Frontbericht – Grohmanns „Wettern der Woche“

Frontbericht – Grohmanns "Wettern der Woche"

Rund 45 Prozent der gefragten Menschen in Deutschland ist ein Krieg per se unangenehm, der andere Teil weiß auch nicht, was man noch tun soll, und sieht ein schnelles Kriegsende eher in der Lieferung moderner Waffen. Verdächtig machen sich heute freilich aber alle, die zu Verhandlungen neigen – UN-Generalsekretär António Guterres etwa. Der sozialistische Portugiese warnt sogar vor einer Ausweitung des Ukraine-Kriegs zu einem „größeren Krieg“ (dabei wissen doch die Waffenproduzenten, dass ein Krieg für sie nie groß genug sein kann!).

Aber jetzt mal stopp, die Waffen nieder! Guterres hat lediglich auf die Uhr geschaut, genauer auf die Weltuntergangsuhr. Mit der machen uns Wissenschaftler Angst vor einer von uns selbst herbeigeführten apokalyptischen Katastrophe. Die Uhr stehe aktuell auf 90 Sekunden vor Mitternacht – ein Punkt, den sie nicht einmal in den härtesten Phasen des Kalten Kriegs erreicht habe. Die Ursachen? Neben der drohenden Klimakatastrophe seien es nukleare Gefahren und vor allem der Ukraine-Krieg. „Die Aussichten auf Frieden verschlechtern sich, die Wahrscheinlichkeit weiterer Eskalation und Blutvergießens steigt weiter. (…) Ich fürchte, die Welt schlafwandelt nicht in einen größeren Krieg, sie bewegt sich mit weit geöffneten Augen in ihn hinein.“ Wer ist dieser Mann? Und was heißt schon UN-Generalsekretär? Aber hören wir hier auch eine kritische Rückfrage aus dem eher grünen Lager: War Guterres besoffen? Hat er sich eventuell mit Schwarzer und Wagenknecht abgesprochen?

In der Frontstadt Berlin hingegen hat die Kritische Intelligenz gesiegt – ganz, ganz knapp, nach Adam Ries. Der Mann konnte halt noch rechnen. In der Hauptstadt haben sich am letzten Wochenende vor dem Weltuntergang 37 Prozent der Demokratie verweigert und sich in ihren Betten verkrochen, 50 Prozent haben allen Unkenrufen zum Trotz den rot-grün-versifften Kandidat:innen ihre Stimme verschenkt, 9 Prozent staatsfeindlichen Kleinstparteien und 9,1 Prozent der AfD. „Ich komm‘ auf 105,1 Prozent!“, tät‘ meine Omi Glimbzsch in Zittau jetzt triumphierend rufen und feststellen, dass sie da CDU, FDP und DKP nicht mal mitgerechnet hat. Anders gesagt: Es gibt eine stabile Koalition gegen die Mehrheit in Marzahn – wir sollten also aufpassen und nicht abermals unsere Intelligenz aufs Spiel setzen!

Aber von der eignen mal angesehen – die künstliche Intelligenz wird ja auch immer intelligenter. Jetzt macht sie uns bereits eigenhändig Vorschriften. In der Türkei z.B. haben die hochkomplexen KI-Systeme der Überwachung von sich aus und ungefragt den Staatsanwaltschaften dort Namens- und Adresslisten korruptionsfreudiger Bauunternehmer gemeldet und wegen dringender Fluchtgefahr zur Verhaftung geraten. Erdoğan war nicht dabei, aber man erwischt eben nie alle.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Ein Kommunist im Vatikan – Grohmanns „Wettern der Woche“

Ein Kommunist im Vatikan – Grohmanns "Wettern der Woche"

Ganz ruhig bleiben! Kommunismus bezeichnet zunächst mal gesellschafts-theoretische Utopien, die auf Ideen sozialer Gleichheit und Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, auf Gemeineigentum und kollektiver Problemlösung beruhen. Schön wär’s, sagt da meine Omi Glimbzsch und bleibt skeptisch. Aber ich kann sie an Franziskus verweisen: Ihr heiliger Vater ist da nämlich ganz anderer Meinung. Papa ist, verkürzt gesagt, ein frohgemuter Kapitalistenfresser, segnet Ideen von sozialer Freiheit und kollektiven Problemlösungen mit linker Hand und erbittet sich zu allem Überfluss auch noch die Gnade Gottes. Wenn das mal gut geht, Omi!

Ich habe schon vor fünf Jahren auf die Machenschaften des Kommunisten im Vatikan hingewiesen, etwa auf die Behauptung, dass Kapitalismus zur Sklaverei führt, ja sogar tötet. „Wenn der Mensch nicht mehr im Mittelpunkt steht, wenn das Geldverdienen das erste und einzige Ziel ist, befinden wir uns außerhalb jeder Ethik und bekommen Strukturen der Armut, Sklaverei und Verschwendung“. Dabei wiederholt der Papst Franziskus wieder und wieder seine Kritik an der „Wegwerfkultur“, die im Namen des Geldes Arme, Schwache und Randgruppen ausgrenzt und zugleich die Umwelt zerstört. 

Das Oberhaupt ist in den letzten Jahren noch gefährlicher, ja einflussreicher geworden und ohne große Mühe in die Lage, eine Million Menschen, sogar Afrikanerinnen und Afrikaner, zu mobilisieren. Erzählen Sie mir jetzt bitte nicht, dass das andere auch könnten! Für unsere letzte Antikriegskundgebung in Stuttgart konnte ein „breites Bündnis“ eben mal etwas mehr als hundert schlecht gelaunte Leute mobilisieren. Beide Ereignisse lagen zeitlich nah beieinander, Anfang Februar 2023. 

Die Grausamkeiten, die Folter, die Verstümmelungen und das Morden, von denen bei der Reise des Heiligen Vaters in teils schwer zu ertragenen Details erzählt wurde, mündeten in seinen Appell: „Hände weg von der Demokratischen Republik Kongo, Hände weg von Afrika! Die Erstickung Afrikas muss aufhören: es ist kein Bergwerk, das ausgebeutet, und kein Boden, der zur Plünderung freigegeben ist.“ Das war einmal mehr – und da sind sich alle Antikommunisten einig – eine direkte Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Kapitalismus, ja der westlichen Werte, verbunden mit scharfer Kritik an den Außenpolitiken der reichen Industrienationen – letztlich ein Schuss vor den Bug von Olaf Scholz und Robert Habeck.

Karl Valentin, der vor 75 Jahren das Zeitliche segnete, wusste natürlich, dass früher die Zukunft auch schon mal besser war. Er ließ dennoch die Hoffnung nicht fatzen, „dass es nicht so schlimm wird, wie es jetzt schon ist“. Valentin war, so gesehen, ein katholischer Kommunist. Eine gute Mischung als Salz der Gesellschaft.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifte

Kampfjets jetzt! – Grohmanns „Wettern der Woche“

Kampfjets jetzt! – Grohmanns "Wettern der Woche"

Kampfjets jetzt, sofort. Obwohl ich noch bissel unsicher bin! Fregatten ja, Drohnen gern, Haubitzen allemal, Mauser immer, wenn’s sein muss, U-Boote, taktische Atomwaffen aus Büchel oder so, Bodentruppen, Söldner, Verbandskästen – alles drin, aber ansonsten sag‘ ich mir: lieber verhandeln. Leute, die Welt hat mit Hitler verhandelt, mit Stalin, Franco, Gaddafi, mit Mugabe, Idi Amin, Xi Jinping, mit Ortega, Friedrich Flick, Max Schmeling, H.G. Maaßen, sogar mit dem Friedensnobelpreisträger Jassir Arafat, mit Erdoğan, Wladimir Lissin, sogar mit Leuten, die vorher von uns mühsam und teuer genug hochgepäppelt, finanziert, strategisch-militärisch und rein menschlich unterstützt, aber dann frech wurden. Also: Warum nicht auch mit Putin?

