Archiv der Kategorie: Allgemein

Gemeingüter
Das Mietshäuser Syndikat in Tübingen

Am Samstag, den führte eine Exkursion der AnStifter zum Mietshäuser Syndikat nach Tübingen. Ziel war es, die theoretischen Grundlagen, die Axel Burkhardt bei seinem Vortrag am 1. Dezember in Stuttgart gelegt hatte, durch einen Eindruck vor Ort zu vertiefen.

Vom Bahnhof führten uns Marc Amann und zwei seiner Kollegen vom Mietshäuser Syndikat zuerst Richtung Epplehaus, dem ältesten besetzten und immer noch in Selbstverwaltung befindlichen Haus in Tübingen – nicht, ohne dabei auf die neueste Besetzung von Anfang Dezember 2014 hinzuweisen, die Anfang Dezember auf dem Gelände des Tübinger Güterbahnhofs stattfand. Beide Projekte zeigen nach Angaben der Drei, das Funktionieren der sogenannten Tübinger Linie.
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Stuttgarter Erklärung zur Agro-Gentechnik

Des Bündnisses Gentechnikfreie Landwirtschaft Baden-Württemberg vom 29.11.2014.

Vor dreieinhalb Jahren hat die grün-rote Landesregierung im Koalitionsvertrag erklärt: „Baden-Württemberg muss völlig gentechnikfrei bleiben“. Seither hat sie einiges getan, um diesem Ziel näher zu kommen:

  • Auf den landeseigenen Flächen ist der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen über die Pachtverträge ausgeschlossen;
  • Die tierhaltenden Landesanstalten in Aulendorf und Boxberg verwenden ausschließlich gentechnikfreie Futtermittel;
  • Baden-Württemberg ist dem europaweiten „Netzwerk Gentechnikfreier Regionen“ beigetreten;
  • Die Landesregierung hat per Erlass einen Umfeldschutz für Naturschutzgebiete von 3.000 Metern festgesetzt, welcher ebenfalls im neuen Naturschutzgesetz aufgenommen und verankert werden soll;
  • Das Qualitätszeichen Baden-Württemberg schreibt für Fisch, Honig, Geflügel, Eier und Lammfleisch ab 2015 Gentechnikfreiheit vor.

Als Bündnis Gentechnikfreie Landwirtschaft Baden-Württemberg begrüßen wir diese Ansatzpunkte sehr. Gleichzeitig sehen wir noch große Herausforderungen vor uns liegen, um dem klaren Verbraucherwunsch nach umfassender Gentechnikfreiheit in Baden-Württemberg gerecht zu werden. Denn: Baden-Württemberg ist heute noch lange nicht frei von Agro-Gentechnik.

Einfallstor schließen – keine gentechnisch veränderten Futtermittel!
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„Wir sind am Ende unserer Kräfte, nicht aber unserer Flucht“

Die zwei- bis dreihundert syrischen Flüchtlinge, die seit dem 19. November 2014 am Rande des Syntagma-Platzes im Zentrum Athens gegenüber dem griechischen Parlamentsgebäude auf Decken sitzen oder liegen begreifen sich immer noch auf der Flucht. Sie wollen mit ihrem Hungerstreik Papiere um weiterreisen zu können und für den Übergang ein Dach über dem Kopf sowie eine soziale und medizinische Grundversorgung. Die Europäische Union zwingt ihnen mit Griechenland ein Fluchtziel auf, in das sie nie wollten und das nicht bereit oder in der Lage ist, ihnen ein Obdach und das Existenzminimum zu garantieren.

Bassem ist aus Damaskus geflohen. Er zeigt tiefe Narben an Finger und Kopf. Einmal sei er ohne Papiere aus dem Haus gegangen und von der Polizei auf der Straße aufgegriffen worden. Eine Woche lang saß er im Gefängnis bis seine Identität geklärt war. Beim Verhör wurde er geschlagen und mit einem Schneidewerkzeug wurde ihm eine Fingerkuppe gespalten. Nach vier Jahren Krieg hat er seine bisherige Existenz hinter sich gelassen. Nun lebt er seit sechs Wochen als Obdachloser in den Parks und Straßen Athens wie Hunderte andere syrische Flüchtlinge. Darunter auch zahlreiche Familien mit kleinen Kindern. Griechenland und die Europäische Union verstoßen damit massiv gegen die UN-Kinderrechtskonvention und die allgemeinen Menschenrechte.

