Wettern der Woche
Kein Auge!

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 11.12.2013

„Kein Auge hat sie …“, sang meine Omi Glimbzsch aus voller Brust für uns Kinder in der Adventszeit – aber eben nur diese fünf Silben. Es war ein Lied zum Kindererschrecken: Wir stellten uns eine augenlose Frau vor, blind, grausam – und baten um Dacapo.

Der ganze Liedtext? Bitte: Zwei Engel sind hereingetreten, kein Auge hat sie kommen sehn. Sie gehn zum Weihnachtstisch und beten – und wenden wieder sich und gehn. Dass sie sich wieder abwenden und gehen, hat uns natürlich ebenso ebenso beschäftigt wie das „kein Auge“. Die Engel dieser Tage kommen aus Syrien. Es sind die Waisenkinder, Kriegsopfer und ohne jede Chance, je das christliches Weihnachtsfest zu erleben. Die Engel sind die vergewaltigten Frauen, traumatisierte Jugendliche, Giftgasopfer, Menschen mit Amputationen, Kriegswunden, häuserlos, heimatlos. In einer Art Gnadenakt hat der leider immer noch amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich entschieden, dass „wir“ weitere 5000 syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aufnehmen. Der bedauernde Tonfall ob dieser Großtat war nicht zu überhören, der CSU-Mann mag diese Menschen – 5000 von zwei Millionen – als Zumutung empfinden.

Deshalb erfolgte denn auch postwendend eine Art Wiedergutmachung für die rechtslastige Wählerschaft: eine kräftige Watschen für Bulgaren und Rumänen, die frei in Europa umeinanderreisen könnten, dann überall mal kurz haltmachen, die Wäsche von der Leine klauen und die Sozialkassen plündern. Kein Auge hat sie gehen sehn. Mit diesen „Auslassungen“ vergreift sich der deutsche Innenminister am Kern der europäische Idee. Im Haus Europa wohnen eben nicht nur die Profiteure, die am internationalen Markt mit deutschen Produkten ganz gut Kohle machen.

Und übrigens, Hans-Peter: Niemand zahlt für Lumpenbuden in den Slums der deutschen Großstädte höhere Mieten als der gepiesackte Rumäne, niemand lässt sich als illegaler Billiglöhner für zwei fuffzig leichter ausbeuten! Freizügigkeit für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger ist vertraglich zugesichertes Recht. Alles andere zementiert Ausbeutung und eine menschenverachtende Zweiklassengesellschaft. Im Weihnachtsgepäck von Friedrich stecken jede Menge Gemeinheiten – und kein Auge hat sie kommen sehn.

Drohnen
Die Rekonstruktion von Morden

Netzpolitik.org berichtet über die Bemühungen, Klagen gegen Drohnenangriffe mit Fakten zu untermauern. Hierzu gehören sehr detaillierte Rekonstruktionen der Tatverläufe durch die Goldsmiths University in London, die 3-D-Modelle der Angriffe erstellt und hierdurch Rückschlüsse auf Zeiten, Orte und Opfer möglich macht.

Eigentlich sollte diese Arbeit ja von Polizei und Staatsanwaltschaft geleistet werden. Naja, da haben die USA wohl andere Interessen…

SPD
Steckt die Hedonistische Internationale hinter Drohanrufen?

Die Sektion „Kommando Gerhard Schröder“ der Hedonistischen Internationale hat sich zu den Drohanrufen bei Jusos bekannt.

Um die SPD-Mitglieder auf Linie zu bringen, hat das Kommando Gerhard Schröder ausschließlich Aussagen und Argumente verwendet, mit denen ranghohe Mitglieder der Partei und ihres Vorstandes in den letzten Wochen in den Medien zitiert wurden. Diese Aussagen wurden in den Telefongesprächen mit Willy-Brandt-Zitaten garniert, um sie den Genossen schmackhafter zu.

