Archiv der Kategorie: Wettern der Woche

Peter Grohmann schreibt und spricht das Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext.

Vertrauen & Gewalt GmbH

Vertrauen & Gewalt GmbH – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

Der Isländer kann, wenn er muss, sein Land nicht auf dem Landweg verlassen – die Balkanroute ist dicht. Aber er muss nicht. Ach, wie schön ist Panama! Aber der Isländer kann, anders als etwa der Syrer, der Afghane oder Edward Snowden, mit Sack und Pack auf die Barrikaden gehen. Er kann, wenn er sich über die aktuellen Offshore-Geschäfte und Briefkastenfirmen informiert, seine korrupten Großmäuler zum Teufel jagen. Und wir auch. Hoffen wir das Beste.

Zugegeben: Bei uns bleibt’s vergleichsweise ruhig. Die Flüchtlinge schlagen sich mehr und mehr selbst, auch aus Mangel an Freizügigkeit. Das war übrigens das Credo Hans-Dietrich Genschers. Freizügigkeit & Menschenrechte GmbH & Co. KG. Das muss überall gelten, und zwar „auch für die sozialen und wirtschaftlichen Rechte“. Menschenrechte sind, sagte der Ossi, nicht verhandelbar. Niemals, meinte der – an die Adresse der Russkis. Aber manchmal, wenn es dunkel wurde und er als Außenminister mit Despoten habe verhandeln müssen, „ballte sich die Hand zur Faust in der Hosentasche“, erzählte er mir mal. Der alte Gewalttäter! Das mit der Freizügigkeit und den Menschenrechten galt natürlich in erster Linie den kommunistisch gehaltenen Ländern – Fluchtursache genug für Millionen.

In diesen düsteren Zeiten fliehen die Wähler auf dem Landweg zur AfD. Stramme Sozialdemokraten, wohlhabende Linke, ehrliche Christdemokraten etc. pp., wandern ab. Um die Fluchtursachen macht man sich kaum Gedanken. Wo die traditionsreiche SPD, die den Judenfeind Bismarck überstand, Kriegskredite, Hitler und die Wiedervereinigung, Hartz IV, Wohnungsprivatisierungen, TTIP und Idomeni, ihre Zukunft hat, steht in den Sternen. Und da guckt keiner.

Meine Omi Glimbzsch in Zittau behauptete wieder und wieder, dass die Menschen vor allem in unsicheren Zeiten auf ein Urgefühl angewiesen sind: Es heißt Vertrauen. Zittau war, als das Vertrauen und die Bürger flöten gingen, ein wichtiger Schauplatz der friedlichen Revolution 1989: Tausende mutiger Frauen und Männer überwanden ihre Angst und traten für Freiheit, Menschenrechte, Demokratie, für offene Grenzen ein. Heute, ohne Vertrauen, zitiert die alte Glimbzsch den Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD): „Ich halte die Stimmung im Land Sachsen kaum noch aus – und das betrifft auch meine Stadt“. Jung meint Pegida, AfD, die Rechtsfront also. Sonst meint er niemanden.

*) Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Unter Christen

Unter Christen – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

Das Osterfest mit seinem höchsten kirchlichen Feiertag war die Gelegenheit, sich einmal mehr unter Christen zu mischen. Wer die Augen offen hält und sich nicht von alten Vorurteilen oder Ängsten leiten lässt, sieht in diesen Tagen: Auch unter den Christen gibt es solche und solche – Gute und Strolche, Kriegsgewinnler und Friedensstifter, Menschen, die unserem Sozialstaat auf der Tasche liegen oder ihre Vermögen am Finanzamt vorbei in die Schweiz schaffen – aber eben auch ehrbare Bürger, die wie jeder x-beliebige Einwanderer brav ihre Steuern zahlen.
Man darf solche Fälle keineswegs kleinreden. Es wird ja auch niemand ernsthaft abstreiten, dass viele Christen ihre Frauen schlagen, Kinder missbrauchen, rauben und stehlen – das kommt selbst bei Atheisten, Sozialdemokraten, Grünen oder gar Muslimen und Kommunisten vor. Wenn so mancher Christ zur Gewalt neigt, hat das weniger mit Veranlagung zu tun als vielmehr mit alten Testamenten, den Abenteuern der Kreuzritter oder dem Boxeraufstand 1901, bei dem die christlichen Soldaten aus vollem Herzen sangen: „… die ganze gelbe Sippschaft – haut sie zu Mus und Brei.“ Was hat man da herzlich gelacht – und zugeschlagen! Aber: Lang, lang ist’s her!
Heute sind die meisten von ihnen bei uns voll integriert – ihre Kinder gehen mit anderen Kindern gern zur Schule, sie lernen Jägerlatein oder Englisch, und obwohl z. B. Katholiken und Protestanten (letztere ohne S 21) etwa in Stuttgart nur noch 48,7 % der Bevölkerung ausmachen, dürfen sie auf dem Marktplatz in der Adventszeit für fast vier Wochen einen großen Christbaum aufstellen.
Die allermeisten Christen sind Menschen wie Du und ich oder wie meine Omi Glimbzsch in Zittau- und längst anerkannte, ja gleichberechtigte Mitglieder einer der größten denkbaren Kulturnationen der Welt. Merke: (Religiöser) Fanatismus ist immer der falsche Weg- der heilige Römer Franziskus zeigte uns doch eben, dass Christen nicht nur Hooligans sind! Oder die Rolling Stones, die einst freie Liebe, Gewalt und Rebellion besungen haben: Sie waren anno Dunnemal z.B. in New York Aussätzige, von den Medien verunglimpft, weil ihre urchristlichen Botschaften zur Erfüllung universeller Freiheitsträume nicht verstanden wurden.
Was lernen wir daraus? Wir sollten Christen, ob nun Grüne oder Schwarze, nicht über einen Kamm scheren, sondern differenzieren, gerade nach Wahlen, Brüssel und Ostern. Und Botschaften klar formulieren.

