Baden-Württemberg bewilligt Zuschuss für Sant’Anna

Wir AnStifter freuen uns sehr, dass die Landesregierung Baden-Württemberg mit 30.000 Euro 50 Prozent zu einem Gedenkprojekt im toskanischen Sant’Anna di Stazzema beisteuert. Die Gemeinde Stazzema, die die zweite Hälfte trägt, wird damit den Kirchvorplatz in dem Bergdorf sanieren, in dem am 12. August 1944 die SS 560 Menschen massakrierte.

Natürlich handelt es sich bei dem Zuschuss nur um eine symbolische, wenngleich wichtige Geste. Denn auf eine juristische Aufarbeitung durch die deutsche Justiz oder eine Entschädigung durch die Bundesregierung warten die Überlebenden und Hinterbliebenen noch heute. Nicht nur in Sant’Anna di Stazzema. Vor kurzem erst ging das griechische Distomo durch die Presse, wo die Situation ähnlich katastrophal ist.

Hierzulande ist für das Verfahren zu Sant’Anna momentan die Hamburger Staatsanwaltschaft zuständig, die aber anscheinend nicht recht vorankommt. Dies erinnert fatal an die zuvor zuständigen Stuttgarter Staatsanwaltschaft, die den Fall über Jahre verschleppte und den Eindruck erweckte, sie würde auf die biologische Lösung, also den Tot der Beschuldigten setzen.

Trotzdem sind symbolische, menschliche Gesten weiterhin wichtig und richtig. Unsere braune Vergangenheit verpflichtet uns dazu, dafür zu sorgen, dass solche Unmenschlichkeiten nie wieder geschehen. Ein wichtiger Pfeiler ist hierfür aus Sicht der Überlebenden des Massakers von Sant’Anna der Zusammenhalt innerhalb Europas.

Die AnStifter haben für kommenden Montag ein Solidaritätskonzert im Stuttgarter Theaterhaus organisiert.

PROTEST – Die Bewegungszeitung zum Kirchentag

Protest - das Pitchvideo!

Stuttgart hat im Streit um Stuttgart 21 neue Formen offener Debatte erlebt – auch mit viel Frust. Aber nachhaltiger PROTEST und Engagement haben eine intensive Diskussion über die Bürger_Innen-Beteiligung an politischen Entscheidungen ausgelöst – überall. Doch Diskussion reicht nicht – die Zustände verlangen PROTEST und Veränderung! Unruhe ist die erste Bürgerpflicht (Heinemann). PROTEST macht uns munter!

Unser PROTEST, die Bewegungszeitung zum Kirchentag, sucht Unterstützerinnen und Unterstützer! Jetzt auf Startnext unterstützen und der Zeitung zum Durchbruch verhelfen!

Was wir sonst so vorhaben, gibt’s als Liste unter Kirchentag.

Twitter-Protokoll der 15. Sitzung des NSU UA am 13. April 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg von ‏@nsuwatch_bw, @fraufoo und @FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Florian H.
Tagesordnung vom 13. April 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

Zeugenliste
1. Jürgen M. – Fahrlehrer auf dem Canstatter Wasen
2. Elke A. – KOK’in, hat mit dem Fahrlehrer gesprochen
3. Astrid B. – KHK’in, PP Stuttgart, war bei Durchmusterung des Fahrzeugs von Florian H. dabei
4. Dr. A. K. – Sachverständiger für Brände, Kriminaltechnisches Institut, LKA BW
5. Klaus B. – KHK, Staatsschutz Heilbronn zur rechten Szene dort
6. „Bandini“ – eine Freundin von Florian H. (nicht öffentlich)


Heute ab 9.30 Uhr geht es weiter mit dem NSU UA BaWü – 7 Zeugen stehen auf der Tagesordnung, u.a. ‚Bandini‘ – @fraufoo

[macht ihr das mit der sonne. ich mache das mit den abgründen ergründen.] – @fraufoo

Es geht los im NSU – UA in Stuttgart. Als erstes wird im Fall Florian H. ein Fahrlehrer gehört, der am Tag von H.s Tod in Tatortnähe war. – @nsuwatch_bw