Okay, es hat was für sich, erst mal abzuwarten und zu schauen, wie lange es noch dauert, bis dieser Schurkenstaat am Boden liegt. Aber ich bin vehement gegen einen Einmarsch, das muss klar sein.

Die Demokratie ist auch heute in vielen Ländern in Gefahr, ja, in vielen Ländern kennt man sie sogar nur aus der Ferne wie Merz und Maaßen, grüßt sie wie einen guten Onkel in Amerika, der 1933 in die USA auswandern durfte. Deshalb schauen wir ja in diesen tristen Tagen auch so genau hin, wie es um Populismus und Ausländerhass steht, wie es dem Antisemitismus und der Gewalt geht, was die Gerechtigkeit tagsüber so treibt.

Hin und wieder wandert der Blick dann ins Ausland, zum Nato-Partner Türkei, in die Niederungen von Österreich, wo eben erst die Demokratie zu humpeln beginnt – nein, noch nichts Ernstes. Dorthin, wo die rechten Populisten bei den jüngsten Wahlen gut und gern mehr als 50 Prozent der Wählerschaft binden konnten, freiwillig.

Und weil Jahrestag ist, werfen wir den Blick zurück ins Deutsche Reich der 1930er-Jahre, zu Krupp und Thyssen und Flick und Abs, zu Daimler und Porsche, zu Kirchen und Junkern, zum Adel und dem Medien-Mogul und Hitler-Freund Hugenberg. Nein, Leute: Die Wähler seinerzeit haben trotz Deutscher Bank und Industrie, trotz alledem und alledem Adolf Hitler, die NSDAP, die Sippenhaft, die Judenvernichtung und den Krieg gewählt. Aber ganz demokratisch soll es 1933 nicht zugegangen sein, sagen die Forschungen, und: Die Industrie war jedenfalls nicht schuld.

In den Niederlanden, las ich dieser Tage, halten 23 Prozent der letzten Generation (Leute zwischen 20 und 40 Jahren) die Berichte über den Holocaust für einen Mythos oder übertrieben. Und auch über die NS-Zeit weiß man wenig bei unseren Nachbarn. Gott sei Dank leben wir hier.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. 

Stoßtrupp Slomka – Grohmanns „Wettern der Woche“

Stoßtrupp Slomka – Grohmanns "Wettern der Woche"

„Haste gesehn, was die für stechende Augen hat?“ fragte mich meine Omi Glimbzsch aus Zittau, als ich neulich mal wieder die DDR besuchte. Omi sieht schlecht – sie hat tränende Augen, weil man aus der DDR hätte was Besseres machen können als diese verlängerte Ladentheke, glaubt sie. „Das war nich Marietta Slomka,“, sag‘ ich ihr, das war der Jens Riewa!“ Aber sie besteht darauf: „Ich bin doch nich meschugge! Wenns nicht die Slomka war, wars die Gahren Miosga!“ Meine Omi hat ein sehbehindertes Vorurteil gegen große Frauen neben sich, selbst wenn es Männer sind. Ja, sie kannte sogar noch den Hanns Joachim Friedrichs. Der Name wird Ihnen nischt sagen. Aber der Hajo war ein journalistische Altmeister, mit allen Wassern des Westens gewaschen. Friedrichs war das Gesicht der Tagesthemen und hatte die Glimbzsch nach dem Umsturz in der DDR mal wegen des Streiks der Textilarbeiterinnen in Crimmitschau 1905 interviewt. Er war begeistert und flüsterte ihr angeblich bei der Abreise aus der Oberlausitz nonchalant ins Ohr „Frau Glimbzsch, man muss „Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein.“

Belegen lässt sich das heute en Detail leider nicht mehr, doch das Zitat ist literarisch hinterlegt und gehört zur öffentlich-rechtlichen Grundausstattung aller Redaktionskonferenzen.

Omi hat dieser Tage den AK Antimilitarismus im Haus Waldfrieden in Oybin ins Leben gerufen, zusammen mit ihrem Zimmernachbarn aus Eisenhütten-stadt (früher „Schrottgorod“) und einer Pflegerin aus der Ukraine. Sie wollen sich gemeinsam auf die Suche machen nach Möglichkeiten für einen Endsieg, bevor alles in Scherben fällt. Welche Granaten haben welche Reichweite, wie steht es um Abschussrampen? Wo sind die nächsten Servicestationen für die Leoparden? Was taugen von die Russen zurück-gelassenen Kalaschnikows? Sind MGs aus israelischer oder solche aus chinesischer Produktion wirksamer? Oder auch: Könnte man sich auch als anerkannter Kriegsdienstverweigerer bei der Armee melden, ohne sich strafbar zu machen? Ist der Einsatz der Bundeswehr ratsam, quasi als letzte Möglichkeit?

Eine Fraktion im AK widmet sich der zivilen Infrastruktur, ohne die letztlich ein Krieg sinnlos ist. Dabei geht es um Nahrungsmittel, vor allem Baby-nahrung, um Medikamente selbst für die Zivilbevölkerung, um gute Winter-bekleidung, um Heizmaterial, denn hunderttausende Menschen sind fast vergessen, sind krank, hungern und frieren. Für die geplante dritte Neigungs-gruppe „Internationale Solidarität“ fehlen momentan noch die personellen Ressourcen.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. 

Im Tal der Ahnungslosen – Grohmanns „Wettern der Woche“

Im Tal der Ahnungslosen – Grohmanns "Wettern der Wcohe"

Wer aus dem dunklen Tal der Ahnungslosen, dem Stuttgarter Kessel, aufsteigt zu den lichten Höhen auf den Fildern, der landet direktemang im gierigen Rachen der CMT: Hier kampiert zurzeit die weltweit größte Publikumsmesse für Tourismus, Freizeit und Klimasünden. Zur Sünde selbst äußerte sich angemessen dieser Tage auch der frühere Lützerather Staatsrat Winfried Kretschmann: „Ob wir ein Tempolimit umsetzen oder nicht, ist für den internationalen Kampf gegen den Klimawandel völlig irrelevant.“ Nu jaja, nu nene, würd‘ meine Omi Glimbzsch aus Zittau jetzt sagen und Lenin zitieren: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Egal jetzt – Partnerland der CMT ist unser Nachbarland Mongolei: unendliche Weiten, unberührte Natur und kaum ein Mensch zu sehen. Wie auf der Schwäbischen Alb bei Upflamör. Doch das werden wir schnell ändern. Denn ob Hammelfleisch mit selbstgeschabten Spätzle in der Jurte, ob Kreuzfahrten ins Eismeer, Rundflüge über die Slums von New York, ob eine Nacht in einem ukrainischen Bunker, ein Abstecher zu den seltensten Erden in China oder zu zurückgelassenen Freunden in Kabul: Nichts ist unmöglich.