Die Aktion ist Teil einer ganzen Reihe von SPD-Werbemaßnahmen für die Große Koalition. Zuletzt hatte der Parteivorstand Musterreden mit Argumenten für die Große Koalition verschickt. Selbst den Briefwahlunterlagen zum Mitgliedervotum sind umfangreiche Materialien beigelegt, die für ein „Ja“ werben. Und auch auf der Webseite www.spd-mitgliedervotum.de kommen ausschließlich Befürworter der Großen Koalition zu Wort.

[…]

„Im aktuellen Klima in der Partei, gibt es nichts Wichtigeres als Abweichler auf Kurs des Vorstandes zu bringen. Als treue und aufrechte Genossen ist es nur folgerichtig der Generalsekratärin und dem Vorsitzenden Schützenhilfe zu leisten.“

Deshalb müsse die Aktion „Mehr Telefonie wagen!“ jetzt bundesweit fortgesetzt werden:

„Wir rufen alle Demokraten dazu auf, in den nächsten Tagen weitere SPD-Mitglieder am Telefon für ein JA zur Großen Koalition zu überzeugen“ so Michael Wiegand weiter.

Ob das Ganze stimmt oder Satire ist, mag dahingestellt sein. Die Idee trifft aber ganz gut den Kern des Problems der innerparteilichen Demokratie.

Überwachung
Warum die Hoffnung, die NSA könnte sich an den Daten verschlucken, unbegründet ist

Immer wieder wird die NSA-Affäre inkompetent kommentiert, indem auf die immensen Datenmengen hingewiesen wird. Heute z.B. durch die Neue Osnabrücker Zeitung:

Dabei kann die NSA nur einen Bruchteil der abgeschöpften Daten verwenden. Dem Durchschnittsbürger bleibt daher nur die klammheimliche Schadenfreude, falls die NSA an ihrer eigenen Datenmenge eines Tages erstickt.

Warum diese Art, mit dem Überwachungsskandal umzugehen, grob fahrlässig ist, zeigt ein Blick auf die aus verschiedenen Quellen verfügbaren Daten.

Mobilfunk - Bevölkerung - Speicherplatz

Die Weltbevölkerung wächst viel langsamer als die Anzahl an Mobilfunkzugängen; in Kürze werden nahezu alle Menschen einen solchen Zugang besitzen, weshalb das Wachstum der Zugänge abnimmt. Gleichzeitig konvergieren die Kosten für Speicherplatz gegen Null. Das Ziel der Sicherheitsfanatiker, eine nahezu totale Überwachung zu realisieren, rückt also zumindest im Mobilfunkbereich in greifbare Nähe. Ähnliche Statistiken lassen sich garantiert auch für andere Lebensbereiche erstellen.

Deutschlandfunk
Die Soziologie und ihr Umgang mit Postwachstum

Gut, dieser Bericht vom Deutschlandfunk über Soziologen auf der Suche nach der „neuen Gesellschaft“ ist schon eine Woche alt, aber dennoch einen Post wert.

Interessant ist dabei nicht nur der Blick nach vorne sondern auch der kritische Blick auf die Nachhaltigkeitsforschung in der Zeit von der Club-of-Rome-Expertise von 1972 bis heute.

Stadt Stuttgart
Aufruf zur Hausbesetzung?

teaser - leerstand nutzen, freiräume schaffen - artikel später bei cams21.de

Susanne Eisenmann, Bürgermeisterin für Kultur, Schule und Sport der Landeshauptstadt Stuttgart, brachte am Dienstag auf einer Demonstration folgende, bemerkenswerte Aussage, die zumindest ich als einen Aufruf zur Hausbesetzung mit anschließender Legalisierung durch die Stadt verstehe:

Und deshalb hab ich mich gefreut, dass Ihr mir die Möglichkeit gebt, heute zu sprechen. Dass Ihr wisst, dass ich das erst meine. Man mich da auch beim Wort nehmen kann. Und wir gehen jetzt Schritt für Schritt heran, erobert diese Stadt, nehmt die Leerräume, die es gibt. Wir gucken, dass wir sie Euch zur Verfügung stellen können. Und dann, wenn irgendwann, in absehbarer Zeit, die Leute sagen, mensch, wie war das eigentlich vorher, als man das so nicht gemacht hat? Und wir gehen diesen Weg. Wir gehen ihn gemeinsam. Dafür herzlichen Dank. Und ich find’s toll, dass so viele von Euch heute hier sind und deutlich machen, wir wollen dieses, wir brauchen dieses und ich kann nur sagen, die Stadt sieht’s ganz genau so. Vielen Dank.

