Die Toten kommen

Das Zentrum für Politische Schönheit bringt die Sache auf den Punkt und die toten Flüchtlinge nach Deutschland. Weil die bei der Flucht nach Europa gestorbenen Menschen unwürdig bestattet werden, soll nun vor dem Kanzleramt das Friedhofsfeld Den unbekannten Einwanderern angelegt werden. (Mehr Informationen auf der Internetseite des Zentrums für Politische Schönheit)

Öffentliche Beerdigung
Morgen, Dienstag, 16. Juni 2015, 10 Uhr.
Wo? Friedhof Berlin-Gatow, Maximilian-Kolbe-Str. 6, 14089 Berlin
Wer? Muslimische Beerdigung zweier Opfer der militärischen Abriegelung Europas (Mutter und zweijähriges Kind, ertrunken)

Marsch der Entschlossenen
Sonntag, 21. Juni 2015, 14 Uhr.
Startpunkt: Unter den Linden 4
in Höhe der Neuen Wache Berlin.
Seien Sie bei der Neugestaltung des Vorplatzes dabei und behilflich. Bringen Sie Blumen, Schaufeln, Steinpickel oder gleich Presslufthammer mit!

Ein paar hundert Spender haben die Überführung der ersten beiden toten Flüchtlinge nach Deutschland möglich gemacht. Auf der Seite www.die-toten-kommen.de kann sowohl für weitere Leichenüberführungen und würdevolle Bestattungen, als auch für Kunstdrucke oder ein psychatrisches Gutachten über Thomas De Maizières Geisteszustand gespendet werden.

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Die ewige Suche nach Erkenntnis

Liebe Leut,

was passiert nicht alles in 14 Tagen: AnStifterinnen und AnStifter haben unsere italienischen Freunde in Sant’Anna di Stazzema besucht und während des Kirchentags protestiert (Friedenskette) und informiert (Rundumschlag im Protest und eine Debatte zum Verfassungsschutz). Merkwürdigerweise ist die Welt trotzdem noch nicht ansatzweise in trockenen Tüchern. Was machen wir nur falsch? Müssen wir endlich anfangen, verbissen für das einzig Gute und Wahre zu kämpfen?

Leider lieben wir viel zu sehr die bunte Vielfalt, alsdass wir über unseren Schatten springen könnten, um die Welt schwarz-weiß zu sehen. Und so werden wir wahrscheinlich weiter vor uns hin stolpern. Wenn Sie uns bei unserer Erkenntnissuche begleiten oder sich selber auf diese begeben wollen, finden sich in nächster Zeit viele gute Gelegenheiten dazu.

Heute und morgen wir’s in Sachen NSU wieder spannend: Heute ab 19:30 Uhr geht es in den Räumlichkeiten der Stiftung Geißstraße um eine kritische Analyse der NSU-Aktivitäten in Baden-Württemberg und deren Aufklärung. Am Freitag, den 12. Juni beschäftigt sich dann ab 9:30 Uhr der NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag mit unseren „Freunden und Helfern“ beim Ku-Klux-Klan.

Falls Sie morgen Abend noch Kraft haben, können Sie ab 19 Uhr bis einschließlich Sonntag auf einer (Un)Konferenz im Literaturhaus Stuttgart im Rahmen von Workshops, Vorträgen und Co. über die anlasslose Überwachung der Zivilbevölkerung austauschen. Die AnStifter sind hier zwar nicht beteiligt, empfehlen die Veranstaltung jedoch nachdrücklich. Infos gibt’s hier.

Am kommenden Donnerstag, den 25. Juni berichtet dann der US-amerikanische Aktivist und Priester John Dear ab 19 Uhr im Haus der katholischen Kirche über seinen zivilen Ungehorsam gegen Krieg und Gewalt – und seine Beweggründe.

Damit ab Juli auch im Lapidarium und im Hegelhaus den Debatten nicht die Themen nicht ausgehen, hat Frank Ackermann ein schönes Sommerprogramm des Philosophischen Cafés zusammengestellt. Schauen Sie doch mal vorbei!

Weniger schön, trotzdem wichtig, ist eine Fahrt zum ehemaligen KZ Natzweiler-Struthof, die wir zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der VVN für Samstag, den 25. Juli organisieren. Falls Sie Interesse haben, sollten Sie sich mit Ihrer Anmeldung an bawue@rosalux.de sputen – sonst sind die letzten Plätze weg.

Falls Ihnen das alles zu viel Erkenntnissuche ist: Am morgigen Freitag protestiert die AG Sant’Anna di Stazzema ab 12:30 Uhr mit einer handfesten Mahnwache vor dem Justizministerium gegen die jüngste Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den SS-Schergen Sommer.

Herzliche Grüße

Fritz Mielert & Peter Grohmann

PS: Wettern – Geh sieben, O Gott
PPS: Unsere Freunde von Buch & Plakat erinnern am Sa, den 13. Juni ab 15 Uhr in der Weinstube Basta mit einer Lesung von und mit Barbara Stoll an den Völkermord an den Armeniern. Falls Sie Interesse haben, sollten Sie sich schnell anmelden: 0711 24 62 38 oder kontakt@buch-plakat.de
PPPS: Am Sonntag, den 21. Juni machen die Bildungsplangegner wieder mit ihrer Ausgrenzung weiter. Ab 12:30 Uhr stellt sich ihnen deshalb eine Demo entgegen.
PPPPS: Statt ordentliche Arbeitsbedingungen sicherzustellen, erhöht die Post lieber die Dividende. Unerträglich!