Wenn du Pech hast und zurückkommst in deine angestammte Heimat, sitzt möglicherweise schon der Iwan auf deinem Sofa, schaut Russia Today, um schnell Deutsch zu lernen, oder erzählt deinen Kindern Märchen von Peter und dem Wolf. Er weiß: Die Deutschen sind zwar ein bissel rassistisch, aber reisen gern in die Welt. Sie sind vor allem nicht verteidigungsfähig – die Bundeswehr ist im Eimer. Jedwede Nachrüstung kommt zu spät, denn es braucht 10 Jahre, um uns wehrtechnisch wieder salonfähig zu machen. Eva Högl, eine gläubige Sozialdemokratin mit militärischem Hintergrund, sagt es selbst: Die beschlossenen 100 Milliarden für die Bundeswehr sind ein Nasenwasser – und die aktuell geforderten 300 Milliarden für unsere Soldaten sind nicht aus der heißen Luft gegriffen. Wie gesagt: Jetzt weiß der Russe natürlich, dass wir nicht verteidigungsfähig sind. Airbus und Rheinmetall, Heckler & Koch, ThyssenKrupp, Krauss Mafia, Jenoptik: Die ganz großen Kriegswaffen-Produzenten reiben sich ihre fettigen Hände am Kanonenrohr und an den dicken Auftragsbüchern. Zum Nachtisch gibt’s Export auf Teufel komm raus. Natürlich müssen die Rüstungsfirmen die Regierung höflich und mit Spenden bitten, den Export zu genehmigen – gut Freund in Koalition und Opposition. Von Seiten des Staates werden strittige Anträge meist mit dem Verweis auf außen- und sicherheitspolitische Interessen genehmigt. Der Waffenhandel ist ja auch Teil der Beziehungspflege. Und wenn’s bei uns zu teuer wird, verlagern wir die Produktion nach China.

Leistung muss sich wieder lohnen. Porsche kann in 2,8 Sekunden auf 100 Stundenkilometer beschleunigen, die 100 größten Lebensmitteil- und Energiekonzerne haben ihren Gewinn mehr als verdoppelt – und Sie?

Genau! Das meine ich.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Eindrücke von der Abbruchkante

Kleinkundgebung in Keyenberg.

Auf dem Weg nach Lützerath kommt man durch Keyenberg, einen Ort der ebenfalls dem Braunkohletagebau geopfert werden sollte. Diese Entscheidung wurde revidiert. Laut Wikipedia haben jedoch bereits 85% der Bewohner*innen das Dorf verlassen. Der Ortsteil von Erkelenz gleicht heute einem Geisterdorf. Auf der Website des WDR findet sich ein Bericht über die Folgen in Keyenberg und den anderen „geretteten“ Dörfern.

 

Karte: Open Street Maps

Keyenberg und Lützerath befinden auf der westlichen Seite des Tagbaus Garzweiler II. Die Tagebaue Garzweiler I und Garzweiler II erstrecken sich über eine Fläche von über 100 Quadratkilometern, das entspricht etwas der Hälfte der Fläche der Stadt Stuttgart. Bisher sind dort über 20 Ortschaften der Braunkohleförderung zum Opfer gefallen.

 

Die ersten Polizeifahrzeuge zwischen Keyenberg und Lützerath.

„Der Einsatz körperlicher Gewalt war notwendig [… ] Die Kollegen waren gezwungen, alle zur Verfügung stehenden Einsatzmittel einzusetzen“, so der Polizeipräsident Dirk Weinspach nach der Demonstration am vergangenen Sonntag gegenüber WDR Aktuell.

 

Auf dem Weg von der Kundgebung in Richtung Tagebau.

Im Hintergrund sind ein Bagger und Demonstrant*innen auf der Einfriedung zu sehen. Einige der für den Tagebau benötigten Flächen wurden RWE bisher noch nicht überlassen. Neue Enteignungen könnten nötig werden, berichtet der WDR.

 

Blick von der Einfriedung des Tagebaus Garzweiler nach Norden.

Die Demonstrant*innen strömten von Norden kommend in Richtung des Zauns kurz vor Lützerath. Dort kam es zu den Auseinandersetzungen mit der Polizei. „Eine Sprecherin des Sanitätsdienstes der Demonstranten hatte gesagt, bei der Demo am Samstag sei eine „hohe zweistellige bis dreistellige Zahl“ von Teilnehmerinnen und Teilnehmern verletzt worden. […] Dabei habe es besonders viele Kopfverletzungen gegeben. […] Die Polizei wiederum berichtet von mehr als 70 verletzten Polizisten seit Beginn der Räumung von Lützerath am Mittwoch. Die meisten davon seien bei der Demo am Samstag verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Verletzungen gingen aber nur zum Teil auf Gewalt durch Demonstrierende zurück. Teilweise seien die Beamten zum Beispiel auch im schlammigen Boden umgeknickt.“ (RND)

 

Blick nach Osten auf den Tagebau Garzweiler.

Zur gleichen Zeit fand ca. 500 Meter weiter westlich eine Kundgebung mit Greta Thunberg und anderen Redner*innen statt.

 

Blick nach Süden in Richtung Lützerath.

„Wäre Lützerath weg, könnten sich die Bagger des Kohlekonzerns kilometerweit in die Landschaft graben – für 280 Millionen Tonnen zusätzliche Braunkohle aus dem Tagebau Garzweiler. Für die voranschreitende Erderhitzung ist dieses Vorhaben ein Debakel: Wird die Kohle unter den Garzweiler-Dörfern verbrannt, sind die Pariser Klimaziele für Deutschland nicht einzuhalten.“ (Greenpeace)

Fotos und Text: Benjamin Schad

Braune Böller – Grohmanns „Wettern der Woche“

Braune Böller – Grohmanns "Wettern der Woche"

Nein, nicht Neukölln, Borna: In der sächsischen Kleinstadt Borna (Landkreis Leipzig) haben am Silvesterabend etwa 250-300 deutsch-stämmige Menschen auf dem Marktplatz randaliert und Polizei, Einsatzkräfte und den Weihnachtsbaum (!) mit Böllern und Raketen angegriffen. Anwohner berichten von „Sieg Heil“-Rufen und Leute, die mit Vollmasken durch die Kleinstadt zogen. Die sächsischen Vollpfosten attackierten nach Weihnachtsbaum und Polizei auch das Rathaus.

Natürlich regen sich meine Nachbarn mit Nazihintergrund mehr über den türkisch-syrischen Raketenhagel in Berlin-Neukölln und über Inländer mit Migrationshintergrund auf als über Sachsen oder russischen Granaten auf den Oblast Mykolajiw. Im Feuerzauber von Neukölln ging Borna unter. Im Fall von Neukölln ist’s piepegal, ob schon die Großeltern im Kiez geboren wurden oder die Kids erst gestern ihre Bude bezogen haben. Wenigstens zum Jahreswechsel kannst du klassen- und intelligenzübergreifend die Sau rauslassen und demonstrieren: Wir sind ein Volk – aber ich hab‘ den größten. Kann sein, dass deiner schöner ist oder deiner weiter fliegt, aber meiner hat mehr Sprengkraft. Wenn deiner lauter ist, pfeift meiner gemeiner. Kinder, das ist doch eine alte Kapitalistenregel: Größer, schöner, weiter, besser, lauter, voller, heller, teurer, dümmer. Wir legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, schreibt die Lebensmittelkette tegut und drückt an den Kassen zu Silvester dem nachhaltig gesinnten Publikum nochmal Judenfürze und Schweizer
Kracher aufs Auge. Nein, nicht in Berlin, in Degerloch. Bei den Fahrten zu den Silvesterpartys quer durch die Schwabenmetropole ist auch hier die an den Balkonen der Sozialwohnungen vorbeirauschende Mercedes-Flotte ein gesuchtes Opfer für die Knallbonbons. Der Balkon sorgt dafür, dass dir die „Emotionalen Sounds für ein einzigartiges Fahrerlebnis“ schnell vergehen, wenn „der neue, kraftvolle Klang im EQE SUV“ im Doppel-Wumms nicht mehr zu hören ist und dein Heiligs Blechle Schaden nimmt.