Klasse!

Waffenlobby
Wie die deutsche Waffenindustrie in den USA mitmischt

Die Süddeutsche Zeitung scheint ihr Profil stärken zu wollen. Nach den umfangreichen Recherchen zu Bildung/Gesundheit und zum Geheimen Krieg berichtet sueddeutsche.de heute ausführlich über die Einflussnahme der deutschen Waffenindustrie in den USA.

Seit 1968 sind innerhalb des Landes mehr als eine Million Amerikaner durch Schusswaffen gestorben – mehr als in allen Kriegen Amerikas zusammen.
[…]
454 Tonnen Revolver und Pistolen verschifften deutsche Firmen Daten der UN zufolge 2012 nach Amerika.
[…]
In einem Dokument, mit dem H&K 2011 Kreditgeber gewinnen wollte, gab es den zivilen US-Umsatz 2010 mit 14,9 Millionen Euro an – 20-mal so viel wie auf dem stark regulierten deutschen Markt.

ArchitektInnen für K 21
Visionen und Aktionen für Kopfbahnhof und Stadt

Bildschirmfoto 2013-12-04 um 16.07.58Ein neues Buch im Peter-Grohmann-Verlag mit Beiträgen u.a. von

Franz Alt, Angelika Asseburg, Christian Behrendt, Norbert Bongartz, Siegfried Busch,Peter Conradi, Brigitte Dahlbender, Peter Dübbers, Fred Feuerbacher, Jo Frowein, Hans Heydemann, Marc Hirschfell, Egon Hopfenzitz, Wolfgang Kuebart, Anja Krämer, Ralf Laternser, Odile Laufner, Gotthilf Lorch, Bernhard Ludwig, Christof Luz, Roland Morlock, H. P. Münzenmayer, Roland Ostertag, Peter Pätzold, Boris Palmer, Martin Poguntke, Karlheinz Rößler, F. Rohrhirsch, Hamid Sahihi, Jochen Siegel, Klaus Schmiedek, Eberhard Scholz, Jürgen Schwab,Christiane Thalgott, Erwin Thomanetz, Wolfgang Voigt, Tobias Wallisser, S. Wider-Groth und Diemut Yáñez

… zeigt auf knapp 300 Seiten viele farbige Abbildungen, Entwürfe, dokumentiert Gespräche, Konflikte, Hoffnungen, Alternativen und Visionen und den beispiellosen Einsatz kritischer Architektinnen und Architekten für eine großartige Idee: K 21.

Ca. 280 Seiten Paperback, zahlreiche auch farbige Abbildungen, 148 x 210 mm, 24,80 Euro

Im Buchhandel, an der Mahnwache K 21, in der DenkMacherei, Werastraße10, 70182 Stuttgart (Mo – Fr 10-16 h) oder beim Peter-Grohmann-Verlag.

24,80 Euro
Peter-Grohmann-Verlag
ISBN 978-3-944137-56-8

Süddeutsche
Ergebnisse der BND-Historikerkommission

Die Süddeutsche berichtet heute über die Ergebnisse der Historikerkommission, die die Geschichte des Bundesnachrichtendiensts von der Gründung seiner Vorgängerorganisation im Jahr 1946 bis 1969 aufarbeitet. Zur Durchsetzung mit Nazis schreibt die Zeitung online:

Er ist noch damit befasst, die Methode zu verfeinern, aber erste Ergebnisse zeigen, dass es zwar viele Nazis gab und auch viele mit besonders übler Herkunft aus Gestapo und Sicherheitsdienst. Diese Leute aber stiegen in der Regel nicht weit auf.

In den Spitzen der Hierarchie fanden sich stärker Angehörige der Wehrmacht und des Auswärtigen Amtes, dann an dritter Stelle der Waffen-SS.

Für endgültige Klarheit uns absolute Zahlen müssen wir wohl die Abschlussbericht abwarten.