Wettern
Geh sieben

Geh sieben – Peter Grohmanns "Wettern" vom 10.6.2015

Schloss Elmau! 360 Millionen Euro Kosten. Themen? Plastikmüll vermeiden, Kleinbauern-Versicherung groß und Griechenland kleinkriegen, Antibiotika beobachten, Demonstrationsrecht abschaffen. 2700 Journalistinnen schauen zu. 22 000 Beamten aller Waffengattungen sind vor Ort: Alles wird gut. mehr…

5. AnStifter-Reise nach Sant’Anna die Stazzema

Bericht zur Sant’Anna-Reise vom 29.5.bis 3.6.2015

Nachdem am 70. Jahrestag des Gedenkens an das Massaker vom 12. August der deutsche Generalkonsul für Norditalien verkündet hatte, dass die Restaurierung der Cappellina mit 60.000 € aus dem deutsch-italienischen Zukunftsfonds finanziert werden könne, wurden die notwendigen Arbeiten von den regionalen Institutionen zügig in Angriff genommen und schon nach wenigen Monaten abgeschlossen. Am 7. März sollte die feierliche Einweihung stattfinden, zu der auch die Anstifter eingeladen worden waren. Doch ein Orkan, der in der Nacht vom 4. auf den 5. März über die Toskana hinwegtobte, zwang zur Verschiebung: Sant’Anna war wegen vieler umgestürzter Bäume nicht mit dem Auto erreichbar, außerdem waren Strom- und Wasserversorgung unterbrochen. Das Dach der ansonsten unversehrt gebliebenen, neu renovierten Kapelle, war beschädigt worden. 
Der neue Einweihungstermin wurde letztlich auf den 2. Juni festgelegt, dem Jahrestag der Neugründung der Republik Italien, die zum 1.1.1948 in Kraft trat und die in dem Referendum vom 2. und 3. Juni 1946 ihre gesetzgeberische Grundlage gefunden hatte. Eine Delegation der AnStifter war bereits am 29. Mai in das toskanische Bergdorf gereist, denn am Morgen darauf fand dort eine Tagung statt, die gemeinsam von der Gemeinde Stazzema, der Nationalen Partisanenvereinigung Italiens (ANPI), dem Nationalen Friedenspark Sant Anna di Stazzema und dem Historischen Institut des Widerstandes und der Gegenwart in der Provinz Lucca verantwortet wurde. Es ging um die unzureichende Aufarbeitung der faschistischen Verbrechen während des 2. Weltkriegs in den von Italien besetzten Gebieten unter der Überschrift: „Die Bestrafung der faschistischen Verbrechen in den besetzten Gebieten – zwischen Verschweigen und Vergessen“. mehr…

Der NSU U-Ausschuss vom 8. Juni – eine Zusammenfassung

hörenswertes 16 minütigen Interview mit dem Korrespondenten von Radio Dreyeckland zum 20. Sitzungstag des NSU Untersuchungsausschusses am 8. Juni

Thema waren die Ku-Klux-Klan-Zugehörigkeiten von Polizeibeamten

Beobachtungen, Einschätzungen und Kritik in dem  komplexen,  aber auch sehr anschaulichen Interview .

Mahnwache in Stuttgart gegen Hamburger Entscheidung

2015-06-12 Mahnwache alle ausschnitt

Am Freitag, 12. Juni 2015, fand in Stuttgart auf dem Schillerplatz (vor dem Justizministerium) die 19. Mahnwache “Gerechtigkeit für Sant’Anna” statt.

Wir protestierten gegen die Entscheidung der Hamburger Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen den letzten mutmaßlichen Täter von Sant’Anna, Gerhard Sommer, einzustellen.

Warum in Stuttgart?

Die Gefahr, dass ein Strafverfahren zu diesem Massaker vor einem deutschen Gericht niemals stattfinden wird, hat sich auf dramatische Weise zugespitzt. Die Begründung der Hamburger Staatsanwaltschaft, der Beschuldigte sei aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig, lässt erwarten, dass die „biologische Lösung“ zum Tragen kommt: Die Ermittlungen werden solange hinausgeschoben, bis keiner der Täter mehr am Leben ist.

Das Fundament der „biologischen Lösung“ wurde in Stuttgart gelegt:  die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen jahrelang verschleppt, sie geradezu nachlässig und schlampig geführt (verantwortlich OStA Häußler), die Generalstaatsanwaltschaft hat ihre Pflichten der Dienstaufsicht vernachlässigt, die jeweiligen Justizminister (zuletzt: Stickelberger) haben ihr Weisungsrecht nicht ausgeübt.

Wir erinnern mit unserem Protest an die Verantwortung der Stuttgarter Justiz !

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2. Juni 2015
Einweihung der Cappellina in Sant’Anna

cappellina inaugurazione

Am 2. Juni 2015 fand die Einweihung der restaurierten Cappellina auf der Piazza Pardini statt, nachdem sie im März wegen des Unwetters abgesagt worden war.

Anschließend gab es im Museum einen Festakt, auf dem unter anderem der baden-württembergische Kultusminister Stoch den Beitrag der Landesregierung zur Neugestaltung des Kirchplatzes in Höhe von 30 000 Euro symbolisch überreichte.