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20.4.2015
Benefizkonzert mit dem Schellberg-Trio

Das Benefizkonzert mit dem Schellberg-Trio war gut besucht. Etwa 100 Zuhörerinnen und Zuhörer waren gekommen, um einen seltenen Hörgenuss mit einem guten Zweck zu verbinden: Sie konnten ganz besondere Werke wunderbar vorgetragen hören. Und mit dem Erwerb ihrer Eintrittskarte einen Beitrag zur Behebung der Schäden, die der Sturm vom 4. März in Sant’Anna angerichtet hatte, leisten. Ein Bericht von der Situation vor Ort  vermittelte einen Eindruck vom Ausmaß der Schäden.

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Wettern
Post scriptum

Post scriptum – Peter Grohmanns "Wettern" vom 8.4.2015

Wenn es morgen an meiner Tür klingelt, ist es nicht der Verfassungsschutz und auch nicht der Milchmann, sondern der Briefträger, der sich für seine Schweinereien entschuldigen will. Bei mir persönlich! Andernfalls wird sein Vertrag nicht verlängert, und dann sieht der Kerl alt aus! Warnstreik – dass ich nicht lache! Vierzig Stunden die Woche ordentlich Arbeit haben, Leute treffen, Schwätzchen machen, vielleicht zum Kaffee eingeladen werden – und dann Lohnerhöhung? Nee, nicht mit mir!

Briefträger an und für sich ist schöner Beruf, viel Bewegung, Kontakt mit netten Menschen, ein sicherer Arbeitsplatz bei der Post, möglicherweise sogar Beamter, wenn man sich gut führt, wie früher die Lokführer und ihr Alt-68-er Weselsky. Und heut? Da prügeln sich die Briefdienstleister vor der Haustür um den letzten Brief, das erste Paket: Der Briefträger siehst also jetzt schon alt aus. Aber er kann ja zwischen seinen Botengängen eben mal am Tafelladen vorbeischauen und den Schnee von gestern abholen oder in der Leonhardskirche seine Vesperpause machen, bevor er die Bußgeldbescheide zustellt. Merke: Viele Kommunen pfeifen schon lange auf die gute alte deutsche Post – sie lechzen nach minderbemittelten Sozialstaatsopfern, die die Briefe für fast umme austragen: 800 plus Kindergeld. Schon wieder gespart, freut sich der Kämmerer. Man spart beim Porto und legt beim Sozialen drauf. Mit dem Aufbau von 49 Regionalgesellschaften für die Paketzustellung flieht die Deutsche Post flugs aus dem bestehenden Haustarifvertrag und bricht den ebenfalls mit ver.di abgeschlossenen Vertrag zum Schutz vor Fremdvergabe in der Zustellung. Für diesen Schutz verzichten die Beschäftigten unter anderem auf Kurzpausen und arbeitsfreie Tage. Mit der Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich soll der Vertragsbruch kompensiert werden. Keine Rede davon, dass der Postler quasi rund um die Uhr für seinen Dienstherren – die Zustellbasis – erreichbar sein muss, auch im Urlaub, „wg. Personalmangel“. Vielleicht hat sich ja wer aufgehängt aus Verzweiflung über prekäre Leben.

„Scheiß Privatisierung!“, seufzt mein Briefträger. Er hat sich’s auf meinem Sofa bequem gemacht, nippel am Espresso, drückt das zweite Stück Schwarzwälder Kirschtorte runter, wischt sich mit dem Handrücken über sein freches Maul und rülpst. „Hast Du vielleicht noch ein Schnäpsle, Kollege?“

„Pass bloß auf, sonst wirschte noch nach Tröglitz strafversetzt!“, rät ihm meine Omi Glimbzsch. Sie ist aus Zittau da, für ’n paar Tage.

Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Blackbox Verfassungsschutz und die ‚brutalstmögliche Aufklärung‘

Fehlende Selbstkritik: Arbeitskreis kritischer Verfassungsschützer kämpft gegen vorgeschützte Inkompetenz der Verfassungsschutzämter im NSU-Komplex.