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Obdachlos und ohne Geld
Syrische Flüchtlinge hungern in Athen

Rund 200 syrische Flüchtlinge sind seit 24. November 2014 vor dem griechischen Parlamentsgebäude in Athen in den Hungerstreik getreten. Sie fordern Unterstützung durch die griechischen Behörden und die Weiterreise in andere Länder der Europäischen Union.

Syrische Flüchtlingsfamilien mit Kindern leben als Obdachlose in den Straßen von Athen. Nun geht ihnen das Geld aus und sie sind verzweifelt. Aus einer Sitzblockade vor dem Parlamentsgebäude in Athen am 24. November 2014 wurde nun ein unbefristeter Hungerstreik. Direkt gegenüber dem griechischen Parlamentsgebäude an der vielbefahrenen Hauptstraße am Syntagma-Platz haben sie Decken ausgelegt und Planen aufgespannt. Im hinteren Bereich türmt sich die Habe der Flüchtlinge aus Syrien. Meist ein paar Koffer, Tüten. Am frühen Abend des 27. November spielen Kinder unter den Planen. Sie sind die einzigen aus der Gruppe, die in den letzten vier Tagen gegessen haben. Ihre Eltern und die jungen Erwachsenen befinden sich im Hungerstreik. Doch die griechische Regierung ignoriert die Flüchtlinge bislang weiter.

Die Lage in der griechischen Hauptstadt ist für sie mehr als prekär. Die syrischen Flüchtlinge beklagen, dass sie von den griechischen Behörden weder Aufenthaltspapiere, noch finanzielle Unterstützung oder eine Unterkunft erhalten haben. Zum Teil seit Monaten nicht. „Was sollen wir jeder für sich allein ein Kellerloch oder einen Hinterhof zum Schlafen suchen“, so ein Familienvater. Hier in der Gruppe seien sie wenigstens vor den Überfällen von Kriminellen und Rassisten sicher. Die Kinder sind dick eingepackt. Das ist auch notwendig, denn die Temperaturen in Athen sinken dieser Tage nachts auf unter 10 Grad. Vielen der Flüchtlinge hier ist das Geld ausgegangen, welches sie aus Syrien noch bei sich hatten. Für sie war dies das Letzte was von ihrer Existenz in Syrien übriggeblieben war. „Ich streike, weil ich schon zuvor nichts zu essen hatte“, sagt mir ein junger Mann, der wie die meisten hier weiter „nach Deutschland, Schweden oder England“ will. Hier würden sie genauso sterben wie in Syrien, ergänzt er.

Direkte Verhandlungen mit der griechischen Regierung gab es noch nicht, so einer der jungen Syrer mit Signalweste, welche die Gruppe auf der Straße bewachen. Es kämen aber immer mehr griechische Bürgerinnen und Bürger um ihnen zu helfen und „die Medien“ um ihren Hilferuf zu hören. Ihre ganze Hoffnung gilt der Europäischen Union „die müssen doch was tun“.

AnStifter Jürgen Weber aus Athen, 27. November 2014

Fotos unter www.esPRESSo-Blog.eu  Über den Verlauf des Hungerstreikes wird auf dem Blog weiter aus Athen berichtet.

Über unsere postkolonialen Vorurteile kurz vor Weihnachten

Wieviel Rassismus steckt in der Entwicklungshilfe? Welche postkolonialen Vorurteile haben wir selbst, wenn wir denken, anderen etwas Gutes zu tun?

Der norwegische „Internationale Hilfefonds von Studenten und Akademikern“ warnt vor diesem Video: We’re messing with you. Wir führen dich an der Nase herum.

Who Wants To Be A Volunteer?

Dass es nötig ist sich kritisch mit Rassismus in der Entwicklungshilfe und Vorurteilen gegenüber dem afrikanischen Kontinent auseinanderzusetzen, zeigen die nominierten Videos für den Rusty Radiator Award, den Preis für schlechte Entwicklungshilfekampagnen. Noch ein paar Tage lang kann abgestimmt werden.