Rechtsextremismus
War der Staat 746 Mal auf dem rechten Auge blind?

Wie die Neue Osnabrücker Zeitung heute berichtet, haben Bundeskriminalamt und Landespolizeibehörden einen Blick auf 3300 bislang ungelöste Fälle von „vollendeten oder versuchten Tötungsdelikten“ geworfen und bei 746 „Anhaltspunkte für eine mögliche politisch rechte Motivation“ gefunden.

Wenn das jetzt nicht mal endlich zu echten Konsequenzen bei der Struktur der Behörden führt!

Wettern der Woche
Fette Sau!

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 04.12.2013

Eine Sau braucht, um fett zu werden und 120 bis 130 Kilogramm auf die Waage zu werfen, weder Auslauf noch Freunde und auch nicht viel Zeit für Spaziergänge. So erleben etwa die meisten Schweine nie in ihrem Leben Weihnachten. Und da geht es ihnen nicht viel besser als den Gänsen – die Mehrheit schafft’s nicht mal bis zum ersten Advent. Dabei könnten sie, ging’s nach der Natur, 20 Jahre alt werden – doppelt so alt wie eine Wildsau, wenn die nicht in eine Falle tappt.
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Egal ob für oder gegen Stuttgart 21
Diese Rede von Volker Lösch ist ein Muss

Wachstumskritik, Vernetzung, Bewegung, Unabhängigkeit – Volker Lösch hat auf der gestrigen Montagsdemo viele Themen angeschnitten, die weit über Stuttgart 21 hinausreichen. Ein Muss für alle, die sich nicht nur um die Zukunft Sorgen machen, sondern diese tatkräftig gestalten wollen.

WeiterLesen
Harald Welzer / Stefan Rammler: Der FUTURZWEI-Zukunftsalmanach 2013: Geschichten vom guten Umgang mit der Welt. Fischer-Taschenbuch, Frankfurt 2012, ISBN 978-3-596-19420-9.
Harald Welzer: Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-089435-9.
Wikipedia zu Degrowth/Wachstumsrücknahme

WeiterDiskutieren
Fourth International Conference on Degrowth for Ecological Sustainability and Social Equity (2.-6. September 2014 in Leipzig)

Rede von Volker Lösch, Theaterregisseur, auf der 200. Montagsdemo am 2.12.2013

Volker Lösch - 200. Montagsdemo gegen Stuttgart 21 - 02.12.2013

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Gespaltene Persönlichkeiten gesucht
Von der Gleichzeitigkeit von Terminen

Dienstag, der 10.12.2013 ist mal wieder so ein Tag. Bisher finden sich im Veranstaltungskalender der AnStifter sieben interessante Termine rund um Frieden, Gerechtigkeit & Kultur und wahrscheinlich werden es im Laufe der Woche noch ein paar mehr. Die Folge ist wahrscheinlich, dass die einzelnen Termine nicht wirklich viele Menschen anziehen und die Veranstaltenden frustriert sind, da sie Zeit und manchmal auch Geld in eine Veranstaltung gesteckt haben und dafür nicht wirklich belohnt werden.

Brauchen wir also eine gemeinsame Terminplanung? Wie viel Rücksicht müssen wir gegenseitig nehmen? Nur unsere eigenen Termine zu bewerben, sehe ich nicht als Alternative.

Termine am 10.12.:

Für ein Menschenrecht auf Frieden – Waffenexporte stoppenWenn der Staat keinen Schutz gewährt… Rechtsstaatlichkeit unter Beobachtung in Guatemala, Honduras und MexikoFelix Wiegand: David Harveys urbane Politische Ökonomie und die städtischen Kämpfe der GegenwartKarl Corino: In Bebons Tal. Neue Bilder aus BebenhausenSven Giegold: Zukunftsvisionen für Europa Vom engagierten Kleinkünstler zum Politiker neuen Typs. Ein Nachruf auf den allzu beliebten Kabarettisten Georg Schramm und Schwarzbuch Waffenhandel – wie Deutschland am Krieg verdient