Heute gab der neu gegründete  ‚Arbeitskreis kritischer Verfassungsschützer‘ eine Pressekonferenz, gefolgt von einem aufschlussreichen Interview. Parallell ging die brandneue Webseite Blackbox Verfassungsschutz online.

Aufklärung als Farce – die Junge Welt über die Kommunikationsguerilla in ihrem Artikel vom 8.April

Solange Quellenschutz vor Strafverfolgung geht, bleibt auch Aufklärung eine Farce, erklärten sie zum Auftakt der Kampagne »Black Box Verfassungsschutz

Neusprech.org hat die von Roland Koch geprägte ‚brutalstmögliche Aufklärung‘ analysiert.

Regeln

Liebe Leut,

“Regeln sind Regeln. Schulden müssen bezahlt werden. Keine Tricks.” Diese Aussage war ein zentrales Element der Kabarettsendung Anstalt im ZDF diese Woche. Sehr emotional stellten die Macher das Verhalten der Bundesregierung bezüglich der von uns in Griechenland verübten Gräuel- und sonstigen Untaten ihrem Umgang mit Athen in der Finanzkrise gegenüber. Konsequent drückten sich alle Nachkriegsregierungen um jegliche finanzielle Entschädigung herum – und dies nicht nur in Griechenland.

Auch in anderen Ländern, in denen die Nationalsozialisten wüteten, warten Opfer und Hinterbliebene vergeblich auf finanzielle Wiedergutmachung und juristische Aufarbeitung. Im toskanischen Sant’Anna di Stazzema leistet Deutschland durch den deutsch-italienischen Zukunftsfonds symbolische Unterstützung. Gleichzeitig verschleppen deutsche Gerichte die Verfahren gegen die letzten Täter.

Die Verbindung der AnStifter nach Sant’Anna ist bekanntlich durch die skandalöse Arbeit des Staatsanwaltes Häußler zustande gekommen und ist insofern noch nicht allzu alt. Trotzdem sind durch einige gegenseitige Besuche enge Verbindungen entstanden. Und so waren wir sehr betroffen als wir von dem großen Schaden hörten (siehe letzter Newsletter), den ein Orkan in dem kleinen Bergdorf angerichtet hat.

Am Montag, den 20. April wird nun im Stuttgarter Theaterhaus das Schellberg-Trio einSolidaritätskonzert für Sant‘Anna di Stazzema geben. Beginn ist um 19:30 Uhr, Karten gibt’s beim Theaterhaus unter 0711 / 40 20 7 20 (10-19 Uhr). Das Trio spielt an dem Abend, für den uns keinerlei Kosten entstehen, Stücke von Galina Ustwolskaja, Igor Strawinsky und Aram Chatschaturjan. Natülich können Sie auch direkt spenden – wie schon 40 vor Ihnen:
IBAN: DE31 4306 0967 7000 5827 01
Verwendungszweck: Sant Anna
Online-Spenden: https://www.die-anstifter.de/?p=22294

Wo wir schon bei Regeln sind, die es einzuhalten gilt: An manchen Stellen fehlen uns wichtige Regeln, weshalb uns Monika Krüger am Donnerstag, den 16. April ab 19:30 Uhr im Welthaus über Glyphosat und andere Umweltgifte in der Landwirtschaft und deren Nebenwirkungen informiert. An anderen Stellen sollen hart erkämpfte Regeln wegfallen. So zum Beispiel durch das Freihandelsabkommen TTIP (lesenswert hierzu Heribert Prantl in der SZ über ein Buch von Thilo Bode). Am 18. April findet deshalb ab 13 Uhr die 1. Stuttgarter Gemeingütertour statt. Und an wieder anderen Stellen wurden Regeln dauerhaft gebrochen, wie bei vielen Aspekten rund um die Terrororganisation NSU. Die Ausstellung zu den Opfern des NSU, die noch bis zum 24. April im Stuttgarter Rathaus zu sehen ist, kommt übrigens gut an. Eine Ursache wird wohl institutioneller Rassismus gewesen sein, zu dem am Donnerstag, den 30. April ab 14:30 Uhr eine Konferenz ebenfalls im Stuttgarter Rathaus stattfindet.