Und wer gern Kritik an der Kritik übt, findet einen interessanten Artikel über dieses Projekt auf der Seite von glokal e.V.

Und weil es zum Thema passt und gerade aktuell ist: eine bitterböse Polemik von Jan Böhmermann über Campino und das Band Aid 30 Projekt. #dotheyknowitsscheisse

Eier aus Stahl: Campino & Band Aid 30 - Do they know it's Scheiße? - NEO MAGAZIN mit Jan Böhmermann

Und seine Reaktion dazu. Im Radio-Interview mit 1live kann Campino weder mit Kritik gut umgehen, noch eine genaue Aussage treffen, wohin die Spendeneinnahmen gehen.

Rüstungsregion Bodensee
Reportage des Greenpeace-Magazins

Das Greenpeace-Magazin hat eine Reportage zur Rüstungsproduktion am Bodensee online gestellt und lässt alle Seiten zu Wort kommen – auch Lothar Höfler: „Am Bodensee spielen Politik und Kirche die narkotisierende Unterhaltungsmusik, damit die Rüstungsfirmen ungestört ihren Geschäften nachgehen können“.

Lothar Höfler ist mit seinem Netzwerk „Waffen am Bodensee“ Mitglied der Aktion Aufschrei – stoppt den Waffenhandel, die 2012 den Stuttgarter Friedenspreis bekamen.

Solidarische Landwirtschaft
Arbeitseinsatz auf dem Reyerhof

IMG_20141115_123523Pastinaken. Für Städter ein abstraktes Gemüse, das man zur Not in eine Suppe packen kann. Doch am vergangenen Samstag wurde es in Stuttgart-Möhringen rund um das Wurzelgemüse dann etwas konkreter: Auf dem Reyerhof stand die Ernte der Rüben an, bei der aufgrund großer Niederschläge über den Sommer kein sogenannter Vollernter zum Einsatz kommen konnte.

IMG_20141115_115901Herkömmliche Betriebe hätten sich wahrscheinlich dafür entschieden, das Gemüse einfach unterzupflügen. Doch der Reyerhof kooperiert mit der Solidarischen Landwirtschaft Stuttgart (SoLaWiS) und deren Mitglieder entschieden, dass ihnen so etwas (nicht) in die Tüte kommt.

IMG_20141115_114418Und so zogen etwa 30 Helferinnen und Helfer zwischen 20 und 65 in Arbeitskleidung bei schönstem Novemberwetter raus aufs Feld, um zwei ca. 40 Meter lange Reihen Rüben zu ernten. Mit Grabegabeln und mit bloßen Händen holten sie die Wurzeln aus dem Boden, putzten sie grob und verpackten sie in Dutzende Kisten. Und hatten ihre helle Freude daran.

Die Ernte wird einerseits im Hofladen des Reyerhofes verkauft und andererseits an die SoLaWiS-Mitglieder verteilt.

Bei SoLaWiS findet diesen Samstag eine sogenannte Bieterrunde statt, an der man sich noch beteiligen kann, um in Zukunft Gemüse vom Reyerhof zu beziehen. Der nächste Hofeinsatz ist für Samstag, den 17. Januar 2015 angedacht. Bis dahin gibt’s Infos über Solidarische Landwirtschaft online und einen Vortrag über Postknappheitsökonomie am Montag ab 19:30 Uhr im Welthaus Stuttgart.

Thüringer Koalitionsvertrag zum NSU-Terror
Endlich Konsequenzen für Verfassungsschutz?

Man kann sich schon schämen, wie langsam Baden-Württemberg bei der Aufklärung des NSU-Terrors den anderen Bundesländern hinterherkriecht. Umso erfreulicher ist das, was sich jetzt in Thüringen tut: Zwar konnten sich die Möchtegernkoalitionäre aus Linken, SPD und Grünen nicht auf eine Abschaffung des Landesamts für Verfassungsschutz einigen, die grundsätzliche Überprüfung der Notwendigkeit des Inlandsgeheimdienstes soll aber überprüft, der Einsatz von verdeckt ermittelnden Personen stark eingeschränkt und die Kontrolle des Landesamts für Verfassungsschutz verbessert werden.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt hierzu, dass die rot-rot-grüne Koalition „eine Expertenkommission berufen [wolle], die die Notwendigkeit des Amtes für Verfassungsschutz überprüfen und dem Landtag hernach einen Reformvorschlag vorlegen soll.“

Es wird also spannend im Osten.