*) Peter Grohmann
ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Risse in der Kirche

Risse in der Kirche – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

In der Berliner Schinkelkirche sind erneut Risse entdeckt worden- aber kein Problem, der Sakralbau ist eh‘ geschlossen: Einsturzgefahr, weil der Neubau von Luxuswohnungen in direkter Nachbarschaft schwere Schäden verursacht haben soll. Ganz ähnlich wie in Zorneding: Das Kaff bei München, also tiefste bayrische Provinz, hat einen Schwarzen verloren. Die örtlichen Schwarzen hatten Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende (viel Afrika) schon letztes Jahr gewarnt, weil er sich für Flüchtlinge stark gemacht hatte. Johann Haindl etwa (CSU) in der lokalen Ebersberger Zeitung: „Der … muss aufpassen, dass ihm der Brem [Altpfarrer von Zorneding] nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem Neger.“ Jetzt ist der Pfarrer, nach Morddrohungen, abgehauen, untergetaucht. Vielleicht findet er ja Asyl in einem „Flüchtlingsheim für Christen“ (Forderung aus der Stuttgarter CDU).

Zazenhausen und Zorneding – hier liegt das Geheimnis des 13. März. Wenn schon Schwarze predigen und Balkanesen der kranken Omi Glimbzsch in Zittau den Hintern säubern dürfen, ist es nicht mehr weit zum Seehoferschen Unrechtsstaat der AfD. Und für Wahlerfolge der alten Mutter SPD braucht’s mehr als Schlagworte wie Zukunft- Arbeit- Gesundheit. Schon recht- aber für wen, fragt sich der kritische Sozialdemokrat. Er ist zu Hause geblieben, zu Kretsche gewechselt oder zu den Angstmachern. Keine Rede von links. Die Omi Glimbzsch in Zittau war nach 45 gegen die Wiedervereinigung (der KPD und der SPD) – jetzt hätt’se nüscht gegen Rot-Rot-Grün, „denn wir brauchen ja die SPD auf dem Weg zurück zum Rechtsstaat, Peter!“ Weit ist der Weg nach Tempico, so weit, so weit…

„Herr Doktor, wohin bringen Sie mich denn?“
„Ins Leichenschauhaus.“
„Aber ich bin doch noch gar nicht tot!“
„Wir sind ja auch noch nicht da …“.

Zugegeben, bei knapp 13 % ist es ein weiter Weg zurück im Zorn, auf der Suche nach neuem Profil, Personal und Pinunse. Und mal ganz unter uns:
Kein Mensch glaubt, dass eine Partei ihre Wahlversprechen halten würde. Aber wir brauchen doch wenigstens die Überzeugung, dass hinter den saudummen Slogans Menschen stehen, die klüger sind, Menschen, für die Begriffe wie Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit noch alltagstauglich sind. Sonst wird’s nichts mit der Wiedergeburt, alte Tante!

Illegal

Illegal – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

Kein Mensch ist bisher auf die Idee gekommen, ein Fußballstadion zu stürmen oder wenigstens das Scheißhäusle der FIFA. Es gäbe Gründe. Niemand hat bislang versucht, Büros der SPD schwarz anzumalen, weil jemand von denen die Renten gekürzt hat. Ich kenn‘ keine, die das Fabrikgelände von K+S – Kali und Salz besetzt hätte, den Verantworttlichen in Amtsstuben mal richtig Feuer unterm Arsch gemacht hätte, weil die gutes Trinkwasser zur Salzbrühe gemacht haben. Kein Mensch rennt in die Lobbys der Chemieindustrie und nimmt denen die Monsanto-Trommeln weg.
Unbehelligt bleibt die gesamte Glyphosat-Korona, die für weitere 15 Jahre Gift in die Äcker pumpen lässt und bei den Prüfbehörden Untergrundarbeit leistet. Nennt mir eine einzige Bank, eine nur, bitte!, in deren Schalterhallen sich der geballte Volkszorn wegen des Bankenskandals entlud. Es interessiert nicht, wenn tonnenweise Lebensmittel vernichtet werden. Man nimmt’s wie den versehentlichen Wind aus der eigene Hose, dass 80 (oder 800?) Milliarden vor der Steuer versteckt werden, dass die 100 Reichsten reicher sind als 20 Milliarden. Hat jemand jemals jemanden gesehen, der jedwede Contenance verlor, weil Kindergärtner oder Sozialarbeiterinnen, Kranken- und Altenpfleger mies bezahlt werden? Hat irgendein Dorf dorfweise und gemeinschaftlich eine Kreuzung besetzt, ein Rathaus oder eine Atombehörde heimgesucht, weil die da oben gelogen, verniedlicht und vertuscht haben? In einem Kaff bei Pforzheim erhält am 4.3. ein Marzabotto-Mörder die Ehrenmedaille der Kommune: Was von Protest gehört? Ist „wegen Fessenheim“ irgendwem die Birne durchgebrannt? Nein.
Aber bei den Flüchtlingen: Da wird abgekotzt, was der Magen hergibt. Da stehen die Menschen Schlange, um beim Krawall dabei zu sein, mit Schaum vorm Maul. Da riskieren sie Job und Freiheit, um es brennen zu sehen. Da schaut die Polizei öfters weg als hin. Sie bespucken Schwarze, verfolgen Kinder, schlagen Asylbewerber zusammen, jagen Schwangere über die Felder. Die bio-deutschen Narren kriegen Angst-Koller, lassen Scheiben klirren, klatschen Fitschis, stellen sich der Feuerwehr in den Weg und den Ermittlungen, fordern AIDS-Tests für Afrikaner, bewerfen die Polizei samt deren Schutzbefohlene mit Steinen, blockieren Flüchtlingsheime. Sie verlieren Menschenwürde und Anstand, vergessen jede Erziehung und alle christlichen Werte. Wenn sie nur das Wort Flüchtlinge hören, pfeifen sie auf Recht und Ordnung und werden zur Horde. Menschen.
Ok, OK, ich hör‘ ja schon auf. Ich weiß, es ist wirklich nicht so schlimm. Die meisten schau’n nur zu. Bisher.
*) Peter Grohmann
ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Kurzsichtigkeiten

 Zu viel Fernsehen macht dumm, wenn man ’s nicht schon vorher war. Aber es kommt noch schlimmer, denn eben kam heraus, dass auch zu viel Kurzsehen meschugge macht! Das dauernde Starren auf mobiles Gepretze, wie meine Omi Glimbzsch in Zittau sagen tät‘, die stete und sture Schau auf Handy, Tablet, auf große und kleine Bildschirme, verengt den Blick, macht die Augen kaputt und führt zu Trübsinnigkeit, ja Trostlosigkeit. Freunde wie Feinde gehen verloren, Freundschaften zerbröseln, das Essen wir kalt. Als ob das nicht schon genug wäre: Mehr und mehr Kurzsichtige machen die Straßen unsicher, selbst in Claußnitz (DDR). Freund Dietmar Gabriel sieht vor lauter Rüstungssplittern den Balken im eigenen Auge nicht mehr und der christliche Demokrat Daniel Wilms kommt in die Hölle, zu Donald Trump, wenn er so weitermacht. Schwarzer Schmorbraten.