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Spenden in Sant’Anna übergeben

2015-06-02 SantAnna_03

Die AnStifter-Intiative Sant’Anna und der AnStifter-Verein hatten nach dem verheerenden Unwetter vom März dieses Jahres zu Spenden für die Beseitigung der entstandenen Schäden aufgerufen. Viele Menschen in Stuttgart und darüberhinaus sind dem Aufruf gefolgt und haben ihre – ob groß oder klein – wichtigen Beiträge geleistet.

Dazuhin gab es die beiden Benefizveranstaltungen, die des Schellbergtrios und die der Konstanzer Musikschule (u.a.). So kam schließlich der stolze Betrag von 7409,08 Euro zusammen.

Dieser konnte am 30. Mai 2015 an den Opferverband in Sant’Anna überreicht werden. mehr…

Staatsanwaltschaft Hamburg stellt Ermittlungen ein

„Wir, die Überlebenden, verraten von Deutschland“
So titelte am 29.5.2015 die italienische Zeitung Il Tirenno.

Unsere Besuchergruppe, die sich anlässlich der Einweihung der Cappellina am 2. Juni in Sant’Anna aufhielt, konnte hören und spüren, wie entsetzt, verletzt und enttäuscht die Überlebenden Enrico Pieri, Enio Mancini, Adele Pardini und viele andere über die Verfahrenseinstellung gegen Gerhard Sommer sind.   mehr…

Twitter-Protokoll der 20. Sitzung des NSU UA am 8. Juni 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg von ‏@nsuwatch_bw, @spaghettitarzan, @fraufoo und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Ku-Klux-Klan
Tagesordung vom 8. Juni 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

Zeugenliste
1. Michael K. – KHK, LKA BW, Leiter EG Umfeld
2. Steffen B. – Mitbegründer des EWK KKK in BW
3. Jörg W. – PHM, war Mitglied im Ku-Klux-Klan
4. Jörg B. – KOK, Bruder von Steffen B.
5. Kathrin F. – PHM’in, damals Ehefrau von Matthias F.
6. Matthias F. – POK, Ku-Klux-Klan-Anwerbeversuch


am Montag Morgen bei Regen nach Stuttgart fahren, um Polizisten,  die beim Ku-Klux-Klan waren zu lauschen. kannstedirnichtausdenken – @fraufoo

Wir twittern aus dem NSU-UA in BaWü. Es geht heute um den KuKluxKlan, wir haben eine Übersicht zusammengestellt:  – @nsuwatch_bw

für Live Tweets aus dem  heute lest @nsuwatch_bw @Spaghettitarzan @FraktionGruenBW und mir oder Liste  – @fraufoo

Der NSU – UA kann beginnen. Wir sind bereit. – @Spaghettitarzan

ca 20 Presseleute, ca 20 Besucher*innen. Überraschend wenig bei dem Thema. – @fraufoo

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Frieden auf dem Kirchentag

Nun war es dann doch präsent, das Thema Frieden auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Vorab soll es ja nicht gerade zu den absoluten Top-Themen der Veranstalter gehört haben und so ist der Frieden auch nicht allzu oft zu finden gewesen, im offiziellen Kirchentags-Programm. Margot Käßmann, ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, und Konstantin Wecker hätten zum Beispiel gerne das Buch „Entrüstet Euch – für ein Menschenrecht auf Frieden“ vorgestellt. Den Veranstaltern war das „politisch zu einseitig“. Ein bisschen befremdlich wirkt es schon, wenn ein Schaulaufen von Spitzenpolitikern auf der einen Seite ein zentrales Element des Kirchentages ist, pazifistische Veranstaltungen dann aber als zu politisch einseitig abgeschmettert werden.

Das Thema Frieden war also vorab an den Rand des Kirchentages gedrückt worden. Gut, dass das nicht allerorten so hingenommen wurde. Eine bunte Mischung aus verschiedenen friedenspolitisch aktiven Organisationen, aber auch Vertreter der Kirche nahmen sich dem Problem an und sorgten mit einem inoffiziellen Begleitprogramm dafür, dass der Frieden doch noch zur Geltung kam. Auch die AnStifter waren dabei. Auf dem Markt der Möglichkeiten wurden ausgewählte pazifistische Plakate aus unseren Plakat-Wettbewerben der letzten Jahre verbreitet, in der Kirchentagszeitung PROTEST war der Frieden ein zentrales Thema. Als Höhepunkt war am Samstagmittag eine „Menschenkette für den Frieden“ quer durch die Stuttgarter Innenstadt geplant, welche von einem breiten Bündnis vorbereitet wurde. Auf einer 2,5 Kilometer langen Strecken von der Friedenskirche bis zum Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus wurde ein Zeichen gegen die US-Kommandozentralen AFRICOM und EUCOM in Stuttgart gesetzt. Genaueres ist im Aufruf zur Menschenkette zu lesen.

Über 30 Grad waren nicht gerade das ideale Wetter für eine solche Aktion und so war es bis zur letzten Minute spannend, ob die geplante Kette geschlossen werden könnte. Doch sie konnte! Um Punkt 5 vor 12 wurden dann mit ca. 2.000 Menschen doch noch die letzten Lücken geschlossen. Die viele Arbeit, welche die Organisationen Ohne Rüstung Leben, IPPNW, DFG-VK, Gesellschaft Kultur des Friedens und die AnStifter in die Aktion gesteckt hatten, hat sich also gelohnt. Das Bündnis wurde mit seinem Aufruf von zahlreichen Organisationen und Personen unterstützt, welche am Ende dieses Beitrages aufgeführt werden.