Ein Vorgeschmack auf die Friedensgala
Holen wir uns das Internet zurück!

Um die Spannung zu erhalten, verraten wir nicht wie Edward Snowden beim „TED talk“ auf die Bühne kam. Dort sprach er im März 2014 darüber, wie wir uns das Internet zurückholen. Denn es liegt an uns, die grundlegenden Freiheiten zu schützen, weil es uns alle betrifft, nicht nur Amerikaner oder Europäer. Snowden und Berners-Lee (der gerne mal als der Erfinder des Internets genannt wird) sprechen auch über eine Art Magna Carta des Internets.

Edward Snowden: Here’s how we take back the Internet
(Dauer: 35 min, Englisch, deutsche Untertitel)

Genauso überrascht von Snowdens Auftritt war der Geheimdienst NSA. Ein paar Wochen später bekam der stellvertretende Direktor Richard Ledgett die Gelegenheit darauf zu reagieren.

Wußten Sie schon, dass die NSA unsere Privatsphäre sogar verbessert? Das behauptet zumindest Ledgett in diesem Interview. Außerdem bezeichnet er Edward Snowden als arrogant, weil dieser es ja nicht besser wissen könne als die Autoren der amerikanischen Verfassung. Aber die Geheimdienste sollen mehr von Demokratie und Bürgerrechten verstehen als wir? Es liegt wohl wirklich an jedem von uns (und an Edward Snowden) die Freiheiten und Grundrechte zu schützen.

Richard Ledgett: The NSA responds to Edward Snowden’s TED Talk
(Dauer: 33 min, Englisch, deutsche Untertitel hoffentlich bald)

Neonazis helfen EXIT

© Rechts gegen Rechts
© Rechts gegen Rechts

Was eine schöne Idee: Im oberfränkischen Wunsiedel hat ein buntes Bündnis dieses Jahr einen rechten Trauermarsch in einen Spendenlauf umfunktioniert. Für jeden gelaufenen Meter gingen 10 € an EXIT-Deutschland, das Aussteigerprogramm für Neonazis. 10.000 € marschierten die Neonazis so unfreiwillig zusammen.

Rechts Gegen Rechts – Der Film zum unfreiwilligsten Spendenlauf Deutschlands

Lachen? Weinen? Keine Ahnung.

Die Bundesregierung hat nach eigener Darstellung keine „eigenen über die Medienberichterstattung hinausgehenden Kenntnisse“ über eine mögliche Beteiligung des AFRICOM-Hauptquartiers in Stuttgart und des US-Luftstreitkräftekommandos in Ramstein an bewaffneten Drohnen-Einsätzen der US-Streitkräfte in Afrika.

berichtete letzten Donnerstag der Informationsdienst des Bundestags über eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken.

Bürgerschaftliche Konferenz NSU im Staat
Ruf an Staat und Bürgerschaft

Ruf an Staat und Bürgerschaft der Teilnehmenden der bürgerschaftlichen Konferenz NSU im Staat (layoutete Version) am 8.11.2014 in Stuttgart:

Die Neonazis der Terrorgruppe “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) sind nur die Spitze des Eisbergs. Rechtsextremes Denken und Handeln war und ist tief im Staat und in der Mitte unserer Gesellschaft verankert. Uns allen fehlte es über Jahre an der notwendigen Empathie, um den rassistischen Hintergrund bei den Taten des NSU wahrzunehmen. Wir können alle Opfer unserer eigenen Vorurteile werden.

Die Untersuchungsausschüsse des Bundestages und einiger Landtage haben die Vorurteile in Polizei, Justiz und Geheimdiensten und deren Untätigkeit gegen Rechts bis hin zu deren Unterstützung offen gelegt. Dennoch reagieren Parlamente und Regierungen auch drei Jahre nach der Entdeckung des NSU darauf kaum oder unangemessen.