In Warschau wird das U-Boot die Finanzkapitals, der Antikommunist Lech Wałęsa, endlich als bezahlter Agent des KGB enttarnt, in Berlin kümmert sich der „seine-Strafe-abgesessen-habende“ Christian Klar um linke Webseiten und in Stuttgart rät mir der Wahl-O-Mat, auf jeden Fall die Opposition zu wählen. Ich hab‘ Skrupel- aber er muss es ja wissen.

Nach der griechischen Mythologie war, wie allgemein bekannt, Europe die Frau mit der weiten Sicht. Inzwischen isse halb blind geworden- teils wegen Cameron, teils wegen der Osteuropäer. Wie ein deutscher Mühlstein wird die phönizische Königstochter an den Abgrund gezogen – nur noch ein paar Schritte zu „kein Asyl in Claußnitz und anderswo“.

Der Freundeskreis wird zum Erziehungsberechtigten für die Querdenker: Die Besserwessis nehmen zu, die Welt wird gereizter, ich auch. Neuerdings spricht er sehr ernst über den NSU, mokiert sich über Ängste vor einem Dritten Weltkrieg und tut ganz so, so, als ob Syrien ein Zuckerschlecken sei. Und die Journaille? Der Verzicht auf harte Fakten nimmt zu. Man macht sich keine Mühe mehr, Nachricht und Meinung zu trennen.

Die Medien servieren zu oft Schnellgerichte für Kurzsichtige, für Menschen mit Leseschwäche und Rechtsdrall. Fein ausgesiebte Fakten, die wegen Platzmangels bereits von einer Agentur extrahiert wurden: Arbeitsteilung. So wird ohne viel Federlesens Information zur Meinung. Und die muss nur so daherkommen, als transportiere sie splitternackte Infos. Es ist zum Blindwerden! Nur gut, dass Sie mich haben.

 

*) Peter Grohmann

ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Gebt Schießbefehl!

Was denn nun? Soll man jetzt schießen oder eher nicht? Aus der Luft oder nur in die Luft? Welches Kaliber? Oder besser Platzpatronen? Scharf? Auf Frauen, wegen der Gleichberechtigung und man weiß ja nie? Auch auf Kinder? Ab welchem Alter? Klar, auf jeden Fall auf Kindersoldaten!

Wir hören, dass die modernen Satellitenkameras aus 100 km Höhe Objekte von der Größe einer Zigarettenschachtel erkennen können. Rothhändle etwa. Bravo! Die können Autos orten durch den dichtesten Urwald im Urwald! Die können, wenn sie wollen, einzelne Terroristen aus der Luft im fahrenden Jeep erkennen und erwischen- und immer die richtigen. Aber sie sind nicht in der Lage, Lebensmittelpakete über den Flüchtlingslagern der 100 000 abzuwerfen. Kein Trinkwasser, keine Medikamente, kein Mehl, kein Brot. Man lässt die da am langen Arm verhungern, verdursten, sterben. Sie sind auch nicht in der Lage, ihr Ehrenwort zu halten, ihre Versprechen, ihre Zusagen. Die da glauben. Die anderen pokern. Wer gibt wie viel und warum, wenn überhaupt, wann? Die anderen sind wir: Die internationale Solidargemeinschaft, die mit den vorwiegend christlichen Werten, die abgeklärten Aufgeklärten, Vielredner, Schönredner, Schwindler.

Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seine Gaben: Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn‘ und Säbel und noch mehr möcht’se gerne haben? Geduld- und warte, warte noch ein Weilchen: Weihnachten ist doch hierzulande erst in zehn Monaten! Ach, so lange wartest du schon, glaubst du? Ja, mein Kind, dann hast du vielleicht falsch geglaubt.

„Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schusswaffe, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen…“. Aus einer siebenseitigen Dienstanweisung vom 1. Oktober 1973. Kennen Sie zufällig das Land, das diesen Schießbefehl gegeben hat?

Übrigens: In Cleveland darf die Polizei auf Unbewaffnete schießen. In Deutschland rät meine Omi Glimbzsch aus Zittau und ihr Neffe den Soldaten und Polizisten: Befehl verweigern. Klappt.

*) Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Aschermittwoch

Die Fasnet hat so manchen fremden Mann das das Fürchten gelehrt: Männer in Frauenkleidern, Frauen als Mann, falsche Polizisten, Schlepper, Nepper, Schlangenfänger, Wettsaufen bis zum Umfallen. In Neuhausen hat der Narrenbund dem neuen Mann, der aus der Fremde kam, im Schnellkurs das närrische Treiben erklärt, damit er keinen Kulturschock bekommt. Merke: Es gehört zum Allgemeinwissen, dass es erst wieder am 11.11. losgeht mit Halligalli nebst Übergriffen auf die Weibsbilder – noch 36 Wochen warten. Vorerst ist am Aschermittwoch alles vorbei, außer bei Grohmann*).

Apropos Fürchten: 8 – 10 000 Frauen werden jedes Jahr Opfer von häuslicher Gewalt, bei einer furchterregenden Dunkelziffer. Viele Betroffene, aber auch Zeugen wissen nicht, wie sie in solchen Fällen richtig reagieren sollen oder an wen sie sich wenden können. Der eigene Typ kommt nicht in Frage, nicht seine Freunde, nicht die Bekanntschaft. Anzeigenden Frauen wird häufig nicht geglaubt, sie werden kaltgestallt, bedroht, ausgegrenzt. Es sind Frauen jeden Alters, aus allen sozialen Schichten und Kulturen, mit und ohne Behinderung. Und für Kinder hat das Miterleben von häuslicher Gewalt negative Auswirkungen auf ihre Entwicklung – da klappt’s dann vielleicht nicht mehr so mit der Vermittlung der Werte von der Würde der Frau, von Partnerschaft, Familienleben. Nix da mit Friede, Freundschaft, Eierkuchen. Da ist „Schnauze halten“ die Devise oder „Hab‘ Dich nicht so!“ Das sagt der Westernheld Donald Trump Frauen, die sich über seine Sprüche mokieren. Über Carly Fiorina, seine Rivalin um die Präsidentschaftskandidatur, lästert der Kandidat: „Seht Euch bloß mal dieses Gesicht an! Könnt ihr euch vorstellen, dass dies das Gesicht unseres nächsten Präsidenten sein wird? Ich meine, sie ist eine Frau, und ich sollte nichts Schlimmes über sie sagen. Aber wirklich, Leute, kommt schon. Ist das euer Ernst?“ Der Saal brüllt vor Lachen.