Völker, hört die Signale! Spielt mir das Lied vom Kleinen Trompeter: Die diffuse Ablehnung des Staates in der Silvesternacht sei ein Alarmsignal, leutseligen die Regierenden. Wieso in der Silvesternacht? Sonst alles OK? Mehr Intelligenz wagen! Demokratie muss nicht nur erklärt werden, man muss sie auch verstehen. Betuchte Demokraten können sie sich kaufen, samt Zubehör. Minderreiche gucken in die Röhre oder in den Mond. Logisch – unser Staat kann sich nicht um alles kümmern – selbst ist die Frau! Allerdings sorgt sich nicht nur hierzulande der Staat zuvörderst dafür, dass zunächst alles mal so bleibt, außer in Lützerath. Es ist wie ein Exzess mit längerem Atem, würd‘ meine Omi Glimbzsch in Zittau sagen, Silvester-Feinstaub ignorieren und auf die Mikroplastik im grünen Salat und bei den Roten Beten verweisen: Rad-Abrieb, Autoverkehr, von hinten und von vorne.

Puma kaputt! – Grohmanns „Wettern der Woche“

Puma kaputt! – Grohmanns "Wettern der Woche"

Nichts gegen Argentinien – wir sind ja alle Wessis! –, aber wahrer Weltmeister ist Coco-Cola: „süße Giftbrühe“ oder „Ami-Brause“, sagte meine Omi Glimbzsch aus Zittau schon zu DDR-Zeiten. Und heute? Kein Furz, kein Foto, kein Film aus Katarrh, bei dem nicht irgendwie, irgendwo fast alles durch Coca-Cola oder andere Sponsorensäfte versaut ist. Okay, man kriegt ja auch in Deutschland schon lange keinen Sportler mehr vor die Linse oder vors Mikro, der nicht irgendwie wie ein Werbeclown daherkommt – außer Boris Becker, der trägt in dieser Zeit Puma. Kein Interview ohne Werbewand, und wenn doch, gibt es für den Gefilmten saftige Sanktionen. Falls die öffentlich-rechtlichen oder privaten Medien das Spielchen nicht mitspielen wollen: kein Interview. Selbst bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres sind die Werberüpel dabei, und ich hab‘ die Sendung sooo geliebt!

Heute weiß ich: Wenn sich Werbung und Hurra-Journalismus küssen, bleibt kein Auge trocken. Alles wie bei Elon Musk, nur andersrum: Du kannst wählen wie bei den Waffen: ob im Kleiderschrank, der privaten Waffenkammer oder als Spielzeug. Aber wer legt schon seinen Kindern in diesen bitteren Zeiten noch einen Schützenpanzer, gar einen Puma, untern Tannenbaum? Marder, Leute, Marder! Nein, so mein‘ ich das nicht! Nur zum Spielen, zum Üben.

Xingbao riskiert jetzt alles – Puma bleibt im Sortiment. Das rotchinesische Unternehmen mit Sitz in Shantou (Gut Freund! Nicht schießen!, wie die Bundeswehr gern sagt) verfügt über das umfangreichste Waffenarsenal der Welt – halt: nur zum Spielen, aber alles originalgetreu. Alles mit Rückgaberecht, wie der echte Puma. Der ist – so die Info von Klaus, der das Modell in Facebook bewirbt – „der teuerste und der schwerste Schützenpanzer der Welt“. Für die wenigen Pazifisten unter uns: Xingbao hat keinen Betriebsrat, stellt Klemmbausteine her (wie Lego, nur mit noch mehr Mikroplastik). Damit könnt’ste auch die Krippe von Bethlehem im arabischen Stil bauen!

Klar, das ist alles nix gegen die echten Waffen, die mehr als eine Million Zivilisten in Deutschland mit dem offiziellen Segen der Ämter tragen dürfen – mal ist von 5,2 Millionen Waffen die Rede, mal von 5,5, mal von 5,9. Ist egal. Hauptsache, die funktionieren. Sonst wird geklagt.

Wenn wir schon vom Kaufen reden: bitte kein Mikroplastik mehr. Gefährlich! Nichts mit Acrylate Copolymer (AC), Acrylate Crosspolymer (ACS), Polyamide (PA, Nylon-6, Nylon-12), Polyacrylate (PA), Polymethylmethacrylate (PMMA), Polyethylene (PE), Polyethylenterephthalate (PET), Polypropylene (PP), Polystyrene (PS), Polyurethane (PUR)! Mein Motto dieses Jahr: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut, auch wenn sich das ja kein Mensch mehr leisten kann. Frohe Kaufnachten!

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Hausdurchsuchung! Razzia! – Grohmanns „Wettern der Woche“

Hausdurchsuchung! Razzia! – Grohmanns "Wettern der Woche"

„Nu, kennste nich Göte?“ würde mich meine Omi Glimbzsch aus Zittau in diesen Tagen fragen. Der wusste schon: „Man lobt euch halb und mit Erbarmen / Nach Golde drängt / am Golde hängt / doch alles / Ach, wir Armen! Gestern war ’se noch Vizepräsidentin und Sozialdemokratin im Europaparlament, heute sitzt ’se schon im Knast!“. Aber nich allene, Omi, würd‘ ich sagen, und: Auch Sozialdemokraten sind nur Menschen! Aber eben im Gegensatz zu uns Kleinkriminellen und Schwindlern vorgewarnt, wie die Reichsbürger bei den Razzien neulich. Die Bullen kommen – jetzt schnell alles unter’n Perser! Egal, wo der Teppich liegt – Katar, Zürich, Berlin, Brüssel. Anders gesagt: Bei Anruf: Fort! 

In Zeiten der Auf- und Abklärung und der superschnellen Infos erinnert man sich ungern an die Nachrichten von gestern, zu der auch diese zählt: Am 12. Dezember überfielen Reichsbürger die Einwohner von Kotelnikowo am Rande der Ukraine. Der Überfall war eingebettet und Teil des verbrecherischen Angriffskriegs der Reichsbürger gegen die Sowjetunion und die Ukraine vor 80 Jahren. Der öffentlich proklamierte Hintergrund des brutalen Überfalls: „…die vollständige Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und die Kolonialisierung der eroberten Gebiete“. Alle nicht ermordeten anderen Einwohner sollten als Arbeitssklaven ausgebeutet werden. Millionen Reichsbürger hatten sich entweder den Nazis unterworfen, waren selbst überzeugte Täter oder sind jubelnd mitmarschiert. Die Reichsbürger („Es waren nicht alle Nazis“) haben den Krieg verloren – nun danket alle Gott: Beim „Wintergewitter“ 1942 versagte die 4. Panzerarmee, Guderian versagte, Freiherr von Richthofen versagte, von Brauchitsch, von Manstein, ja die ganze Reichsbürger-Sippe versagte, auch wenn der eine oder andere Mörder nur wenige Jahre später die (westdeutsche) Regierung beim Aufbau einer neuen Wehrmacht beraten durfte. Die Reichsbürger von heute stellen richti-gerweise fest: Es gibt keinen Friedensvertrag. Aber der, ihr Blindgänger, wäre teuer geworden, und wir mussten damals sparen. Der 2 + 4-Vertrag jedenfalls war ein äußerst preiswertes Geschäft für die alten und die neuen Reichsbürger, gewissermaßen der Sieg nach der Niederlage.

