießen, unbesehen aufs Billige hereinfallen? Das Hemde aus Bangladesch, die Schuh billig aus China, die Rosen Chemie-strotzend aus Lateinamerika? Schön blöd, möchte ich sagen, wer fürs portionsgerechte Zerteilen eines ganzen Schweins 1,67 Euro bekommt – Stücklohn, nicht daß wir uns falsch verstehen. Blöd, weil ihnen nichts andere übrig bleibt und die ganze Kommunikation nichts hilft, nicht alle Aufklärung, nicht das gute Buch, nicht das Fernsehprogramm: Es sind arme Schweine, die blöd dran sind, diese wie jene. Die einen, weil sie fressen müssen, bis sie schlachtreif sind, die andern, weil sie essen, schlafen, leben müssen. Die Schläfer sinds, die nicht wählen gehen, weil die Worte nicht stimmen, und weil die Worte nicht stimmen, werden sie nicht gehört…

Ich könnt ma innen Arsch beißen, hat meine Omi Glimbzsch aus Zittau gern gesagt, wenn sie von Fehlern erzählte, sich grün und blau ärgerte über was weiß ich, und sei es nur, „daß ich das Fernsehn nich ausgeschaltet hab’ bei dem Mist und ins Bett gegangen bin“. Liebe Leut’, uns nützt das Ärgern über Gestern nur, wenn wir die
alten Fehler nicht wiederholen. Das ist schwer genug. Gerade ist ja mal wieder viel Sand im Getriebe der Bürgerbewegten. Dabei sind die Leute um uns rum hellwach, kritisch, skeptisch, mißtrauisch geworden. Da haben zu oft die Worte nicht gestimmt. Nehmen Sie diese lächerliche und zu Recht geplatzte Anhörnung zum Grundwassermanagement, wo ein arroganter Beamter uns Bürger abmeiert wie Erstklässler. Nehm ’se die Gespräche zum „Hotel Silber“, wo Stadt und Land die seit vielen Jahren engagierten Bürger vor der Tür stehen lassen und drinne ein neues Konzept entwickeln, um Miete zu sparen! Der VfB würde sich so was natürlich nicht bieten lassen. Die Worte stimmen auch bei mir, bei uns nicht immer. Manchmal tun wir so, als stehe die Machtübernahme unmittelbar bevor. Manchmal merken wir nicht, wie viele Bürger echt angekäst sind, weil sie wegen uns ne Stunde später heim kommen, Leute, die wir auf unserer Seite brauchen oder doch wenigstens überzeugen wollen, oder? Na gut, dann halt „nur“ zum Nachdenken anregen!

Der demokratische Alltag ist grau. Er hat nichts vom Sturm auf die Bastille an sich, schade, nix vom Kanonendonner der Novemberrevolution in Württemberg und dem Aufbruch in Zeitalter der Aufklärung. Angesagt ist aber der Abbau alter Rechte, angesagt sind die Spitzel diesseits und jenseits des Atlantiks, angesagt ist der Überwachungsstaat, angesagt ist das große, alte, immer wiederholte Versprechen, daß sich spätestens nach den nächsten Wahlen alles ändert. Was unser Land indes braucht, ist ein demokratischer Aufbruch, ist die Einsicht von uns allen in unsere Stärke als weltoffene, tolerante Bürgerbewegung mit langem Atem, mit Ausdauer und Power hinzustehen und das 1000 x Gehörte eben noch mal zu hören. Wird es uns gelingen, wieder mehr Menschen auf unsere Seite zu ziehen? Vielleicht wär’s ja ganz gut, wenn wir uns selbst öfters mal zur Kritik ermunterten! Ein wöchentlicher öffentlicher Ratschlag nach jeder Demo mit aktuellen, heißen Themen – wie wärs? Damit die Worte wieder stimmen! Peter Grohmann