Besonders erfreulich war letztlich das Medien-Echo der vergangenen Tage. Zusammen mit zahlreichen weiteren Friedens-Aktionen am vergangenen Samstag sorgte die Menschenkette dafür, dass der Frieden nun doch im Mittelpunkt stand, wenn es um den Kirchentag ging. Die Tagesschau/Tagesthemen und die SWR-Landesschau berichteten von der Menschenkette, ebenso wie zahlreiche regionale und überregionale Zeitungen (Spiegel, Stuttgarter Zeitung etc.). Das ZDF sendete vergangene Nacht eine halbstündige Dokumentation als Resümee zum Kirchentag unter dem Titel „Was heißt hier klug?“. Auch hier spielt der Frieden eine wichtige Rolle (ab 11:30 min). Schön, dass mit Pfarrer Alfred Buß auch ein Vertreter der Kirche bei seinem „Wort zum Sonntag“ Pazifismus sowie Menschenkette aufgriff und würdigte.

Das Thema Frieden war also doch sehr präsent, dank des Zentrums Frieden an der Friedenskirche, zahlreichen einschlägigen Ständen auf dem Markt der Möglichkeiten, Veranstaltungen wie der Lesung von Margot Käßmann und Konstantin Wecker oder eben der Menschenkette. Vielleicht sind die Veranstalter des Kirchentages, ganz getreu des eigenen Mottos, auf diese Weise auch ein bisschen klüger geworden und messen dem Frieden bei der Planung des nächsten Kirchentages mehr Bedeutung bei.

Die Unterstützer:
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Allmende Stetten, Arbeitsstelle Frieden Karlsruhe, Attac Regionalgruppe Schorndorf, Bund für Soziale Verteidigung (BSV), Deutscher Freidenker-Verband, DFG-VK, DIDF Stuttgart, Die AnStifter, Die Linke Stuttgart KV, Evangelische Arbeitsgemeinschaft Frieden und Kriegsdienstverweigerer – EAK-Württemberg, Friedensnetz Baden-Württemberg, Gesellschaft Kultur des Friedens, ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e.V. , Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V., Interreligiöse Gemeinschaft für Frieden (IGF) Stuttgart, Jusos Stuttgart, linksjugend [’solid] BG Stuttgart , Netzwerk Friedenssteuer e.V., pax christi Rottenburg-Stuttgart , pax christi – Basisgruppe Stuttgart, pax christi – Deutsche Sektion e.V, Pfarramt für Friedensarbeit der Evangelisch Württembergischen Landeskirche, SPD Stuttgart, VVN-BdA Baden-Württemberg, Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung“ – Stuttgart, Ökumenische Aktion Ohne Rüstung Leben, Dr. Hildegard Zürn-Müller, Erich Schneider (Mössingen), Ernst-Ludwig Vatter, Gabriele Jaeger, Gisa Luu (Frankfurt), Ingrid und Dr. Johannes Bohsung, Irmgard Deifel, Jürgen Michels Sielmingen, Michael Sommer, Meinersen, Mirijam Mahler, Stefan Brües (Wiesloch)

Foto: Simon Bödeckerkette-large-66 kette-large-83 kette-large-50 kette-large-39 kette-large-53 kette-large-25 kette-large-27

Fotos: Simon Bödecker/Ohne Rüstung Leben

Wettern
O Gott

Oh Gott – Peter Grohmanns "Wettern" vom 3.6.2015

Der liebe Gott macht viel mit, wenn der Tag lang ist, auch mit seiner Kirche. Was hat er gewettert und gemahnt und Geduld gezeigt – nix zu machen. Die Kirche hat ihn nicht gehört. Heut auf den Tag genau vor 920 Jahren, am 3. Juni 1005, zogen die Christen von Konstantinopel nach Jerusalem und zeigten den Moslems, wo der Bartel den Moscht holt. mehr…

Keine Straffreiheit für V-Personen!

Am Montag wird im Innenausschuss des Bundestags über den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes“ (18/4654). Mehr Informationen über die Expertenbefragung zum Verfassungsschutz gibt es auf der Homepage des Bundestags. Die öffentliche Anhörung ist ab 14 Uhr und wird im Internet live übertragen.

Die Humanistische Union hat schon seit längerem die Kampagne „ausgeschnüffelt“ zur Abschaffung des Verfassungsschutzes am Laufen. Auf der Unterschriftenliste ist noch Luft nach oben!
Am Montag sollen parallel zur Beratung im Innenausschuss verschiedene Aktionen stattfinden, bei der die SPD-Abgeordneten angeschrieben werden. Nach dem Motto: „Körperverletzung im Namen des Staates? Stoppen Sie Straffreiheit für V-Leute!
Link zur Twitter-Aktion
Link zur Email-Aktion

Wer sich nicht nur auf die SPD-Abgeordneten konzentrieren möchte, hier sind die Email-Adressen aller Abgeordneten des Innenausschusses:

Vorsitzender:
Wolfgang Bosbach, CDU/CSU
Stellv. Vorsitzender:
Frank Tempel, Die Linke
CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
Günter Baumann,
André Berghegger,
Clemens Binninger,
Helmut Brandt,
Michael Frieser,
Jörg Hellmuth,
Andrea Lindholz,
Stephan Mayer,
Tim Ostermann,
Anita Schäfer,
Armin Schuster (Obmann),
Erika Steinbach,
Oswin Veith,
Nina Warken,
Marian Wendt,
Barbara Woltmann,
Heinrich Zertik,
SPD-Fraktion:
Lars Castellucci,
Gabriele Fograscher,
Uli Grötsch,
Wolfgang Gunkel,
Christina Kampmann,
Burkhard Lischka (Obmann),
Susanne Mittag,
Mahmut Özdemir,
Gerold Reichenbach,
Matthias Schmidt,
Rüdiger Veit
Linksfraktion:
Ulla Jelpke (Obfrau),
Jan Korte,
Martina Renner
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
Luise Amtsberg,
Volker Beck,
Irene Mihalic (Obfrau),
Konstantin von Notz
wolfgang.bosbach.wk@bundestag.de
frank.tempel@bundestag.de

guenter.baumann@bundestag.de
andre.berghegger@bundestag.de
clemens.binninger@bundestag.de
helmut.brandt@bundestag.de
michael.frieser@bundestag.de
joerg.hellmuth@bundestag.de
andrea.lindholz@bundestag.de
stephan.mayer@bundestag.de
tim.ostermann@bundestag.de
anita.schaefer@bundestag.de
armin.schuster@bundestag.de
erika.steinbach@bundestag.de
oswin.veith@bundestag.de
nina.warken@bundestag.de
marian.wendt@bundestag.de
barbara.woltmann@bundestag.de
heinrich.zertik@bundestag.de

lars.castellucci@bundestag.de
gabriele.fograscher@bundestag.de
uli.groetsch@bundestag.de
wolfgang.gunkel@bundestag.de
burkhard.lischka@bundestag.de
susanne.mittag@bundestag.de
mahmut.oezdemir@bundestag.de
gerold.reichenbach@bundestag.de
matthias.schmidt@bundestag.de
ruediger.veit@bundestag.de

ulla.jelpke@bundestag.de
jan.korte@bundestag.de
martina.renner@bundestag.de

luise.amtsberg@bundestag.de
volker.beck@bundestag.de
irene.mihalic@bundestag.de
konstantin.notz@bundestag.de

Einfach die rechte Spalte kopieren und ins Emailadressfeld einfügen!
Man sagt, es hilft höflich und sachlich zu bleiben. Vielleicht, vielleicht nicht, wers kann.

Zu guter letzt noch ein Video der HU-Kampagne:

Straffreiheit für V-Leute? Das sagen NSU-Opfer-Anwälte

Schützt der Verfassungsschutz die Demokratie? Abschied von einer Illusion.

„Schützt der Verfassungsschutz die Demokratie? Abschied von einer Illusion“ war der Titel einer Diskussionsrunde, die von der BAG Kirche & Rechtsextremismus, der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, Campact und den AnStiftern organisiert wurde und im Rahmen des Kirchentags in Stuttgart am letzten Freitag stattfand.

Untersuchungsausschüsse über die Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) kamen zu dem Ergebnis, dass eine “aktive Beteiligung” von Behörden am “Aufbau verfassungsfeindlicher Neonazistrukturen naheliegt”. Die Frage war also, ob der Geheimdienst unsere Verfassung wirklich schützt und ob dieser noch zeitgemäß ist. Als Gäste waren Clemens Binninger (MdB, CDU), Dorothea Marx (MdL Thüringen, SPD), Winfried Ridder (ehem. Verfassungsschutz-Mitarbeiter) und Andrea Röpke (Journalistin) anwesend. Obwohl kein Vertreter des Bundesamts für Verfassungsschutzes teilnahm, kam es zu unterschiedlichen Einschätzungen und kontroversen Diskussionen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Martina Weyrauch (Leiterin der LpB Brandenburg) und Fritz Mielert (Geschäftsführer der Anstifter).

Clemens Binninger wies daraufhin, dass im NSU-Skandal nicht nur der Verfassungsschutz zu kritisieren sei, mehr…

Flüchtlinge oder Geflüchtete?
Die neuen Nachbarn stellen sich vor

Aus einer privaten Initiative wurde eine gelungene Veranstaltung für, mit und vor allem von Geflüchteten. „You, me and our neighbors“ auf der Kulturinsel in Bad Cannstatt war ein Beitrag für gute Nachbarschaft in ungezwungener Atmosphäre. Auf der Bühne sprachen sie über ihre Erfahrungen und Wünsche, forderten nicht nur materielle staatliche Unterstützung, sondern auch ein Recht auf Arbeit und Bildung, damit sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Aber nicht nur das: viele Flüchtlinge forderten andere Flüchtlinge auf, deutsch zu lernen; motivierten sie, auf Einheimische zuzugehen und von ihren Problemen zu erzählen.
Das Problem des Arbeitsverbot für Geflüchtete greifen auch zwei Regisseure in ihrem Konzept für die Fernsehserie „Dr. Illegal“ auf (siehe auch StZ-Artikel). Zuerst wurde der Trailer gezeigt, einige Hintergrundinfos gegeben und später am Abend der Pilot-Film gezeigt. Genauso wie diese Geschichte Flüchtlinge nicht als Opfer darstellen soll, war auch die gestrige Veranstaltung vom emanzipatorischen Ansatz geprägt. Auf der Bühne waren eben keine Menschen, die über Geflüchtete reden, wie es sonst bei öffentlich-politischen Debatten zu diesem Thema ist. Besonders kontrovers wurde dann auch die These von der „inneren Zerrissenheit Eritreas“ und den aktuellen Fluchtursachen diskutiert. Schließlich sprach noch Rex Osa, von der Flüchtlingsselbsthilfeorganisation „Refugees for Refugees“. Die Veranstalter kündigten bereits an, weitere Veranstaltungen dieser Art durchführen zu wollen.