Im Evangelium warnt Jesus die Jünger vor einer Fastenpraxis, die nur darauf aus ist, Eindruck bei den Menschen zu schinden. Vergeblich.

*) Politischer Aschermittwoch im Stuttgarter Theaterhaus

Merkeldämmerung

Wetten, die Große Koalition wird zur Anti-Kanzlerin-Koalition? In den grauenvollen Fluren und Fluchten des Bundestags wetzen Woche für Woche die Wendehälse die Messer für den Meuchelmord. Doch Vorsicht: Alle Räume sind neu getüncht und besser kameraüberwacht als das soeben eröffnete TTIP-Klohäuschen, in dem die Abgeordneten zur insgeheimen Einsicht kommen: TTIP ist Scheiße. Wisse, Wegelagerer: Frau Merkel sieht alles, hört alles und weiß alles. Kann sie auch alles? Angie hat bisher immer geschafft, was sie gesagt hat: Wir schaffen das. Wieder und wieder hat sie ihren wundervollen Hals aus der Schlinge gezogen. Merke, Merkelgegner: Es ist von Helmut Kohl zu Julia Klöckner nur ein kleiner Schritt für die Kanzlerin, doch ein großer für die flüchtende Menschheit.

Bei den Themen Flüchtlinge, Fluchtrouten, Fluchthelfer, Fluchtursachen, Flüchtlingsheime, Feuereifer und Fluchtkorridore wird die Volksseele auf großer Flamme am Kochen gehalten – ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn Dietmar Gabriel mitköchelt! Bis zum 13. März und den Wahlen in Baden-Württemberg (11%), Rheinland-Pfalz (9%) und Sachsen-Anhalt (15%) kann sie oben bleiben, wie meine Omi Glimbzsch in Zittau weiß.

Julia Klöckner mit Plan K: Kanzler-Killerin und Kanzler-Kariere. Sie lächelt den Stammwählern der anderen freundlich zu und zeigt Christen wie Muslimen den Ausgang: Deutschland jubelt.

„Das Frühjahr kommt. Wach auf, du Christ! Der Schnee schmilzt weg. Die Toten ruhn. Und was noch nicht gestorben ist, das macht sich auf die Socken nun.“ Asyl in Chile?

Milliardäre

Die Amis haben es leichter als wir Sparheimer. Wenn da einer Präsident werden will, schmeißt er einfach eine Milliarde Dollar in den Ring und sagt: „Der Nächste bitte“. Und wenn das nicht reicht, legt er einfach eine Milliarde nach. Ein Spiel. Und was soll’s, er wird ja nicht ärmer. Da sieht so ein demokratischer Sozialist wie der Bernie Sanders alt aus, noch älter als Gerhard Schröder, der jetzt in den baden-württembergischen Wahlkampf eine eher soziale Note bringen soll, aber nie so weit gehen würde wie Sanders. Der hat, im Gegensatz zu dem, immer ein volles Haus: Neulich 20.000 Peopel in der Portland-Arena, 10.000 mussten draußen bleiben.
„Ich werd‘ oft gefragt, warum so viele zu unseren Veranstaltungen kommen“, wurde der unabhängige Kandidat von einem Journalisten auf der Bühne gefragt. „Weil du recht hast, Bernie!“, ruft ein Zuhörer. Donnernder Applaus, und Sanders hat gut lachen. Er wettert in seinen Reden über die wachsende Ungleichheit in der Welt und in den USA, geißelt den laxen Umweltschutz, lästert über gierige Milliardäre, kriminelle Banken und zitiert Karl Marx: „Bei uns werden die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher.“ Der Arme ist halt immer der Arsch, tät meine Omi Glimbzsch in Zittau vielleicht sagen. Aber sowas möchte ich bei uns mal hören – mit 20.000 anderen. Sanders fordert eine bessere soziale Absicherung, einen flächendeckenden Mindestlohn für alle US-Bürger, Schluss mit dem Rassismus und eine gerechte Justiz. Auch wenn es den Amerikanern peinlich ist: Wir wissen, dass dort ein Prozent der Bevölkerung im Knast sitzt, dass Polizeibeamte wahllos und ohne begründeten Verdacht Personen auf der Straße anhalten, durchsuchen und in Gewahrsam nehmen können und diese Schikanen zu fast 90 % Latinos und Afroamerikaner betreffen. Für die ist das lebensgefährlich. Momentan gibt’s ja massenhaft Proteste gegen ein neues Polizeigesetz. „Wir wollen unsere Demokratie und unsere Freiheit verteidigen“, sagen die Leute. Mit dem neuen Gesetz können die Medien nun ganz direkt und stärker kontrolliert und überwacht werden. Vor der verschärften elektronischen Überwachung und Datenerfassung ist nur noch das Beichtgeheimnisse sicher. In Polen. Biometrischer Personalausweis, elektronische Gesundheitskarte, Erstellung von Bewegungsprofilen, Vollerfassung bei Reisen, Lauschangriff, Online-Überwachung und Online-Untersuchung, Vorratsdatenspeicherung, Raster- und Schleierfahndung, Platzverweise und Unterbringungsgewahrsam gibt’s in Polen noch nicht, aber hier. So ist das eben mit der Demokratie.