Herzliche Grüße

Fritz Mielert & Peter Grohmann

PS: Wettern der Woche über’s Theaterhaus und über Flüchtlinge
PPS: Falls Sie sich fragen, wo die Deutschen im Zweiten Weltkrieg überall Massaker begangen haben, könnte Ihnen unsere neue Liste helfen
PPPS: Unsere FreundInnen vom Kunstverein wurden bei einer Ausstellungen im Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona zensiert


Ob sich wohl ein Ei in den Terminen versteckt hat?

Deutsche Massaker im Zweiten Weltkrieg

Bei uns kam die Frage rein, warum die AnStifter nicht zum deutschen Massaker während des 2. Weltkriegs im griechischen Distomo arbeiten. Bisher beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe der AnStifter intensiv mit Sant’Anna di Stazzema, da hier durch die Verschleppung des Verfahrens gegen Verantwortliche durch den Stuttgart Staatsanwalt Häußler ein lokaler Bezug besteht.

Natürlich kann innerhalb der AnStifter auch zu anderen Verbrechen gearbeitet werden – allerdings müssten sich hierzu Interessierte finden.

Wir haben aus einer Wikipedia-Liste zu Massakern im Zweiten Weltkrieg eine Liste von Massakern mit deutscher Beteiligung generiert, die allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit besitzt. Sie dient nur einem groben Überblick.

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Der BND hat versagt, ist unkontrollierbar und muss gestutzt werden

Seit heute ist es möglich, eine Bundestagspetition zur „Rückführung der Etat-Mittel des Bundesnachrichtendienstes für den Bundeshaushalt 2016 auf den Stand von 2012“ zu unterzeichnen. Die Petition aus dem Umfeld des neuen Bündnisses gegen Überwachung kritisiert, dass der Auslandsgeheimdienst „sich nicht durch parlamentarische Gremien kontrollieren lässt“ und „ohne Rücksicht auf das Grundgesetz operiert“. Außerdem bemängelt sie, dass der BND „mittelbar Beteiligter im völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg der USA gegen den Terror“ sei.

Die Petition ist ein erster Versuch, das Wüten des Geheimdienstes einzudämmen. Drücken wir den Petenten die Daumen.

Wettern
Domina Vobiscum

Domina Vobiscum – Peter Grohmanns "Wettern" vom 1.4.2015

Allenthalben spendieren hilfsbereite Deutsche – Freunde des Asyls – den Negern in Deutschland Warnwesten. Der Schwarze an sich, denkt man sich, wird ja erst am Abend munter und könnte allzu leicht übersehen, sprich: überfahren werden, wenn er sich von seinem Lägerle entfernt und nicht rechts außen läuft. Am sichersten ist der Asylant allerdings in einem Auffanglager in Afrika. Er spart die Überfahrt. Deutsche Beamte können dann vor Ort am Rande der Sahel-Zone einen Quickie-Check machen: Muskeln mal Fettmasse, Gewicht mal Alter geteilt durch Größe, AIDS-Test, Sprachkenntnisse, Zustand der Glieder: Leute ohne haben so wenig Chancen wie Zahnlose – aber ausgebildete Zahnärzte werden durchgelassen. Vorher impfen und die Regeln beachten: Vor dem Essen – nach dem Essen Händewaschen nicht vergessen. Thomas de Maziere kennt die Regeln, und als Christ weiss er: Der Weg übers Wasser fiel nur dem Flüchtling Jesus leicht.

Ganz allgemein wird der gemeine Flüchtling als Feind der westlichen Wertegesellschaft angesehen: Er ist hinter unseren Weibern her, frisst dir die Haare vomKopf und hinter jedem könnt‘ ein vollausgebildeter Kindersoldat stecken, ein Hartz-IV-Tourist, der keine Skrupel kennt und nur aufs Kindergeld scharf ist, ein Drogendealer oder ein Sinti und Roma, verkleidet als Jugo. Und wenn er nicht mehr weiterkommt, beantragt er flugs Kirchenasyl, auch der Muselmann.