Unser PROTEST geht weiter

DEKT-PROTEST-2015Freitag kam sie aus dem Druck, seit heute wird sie Stuttgart-weit verteilt: Die PROTEST, die etwas andere Kirchentagszeitung.

Aus dem Editorial:

Hören wir weg, wenn Papst Franziskus sagt: Kapitalismus ist unerträglich? Ignorieren wir‘s, amüsieren wir uns oder sagen wir‘s auf schwäbisch: Es wird viel geschwätzt, wenn der Tag lang ist?

Geschwätzt und geschrieben, sag‘ ich Ihnen, gerufen, gemahnt, in Hinterzimmern, laut, aber unerhört auf der Straße. PROTEST, die andere Kirchentagszeitung, mit einem Rundumschlag der Klügeren? Im PROTEST versammeln sich nicht jene, die schon klüger sind, klüger als die anderen, sondern alle, die klüger werden wollen: Herausgebende und Unterstützende, ein Kessel Buntes mit Zutaten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Einig sind wir uns vor allem darin, dass es im Lande zu wenig PROTEST gibt, dass der Ruf „Empört Euch!“ weit stärker und lauter werden muss.

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Immer nur Kirche

Liebe Leut,

in Abwesenheit wurden die SS-Schergen, die in Sant’Anna di Stazzema gemeuchelt haben, in Italien schon vor Jahren zu hohen Strafen verurteilt, doch unser gelobtes Land verweigerte deren Auslieferung. Als endlich auch in Stuttgart ermittelt wurde, tat man dies nicht wirklich mit dem Ziel, zu Prozessen zu kommen. Nun hat die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft, die mittlerweile zuständig ist, das Verfahren gegen den letzten überlebenden Täter wegen Demenz eingestellt. In wie weit nun die Rechtsanwältin Gabriele Heinicke, die Enrico Pieri in dem Verfahren vertritt, gegen die Einstellung juristisch aktiv werden wird, ist noch nicht sicher.

Sicher ist aber, dass es unsere Pflicht ist, unsere einmal angestifteten Beziehungen zu den Überlebenden und Hinterbliebenen des Massakers weiter mit Leben zu füllen. Am heutigen Freitag fährt eine kleine Delegation der AnStifter nach Sant’Anna, um dort an einer Tagung zu faschistischen Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges teilzunehmen – und Ihre Spenden für den Wiederaufbau der Gedenkstätte zu überbringen. 7.409,08 Euro kamen zusammen und werden dem Opferverband dabei helfen, einige der Schäden zu beheben, die ein Orkan Anfang März anrichtete. Danke für Ihr Engagement! Am kommenden Montag Anfang kommender Woche wird der baden-württembergische Kultusminister Stoch weitere 30.000 Euro des Landes für die Gestaltung des zentralen Platzes der Gedenkstätte übergeben und es findet die Eröffnung einer durch Vermittlung der AnStifter restaurierten Kapelle statt.

Kapelle, Kirche, Kirchentag. Ja, der ist nächste Woche. Und die AnStifter sind mittendrin: Wir haben die alternative Kirchentagszeitung PROTEST produziert, die ab Montag in Stuttgart verteilt wird, verschiedenste Themen kritisch beleuchtet und ein wiederum alternatives Programm enthält (Leider ist sie noch nicht finanziert – falls Sie helfen können: DE31 4306 0967 7000 5827 01, Stichwort PROTEST). Viele der Veranstaltungen werden vom Zentrum Frieden koordiniert, das, da der Kirchentag lange Zeit Krieg und Frieden völlig ignorierte, eine wichtige Lücke gefüllt hat.

Teil dieses Programms sind auch die zwei Kilometer lange Menschenkette gegen AFRICOM und EUCOM am Samstag, den 6. Juni ab 11 Uhr (AnStifterinnen treffen sich ebenso am Planetarium wie AnStifter, http://friedenskette2015.de) und die anschließenden Friedensaktionen der Gesellschaft Kultur des Friedens mit Margot Käßmann und Konstantin Wecker vor dem AFRICOM (17 Uhr) bzw. in Martinskirche (20 Uhr) in Stuttgart Möhringen.

Ach, und im offiziellen Teil des Kirchentags sind wir auch vertreten: Auf dem Markt der Möglichkeiten auf dem Cannstatter Wasen finden Sie uns in Halle 8, Stand E16 und am Freitag, den 5.6. ab 11 Uhr bei der Podiumsdiskussion “Schützt der Verfassungsschutz die Demokratie? Abschied von einer Illusion” im Straßenbahndepot Bad Cannstatt.