AFD
10%

10 % reichen immer – das sind in diesem Falle die rund eine Million Menschen in Baden-Württemberg, die nicht richtig lesen und schreiben können. Sie fallen als Kontext-Leser/in vermutlich eher aus, sind aber wahlberechtigt. Ihre (überwindbaren) Schwächen würden allerdings ausreichen, AFD zu wählen. Bei drei Buchstaben kann man nicht wissen, was damit gemeint ist. Da wiederum unterscheiden sie sich kaum vom Großteil der restlichen Wahlberechtigten. So mancher Gläubige geht davon aus, dass uns Minischterpräsient Winfried Kretschmann direkt vom lieben Gott geschickt wurde und dass er uns auf ewig bleibt – wenigstens für die nächste Wahlperiode. Nun macht solchen Leuten sowohl die Prophetie und die Demoskopie einen Strich durch Rechnung. Hochstapler sind nämlich felsenfest davon überzeugt, dass der nächste Minischterpräsident nicht Winfried, sondern Guido heißen wird. Die AFD ist dabei.

Unsereins würde sich, so Gott will, nein, nicht den Kommunismus, aber eine gut funktionierende Demokratie wünschen, eine starke Opposition, und dass die Parteien (neben uns) endlich etwas mehr an der Weiter- und Willensbildung des Volkes mitwirken. Meine Wahlwünsche: Das Recht auf Widerstand gegen alle, die lieber heute als morgen die Verfassung aushebeln würden (Art. 20 GG), schöne Namensschildle für die Polizei, Wasserwerfer ohne chemische Zusätze, die Verankerung von Kinderrechten, Nächstenliebe – was willste mehr? Und als Zugabe: Das Land Baden-Württemberg ist ein republikanischer, demokratischer und sozialer Rechtsstaat. Bunt sollt‘ er sein, wie gefordert:

Dem landesweiten Ruf von 100 Massenorganisationen für ein farbenfrohes Land, für Solidarität mit den Flüchtlingen, folgten am 16. Januar vielleicht 5000 Menschen (Polizei: 7000). Gerufen hatte – von der Linken über die CDU, von den Arbeitgebern über Kirchen, Regierungsparteien, von Rüstungsfreunden bis hin zu Leuten, die lieber ohne Rüstung leben würden – alles, was Rang und Namen hatte. Das Ergebnis war nicht eben erhebend – die 5-%-Hürde für Menschenwürde ist so nicht zu schaffen. Bemerkenswert am Rande: Ein Zitat von Henry Ford, von der Bühne herunter. Jaja, die Vergesslichkeit: Fords deutsche Belegschaft bestand seit 1943 zur Hälfte aus Zwangsarbeitern. Für seine Arbeiter in den USA schuf Ford eine Art Privatarmee, die die Arbeiter bespitzelte und Gewerkschafter zusammenschlug. Aber richtig zugeschlagen hatte Ford schon früher mit seinem Buch „Der internationale Jude“. Das steht heute noch bei Pegida und dem deutschen rechten Sektor hoch im Kurs.

Auf der Flucht

Die Extremischten etwa, wie wir hier sagen: Auf der Flucht. Aber sie hätten, auch wenn sie drhoim bliebet, echt nicht viel zu befürchten. Ach ja, die Polizei! Wie die Bundesregierung eben auf eine Anfrage der Grünen-Politikerin Irene Mihalic antwortete, waren zum Stichtag 15. September 2015 mehr als 450 Haftbefehle gegen 372 rechtsmotivierte Straftäter nicht vollstreckt worden. OK, das will nicht viel heißen, auch wenn die Zahlen aus dem Vorjahr etwas geschönter aussehen: 268. Das ist eine Steigerung von rund 30%, also nichts, wofür man jetzt auf die Barrikaden fliehen sollte. Bedenken müssen wir da, dass erstens die Polizei zu wenig Personal hat und zweitens die Extremischten vielleicht gar nicht zu Hause waren. Diebstahl, Betrug, schwere Körperverletzung, Bankraub und Totschlag – viel mehr lag gegen die Leute meist nicht vor. Sie sind momentan unterwegs.

Auch so mancher Ordnungshüter ist ja auf der Flucht. Deren Oberster in Köln musste kurzfristig in den Ruhestand fliehen, seine Bochumer Kollegin Tania Kambouris hingegen, im ersten Leben eine gewöhnliche Streifenpolizisten, flieht in die Öffentlichkeit. Sie klagt. Über das schlechte Benehmen derer mit dem Migrationshintergrund, über Respektlosigkeit und über das, worüber alle klagen. Tania ist gern gesehener Gast ohne Uniform in vielen Redaktionen und spricht da gern von den Asozialen, die ihresgleichen Sorgen machen. Ja, die Asozialen! Meine Omi Glimbzsch und ich gehörten ja seinerzeit auch dazu: erst Flucht vor den Nazis, dann Flucht vor den Russen – heut Flucht ins Abseits.

„Es ist wichtig, dass Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen wissen, wie das Zusammenleben bei uns funktioniert,“ meint Stuttgarts Ordnungsbürgermeister Schairer über die anderen, die das nicht wissen. Nein, nicht die Sachsen, auch nicht die 372 rechten Gewalttäter, auch nicht die Großväter aus Auschwitz – die kommen ja allesamt aus unserem Kulturkreis, die wissen ja, wie das bei uns funktioniert, vorher, mittendrin und nachher, beim Saubermachen. Schairer meint auch nicht jene Männer, die ihre Frauen demütigen, zusammenschlagen, vergewaltigen, er spricht auch nicht von den Kindern, die Woche für Woche mißbraucht, getötet werden, nicht davon, dass jede vierte Frau aus unserem Kulturkreis mindestens einmal Opfer sexueller Gewalt wurde – von Tätern aus unserem Kulturkreis. Die wissen auch, wie das bei uns funktioniert – seit Jahrzehnten.
Und Tania weiss es auch. Sie fordert Kindergartenpflicht für alle.