Im nahen Ausland ist die Situation nicht viel besser: Der Franzose fährt jetzt verstärkt rechts außen vor und hat seine Unschuld und sein Vertrauen in die herrschende Politik vollends verloren – und wird’s so schnell auch nicht wieder finden. Hier wie dort sinkt die Wahlbeteiligung. 50 % bleiben zu Hause, 50 % der Departements für die Linke futschikato. Ein Null-Summen-Spiel des Parlamentarismus. Helfen tät nur, direkt an der Wahlurne ein Begrüssungsgeld auszuzahlen. Aber unter einem Fuffi ist da nichts zu wollen, wüsste Omi Glimbzsch in Zittau.

Wir Deutschen wollen beliebt sein, notfalls bezahlen wir das, außer bei den Griechen, die müssen in die Knie. Angela Merkel als Domina Vobiscum, mit der die Angst grassiert, wir könnten wieder die sein, die wir sind. Am meisten Angst haben wir freilich, dass unsere Kinder drogenabhängig werden – da kann der Asylant nachhelfen. Fast jeder Dritte hat Angst vor Naturkatastrophen – da kannste eh nix machen – und 50 % fürchten, dass die Politker versagen. Das ist nicht ganz unbegründet, auch wenn immer nur die von der anderen Partei versagen.

Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

„Die Anstalt“ über die Entschädigungen an Griechenland

Wegen des Flugzeugabsturzes in Frankreich wurde die Satiresendung „Die Anstalt“ zwar auf diesen Mittwoch Dienstag verschoben, ist aber schon vorab in der Mediathek zu sehen. Darin geht es um die Lage in Griechenland und berechtigte Entschädigungszahlungen für SS-Massaker. Wieder einmal hat „Die Anstalt“ das getan, was derzeit Politiker nicht tun: Sie lädt einen Überlebenden des Massakers von Distomo in die Sendung ein und redet mit ihm.

Die ganze Sendung ist hier zu sehen: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2351516/Die-Anstalt-vom-31-März-2015

NSU U-Ausschuss
Zu viele offene Fragen

Thumilan Selvakumaran fasst in seinem Leitartikel über den NSU U-Ausschuss in der Südwestpresse vom 30. März die vielen offenen Fragen bei der Aufklärung der Verbrechen der Terrororganisation “Nationalsozialistischer Untergrund” auch hinsichtlich der Qualität der Ermittlungsarbeit zusammen.

[…] Die Glaubwürdigkeit der Ermittler und ihrer Thesen steht und fällt mit dem Vertrauen in ihre Ermittlungsarbeit. Doch hier hat der Untersuchungsausschuss bereits jetzt haarsträubende Pannen zutage gebracht. Schlampige Arbeit, vorschnelle Festlegungen, übersehene Beweise – und ein beteiligter Polizist, der über seinen Bruder Kontakte zum Ku-Klux-Klan hatte. Auf diesem Fundament ruhen die offiziellen Erkenntnisse im Lande. […]

[…] Nun muss sich nicht nur der einstige Staatsanwalt Stefan Biehl unbequemen Fragen stellen – auch Innenminister Gall. Er hatte über Monate verhindert, dass der NSU-Ausschuss eingesetzt wird. Nur weil die Grünen die Enquete-Kommission mit Karacho gegen die Wand gefahren haben, sah die SPD keinen Ausweg mehr. Klar ist mittlerweile: Der politische Druck des Gremiums reicht durchaus, um neue Erkenntnisse hervorzubringen. Der Untersuchungsausschuss verdient mittlerweile seinen Namen. Beweisen muss er sich aber weiter. Das größte Rätsel wartet mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn. Weitere Überraschungen sind zu befürchten. […]

Die weiteren Überraschungen sind gestern Abend eingetreten, mit dem plötzlichen Tod der 20-jährigen Ex-Freundin von Florian H., die Anfang März vor dem Untersuchungsausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung ausgesagt, weil sie erklärt hatte, sie fühle sich bedroht. Nun ist sie tot.