Der uns in politischen Sonntagsreden abverlangte Widerstand gegen Intoleranz und Menschenfeindlichkeit wird durch staatliche Sanktionen behindert. Einzelne und Gruppen, die sich Neonazis entgegenstellen, werden kriminalisiert. Das Grundgesetz wurde und wird also missachtet. Der Gleichheits- und der Antidiskiminierungsgrundsatz, als auch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind bedroht.

Deshalb nehmen wir, als Teil der Zivilgesellschaft, unsere Verantwortung für den Schutz der Verfassung wahr und fordern:

Stärkung der Zivilgesellschaft

  • Stärkung zivilgesellschaftlich engagierter Bürgerinnen und Bürger und Initiativen gegen Rechtsextremismus und allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
  • Einrichtung unabhängiger und flächendeckender Beratungs- und Anlaufstellen für Opfer rechter Gewalt
  • Fundierte Aufklärung über die Gefahren von Rechtsextremismus für alle Altersgruppen und in allen gesellschaftlichen Bereichen
  • Aufklärung über Rechtsextremismus an Schulen ausschließlich von Lehrkräften oder ausgewiesenen Fachleuten der Zivilgesellschaft und nicht vom Verfassungsschutz
  • Integration der Themen Rechtsextremismus und Rassismus sowie der Umgang mit ihnen in der pädagogischen Ausbildung

Aufklärung im Bund und in Baden-Württemberg

  • Einrichtung einer außerparlamentarischen Untersuchungskommission mit Ermittlungsbefugnissen auf Bundesebene nach britischem Vorbild
  • Erstellung einer aktuellen Studie über Rechtsextremismus sowie über rechtsextreme Einstellungen und Tendenzen bei den Sicherheitsbehörden
  • Untersuchung der neonazistischen Netzwerke sowie der braunen Traditionen und Haltungen in allen staatlichen- und Sicherheitsbehörden
  • Zivilgesellschaftliche Begleitung des NSU-Untersuchungsausschusses in Baden-Württemberg nach dem Vorbild von NSU-Watch mit freiem Zugang zu allen Informationen und Akten für die Herstellung von echter Transparenz
  • Thematisierung der Blockade von Seiten des Innen- und Justizministeriums bei den bisherigen Versuchen der Aufklärung durch den NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg

Kontrolle von Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten

  • Abschaffung des Verfassungsschutzes und aller V-Leute, auch der von der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden geführten
  • Gesetzlicher Schutz von Whistleblowern – insbesondere aus den Reihen der Sicherheitsbehörden
  • Ungehindertes Demonstrationsrecht gegen Naziaufmärsche
  • Kennzeichnungspflicht aller Polizistinnen und Polizisten

Die Waffen nieder! Jetzt!
Erste Blicke in die Plakatausstellung

Plakatausstellung, © Herbert Grammatikoplous
© Herbert Grammatikoplous

Der Beginn des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren bedeutete eine zivilisatorische Zäsur, die bis heute nachwirkt. Vor diesem Hintergrund schrieb das Netzwerk „100 Jahre 1. Weltkrieg. Die Waffen nieder! Jetzt!“ einen Plakatwettbewerb aus, deren Gewinner jetzt feststehen.

Eine Jury beriet dabei aus über 400 Einsendungen. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine, in Israel/Gaza sowie in vielen anderen Regionen dieser Welt machen dabei die Aktualität der Forderung „Die Waffen nieder!“ auf traurige Weise deutlich.

Plakatausstellung, © Herbert Grammatikoplous
© Herbert Grammatikoplous

Der bestechend klare Entwurf von Vincenzo Fagnani „Arms Race – Wettrüsten“ belohnt die Jury als Siegerplakat mit 1.000 Euro. Auf den zweiten Platz (600 Euro) kam ein Werk von Kathrin Wevering, dass das Leiden der schwächsten Kriegsopfer thematisiert. Den dritten Platz (400 Euro) belegt Anne Kuper mit ihrer Arbeit “War is not…”, die die Jury durch ihren Mut, einen ganz anderen Ansatz zu verfolgen, überzeugte und mit ihrem Plakat den Versuchen entgegenwirkt, Krieg den Schrecken zu nehmen. Die Plätze 4-8 (Burkhardt Hauke, Erik Bölscher, Sandra Gratz, Jan Heerlein & Anne Schäfer) belohnt die Jury mit Buchpreisen.