Nach den Kriegen wird bekanntlich überall gern beim Frühschoppen um Schuld und Geld debattiert, zeitgleich auch integriert, restauriert, renoviert – alles wird neu: Deutsches Reich, Deutsche Bank, Deutsches Volk, Deutscher Bundestag. Dem Volke dienen, selbst in Brüssel und Doha. Aber Aufklärer haben überall schlechte Karten, doch vielleicht klappt’s ja diesmal und wir kriegen raus, wer die Betrüger in Brüssel und wer die Reichsbürger & Co. vorgewarnt hat. Bis dahin und für alle, die hinter dem Mond leben, eine gute Nachricht: Die Orion-Kapsel ist zurück. Sie hat alles gesehen. Jetzt wird ausgewertet. 

Links blinken – Grohmanns „Wettern der Woche“

Links blinken – Grohmanns "Wettern der Woche"

Unsere Außenministerin Annalena Baerbock – ja, auch Deine! – hat sich bei ihrem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken für Julian Assange eingesetzt und Blinken gebeten, auf eine Auslieferung des Todkranken und die weitere Strafverfolgung zu verzichten. Zeitgleich hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz in einem vertraulichen Telefonat mit US-Präsident Joe Biden angeboten, Julian Assange zum Weihnachtsfest im Rahmen der Aktion „Gnade“ in der Bundesrepublik Asyl zu gewähren. Das gelte auch für Deserteure und politische Flüchtlinge aus Russland. Die gehörten, wenn es so weitergehe, zur letzten Generation, die jeden verbrecherischen Krieg ablehne. Auf Druck der Bundesregierung wird aber auch der Europarat weiterhin Menschenrechtsaktivist:innen, demokratische Kräfte, freie Medien und die unabhängige Zivilgesellschaft in der Russischen Föderation unterstützen und mit diesen zusammenarbeiten. Menschen, die gegen Putin aufstehen.

Während der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) auf eine genaue Beobachtung der Klimaprotestgruppe „Letzte Generation“ durch deutsche Sicherheitsbehörden drängt, weil da „etwas im Gang ist, was gefährlich werden kann“ und bei dem der Staat nicht einfach zuschauen könne (wie bei Tempo 200, der Säzzer), funkt die Justiz dazwischen: Aus Sicht der Berliner Generalstaatsanwaltschaft geht von den Radikalen der „Letzten Generation“ keine „erhebliche Gefahr“ für die öffentliche Sicherheit aus. Nicht genug damit: Nach der Staatsanwaltschaft Berlin hat auch die Generalstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gegen Aktivist:innen der „Letzten Generation“ abgelehnt.

Richtig ist einerseits – auch wenn es vielen nicht passt –, dass bei uns die Demokratie herrscht, zu der auch noch die Gewaltenteilung kommt. Die Gewalten kontrollieren sich gegenseitig bis zum Geht-nicht-mehr, also optimal. Über alldem thront und wacht der Europäische Gerichtshof, der just heute 70 Jahre alt wird und an die bereits 1948 beschlossene Erklärung der Menschenrechte gebunden ist. Das macht naturgemäß vieles schwer, hat aber viele Vorteile fürs Individuum: Wenn es auf der Flucht ist, wenn es ihm dreckig geht, wenn ihm das Maul verboten wird, wenn es hungert, wenn es verfolgt, gefoltert, gedemütigt oder fast ermordet wird, kann es sich jederzeit an den Europäischen Gerichtshof wenden.

Das Gute daran: Europäisches Recht steht über nationalem Recht, sogar über dem von Polen, Ungarn, ja selbst Deutschland. Und das will was heißen! Gratulation also an den Europäischen Gerichtshof zum 70. Geburtstag, und an den Europarat mit allen 46 Mitgliedern, Gratulation selbst an alle 676 Millionen Bürgerinnen und Bürger!

Falsch ist andererseits der erste Absatz dieser Wetterei: manipulativ, verlogen, verleumderisch. Lügenpeter! Aber weiß man wirklich, wer wann mit wem und warum telefoniert oder lieber nicht?

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten. 

Rückblick auf die FriedensGala 2022

v. l. Sidar Carman, Matthias Schriefl, Schüler*innen des FEG, Frank Werneke, Peter Grohmann, Michael Rediske, Manfred Scheifele, Heide Roth, Foto: Astrid Meyer

Ein gut gefüllter Saal, Sidar Carman als Moderator*in, mit dem ver.di Vorsitzenden Frank Werneke und der Stuttgarter Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann zwei hochkompetente Laudator*innen, grandiose Musik von Matthias Schriefl und in Reporter ohne Grenzen und der Projektgruppe „Schule ohne Rassismus“ des Friedrich Eugens Gymnasium in Stuttgart mehr als würdige Preisträger: Das konnte sich sehen lassen, als am vergangenen Sonntagvormittag im Theaterhaus in Stuttgart zum zwanzigsten Mal der Stuttgarter FriedensPreis verliehen wurde.

Nach der Begrüßung durch AnStifter-Vorstand Hermann Zoller unterstrich Frank Werneke in seiner Laudatio die Bedeutung der Arbeit von Reporter ohne Grenzen für eine freie Presse und die Demokratie, die durch autokratische Staaten wie Russland und China, aber auch durch illiberale Staaten wie Ungarn oder Polen gefährdet seien. In diesem Zusammenhang verwies er auf den von Reporter ohne Grenzen mitgegründeten „JX Fund – European Fund for Journalism in Exile“, der Journalisten im Exil unterstützt und auch von ver.di unterstützt wird.

Frank Werneke, Foto: Astrid Meyer
Michael Rediske (Reporter ohne Grenzen), Foto: Astrid Meyer

Zur großen Erleichterung der Verantwortlichen traf die Stuttgarter Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann gerade noch rechtzeitig zu Ihrer Laudatio für die Projektgruppe „Schule ohne Rassismus“ am FEG ein. Sie würdigte das Engagement der Schüler*innen gegen Rassismus, Homophobie und Ausgrenzung. Die Jugendlichen hatten unter anderem einen Fotowettbewerb über jüdisches Leben in Stuttgart und ein gemeinsames Fastenbrechen von muslimischen und nicht-muslimischen Schüler*innen initiiert.

Alexandra Sußmann, Foto: Astrid Meyer

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch den Jazzmusiker Matthias Schriefl an insgesamt ca. zehn verschiedenen Instrumenten, von Piccoloflöte bis Alphorn.

Matthias Schriefl, Foto: Astrid Meyer

Unser Dank gilt natürlich allen an der Veranstaltung beteiligten Personen, aber auch Ihnen, den AnStifter*innen, die die Preisträger*innen vorgeschlagen und gewählt haben.

Weitere Berichte:

Stuttgart: Initiative „Die Anstifter“ verleiht Friedenspreise – SWR Aktuell

Friedensgala im Theaterhaus: „Reporter ohne Grenzen“ ausgezeichnet – Stuttgart – Stuttgarter Zeitung (stuttgarter-zeitung.de)

China bebt! – Grohmanns „Wettern der Woche“

China bebt! – Grohmanns "Wettern der Woche"

China bebt
Die Welt jubelt: In China wird demonstriert! Gegen Xi (für meine alten China-Freunde: 習近平 / 近平), gegen die korrupten und anderen Kommunisten, gegen den Kapitalismus, für Menschenrechte. Steht auf, rufen die Demonstranten, steht auf, rufen auch die Demonstrantinnen! Alle, die keine Sklaven mehr sein möchten, rufen sie, steht auf! Erhebt Euch!