Nachtrag 1: das vorläufiges Obduktionsergebnis liegt vor – 20 Jahre alte Frau verstarb laut Staatsanwaltschaft an Folgen einer Lungenembolie.

Nachtrag 2: wurde NSU-Zeugin womöglich vergiftet? Der plötzliche Tod der 20-jährigen Zeugin im NSU-Prozess wirft Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe schließt auch eine Vergiftung nicht mehr aus.

Nachtrag 3: Selbstverschuldetes Misstrauen NSU-Zeugin Ist die junge Frau wirklich eines natürlichen Todes gestorben? Die Sicherheitsbehörden haben ein Glaubwürdigkeitsproblem – und das ist hausgemacht

[…] Angela Merkel hat vor drei Jahren den Hinterbliebenen der NSU-Opfer eine rückhaltlose und umfassende Aufklärung der Taten versprochen. Eingelöst ist das Versprechen bis heute nicht. Wenn das Wort einer Kanzlerin aber nichts mehr zählt, auch nicht in ihren Ministerien und Behörden, dann stellt sich die Frage, was aus unserem Rechtsstaat geworden ist.

Saudi-Arabien, äh, der Postillon hat einen Volltreffer geleistet

Besonders lobt Renger die Weitsicht des früheren Verteidigungsministers Thomas de Maizière, der die „mäßigende Rolle“ Saudi-Arabiens mit dem Export deutscher Waffen unterstützte. „Das zahlt sich gerade jetzt aus, da das Land mit einer 150.000 Mann starken Mäßigungstruppe an der Grenze zum Jemen steht und mit seinen Jets mäßigende Bomben abwirft“, so der Experte.

Auch der übrige Text ist super.

Wettern der Woche
Verdammt lang her

Verdammt lang her – 30 Jahre Theaterhaus Stuttgart

Verdammt lang her, verdammt lang! Genauer gesagt: 30 Jahre. Hammern statt jammern, sagten wir uns – und machten einen Knopf dran an die Hoffnung. 30 Jahre Theaterhaus, und die Hoffnung hieß vorallem: Autonomie, also Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Eigensinn.

Leerstehende Fabrikhallen hatten es uns angetan – sie hatten allesamt einen größeren Charme als Turnhallen mit drohenden Hausmeistern, jene Unorte, die die unabhängigen Kulturschaffenden, die Musiker, Theatermacher, die Politischen mieten konnten für eigene Konzerte, Theater, Propaganda. Die Säle? Höchst vornehm meist, mit und ohne Stuck, livriert für die Sesselfurzer, Notlösungen unter Denkmalschutz. Da war ein Zeltspektakel am Karlsplatz sechs Wochen lang schon eine andere Nummer, Zirkusluft und Masse Mensch, ganz fröhlich-nachdenklich und scharf auf Alternatives. Da wehte plötzlich die Erkenntnis durch die Ränge, dass die Stadtgesellschaft nach einer anderen Art von Kultur geradezu lechzte, nach Frechheit und Freiheit und der Fortsetzung der wilden Achtundsechziger mit anderen Mitteln. Wir hatten, 1971, schon mit dem Festival „Zu Gast bei Gastarbeitern“ die größte Halle auf dem Killesberg heimgesucht und vollgemacht – später folgten von Gudrun und Werner Schretzmeier eben dort mit immer ausverkauften Solidaritätskonzerten für den Schorndorfer Club Manufaktur. Das Theaterhaus lag also vor mehr als 30 Jahren in der Luft. Luft. Luft.

Nach manchem Ach und Krach zogen Schretzmeier & Co KG – also wir – vor heute 30 Jahren ins Selbstgemachte und öffneten uns: Unter dem Argwohn des Stadtrats und dem Jubel der Szene luden wir zum ersten Wangener Hypotheken- und Wechselball in die Fabrikhallen. 14 000 Mark Miete, sagte mir der Schretzmeier – ich teilte durch 12. Alles, was unter 2000 Mark lag, macht mir bis heute keine schlaflose Nacht. „Der hat schon immer geträumt“, tät meine Omi Glimbzsch in Zittau jetzt sagen. Denn die 14 000 Mark waren nicht die Jahresmiete, sondern monatlich fällig. Kalt.