BürgerInnenbrief 168

Liebe Bürgerinnen und Bürger,
bei uns geht’s langsam zu wie bei der Bahn:
Zahlensalat! Aber wir machen einfach weiter – wie die Bahn, so, als sei garnix: Nr. 168

Aus Stuttgart-Münster berichtete mir ein junger Vater, daß er in der Vergangenheit im Sommer oft mit seinem Töchterle auf den nahen Spiel-platz ging. Im Winter konnte das Kind da sogar den kleinen Buckel mit dem Schlitten oder auf dem Hosenboden runterrutschen. Daraus wird einstweilen nichts mehr: der Spielplatz wurde wegen Baumaßnahmen von Stuttgart21 jetzt schlossen – vorübergehend, „bis 2016“, wie die Stadt den Eltern mitteilt. Kommentar unnötig.

***

In der Stadtmitte dagegen streiten sich Landes-wasservorsorgung und Bahn ums Steuergeld:
Wie hoch kann denn eine Entschädigung sein, wenn ein Grundstück untergraben wird? In dem Fall bot die Bahn dem Zweckverband ca. 50000 EU an, wegen Wertminderung. Eigentlich müßte ja so ein tolles Projekt den Wert eines Grund-stücks unheimlich steigern, aber sei’s drum! Ob-wohl der Vertrag noch nichts rechtsgültig war, begann die Bahn illegal mit dem bergmänni-schen Vortrieb. Das Beispiel zeigt, was solche Unternehmen von Recht und Gesetz halten.

***

Zu Zeiten der ersten Ostermärsche gegen Atomtod in den frühen Sechzigern haben uns die Ordnungs-ämter eiskalt Demonstrieren in den Wald geschickt oder aufs Feld, damit wir österlichen Frieden und Verkehr nicht stören. Einer der Stuttgarter Polizei-präsidenten damals verlangte sogar, daß man ihm die Texte der Plakate vorlegte – davon machte er die Geneh-migung einer Demonstration abhängig. Echt wahr und ungelogen (nachzulesen auch in „Alles Lüge. Außer ich“) Inzwischen ist die Demokratie im Lande erwachsener geworden und, wie man an uns sieht, ganz gut drauf. Blockaden oder Demos in Flughäfen und Bahnhöfen gehören zum guten Recht, das wir uns erobert haben. Also ruhig mal wieder in die Bahnhofshalle, wenn’s draußen stürmt und schneit! Dass eine Demo kein Selbstzweck sein sollte, stimmt übrigens nicht: Man muss viel üben. Demonstrieren sollte bereits in der Schule Unterrichtsfach sein. Richtig ist auch, daß wir vielen – auch uns wohlgesonnenen Leuten – am Montag auf den Senkel gehen. Richtig, da-für machen wir’s ja. Man soll uns merken, spüren, riechen,hören, sehen. Klar, man soll durchaus abwägen, ob wir die halbe Stadt ins Elend und absolute Chaos führen, weg von Glühwein und fröhlichen Weihnachten, oder ob es einen Platz gibt, an dem man uns hört, sieht, spürt, wahrnimmt. Eine Debatte darüber darf aber nicht – wie geschehen – mit fragwürdigen und falschen Argumenten geführt werden. So wird etwa behauptet, der Einzelhandel leide an Einbußen, die Straßenbahn mache Miese und an allen Verspätungen in der Welt sind die Gegner des Milliardengrabes schuld. Falsch! Mein Ökoladen in der Passage ist am Montag regelmäßig ausverkauft, in den Kneipen rundum sitzen unsere Leute vorher und nachher und betrinken sich sinnlos, und die 1 500-2 500 Demonstranten (es waren auch oft 5000 oder 10 000 oder viel mehr!) kommen überwiegend „öffentlich“ und füllen die Kassen. Also bitte auf dem Teppich bleiben. Im übrigen finde ich, ist der Marktplatz, wenn die Glühweinseligen wie-der weg sind, kein schlechter Ort. Möglich wär‘ ja, als Zwischenlösung, die Schillerstraße von 17:30 bis 19 hnicht vierspurig, sondern zwei-spurig zu befahren. Mit Gegenverkehr. Zumin-dest für die Busse wäre das doch eine Idee. Aber merke: Wo und wie und wann auch immer wir auftauchen (und das wird noch lange der Fall sein!): Viele Leute würden uns am liebsten in den Wind schießen, die Demos ganz verbie-ten und Angela Merkel zur Königin machen. Un-sere Sorgen interessieren die meisten Men-schen leider kaum. Wir müssen präsent bleiben, als „Demokratierwächterinnen“, als Salz in der Suppe, als kritische Masse. Sauer machen wol-len wir auch jene nicht, die uns zum Teufel wün-schen. Wir wollen, daß sie uns verstehen. Und das ist keine Frage des Standpunkts, des Ortes, sondern der meist besseren Argumente!