Normalerweise stehen meisten Massenmedien unseres Vaterlandes und die ihnen unterstellten Regierungen derartigen Forderungen eher skeptisch gegenüber. Eine Demo muss angemeldet und genehmigt werden, glauben sie. Aber Glauben ist nicht Wissen: Bei uns haben nämlich alle Deutschen das Recht, sich jederzeit ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln – und das auch noch ungehindert durch die Polizei!

Meine Omi Glimbzsch aus Zittau (Ex-DDR) hat seinerzeit das (für sie neue) Gesetz sofort angesprochen und motiviert! 1993 ist sie Hals über Kopf von Zittau nach Bischofferode aufgebrochen – nur das Grundgesetz unterm Arm und ein kleines Vesper dabei – um sich dem Hungerstreik der Kalikumpel anzuschließen und mit denen das rentabel arbeitende Kali-Werk zu besetzen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Heute wissen wir: Das Kali-Kartell hat gesiegt, das Grundgesetz nischt genützt und die Omi verloren. Ja, dr Deufl is halt n Aischhörschen, wie man in Sachsen sagt (Dr Deifl isch a Eichhörnle).

Wir alten Sklavenhalter tun uns natürgemäß schwer mit demokratischen Rechten, können uns aber unisono gern der Forderung an die Menschen in Kuba, Moskau und Shanghai anschließen: „Steht auf! Alle, die keine Sklaven mehr sein wollen!“ Hinzufügen müßte man: Aber klebt euch bloss nicht an! Das Beispiel könnte Schule machen, Weihnachtsmärkte stören und die blühenden Landschaften absterben lassen. Die ersten Blätter fallen längs.

Es gibt eine weitere Forderung, die im Weihnachtstrubel unterzugehen droht: Kriegsverbrecher bestrafen! Aber wie? fragt die Welt. Fragt uns, sag‘ ich da! Bei uns wurden nach dem wieder verlorenen Weltkrieg Zwo die alten Kriegsverbrecher einfach in die Demokratie integriert – das war für sie Strafe genug. Sie wurden wieder Generäle, Richter, Staatsanwälte, wurden Berater, Minister, Staatssekretäre, übernahmen Medienhäuser, Konzerne, Banken, Bundestagsmandate, Verbände, Heilanstalten, ja ganze Kirchen! Und? fragen Sie jetzt vielleicht. Was soll’s? Schwein gehabt! Wir haben geerbt! Alles. Auch das von den Juden. Und Togo bleibt deutsch.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Meine Klima-RAF – Grohmanns „Wettern der Woche“

Meine Klima-RAF – Grohmanns "Wettern der Woche"

Meine Klima-RAF

Meine Klima-RAF lässt sich nicht einschüchtern, Ihre vielleicht, aber meine nicht! Egal, ob nun Flüsse austrocknen oder keine Schmetterlinge mehr fliegen oder Bienen sich aufs Nichtsummen verlegen: Bestäuben kann man die Blüten der Zivilisation auch mit den in der VR China entwickelten Mini-Drohnen – und die stechen nicht. Wenn Wälder verrecken? Meine Klima-RAF steht wie ein Baum und brüderlich wie ein Wald Hand in Hand mit dem Auerhahn gegen Windräder und für ein Tempo-Limit ab 250 km/h. Es geht meiner Klima-RAF am Arsch vorbei, wenn 2019 in der EU (angeblich!) mehr als 300 000 Menschen durch Luftbelastung, Feinstaub und andere Schadstoffe ums Leben kamen und 150 000 der vorzeitig Totgemachten heute noch leben würden – wenn alle Mitgliedstaaten die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation eingehalten hätten, behauptet die Europäische Umweltagentur EEA. Beweise? Na also! 

Aber auch im Straßenverkehr gibt es hin und wieder Tote. Tote. Meine Klima-RAF zwischen Untertürkheim und Zuffenhausen kann da positive Zahlen liefern: 2021 gab es 157 Tote weniger als 2020, 157 weniger! Also im Schnitt nur sieben Getötete und 885 Verletzte täglich. Wenn also wird der Verkehr wieder und wieder schlecht gemacht wird, dann aus rein ideologischen Gründen.

Seite an Seite mit meiner Klima-RAF kämpft die Zucker-und-Gift-RAF in der Chemieparklandschaft Deutschland – das ist weltweit einzigartig! Mehrere hundert Hektar Fläche, eine eigene Verkehrsinfrastruktur mit Schienennetzen, Pipelines oder Häfen sind die Alleinstellungsmerkmale der deutschen Chemieparks. Anders gesagt: In diesen unseren Chemieparks hat die Natur gut lachen! Logisch, dass die Kommunisten bei Grünen und SPD die Zucker-und-Gift-RAF an die Leine nehmen wollen – also keine Antibiotika, kein Dioxin mehr im Futter (höchstens bei Schweinen), keine Schwermetalle und kaum Pestizide. Gottseidank sind die machtlos. Nein, nicht die Schweine, die Kommunisten. Merke also: Wer sein Essen vor dem Verzehr gründlich wäscht, kann gesund werden, oder?

In einem der reichsten Industrieländer der Welt, in Deutschland, müssen Menschen an gefährlichen Lebensmitteln sterben, weil Profit wichtiger ist als das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit!„. Mit solchen Irrlichtern macht etwa Foodwatch Stimmung gegen unsere in freien und geheimes Wahlen gewählte Regierung und nimmt selbst die FDP und die CDU/CSU nicht aus. Andernorts wird gegen Mikroplastik gehetzt und behauptet, dass auch in unserer Demokratie Meere, Flüsse, Seen und Böden durch Mikro- oder Nanoplastik kontaminiert würden – Fische und andere Lebewesen wie wir fräßen es, Pflan-zen nähmen es über die Wurzeln auf. So gelangten die Kunststoffartikel über die Nahrungskette auch in den menschlichen Körper. Jetzt mal ganz unter uns: Bei mir ist nichts zu sehen, auch wenn meine Omi Glimbzsch in Zittau zur Vorsicht rät: Nie Coca-Cola, keinen Fisch mehr, kein Salz, kein Zucker, kein Obst oder gar Gemüse, keine Kartoffeln, keine Nudeln, kein Fleisch und vor allem keinen Christstollen.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Last Generation – Grohmanns „Wettern der Woche“

Last Generation – Grohmanns "Wettern der Woche"

Auf Wikipedia wird zum Thema „Maul stopfen“ treffend gesagt, dass auf diese Weise wer auch immer durch Geld, Bestechung und andere Grobheiten zum Stillschweigen veranlasst werde. Oder, besser noch, durch (angedrohte) Gewalt, Bestrafung, Verhaftung mundtot gemacht werde. Gleich ganz erschossen wird man vor allem in Brasilien.

Das Maul stopfen mit Geld – das ist es, was wir dieser Tage in den gut temperierten Sälen im ägyptischen Sharm El Sheikh bei der 27. Weltklima-Konferenz hautnah miterleben dürfen: Den Meckerärschen aus den untergehenden Reichen wird ein letztes Mal Redefreiheit gewährt – zeitgleich werden die Kritiker aus dem Land am Nil den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen. Hausmannskost. Wir kosten mit.

Zugegeben: Dass der Meeresspiegel steigt, ist vor allem Friedrich Merz zu danken. Nein, er hat’s nicht allein gemacht, wir haben geholfen. Aber er und seinesgleichen haben viel Geld in die Hand gekriegt, um Klima und Stimmung anzuheizen und Stimmen zu bekommen. Es ist nicht neu, „auch unsere Demokratie gehört zur kritischen Infrastruktur. Und sie steht unter Druck. Sie schützen können nur wir selbst. Das verlangt von uns Demokraten mehr als Bekenntnisse. Es verlangt Engagement, (…) Widerstandsgeist und Widerstandskraft“, behauptete jüngst der Bundespräsident.