Der Anspruch der Szene, das Theaterhaus hätte die 68er-Revolution mit anderen Mitteln fortsetzen müssen, schwingt manchmal noch leise durch die Erinnerungskultur. Wir sollen frech sein und aufmüpfig und kritisch und politisch und aufklärerisch, na klar, zum Einheitslohn, zur Einheitsfront, und ihr werdet Beamte, Direktoren bei der Lufthansa, Staatssekretäre, ja Außenminister …

Die Rolle der Zirkusdirektoren steht uns allen gut. Dem Establishment laufen die Leute weg, uns laufen sie zu. Millionen.

Es war ein guter Deal, und kein Mensch darf je eine Verbeugung machen für Steuergelder, die in das Unternehmen Theaterhaus geflossen sind. Es steht uns zu, es steht euch zu. Aber ehrlich gesagt: Es ist zu wenig.

Glückwunsch, Theaterhaus! Küssle.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Mitbegründer des Stuttgarter Theaterhauses

NSU U-Auschuss
Protokolle von NSU Watch BaWü, Beiträge von Radio Dreyeckland

NSU Watch BaWü beobachtet und protokolliert den NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg.

Protokoll von der 5. öffentlichen Sitzung am 2. März 2015: Beginn des Themenkomplexes Florian H. http://bw.nsu-watch.info/?p=89

Bericht von der 8. öffentlichen Sitzung am 16. März 2015: Themenkomplex ‚Erbse‘ http://bw.nsu-watch.info/?p=84

Radio Dreyeckland begleitet ebenso den Untersuchungsausschuss intensiv. Mehrere Audiomitschnitte von Zeugenaussagen, Berichte, Interviews mit Mitgliedern des Untersuchungsausschusses, etc. sind bereits von ihnen veröffentlicht worden https://rdl.de/suche?text=NSU

die nächsten öffentlichen Sitzungen sind jeweils am Montag, den 13., 20., und 27. April 2015 im Plenarsaal Stuttgart http://www.landtag-bw.de/cms/home/der-landtag/gremien/ausschusse/untersuchungsausschuss-rechtster.html

Zum Internationalen Tag gegen Rassismus
„Gay, Gypsy and Jew – We’re proud of you!“

RotFront - Gay, Gypsy and Jew (official video)

Spendenaufruf für Sant’Anna

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Wir rufen dazu auf, für den Wiederaubau der Gedenkstätte und für die Fortsetzung der wichtigen Erinnerungsarbeit zu spenden. Jeder auch noch so kleine Beitrag ist willkommen. mehr…

Bilder der Zerstörung in Sant’Anna – und Spendenmöglichkeit

Im norditalienischen Sant’Anna di Stazzema sieht es immer noch sehr schlimm aus. Auf den folgenden Bildern wird die Zerstörung, die der Orkan Anfang März anrichtete, noch etwas deutlicher als auf dem schon veröffentlichten Video.

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Wir AnStifter organisieren momentan eine Solidaritätsveranstaltung, auf der wir Spenden für Sant’Anna sammeln wollen. Da momentan zwei italienische Spendenkonten existieren und Spenden dorthin nur sehr schwer steuerlich geltend gemacht werden können, rufen wir zu Spenden auf unser eigenes Konto auf. Diese werden wir komplett für den Wiederaufbau in Sant’Anna weiterleiten.

Spendenkonto: DE31 4306 0967 7000 5827 01
Verwendungszweck: Sant Anna

International Mehrheit gegen Massenüberwachung

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich mittlerweile für sehr klar für Sicherheit und gegen Freiheit positioniert und die in der Vergangenheit von den obersten Gerichten sowohl für grundrechts– als auch als verfassungswidrig und damit für nichtig erklärte Vorratsdatenspeicherung gegenüber dem Deutschlandfunk mit deutlichen Worten befürwortet. Und das, wo er doch zu wissen scheint, dass die Vorratsdatenspeicherung zwar bei der Aufklärung von Straftaten, nicht aber (unbedingt) bei der Verhinderung dieser helfen könnte.