Giftspritzen

Wahlen drohen. Da flippen relativ normale Parteien plötzlich komplett aus. Die CSU etwa, die auf Bayern, Berge, Bier und Deutschland, auf Recht und Ordnung und ihre Werte Wert legt, ist ja nicht so dumm, wie sie aussieht. Sie weiß genau, dass sie mit ihren Forderungen an die Adresse der Flüchtlinge gegen Recht und Ordnung verstößt – gegen die Europäische Menschenrechtskonvention etwa, die Genfer Flüchtlingskonvention (und gegen das Grundrecht auf Asyl, das parteiübergreifend bekanntlich bereits bis zum Geht-nicht-mehr gerupft wurde, ganz zu schweigen). Das Credo der demokratischen Volkstümler heißt: Rechts von uns darf keiner stehen, höchstens wir. Anders gesagt: Die Kohorten von Pegida, die Populisten der AfD, die Krümelmonster von NPD oder Reps, die vom III. Weg müssen sich eigentlich keine Sorgen um den Einzug in die Parlamente und das Abendland machen – die CSU übernimmt. Und sie bekommt Beifall querbeet aus dem Untergrund der anderen demokratischen Parteien, aus den Ur-deutschen Wählerstämmen. Der Stammtisch ruft. Hört endlich auch mal hin!

Die Giftspritzen der Fundis haben exakt diesen Zweck: Nur wer sich weit rechts positioniert, kann hoffen, dass ihm die Wähler nicht weglaufen. Einem Teil der gegenwärtig diskutierten Forderungen könnte sogar meine Omi Glimbzsch in Zittau etwas abgewinnen. Der Verpflichtung aufs Grundgesetz (alle Menschen sind mehr oder weniger gleich) oder allgemein zu den Werten der Menschlichkeit. Auf gut Deutsch: Niemanden zusammenschlagen. Keine Flüchtlingsunterkünfte anzünden. Keine Neger anspucken. schlagen. Tolerant selbst zur eigenen Frau sein. Den Mantel teilen und das Brot. Und als Zeichen der Erkenntnis und wenn’s denn sein muss: kein Alkohol und kein Schweinefleisch mehr.

Wer Giftspritzen verwendet, austeilt, weiterverbreitet, dem droht das Fegefeuer.

Schluss mit dem Meckern!

Schluss mit dem Meckern!

Alles, was man sagt, kann gegen einen verwendet werden. Deshalb sag ich an dieser Stelle im alten Jahr gar nix mehr! Kein Gemecker, kein Geschrei, keine dummen Grimassen, nix gegen Gabriel, kein Wort zum Klimawandel! Keine Rede von Abzocke, Doping, Krimkrieg, Awacs-Einsatz! Nix gegen Kretschmann oder Schmid oder Riexinger oder Wohnungsprivatisierung. Erst recht nichts gegen VW, Windkraft, Daimler, Diesel und den TÜV, Kleinkriminelle, den versifften deutschen Rhein, Freihandelsabkommen, Steuerbetrüger, Parteienstaat, Tukur, Frauenquote, Privatisierung der Müllabfuhr, Stuttgart 21, Flughäfen, Elbphilharmonien, VfB, Pegida, Grüne, Streusalz, Gentechnik, gestopfte Gänse, Polen, Feuerwerk, Frankreich, Ungarn, Türken, Bayern, FIFA, Griechenland, Sozialismus, Kohlebergwerke, Kapitalismus, Dobrindt, Hartz IV, Samenbanken, Bankenrettung, Schattenstaat oder Merkel Kontext.

Diesmal nicht!

Aber Ihnen alles Gute für die Zukunft, auch von Omi Glimbzsch aus Zittau! Toi Toi Toi!

Josefs Dröhnung

Wenn ich eine Waffe tragen dürfte: Nur Heckler & Koch! Was anderes käm‘ mir nicht auf den Gabentisch. Schon aus Solidarität mit der IG Metall. Der Amerikaner schenkt ja, las ich gestern in der New York Times, vornehmlich Smith & Wesson, um seinen Vorgarten sauber zu halten. Rein vom Gesetz her hat es der Amerikaner leichter: Nur Panzerfäuste darf man nicht mit in die Schule nehmen. Hierzulande ist ja allein schon die plumpe Vorbereitung eines Angriffskrieges verboten:
Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. Das sind mehr als zwei Legislaturperioden, meine Herren! Also – wenn ich eine Waffe tragen dürfte, würde die nie auf Menschen richten (ich bin eben ein unverbesserlicher, alter Pazifist!), sondern ausschließlich auf Bambis. Ich meine jetzt diese weiß, lila oder rot leuchtenden Weihnachtsrehe, die überall und in allen Größen herumlungern, ganz hässliche Schöpfungen. Sie tauchen dieses Jahr vermehrt in nahezu jedem Vorgarten auf, in Arztpraxen, Schaufenstern, an Fassaden, an Klohäuschen! Manchmal sind die Bambis gezwungen, einen Schlitten zu ziehen, manchmal glotzen sie nur dumm. Aus dem Nirwana dröhnt dann was von gnadenbringender Weih-hei-nachtszeit. Gefühlt seit Mitte Oktober! Je näher das Fest rückt, umso häufiger sind wir Josefs Dröhnung ausgesetzt. Da vergeht einem doch jede Willkommenskultur!

Neulich schickte mir ein Freund der Leitkultur ein paar Verse, darunter diesen: „Noch ziert den Baum der Weihnachtsstern / Den Halbmond hätt ich dort nicht gern / Die Kerzen wärmen uns das Herz / Und der Stern weist himmelwärts.“
Das beweist: Die Angst geht um in Europa, mit und ohne Heckler & Koch. In den festlich geschmückten Einkaufsläden ist jetzt preiswertes Kriegsspielzeug im Angebot, und an den Aufzugstüren der Königsbau-Passagen sieht man bereits großflächige Werbung fürs Osterfest. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. „Dass ich das noch erleben durfte!“, würde meine Omi Glimbzsch in Zittau jetzt sagen. Merke: „Fröhliche Weihnachten“ ist auch nur ein atheistisches Fest, aber außerordentlich profitabel.

Arschkarte?

Der Pole an sich macht wunderbare Salzgurken – da kann sich der Spreewäldler eine Scheibe abschneiden. Bessere kann nur die Omi Glimbzsch in Zittau. Ansonsten ist der Pole katholisch, konservativ, hört gern (wg. Antisemitismus) Radio Maria und hat Angst vor dem Morgenland, wo die europäische Leitkultur herkommt. Der Pole bleibt bei Wahlen gern zu Hause (das hat er mit vielen von uns gemein) und ist überraschenderweise nicht krimineller als der Hamburger oder der Sachse. Manchmal platzt dem Polen aber der Kragen wie just am letzten Wochenende, als in allen polnischen Großstädten „der Pole“ auf die Straße ging, morgenländische Werte beschwor und den rechtskonservativ Regierenden die Rote Karte zeigte: Bis hierher und nicht weiter!