Zugegeben, an Kraft und Geist fehlt es heute ja weltweit, ganz im Gegensatz zum Geld. Die armgehaltenen Länder, denen das Wasser bis zum Hals steht (Unterkante Oberlippe, wie meine Omi Glimbzsch aus Zittau weiß), müssen bei ihrer Rede- und Gedankenfreiheit und ihrem Engagement für die Demokratie in Sharm El Sheikh freundlich und höflich bleiben beim Betteln und versprechen, dass sie uns die Klimaflüchtlinge vom Hals halten. Dann wird bezahlt, aber nur dann.

Seitenwechsel, rechts fahren: Friedrich Merz und seine Bande – das sind in Wahrheit die Leute der letzten Generation, egal, ob sie fliegen oder segeln oder radeln, ob sie Kombis, Limousinen, Coupés, SUVs, Cabriolets, Roadster, Vans oder Betonmischer fahren oder Twitter kaufen. Hinter, vor und neben ihnen stehen die hartgesottenen Retter von Abendland und Kapital – die Blackrocker aus Philadelphia, Budapest, Rom, Stockholm, Warschau etc. pp.

Nebenbei: Die Mercedes-Benz Group ist der größte Einzelaktionär der Daimler Truck Holding. Große Anteilseigner: die chinesische BAIC Group, der chinesische Investor Li Shufu, der Staatsfonds von Kuwait, um nur ein paar zu nennen. Mercedes baut die sichersten und schnellsten Autos der Welt, die größten Betonmischer und die schnellsten Krankenwagen. Ham’se mal ne Mark?

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Jetzt zum Anhören
Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion „Boycott Qatar 2022“ am 2.11.2022 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Brigitte Lösch

Mit Bernd Sautter (Moderation)

Dietrich Schulze-Marmeling (Autor/Mitinitiator der Kampagne Boycott Qatar 2022)

Sophia Gerschel (Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte e. V.)

Andreas Zweigle (vertikalpass.de)

Stephanie Doetzer (Arbeitete vier Jahre für Al Jazeera in Doha)

Aufzeichnung der Podiumsdiskussion "Boycott Qatar 2022" am 2.11.2022 im Theaterhaus Stuttgart

Herzlichen Dank an die Teilnehmer*innen, das Publikum und die Mitveranstalter vom Institut für Auslandsbeziehungen, dem Kickers Fanprojekt und dem VfB Fanclub Rote Karte.

Wettern der Woche
Ist Lula noch da?

Die Welt dreht sich schneller, als die Polizei erlaubt. Und wie oft ist die Tinte der Glossenschreiber noch nicht einmal richtig trocken, sind die Wahlurnen noch nicht versiegelt und die Pistolen noch nicht mal nachgeladen, da schmort der Wahlsieger bereits im Knast, ist kalt- oder wenigstes ruhiggestellt oder auch schon im Ausland. Weiß man’s?

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro jedenfalls hatte zeitlebens die Götter und Götzen hinter sich, die echt Evangelikalen, die dick Katholischen mit den roten Käppchen und die smarten Deutschen mit dem Klingelbeutel. Die große Mehrheit der in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen hat sich unumwunden, offen, frech und frei – und rechtzeitig vor den Wahlen – für den sich jugendlich gebenden Gangster ausgesprochen: Bei ihm sind die Gewinnchancen am größten, der Holzeinschlag am kräftigsten, die seltenen Erden am seltensten und der Export hierzulande längst verbotener giftiger Substanzen nach Brasilien am sichersten.

Und nicht wenige kannten ja noch aus den Zeiten der NSDAP (AO) das Prozedere der Teilhabe an Macht und fremdem Eigentum. „Aber vielleicht ist dieser Lula ja noch da?“, wird jetzt meine Omi Glimbzsch in Zittau fragen. Omi, dann wird ihm die Koalition der Obengenannten Feuer unterm Arsch machen, jeden Tag neu. Ganz vorn in dieser Liga von Populisten, Umweltzerstörern und Demokratie-Rettern spielt übrigens Elon Musk mit: Er will endlich seine Meinungsfreiheit und Meinungsführerschaft retten, den Urwald kaufen und Bolsonaro küssen, wo auch immer. Am liebsten als Präsidenten.

Dass die Würde des Menschen unantastbar ist, glaubt nicht mal unser Bundespräsident. Und so holt er bei seiner neulichen Rede an die Nationen für Generalissimus Putin erstmal den Knüppel aus dem Sack: Pazifismus war gestern, Freundchen! Hier wird nicht verhandelt, hier wird gekämpft. Der clevere Sozialdemokrat erinnert sich möglicherweise gern an den Hindukusch, an dem ja auch bis zum Geht-nicht-mehr unsere Werte, unsere Würde und Freiheit verteidigt wurden, bis das letzte Flugzeug abhob und so mancher Zurückgebliebene traurig hinterher winkte – wie im echten Leben. Seit wir wissen, dass auch unsere Demokratie zur kritischen Infrastruktur gehört und dass sie gewaltig unter Druck steht, wird mehr von Demokraten verlangt, mehr als Bekenntnisse. Es wird Engagement verlangt, Widerstandsgeist und Widerstandskraft, sagt Frank Walter Steinmeier. Jetzt wird es ernst. Jetzt müssen wir alle zusammenhalten – ob preiswerte Rentnerin oder teurer Mineralölkonzern. Jeder an seinem Platz.

Der eine an der Börse, der andere ohne Börse und in der Wärmestube.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Atomkraft ist todsicher – Grohmanns „Wettern der Woche“

Atomkraft ist todsicher – Grohmanns "Wettern der Woche"

Die Geschichte der zivilen Atomkraft ist eine Geschichte von Katastrophen und Beinahe-Katastrophen, von Lügen und Halbwahrheiten, von kleinen und größeren, vertuschten, verheimlichten und verharmlosten Störfällen. Und just da spricht ein großer Tübinger ein kleines, aber wahres Wort gelassen aus: „Allein durch längere Laufzeiten von Atomkraftwerken sparen wir kein Gas“, sagt Boris Palmer, der im Gegensatz zu Xi Jinping nur 52 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. Selbst die Wahlbeteiligung war deutlich niedriger als in China.

Doch egal jetzt, Sicherheit hin oder her: Hier hat’s gewackelt und gedonnert, hier wurden Tausende Milliarden Dollars verbrannt und verbraten, hier waren Strontium-90 oder so, Jod-131, Caesium-134 und Caesium-137 und als Abfall Atomwaffen im Spiel, hier wurde und wird gerungen und gerätselt: Wohin mit den Hinterlassenschaften, wenn nicht nach Afrika oder Riedlingen?

Unterdessen wird unausweichlich weitergestrahlt in Harrisburg/Three Mile Island, Chalk River, Idaho Falls, Los Alamos, Knoxville, Melekess, Monroe, Lucens, Rocky Flats, Majak/Tscheljabinsk, Windscale/Sellafield, Leningrad, Belojarsk, Bohunice, Saint-Laurent, Tschernobyl, Wladiwostok, Gore, Tomsk/Sewersk, Tōkaimura, Simi Valley, Fleurus, Fukushima. Schreiben Sie mir, wenn ich was vergessen habe. Saporischschja wartet noch ab. Aber auf ein paar mehr oder weniger kommt’s jetzt nicht an. Erfreut hat unsereins, dass Neckarwestheim sicher ist. Das sagten die Grünen der SPD. Und lassen eine Expertise des Geologen Hermann Behmel in der Schublade schmoren, die das Gegenteil nahelegt. Bis: April, April.