Herzliche Grüße

Fritz Mielert & Peter Grohmann

PS: Ihnen ist das alles zu kirchenlastig? Unser Praktikant Moritz Sack hat einen kurzen Bericht über “Die (un)heimliche Macht der Kirchen” von Prof. Uwe Lehnert verfasst. https://www.die-anstifter.de/?p=23181
PPS: Peter Grohmann wetterte über Restmüll und Hegel

Uwe Lehnert
Die (un)heimliche Macht der Kirchen

Am 21. Mai hielt Prof. Uwe Lehnert im Humanistischen Zentrum Stuttgart einen Vortrag mit dem Titel „Die (un)heimliche Macht der Kirchen – Über den unverändert hohen Einfluss der Kirchen in Deutschland“. Der Vortrag war Teil der Aufklärungswoche „Damit wir klüger werden“, welche von den Humanisten Baden-Württemberg, der Giordano-Bruno-Stiftung Stuttgart und den AnStiftern veranstaltet wurde. Der emeritierte Professor für Bildungsinformatik und -information wollte mit seinem Vortrag den Blick auf das Verhältnis von Staat und Kirche schärfen und konkrete Beispiele für die enge Verflechtung liefern. Damit füllte er eine große Lücke, denn zum Thema gibt es praktisch keine Veröffentlichungen. Gerade deswegen wollen wir denjenigen, die Lehnerts Vortrag leider verpasst haben, an dieser Stelle einen kleine Auswahl an von ihm angeführten Beispielen für die Macht der Kirchen bieten. Unser Überblick beschränkt sich auf einige besonders prägnanten Fälle, eine allumfassende Darstellung von Lehnerts Vortrag würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

Lehnert lieferte tatsächlich zahlreiche interessante Informationen, die in der breiten Bevölkerung nicht bekannt sein dürften, beispielsweise über den Bildungsbereich. 1.660 Studenten ließen sich demnach aktuell an staatlichen Universitäten zu evangelischen oder katholischen Pfarrern ausbilden. Die Kosten für die zuständigen 720 Professoren und 940 wissenschaftliche Mitarbeiter (also einer 1-zu-1 Betreuung für Theologie-Studenten) trage die Staatskasse. Besonders irritierend scheint auch die Macht, welche die Kirche teilweise in geisteswissenschaftlichen Fächern abseits der Theologie ausübe. An manchen staatlichen Universitäten habe die katholische Kirche ein Vetorecht bei der Vergabe von Lehrstühlen für Fächer wie Pädagogik, Philosophie, Politik, Sozialwissenschaften oder Geschichte. Diese Praxis sei, so Lehnert, sicher nicht mit der Freiheit der Wissenschaft vereinbar. Tief in die Tasche greife der Staat auch für Religionslehrer, 1,7 Millionen Milliarden Euro sollen diese im Jahr kosten. Ein alternatives Fach zum Religionsunterricht, in welchem eine humanistische Weltanschauung vermittelt werde, gäbe es nur in den Ländern Berlin und Brandenburg. In anderen Bundesländern soll es diesbezüglich Anträge gegeben haben, welche aber abgelehnt wurden. Apropos Alternativlosigkeit: Teil der Polizei-Ausbildung in Deutschland sei der sogenannte „berufsethische Unterricht“. Dieser würde ausnahmslos von Pfarrern erteilt.

Lehnert präsentierte zahlreiche weitere Beispiele im Bereich Finanzen. Der Staat bezahle die Gehälter von christlichen Bischöfen, Priestern und Vikaren. Ein Bischofsgehalt liege in der Regel zwischen 8.000-14.000 Euro im Monat. Hinzu kämen zahlreiche Nebenkosten für Wohnung, Auto oder Chauffeur, welche ebenfalls übernommen würden. Insgesamt koste das die Staatskasse ca. 480 Millionen Euro im Jahr. Diese Zahlungen haben in Deutschland Tradition seit dem Jahr 1803. Damals wurden geistliche Fürstentümer aufgelöst, um die Gebiete an weltliche Fürsten zu übertragen, welche Land an Napoléon Bonaparte abtreten hatten müssen. Um die damaligen Bischöfe zu entschädigen, übernahm der Staat deren Unterhalt. Laut Lehnert war die Fortführung der Zahlungen über mehrere Jahrhunderte eigentlich nicht vorgesehen. Das Grundgesetz sähe vor, dass dies irgendwann ein Ende haben solle, ein Zeitpunkt sei aber nicht festgelegt und bisher auch nicht absehbar.

In Hinblick auf den bevorstehenden Stuttgarter Kirchentag ist es natürlich auch besonders interessant, hier die Finanzierungsfrage zu stellen. Wie zu erwarten, sei es laut Herr Lehnert auch hier üblich, dass der Staat in hohem Maße zuschießt. Der ökumenische Kirchentag in München im Jahr 2010 soll insgesamt 26 Millionen Euro gekostet haben. Die evangelische und die katholische Kirche übernahmen demnach großzügig je 2,5 Millionen Euro. Den Rest hätten Stadt, Land und Bund gezahlt. Für den Humanistentag 2013 in Hamburg seien dagegen lediglich 70.000 Euro städtischer Zuschuss beantragt worden, ohne Erfolg.