Das Volk als solches, überall, zieht immer die Arschkarte, wenn es zu Hause bleibt oder doch wählt, aber falsch, wenn es sich nicht kümmert, nicht informiert, die Nöte des Nachbarn übersieht, wenn es davonläuft, Angst hat oder nicht im Kontext liest, sondern BILD. In Polen kam am Wochenende das Volk gerade recht, um Stopp zu sagen zum Verfassungsbruch. In Frankreich hat das Wahlvolk vielleicht das Schlimmste verhindert, vielleicht auch nicht. Man wird sehen.

Wir Volk müssen genauer Hinschauen. Ums Numgucken ist da die Demokratie weg, gehen Grundrechte flöten, wenn das alte Entsagungslied gesungen wird, „…Das Eiapopeia vom Himmel, Womit man einlullt, wenn es greint, Das Volk, den großen Lümmel…“. Die Kurzsichtigen hierzulande wiegen sich in trügerischer Sicherheit, winken mit Blick auf 10 AfD-Prozente und Ungarn, Polen, Dänemark und Frankreich ab und vergessen Finnland, England, Österreich, Schweden, Griechenland, die Türkei und den Rest der Welt, wo die Anti-Aufklärung marschiert. Unsere Handelspartner, unsere militärischen Sicherungstruppen vor den Außengrenzen, sie sind die Hätschelkinder der deutschen Politik und lassen schön grüßen. Beim Blick auf den gemeinsamen Feind im Inland übersieht man ganz schnell den Rechtsruck der Para-Parlamentarier, den Balken im eigenen Auge.

Rechtsruck

Überall Rechtsruck: Rechtsruck in Frankreich, Rechtsruck in Polen, Rechtsruck in Venezuela, Rechtsrecht in der Türkei, Rechtsruck in Ungarn, Rechtsruck in Ravensbrück. Zittau bleibt in deutscher Hand – der schönster Weihnachtsmarkt Europa ist nämlich nicht in Stuttgart, wie das Amt für öffentliche Ordnung behauptet, sondern in Zittau – sagt meine Omi Glimbzsch.

Beim Rechtsruck muss man aufpassen, dass man nicht auf den Arsch fällt. Rechtsruck her, Demokratie hin, wie der Volksmund sagt. Zugegeben, Demokratie für alle wär‘ nicht schlecht. Partizipation, Teilhabe, das Einlösen der Versprechen aus der Charta der Menschenrechte. Der Habenichts hat sonst noch weniger mit der Demokratie am Hut als jetzt. Das können Sie mir glauben!

Für die Leichtgläubigen gab’s neulich – gut getarnt als kostenfreie Beilage der hiesigen „Lügenpresse“, den 16seitigen Prospekt des deutlich rechts des Neckars liegenden Kopp-Verlags. Schon Jahre vor Pegida waren die Rotten aus Rottenburg auf der Überholspur, gewissermaßen die gewissenlosen Wegbereiter von Angst, Pegida und Rechtsrückerei. Eben postet Kopp an die wachsende Schar der Jünger, dass es „ohne die nahöstlichen und nordafrikanischen Migranten“ „diesen Terror im Herzen Europas nicht“ gäbe.

Vom Terror zwischen 33/45 mal abgesehen, nicht wahr?

Mit solchen Stinkstiefel-Beilagen machen sich die (Stuttgarter) Zeitungen einmal mehr zu Erntehelfern der rechten Sippen – sie öffnen ihrer Leserschaft den esoterischen Quell der Desinformation und drücken der Propaganda das Gütesiegel der Seriosität auf. Geld stinkt nicht.

Wenn’s um den eigenen Arsch geht, werden wir unruhig, und wenn die Nachbarn der Marie Le Pen den Vorzug vor Marianne geben, reicht nicht mehr, die Marseillaise vor sich hinzu trällern – das ist zu wenig.

Prima Klima

Momentan streitet sich das Land, ob 1200 Soldaten deutscherseits wirklich ausreichen und was besser ist: Landkrieg, Luftkrieg oder Seekrieg oder Olympia? Was meinen Sie? Kommen Sie mir jetzt nicht mit der Verfassung! Der Soldat in uns scharrt schon ungeduldig mit den Füßen, während sich auf der anderen Seite der Front die Pazifisten vor Militärmusik am 1. Advent ekeln. Hier wie dort: Die Pfarreien versprechen den Reisenden seelischen Beistand, jedem einzeln in die Hand. Die anderen sind oooch nich bessa, tät‘ meine Omi Glimbzsch aus Zittau sagen, und in alter Erinnerung: Geh‘ doch in die Oberstadt, mach’s wie deine Brü-hü-der!

Das Elend der Vorstädte ist der ideale Nährboden für die Kriege von morgen. Ich bitte Sie: Woher sollen denn die Ungebildeten wissen, dass die Kriege nicht zu gewinnen sind? Das wissen ja nicht einmal wir – und wenn wir’s je gewusst haben: Längst vergessen. Die aus den Vorstädten in den Krieg ziehen, wissen nur, dass sie todsicher im Frieden die Verlierer sind, seit Generationen. Das könnten wir ändern, wenn wir wollten. Wir sind steinreich – und gebildet.

Einerseits, andererseits, sowohl als auch: Nicht wenige der Gebildeten in meiner unmittelbaren Nachbarschaft glauben allen Ernstes, dass da der Ami dahintersteckt, hinter allem, und nicht wir: Hinter den Fluchtbewegungen, hinten den Fluchtursachen, hinter dem VW-Skandal, hinter der Klimakatastrophe etc. pp. Die wollen Deutschland kaputtmachen! Was uns zeigt: Bildung hat letztlich auch Grenzen, Außengrenzen. Je mehr wir den Stacheldraht ausrollen und den Terror-Touristen ein „Stoi!“ zurufen, vielleicht auch fragen: „Gänsefleischt ’n Gofferraum effnen?“ – umso weniger Kohle haben wir für mehr Bildung. Ich weiss, das ist alles sehr kompliziert und hat auch mit dem Pariser Klima-Kipferl zu tun, und ich versteh’s ja selbst kaum! Vier Jahre Volksschule – was willste da schon schreiben! Ich hoffe, Sie denken mit.

