Die Stadt Stuttgart stand ziemlich unter Druck: Der Stuttgarter Zeitung war durchgestochen worden, dass wer das Strom- und Gasnetz der Landeshauptstadt bekommen soll. Und so wirkte die eilig einberufene Pressekonferenz zur Beschlussempfehlung für den Gemeinderat wie eine Mischung aus nicht aufbereiteten Fakten und Verschleierung.
Die Fakten: Der zuständige Unterausschuss des Gemeinderats hat die verschiedenen Angebote abgewogen, Punkte vergeben und heraus kam eine Mischung aus Energie Baden-Württemberg und den Stadtwerken Stuttgart. Der Vertrag, der rückwirkend zum 1.1.2014 in Kraft treten soll, beinhaltet eine Netzeigentumsgesellschaft, an der die Stadt von Anfang an 74,9 Prozent hält, und eine Netzbetriebsgesellschaft, an der die Stadt zu Beginn 25,1 Prozent und ab dem 2019 zu 74,9 Prozent beteiligt ist. Den Rest hält der Atom- und Kohlekonzern EnBW (Kernenergie: 32,2%, Kohle: 35,4%). Die EnBW hat besitzt damit die „üblichen Minderheitsrechte“, die es ihr ermöglichen, auf alle größeren Entscheidungen Einfluss zu nehmen.
Der Rückkauf des Netzes kostet die Stadt aus Eigenmitteln 96 Millionen Euro, wobei sie weitere 60% fremdfinanziert. Soweit die Aussage der Stadt. Daraus und aus dem städtischen Anteil von 74,9% lässt sich ein Wert des Netzes von 320 Millionen Euro ermitteln. Hinzu kommen noch Kosten der Entflechtung, die die Stadt mit 31 Millionen veranschlagt. Interessant wäre nun, diese Kosten dem gegenüberzustellen, was die Privatisierung der Technischen Werke Stuttgart (TWS) der Stadt finanziell gebracht hat.
Um die Entscheidung der Stadt nachvollziehen zu können, wäre es nun zwingend, zumindest die Bewertung der Angebote durch Punktevergabe zu kennen. Die Stadt ist aber auf Fragen der anwesenden Journalisten nach Transparenz nur ausweichend nachgekommen. Einerseits wurde erklärt, die abgegebenen Angebote würden nicht veröffentlichen, was auch wohl niemand wirklich erwartet hätte. Andererseits würde eine ausführliche Begründung der Entscheidung nach der endgültigen Gemeinderatssitzung am 12. März publiziert. Die eigentliche Entscheidung bliebe so intransparent.
Auch blieb unklar, wie eine langfristige Perspektive über das Jahr 2019 und auch über die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke der EnBW aussehen könnte.
Am Rande der Pressekonferenz ließen mich zwei Fakten aufhorchen. Einerseits plädierte Oberbürgermeister Fritz Kuhn stark für ein intelligentes Netz verbunden mit einer Steuerung auch kleiner Stromverbraucher (hierzu lesenswert ist ein ZEIT-Artikel von 2012, der den Sinn infrage stellt). Andererseits ließ sich aus Äußerungen Matthias Albrecht, seines Zeichens Anwalt der Stadt, schließen, dass die EnBW ein ziemliches Datenchaos besitzt. So brauche der Konzern bis 2016, um die Kunden zu ermitteln und aus ihrem Datenbestand zu extrahieren, die sich im Bereich der Stadt Stuttgart befinden.
Alles in allem bleibt bedauerlich, dass sich, wo die Stadt sich doch ausdrücklich zur Energiewende bekennt, mit der EnBW einen hierfür so schlecht vorbereiteten Partner an Bord geholt werden soll. So unwahrscheinlich es ist, dass der Gemeinderat der Beschlussvorlage seines Unterausschusses nicht folgt, würde dies doch von finanzieller und ökologischer Vernunft im Sinne echter Nachhaltigkeit sprechen.