Er folgt damit Bundeskanzlerin Merkel, die nach den schrecklichen Attentaten in Paris die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung forderte. Der Druck auf Justizminister Heiko Maas, der wie die meisten seiner VorgängerInnen in diesem Amt das wichtigste Bollwerk gegen die Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen darstellt, wächst also.

Maas etwas den Rücken stärken könnte nun eine im Auftrag von Amnesty International im Februar durchgeführte Umfrage zur Massenüberwachung, bei der in 13 Ländern zu 59 Prozent der Bevölkerung – in Deutschland sogar zu 69 Prozent – gegen eine Überwachung durch die eigene Regierung aussprechen. Gefragt nach der Überwachung durch die US-Geheimdienste liegt die Ablehnung hierzulande sogar bei 81 Prozent.

 

Wettern der Woche
Strajk-Aufruf!

Strajk-Aufruf! – Peter Grohmanns "Wettern" vom 18.3.2015

Strajks sind etwas Wunderbares – je weiter weg, umso wunderbarer. Hongkong, Bangladesh, Soma oder China: Spitzenmäßig! Bloss nicht bei uns! Ein Streik ist schlimmer als ein Abendessen beim Griechen in diesen Tagen oder der erfundene Stinkefinger von Tsipras.

Die großen Sklavenmärkte unserer Tage finden in Kambodscha, Thailand und auf den Philippinen statt. Wenn die weißen Leute mit dem großen Flieger landen, ist high live bei den Mädels dort. Diesmal werden 200 gekauft. Mit von der Partie bei den neuen Einkaufstouren in Fernost sind Stadtverwaltungen und Sozialverbände – Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt. Die haben in jahrelangen Mühen dafür gesorgt, dass die jungen Menschen wieder eine Zukunft haben – natürlich bei uns. Das Wort Zukunft kennen die dort ja nicht einmal. Der Paritätische nimmt dises Jahr vielleicht 15 von der ersten Wahl, AwO, Diakonie und Caritas jeweils 50, den Rest kriegt die Kommune. Wenn der Altenpfleger-Flieger später in Echterdingen landet, ist für alles gesorgt: Arbeitsklamotten, eine 500-seitige Dienst-Ordnung, ein Zimmer oder gar eine kleine Wohnung – und die Alten in den Altenpflegeeinrichtungen reiben sich vergnügt die knorrigen Hände – high life auch im Altenpflegeheim! Natürlich müssen die neuen Dienerinnen lesen und schreiben können, Medikamente kennen, Erste Hilfe ist da zu wenig, da steht fast eine richtige Ausbildung dahinter. Welches Handtuch fürs Gesicht und welches für untenrum reicht da nicht.

In den Schulen sieht’s nicht besser aus. Dass angestellte Lehrerinnen bis zu 500 Euro monatlich weniger verdienen als beamtete, hätten sie sich ausrechnen können. Wer wird denn da noch Lehrer, wer Altenhelfer, Kindergärtnerin, Krankentussy? Ich bin doch nicht blöd.

Eine Pflegekraft (ambulant) verdient in Deutschland durchschnittlich 1.721 € brutto. Viel Kohle, klar! Und woher kommt die? Von Ihnen und von mir und von Omi Glimbzsch aus Zittau! Denn nach Abzug der Abzüge bleiben den Pflegern noch gut und gerne 1200 Euro, mehr als in der Danziger Lenin-Werft. Dort schlug die Staatsmacht vor 40 Jahren, 1985, einen Strajk zusammen – 85 Tote. Vergessen wir’s.

Das soll keine Warnung sein. Denn unserer „Staatsmacht“ ist mit demokratischen Mitteln beizukommen: Mit Streik. Und der Erkenntnis der Wohlstandsgesellschaft, dass Leben etwas kostet. Angeblich regeln nach dem Gesetz der Marktwirtschaft Angebot und Nachfrage die Kosten – daraus ergibt sich der Preis eines Menschen, der für unsere Kinder da ist, für Dich und für mich, wenn wir je krank werden oder altern sollten. Das möge der liebe Gott verhindern, wegen der Marktwirtschaft.

Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.