Ihnen alles Gute. Wir sehen uns, spätestens am 11.12. im Kunstverein 18 h)

Herzlich grüßen Peter Grohmann/Fritz Mielert

1.Dez. 2013 Ausstellung ‚Frauen in der Resistenza‘ – FINISSAGE

Laura Antonelli, Voci dalla storia
Laura Antonelli, Voci dalla storia

Am 1. Dezember 2013 wurde im Theaterhaus  Stuttgart
die Fotoausstellung des italienischen Fotografen Eugenio Gherardi Angiolini

Fragmente der Erinnerung – Die besondere Erfahrung der Frauen in der Resistenza

mit einer Finissage abgeschlossen. 

Mirella Abate knüpfte mit ihren Informationen und Gedanken zum Thema Frauen in der Resistenza an ihren Beitrag, den sie auf der Vernissage vorgetragen hatte, an.
Anschließend las sie zusammen mit Eberhard Frasch Auszüge aus Texten der Frauen, die auf den ausgestellten Fotos abgebildet sind. Diese Texte entstammen Interviews, die Laura Antonelli 2004/2005 mit den Frauen geführt und während derer Eugenio Gherardi Angiolini die Fotoaufnahmen gemacht hatte.

Der Buchtitel: Antonelli, Laura – Voci dalla storia. Le donne della Resistenza in Toscana tra storie di vita e percorsi di emancipazione. 2006

Der Gitarrist Pier Angelo de Lazzer  trug zwischen den Lesungen einige selbst arrangierte und komponierte Stücke und vor, assoziiert zum Thema, zu Italien …

Weitere Informationen … hier auf dieser Seite. Eine Auswahl der Fotos zeigt KONTEXT

EuCOM & AfriCOM
Süddeutsche über Drohnenterror

Neben dem Themenabend Geheimer Krieg heute im Ersten widmet sich die Süddeutsche der sogenannten Kill Chain, der Kette von Entscheidungen und Verantwortlichkeiten, die schließlich zur Ermordung angeblicher Terroristen z.B. in Afrika führen.

Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei den US-amerikanischen Stützpunkten Rammstein und Stuttgart zu – und die Bundesregierung tut so, als ginge sie dies nichts an.

Die Bundesregierung verhält sich wie ein kleiner Junge beim Versteckspielen, der darauf beharrt, den dicken Freund, der sich hinter einem viel zu dünnen Baum versteckt, nicht sehen zu können.

Was für ein Witz.

Ein Witz allerdings, auf Kosten vieler Menschen, die einer völkerrechtswidrigen Kombination aus Bestrafung und offenem Krieg der USA zum Opfer fallen.

TV-Tipp
Themenabend ‚Geheimer Krieg‘ heute im Ersten

Ein Ergebnis der umfangreichen Recherche von Süddeutscher Zeitung und Norddeutschem Rundfunk ist ein Themenabend heute ab 21:45 Uhr in der ARD. Im Rahmen von einer kompletten Folge des Magazins Panorama, der Talkshow Beckmann und ab Mitternacht der Dokumentation Schmutzige Kriege werden die Verstrickungen Deutschlands in die nicht nur schmutzigen sondern auch völkerrechtlich höchst fragwürdigen Aktionen der USA beleuchtet.