Atomkraft ist derart risikobehaftet, dass AKWs nirgendwo versichert werden können – aber das sagen sie natürlich nicht (mehr). Die Anlage in Neckarwestheim steht auf zerrüttetem, verkarstetem Muschelkalk, unter dem mächtige Gips- und Anhydritschichten liegen. Anhydrit quillt bei Wasserkontakt auf und nimmt im Volumen bis zu 60 Prozent zu, wodurch es zu schweren Schäden an Gebäuden kommen kann. Deshalb kostet ja auch das Bahnprojekt Stuttgart 21 nicht wie vorgeschlagen 2,4 Milliarden oder 4 oder 6 oder 10 oder 12, sondern 16 Milliarden Euro, ganz ohne Rettungsschirm und Muschelkalkbremse.

Das mit dem Sickerwasser konnte übrigens niemand ahnen. Bereits 1998 machte das AKW Neckarwestheim Schlagzeilen, nachdem an Atommüll-Behältern aufgrund radioaktiver Verschmutzungen das Vielfache der zulässigen Strahlungsmengen festgestellt wurde. Sogar die Polizei war einer rechtswidrigen Strahlenbelastung ausgesetzt, die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung wurden bis zu 4.350-fach überschritten. „Ob das wirklich alles stimmt?“, fragte mich meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Die kennt ihren Behmel und weiß: Auch mit Red Bull kann man sich kontaminieren.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten. Das aktuelle Projekt Vom Wert der Menschenrechte – 30 Tage im November startet am heutigen Mittwoch, 26. Oktober.

Neues vom Betty Rosenfeld Projekt

Nach einer Biographie über Betty Rosenfeld und der Initiative „Ein Platz für Betty Rosenfeld“ gibt es jetzt auch die Website betty-rosenfeld.de auf der sowohl Buch als auch die Initiative vorgestellt werden.

Falls Sie die Petition zur Umbenennung des Bismarck Platzes noch nicht unterschrieben haben, können Sie das weiterhin hier erledigen.

Frontex Mörder – Grohmanns „Wettern der Woche“

Frontex Mörder – Grohmanns "Wettern der Woche"

Frontex soll uns vor Flüchtlingen schützen – vor Menschen, die politisch verfolgt werden, vor Leuten, die gefoltert wurden, vor Menschen, die sexuell missbraucht wurden, vor Hungernden und Dürstenden. Vor Wirtschaftsflüchtlingen – und vor Umvolkung. Frontex ist der Garant dafür, ist der militärische Arm von Grünen, SPD, FDP, CDU/CSU und den anderen Mitregierenden auf europäischer Ebene. Frontex ist der verlängerte Arm von Demokratie und westlichen Werten. Fronttext schaut auch aus dem Himmel herunter zu, wie Menschen ins Meer getrieben werden und ersaufen. Wenn es den Wächtern der Werte zu bunt wird, drehen sie ab und vergessen alles, was sie gehört haben: Die Schreie. Was sie gesehen haben: Die Ertrinkenden. Wenn sie zu Hause bei Mutti sind, fälschen oder schwärzen sie Dokumente oder lassen sie ganz verschwinden. Mehr dazu? Im berüchtigten internen Bericht der EU-Antibetrugsbehörde OLAF, der geleakt wurde, aber streng geheim bleiben sollte. (https://fragdenstaat.de/blog/2022/10/13/frontex-leak-olaf-bericht).

Nun ist das alles aktenkundig, offenkundig, geschwärzt wie die Menschen-rechte. Leute, die mit offenen Augen durch die Welt laufen und lesen können, wissen das alles längst, Sie auch. Aber Sie hab‘ ich nicht gewählt. Ich hab‘ Müller Maier Schulze gewählt, die von den demokratischen Parteien, damit die (gern mit mir und Ihnen) auf die Demokratie aufpassen, auf verbriefte Rechte. Die Müller Maier Schulze wurden vereidigt, damit sie „Verfassung und Recht wahren und verteidigen… und Gerechtigkeit gegen jedermann üben“.

Ich weiß, Müller Maier Schulze haben viel zu tun, sie bekommen dafür viel Lob und Lohn und selten richtig Ärger. Aber irgendwann müssen sie sich auch an ihren Eid erinnern. Wir helfen dabei, als Fluchthelfer, als Flüchtlings-helfer beim Sprung über die Mauern und Barrieren von Rechtsbrechern. Denn „die ganz große Gemeinheit entsteht heutzutage nicht dadurch, dass man sie tut, sondern dadurch, dass man sie gewähren lässt“, so Robert Musil.

Wenn wir schon bei Gemeinheiten sind: Jin, Jiyan, Azadi! Frauen, Leben, Freiheit! Wir lassen auch die Frauen und ihre Revolution im Iran im Stich. Hat irgendein Land seinen Botschafter aus Teheran abgezogen? Hat irgendjemand gefordert, die Besitztümer z.B. von Khomeini im Ausland zu konfiszieren? Gibt’s Einreiseverbote? Nix davon. Nicht mal bei ’ner Demo sieht man sich. Vor Wochen nahmen in Kabul Dutzende Frauen an einer Kundgebung für die aufständischen Iranerinnen teil – Hut ab oder Kopftuch. In Saudi-Arabien wurde im Sommer die Studentin Salma al-Schehab zu 34 Jahren und Nourah bint Saeed al-Qahtani zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie sich für Frauen- und Menschenrechte eingesetzt hatten. Selbst bei solchen „Fällen“ bleiben wir mit Müller Maier Schulze und der grünen AG Frauen*/-Gender/Queer oder der Frauenunion der SPD auf dem Teppich. Und meine Omi Glimbzsch in Zittau kauft mir zu Weihnachten ein Kopftuch – „das kannste übers ganze Gesicht zieh’n und siehst nischt mehr“. Es wird kälter.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter

30.OKTOBER 2022
CAMPO DELLA PACE 2022 – ERINNERUNG IM LAND DER TÄTER*INNEN

30.Oktober 2022: Campo della Pace 2022 - Erinnerung im Land der Täter*innen

Einladung zu einem Abend im Hotel Silber mit den italienischen und deutschen Teilnehmenden des Friedenscamps 2022

30.10.2022
18 Uhr
Hotel Silber, Foyer

Die jugendlichen Teilnehmenden des diesjährigen Friedenscamps im toskanischen Bergdorf Sant’Anna di Stazzema  treffen sich in diesem Herbst wieder in Stuttgart zum zweiten Teil des Friedenscamps.
Sie setzen sich in Stuttgart mit den hierzulande gescheiterten Bemühungen um die juristische Aufarbeitung des Kriegsverbrechens von Sant’Anna auseinander und werfen einen Blick auf die Erinnerungslandschaft von Italien und Deutschland.

Im Hotel Silber berichten Sie von ihren Erlebnissen in Sant’Anna, von den Begegnungen mit den Zeitzeugen und Zeitzeuginnen und der Gedenkfeier zum Jahrestag des Massakers in Sant Anna am 12. August, an dem sie sich mit einem Redebeitrag beteiligt haben.

Sie werden  mit den Ergebnissen ihrer Workshops in Italien und Deutschland einen Abend im Hotel Silber gestalten zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind.

Gesprochen wird Italienisch und Deutsch.

Veranstalter*innen: Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e. V., Die AnStifter, Naturfreundejugend Württemberg

Wir bitten um Anmeldung bis zum 27. Oktober unter: veranstaltungen-hs@hdgbw.de