Diese und weitere 22 Plakate werden bei einer Vernissage am 9. November ab 11 Uhr im Stuttgarter Theaterhaus gezeigt. Die Ausstellung ist dann bis 26. November für die interessierte Öffentlichkeit zu sehen.

Plakatausstellung, © Herbert Grammatikoplous
© Herbert Grammatikoplous

Patin für den Titel des Wettbewerbs war der berühmte Roman „Die Waffen nieder“ von Bertha von Suttner, der vor genau 125 Jahren erstmalig veröffentlicht wurde. 1905 erhielt sie als erste Frau den Friedensnobelpreis. Suttner warnte eindringlich vor dem 1. Weltkrieg – vergebens.

Vincenzo Fagnani (1. Platz) und Kathrin Wevering (2. Platz) werden nach jetziger Planung trotz des Streiks bei der Bahn anwesend sein.

Was haben Mauerfall und EU-Außengrenzen miteinander zu tun?

Wie immer bringt es das Zentrum für politische Schönheit einen Missstand in einer gewöhnungsbedürftigen Klarheit und Radikalität auf den Punkt. Dieses Mal kombinieren die Kunstschaffenden immer stärkere Abriegelung Europas gegenüber Flüchtlingen mit dem Fall der Mauer vor 25 Jahren. Und dieses Mal setzen sie an Radikalität noch eins drauf: Sie wollen am Jahrestag der Maueröffnung nächsten Sonntag (mehr oder weniger) symbolisch die Grenzanlagen der EU zerstören.

Erster Europäischer Mauerfall

Per Bus wollen sie von Berlin aus starten. Einer für 55 Personen ist schon finanziert, für Unterkunft, Verpflegung und natürlich die Anreise weiterer Aktivistinnen und Aktivisten sammeln sie aber weiter Spenden.

Nackt im Wald

Wir haben uns ja schon vor kurzem über die Geheimdienste und die Gleichgültigkeit aufgeregt.

Am Samstag Mittag lief auf Deutschlandradio Kultur eine interessante Talkrunde „Nackt im Wald“ über die Folgen der Überwachungs-Skandale. Das Gespräch war hochkarätig besetzt mit Anna Biselli (netzpolitik.org), Marcel Rosenbach (Autor von „Der NSA-Komplex“) und Ulf Buermeyer (Verfassungsrechtler und Richter).

Darin: die Antwort auf die Frage, wo man heutzutage nicht mehr überwacht wird; ein Gefahr der Selbstzensur; die Zusammenarbeit des BND mit NSA und das Feigenblatt des Parlamentarischen Kontrollausschusses.

7. Sitzung der Infokommission AKW Neckarwestheim

Gestern fand die 7. Sitzung der Informationskommission zum Kernkraftwerk Neckarwestheim (Infokommission GKN) in Neckarwestheim statt. Die örtliche Bevölkerung glänzte durch Abwesenheit. Dafür waren etliche Angestellte der des GKN-Betreibers EnBW und Dutzende AtomkraftgegnerInnen anwesend, sodass insgesamt etwa 100 Personen der Anhörung mit dem Schwerpunkt Geologie lauschten.

Bevor Dr. Hermann Behmel (alter Vortrag, Broschüre), der staubedingt als vorletzter vortrug, an der Reihe war, verbreiteten schon die Referenten von EnBW, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau und Umweltministerium Baden-Württemberg ein Schaudern.

So berichteten sie davon, dass es vor 1990 überhaupt keine Erkundungen des Baugrunds unter dem Kühlturm gab und wie diese dann extrem schnell begannen und Konsequenzen nach sich zogen. Seit 1990 seien 10.500 Kubikmeter Beton unter den Kühlturm gepresst worden, der aber keine sicherheitsrelevante Anlage sei. 10.500 Kubikmeter entsprechen zusammengenommen einem Volumen eines Wohnhochhauses mit 20×10 Metern Grundfläche und 20 Stockwerken (unter einem Kühlturm mit mehr als 100 Metern Durchmesser). Zusätzlich wurde der Grundwasserspiegel um vier Meter angehoben, um die Auswaschung von Sulfat/Gips zu reduzieren (was wohl zu 75% funktioniert hat). Seit 1995 werden jährlich 30 Kubikmeter Gestein ausgewaschen.