Weitere Infos: NDR & Süddeutsche

Newsletter
Transparenz wie beim Röntgen

Liebe Leute,

das was uns die große Politik vor die Füße geworfen hat (AnStifters Kurzkritik), diese Kombination aus Vorratsdatenspeicherung und teilweisem Festhalten an Gorleben, Ausbremsen der Energiewende und Vertrauen auf das freie Unternehmertum, Werben um Akzeptanz statt echter Bürgerinnenbeteiligung, einem klaren Bekenntnis zur deutschen Rüstungsindustrie und Abschiebung der Verantwortung für die Finanzkrise, einem Mindestlohn, der Saisonarbeiterinnen nicht betrifft, all das hätte uns der gute, alte Dieter Hildebrandt – zusammen mit den positiven Seiten, die der Koalitionsvertrag natürlich auch enthält – schön verpacken können. Ruhe unruhig, großer QuerDenker.

Für uns bedeutet das, dass die Arbeit nicht aufhört – und dabei kommen wir gerade erst von der FriedensGala. Ohne jetzt vor Eigenlob Jauchegrube zu spielen, müssen wir doch sagen, dass uns extrem wenig Kritik zur Gala erreicht (wenn von Ihnen noch ‘was kommt, nehmen wir es uns natürlich zu Herzen). Insgesamt war es für alle Beteiligten eine sehr emotionale Veranstaltung. Auch sind unsere italienischen Gäste zufrieden und wohlbehalten in der Toskana angekommen – Dank Ihrer großzügigen Spenden mit tausenden neuer Museumsbroschüren.

Einen Teil der Gala bildete die Ausstellung “Le donne nella Resistenza” mit grandiosen Portraitfotos von Eugenio Gherardi Angiolini. Am Sonntag, den 1. Dezember um 11 Uhr werden wir mit Musik & Reden die Finissage feiern. Kommen Sie zu uns ins Theaterhaus?

Was leider bei der diesjährigen FriedensGala nicht so ganz funktioniert hat, ist die finanzielle Seite. Sollten Sie also noch nicht alle Jahresendspenden vergeben haben, melden wir hiermit offiziell Bedarf an.

Und falls Sie dann noch immer etwas zu viel in der Geldbörse haben: Ein Dreh- und Angelpunkt der hiesigen Flüchtlingsarbeit ist Rex Osa, dem die AnStifter 2013 u.a. durch eine großzügige Einzelspende die Teilnahme an einer Flüchtlingskonferenz in New York ermöglichen konnten. Davor nahm er 2012 am Weltsozialforum über Migration und am International Migrant Tribunal in Manila und am Weltsozialforum nach Tunis teil, wo er sich mit Flüchtlingen weltweit vernetzte. Vor Ort engagiert Rex sich z.B. durch Gründung von Arbeitskreisen, Workshops, Aufklärung von Migranten direkt in den Füchtlingslagern und auch immer wieder mit größeren und kleineren Kampagnen gegen Abschiebungen und Anhörungen in den Botschaften der Herkunftsländer, weil diese die Voraussetzung zur Abschiebung liefern. Seit kurzem ist Rex Bewegungsarbeiter der Bewegungsstiftung. Wir unterstützen Rex schon regelmäßig – allerdings stehen wir damit bisher relativ alleine. Machen Sie mit!

Und bleiben Sie tapfer!

Peter Grohmann und Fritz Mielert

PS: Peter Grohmann hat sein heutiges Wettern der Woche Dieter Hildebrandt gewidmet.
PPS: Peter Grohmann liest am Donnerstag, den 28.11. um 18 Uhr im Haus der Heimat aus seiner Biografie. Weitere Lesungen
PPPS: Neu und keine leichte Kost: Politische Justiz in unserem Land. Deshalb stellen wir Ihnen das Buch am 11. Dezember im Kunstverein vor.
PPPPS: Sie sind in der evangelischen Kirche? Für mehr Demokratie und Transparenz tritt das Bündnis Offene Kirche bei der Kirchenwahl am Sonntag an.

Rüstungsindustrie
Ein Drittel sitzt in Bayern

Die Süddeutsche hat zur Rüstungsindustrie in Bayern recherchiert. Interessant ist nicht nur deren Größe sondern auch ihre enge Verknüpfung mit der CSU.