Zum Nachtisch Feinstaub

Zum Nachtisch Feinstaub

Stuttgart, die grüne Großstadt zwischen Hängen und Würgen, ist Europameister beim Feinstaub: 80% aller Betroffenen haben Keuchhusten. Da beisst auch die Maus im Amtszimmer von Fritz Kuhn keinen Faden ab. Fadenscheinig allerdings und hilflos scheint nahezu alles Bemühen, den Titel an Hamburg oder Köln abzugeben! Von den selbstgesetzten und fremden Zielen, also vom weißen, unschuldigen Papier zur schmutzigen Realität bis zur Schleimlösung für die Lungen ist es ein weiter Weg, gepflastert gewissermaßen mit Leichen. Etwa 3,3 Millionen Menschen sterben jährlich weltweit an Luftverschmutzung. Zu den weltweit größten Ursachen der Todesfälle durch miese Luft gehören Schlaganfälle wie etwa bei Omi Glimbzsch in Zittau, das Schlägle und der hundsgewöhnliche Infarkt. Knapp 73% der Toten könnten ein Lied davon singen. 27 % der Todesfälle gehen freilich auf Atemwegserkrankungen oder Lungenkrebs zurück – vom Rauchen wollen wir jetzt mal nicht reden. Die mikroskopisch kleinen, ja fast niedlichen Feinstaubpartikel (ich sag‘ das, weil die nicht ernst genommen werden!) dringen über die Atemluft über die Lunge auch in die Blutgefäße ein. So manches schlägt sich dann auch im Hirn nieder, führt aber denkwürdigeweise zu keiner Verbesserung, sondern erhöht nur noch das Risiko. Und ganz nebenbei: In Deutschland sterben doppelt so viele Menschen an diesen schöngeredeten „Verkehrsemissionen“ wie an Verkehrsunfällen. Aber wir geben weiter Gas. Nahverkehr ist fast so poplig wie echte, alte Bäume, die in der europäischen Feinstaub-Hauptstadt zu hunderten umgenietet wurden.

So wie sich der TÜV und andere wichtige Behörden von VW & Co KG verarschen lassen, so verarschen die dann ihrerseits die Anwohner der Feinstaubstraßen: Dort lebt das wehrlose Volk, die unteren Schichten, die Ärmsten der Armen, Leut‘ ohne Lobby. Die oben in ihren PS-starken Karossen mit und ohne Manipulation vorbei donnern, scheren sich einen Dieseldreck darum. Sie diskutieren allenfalls im Feuilleton, was die Reduzierung auf 30, 40 oder 60 km innerstädtisch bringt. Treffender, klarer kann sich lokale, Landes- und Bundespolitik nicht vorführen. Jetzt fehlt nur noch der Antrag auf Strafvereitelung im Amt. Mit Todesfolge.

Paris

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – für diese Wette der Französischen Revolution sind die Menschen auf die Barrikaden gegangen. Die Arbeiter- und Emanzipationsbewegungen standen für diese Werte, für Aufklärung und Humanismus, für bessere Zeiten, damit eine andere Welt möglich wird.

Das dürfen wir uns nicht aus der Hand schlagen lassen – von niemanden. Keine Schnellschüsse nirgends! Auf dem Teppich der intellektuellen Redlichkeit bleiben: Haltung zeigen. Weitermachen beim schweren Alltagsgeschäft der Aufklärung. 

Zivilcourage ist notwendiger den je – für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

 

Wettern
Hurenkinder, Penisangst

Hurenkinder, Penisangst

Manche Meldung dieser Tage erfreut mein linkes Herz! Vor einer Woche wurde einem VW-Manager in den USA der Pass entzogen – vermutlich nur, damit er sich nicht der Verfolgung entziehen kann. Dazu passt die Nachricht, dass sich (deutsche) VW-Mitarbeiter auf keinen Fall in den Staaten blicken lassen sollten. Die Gefängnisse in den Staaten sind so berüchtigt wie deren Polizei und Justiz. Verschwörungstheoretiker gehen davon aus, dass der ganze Skandal von langer jüdischer Hand vorbereitet wurde, um die deutsche TÜV-Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Die Flüchtlinge auch. Denn es sind ja nicht nur Terroristen, die da einwandern – die könnten wir verkraften, sorry, ich meine natürlich: Erwischen! Nein, die aktuelle die Völkerwanderung ist ebenfalls inszeniert – und auch das nur, um uns alle zu machen. In der guten alten Zeit empfahl die Regierung mit der Aktion Eichhörnchen: „Denke dran, schaff Vorrat an!“. Nachdenkenswert war überdies der amtliche Warnhinweis, sich bei einem Atomkrieg in die nächstbesten Straßengraben zu werfen und mit einer Aktentasche übem Kopp die letzten selbständigen Gedanken zu schützen. Das hat mich irritiert, denn bei jeder Röntgen-Untersuchung sichert man wieder und wieder durch einen Bleimantel meinen Unterleib. Das Personal verlässt dann panikartig den Raum. Ich habe Penisangst.

Womit ich zum Hurenkind komme. Damit wird im gedruckten wie im virtuellen Text die letzte Zeile eines Absatzes diskriminiert, sofern sie zugleich die erste Zeile einer neuen Seite ist. Hurenkinder, das hat man mit als Schriftsetzer schon ersten Lehrjahr eingebläut, sind in der Typografie schwere handwerkliche Fehler, da sie die Ästhetik des Satzspiegels besonders stark beeinträchtigen. Das Erscheinungsbild leidet. Neulich hab ich unterm öffentlich-rechtlichen Erscheinungsbild des Fernsehens gelitten und mich gefragt, wer hier Hure, wer Hurenkind und wer Freier ist. Jeder halbwegs bekannte Sportler begeht Vertragsbruch, wenn er sich von Mensch zu Mensch interviewen lässt. Das geht nur mit der Sponsorentafel im Hintergrund – alles andere ist untersagt. Der Gipfel war, als sogar das unmittelbare Umfeld eines Mikrofons von sage und schreibe acht Werbetafeln umzingelt war: Acht Quadrate der Dummheit. Wer nicht mitmacht, kriegt kein Bild, kein Wort, keinen Ton. Klar: Warum um alles in der Welt soll nur der deutsche Diesel auf Hund kommen und nicht auch die Informationsfreiheit?