Die EnBW berichtete davon, dass sicherheitsrelevante Teile des Reaktors auf einer 15 Meter dicken Magerbetonschicht (unbewehrter Beton) stünden. Beim Bericht des Umweltministeriums wenige Minuten später war diese nur noch 6-9 Meter stark.

Ein Unwohlsein bereitete auch die Information der EnBW zum Fasslager, das, im Gegensatz zu anderen Standorten kein Nasslager sei: Hier wurden anscheinend seit 2012 126 Fässer überprüft. Eines davon hatte Rost angesetzt, sodass es umverpackt werden musste. 2012 gab es 1.100 Fässer mit radioaktiven Abfällen auf dem Gelände. Wie viele es heute sind und bis wann sich die Überprüfungen noch hinziehen, war nicht zu erfahren.

Problematisch sowohl aus Sicht des Umweltministeriums als auch aus der von Hermann Behmel ist die unterschiedlich gute Trennung zwischen Grundwasser und Anhydrit. Auch gehen weder Behmel noch Umweltministerium von einer Gefährdung der Standsicherheit durch den Untergrund aus. Hermann Behmel sprach aber sehr wohl von einer Gefährdung der Betriebssicherheit durch den Untergrund im Bereich der Leitungen zwischen Maschinenhaus und Kühlturm und im Bereich des Kühlturms selbst. Auch bemängelte er, dass geologische Bruchkanten, die in offiziellen Karten des Landes Baden-Württembergs zu finden sind und in unmittelbarer Nähe des Reaktors verlaufen, keinen Einfluss auf die Planung des Reaktors hatten noch in Detailkarten des GKNs zu finden sind.

Abschließend ging das Landesamt für Geologie noch auf eine Erdabsenkung in Kirchheim/Neckar ein, die das Amt nach Probebohrungen und akustischen Messungen externer Gutachter nicht als Erdfall (= Durchbrechen eines unterirdischen Hohlraums an die Erdoberfläche) charakterisieren.

Die Forderung, das GKN 2 abzuschalten stand seitens der Umweltverbände deutlich im Raum. Die Mindestforderung an die EnBW und das Umweltministerium als Überwachungsbehörde lauten, mit Schrägbohrungen und zeitgemäßen, modernen seismischen Verfahren den Untergrund im Bereich der AKW-Gebäude und Leitungen auf Gefahren zu untersuchen. Diese wurden vom Umweltministerium wegen eines zu schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisses (aufgrund geometrischen Schwierigkeiten sei der Erkenntnisgewinn pro Schrägbohrung sehr klein) abgelehnt.

Flügel-TV durfte Teile der Sitzung filmen, das Umweltministerium und das Landesamt für Geologie verweigerten aber wieder die Zustimmung zur Aufzeichnung ihrer Vorträge und Statements.

Am Ende bleibt Frage: Ist der Erkenntnisgewinn durch die Teilnahme an der Infokommission wirklich groß genug, um bei dieser Art von Bürgerbeteiligung mitzumachen und kommen die Umweltverbände dem Ziel eines schnelleren/sichereren Atomausstiegs näher oder legitimieren sie durch ihre Teilnahme nur den Prozess im Sinne von Michael Wilks Buch Strategische Einbindung?

Erfreuliche Meldung
BaWü-SPD will NSU-Untersuchungsausschuss beantragen

Kontext bringt heute die Meldung, dass die baden-württembergische SPD einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ zustimmen wird.

Wenn jetzt noch die Grünen zustimmen sollte, was allerdings nach einer eindeutigen Stellungnahme von Uli Sckerl vom 23. September nicht sicher ist, wäre der dringend erforderliche Untersuchungsausschuss in trockenen Tüchern und die Aufklärung der rechtsterroristischen Vorgänge könnte endlich auch in Baden-Württemberg richtig starten.

Welche Schlüsse die Zivilgesellschaft aus dem Morden des NSU ziehen muss, werden wir auf einem Kongress am 8. November in der Musikhochschule beraten.