Aber immerhin erfährt man, dass rund ein Drittel der deutschen Wehrindustrie im Freistaat angesiedelt ist. In Deutschland gibt es, diese Zahl ist bekannt, etwa 200 Rüstungsfirmen – ergibt also knapp 70 in Bayern.
[…]
Zwar werden Daten erhoben, aber herausgegeben werden sie nicht. „Diese Daten unterliegen strengster Geheimhaltung“, wird auf Anfragen hinter vorgehaltener Hand mitgeteilt.

Wettern der Woche
Falsche Fuffziger

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 27.11.2013 – Dieter Hildebrandt

Jetzt werden wieder massenweise falsche Fuffziger in Umlauf gesetzt, diesmal für Dieter Hildebrandt. Der Kollege würde sich im Grabe rumdrehen, tät‘ er hören, was ihm nachgerufen wird. Damit nicht auch das noch passiert, wird er sich wohl verbrennen lassen.

So gemein ist das Leben: Du warst jahrzehntelang aufmüpfig, frech, eine Münchner Schnodderschnauze aus Breslau, hast den Hartleibigen im Lande den Magen rumgedreht und den Goldfingern den Stinkefinger gezeigt – es wird Dir nichts nützen: Sie weinen, schluchzen, trauern, finden ganz, ganz große Worte, beteuern, dass der Verlust unersetzlich ist, daß man solche Dich braucht. Gestern noch haben sie Dir das Mikrofon abgedreht, Filmriss im Studio, haben Dich abgehört, verscheissert. Jaja, sie haben auch den Deckel gelupft, den Hut gezogen vor Dir, wer weiss, werden sie sie sich gesagt haben, vielleicht knöpfst Du sie Dir ja doch mal vor.

Deine Gewitter haben jedes Wetter in den Schatten gestellt.

Jetzt werden sie sich streiten, wer wie lange reden darf bei Deiner Trauerfeier, wer in der ersten Reihe sitzen darf neben dem Intendanten und den Honoratioren. Aber vielleicht hast Du ja vorgesorgt, Du weisst schon: „In aller Stille“.

Nein, das politische Kabarett ist nicht tot, wie der entertönende Scheinkollege Harald Schmidt – der vom Flachbildschirm – – offenbar meinte, als der die politischen Kabarettisten, die scharfen Alten im Fernsehen, neulich madig machte. Gemeint hat er mit den Alten offenbar die Hildebrandt, Schramm, Priol, die Polt, Zimmerschied & Co. Die sind lebendiger als die Demokratie in diesem Lande, das scheintote Luder, mißbraucht, gebenedeiht, gedemütigt und immer wieder auferstanden aus Ruinen. Tot sind die Sender, die öffentlich-rechtlich alles Anspruchsvolle, alles Kritische an den Rand des Tages schieben, je später, je lieber – wenn überhaupt. Und scheintot sind die verschnorchelten Rundfunkräte, die zusehen, wie den Sendern die Luft zum Atmen genommen wird. Tot ist die Unabhängigkeit der Presse, tot sind die Feuilletons und politischen Magazine, die die Zeit der Unkultur nicht begreifen und die einem Hildebrandt jetzt dicke Krokodilstränen nachweinen.

Der meinte: „Die Öffentlich-rechtlichen machen sich in jede Hose, die man ihnen hinhält. Und die Privaten senden dann, was drin ist.“

Dieter Hildebrandt stand für eine andere Kultur, für eine andere Republik, für eine andere, eine radikale Demokratie, zu der es noch ein ganzes Stück hin ist. Mit solcher Weltanschauung haben die meisten Nachrufer nichts am Hut. Sie haben sich bei keiner Demo schmutzig gemacht, sie denken, Lampedusa ist eine Hautcreme, kennen Mutlangen nicht mal vom Hörensagen. Aber sie kürzen bei nächster Gelegenheit die milden Gaben für Soziales und kritische Kultur. Sie setzen immer Prioritäten – für Schnelle Eingreiftruppen, Auslandseinsätze, Drohnen, Notstandsgesetze und den Überwachungsstaat. Etwas Sonne am Grab reicht ihnen, wenn Du weisst, was ich meine, Alter.