Die finanzielle Begünstigung der Kirchen habe an diesem Punkt noch lang kein Ende. Erhebliche Summen kämen beispielsweise auch durch die Befreiung von Steuern und Gebühren zusammen. Kirchen seien unter anderem von der Körperschaftssteuer, der Erbschaftssteuer, der Grundsteuer oder der Kapitalertragssteuer befreit. Die katholische Kirche mache, so Lehnert, erhebliche Umsätze mit Finanzgeschäften und müsse dabei keinen Cent Steuern zahlen. Hinzu kämen die Gebührenbefreiung vor Gericht und bei Notaren. Finanzämter und Rechnungshöfe hätten zudem ohnehin keine Prüfberechtigung bei Kirchen. Dem entgegen zu wirken sei nicht einfach: Das Reichskonkordat, welches die nationalsozialistische Regierung im Jahr 1933 mit dem heiligen Stuhl schloss und bis heute gültig seu, sähe vor, dass Staatsleistungen an die Kirche nur „im freundschaftlichen Einvernehmen“ abgeschafft werden können. Die Kirche müsste also selber zustimmen, damit der Geldfluss eingedämmt werden könne.

Interessant ist zudem, dass konfessionelle Sozialeinrichtungen überdies nicht mal anteilig von den Kirchen finanziert werden sollen. Die Kosten für Krankenhäuser, Pflegeheime und Sozialstationen, welche von der Kirche geführt würden und der christlichen Verkündigung dienten, würden in der Regel zu 100 % aus staatlichen Mitteln und denen der Sozialkassen finanziert. In den meisten Fällen würden in solchen Einrichtungen nur Konfessionsangehörige angestellt. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise, habe die Kirche mittlerweile ein Monopol bei den Krankenhäusern. Mediziner müssten dort also zwangsweise der Kirche angehören, um in einem Krankenhaus arbeiten zu können. Besonders pikant: Grund und Gebäude für Sozialeinrichtungen würden vom Staat bezahlt, gingen anschließend aber in den Besitz der Kirche über. Diese könne auf diese Weise also ihr Reichtum weiter steigern.

Auch in der Rechtsprechung gibt es laut Lehnert Unverhältnismäßigkeiten. So stünde für kirchlichen Einrichtungen das kirchliche über dem staatlichen Arbeitsrecht. Dies bedeute für die Arbeitnehmer beispielsweise: kein Streikrecht, kein Betriebsrat oder Kündigung bei Glaubensverstößen. Gegen das Antidiskriminierungsverbot verstoße es zweifelsohne, wenn die Kirche in ihren Einrichtungen lediglich Konfessionsangehörige einstelle. Im Jahr 2011 erklärte das Bundesarbeitsgericht die Kündigung eines Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus wegen dessen Wiederverheiratung für ungültig. Das Bundesverfassungsgericht kippte im Anschluss diesen Beschluss und stärkte das „Selbstbestimmungsrecht“ der Kirchen, obwohl dieses nicht eindeutig im Grundgesetz verlangt würde. Da wirke es schon ein wenig merkwürdig, dass sich die RichterInnen des Gerichtes im Jahr 2011 zu einer Audienz mit dem Papst getroffen haben sollen.

Einen weiteren Schwerpunkt legte Lehnert an anderer Stelle. Tief verflochten sei die Kirche auch mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Das würde bei folgender Zahl schnell klar: das SWR soll allein im September 2013 165 kirchliche Sendungen gesendet haben. Bei weltanschaulichen Fragen habe die Kirche in den öffentlich-rechtlichen Medien einen alleinigen Vertretungsanspruch. In den Rundfunk- und Fernsehräten säßen bisher lediglich Vertreter der christlichen und jüdischen Kirche. Muslimische Vertreter sollen mit Rücksicht auf die Veränderungen in der Bevölkerung nun auch aufgenommen werden. Anträge von humanistischen Gemeinschaften auf eine Beteiligung würden dagegen trotz 37 % konfessionslosen Bürgern in Deutschland stets abgelehnt werden. Allein der ZDF-Fernsehgottesdienst koste 5 Millionen Euro im Jahr. Die Kosten würden ausschließlich vom Sender, also von den Gebührenzahlern getragen. Konfessionell gebundene Produktionsgesellschaften produzieren laut Lehnert beispielsweise Dokumentationen und Tatorte. Die Programmdirektoren des ZDFs berieten die Deutsche Bischofskonferenz.

Lehnert zog hieraus letztlich den Schluss, dass Deutschland ein Kirchenstaat sei. Bei jährlich etwa 100 Milliarden Euro*, die beiden Kirchen insgesamt zur Verfügung stehen, kirchlicher Rechtsprechung, starker Verflechtung mit den Medien, dem Bildungs- und dem Sozialbereich und zahlreichen Spitzenpolitikern, die zugleich hochrangige Kirchenämter inne haben, ist das ein diskussionswürdiger Standpunkt. Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte 2006 „Die ersten 19 Artikel unseres Grundgesetzes fassen doch im Prinzip die zehn Gebote zusammen“. Diese Aussage ist glücklicherweise dann doch im höchsten Maße fragwürdig.

* „Die 100 Milliarden setzen sich wie folgt zusammen: 20 Mrd. direkte und indirekte Zuschüsse des Staates, 45 Mrd. vom Staat und den Sozialkassen an die konfessionellen Krankenhäuser, Pflegeheime etc., 10 Mrd. Kirchensteuer, 5 Mrd. Zinserträge, grob geschätzte 20 Mrd., die der katholischen Kirche aus ihren weithin unbekannten Quellen zusätzlich zur Verfügung stehen.“ Ergänzung Prof. Lehnert per E-Mail am 29. Mai

Wettern
Hegel

Subversives Nachdenken – Peter Grohmanns "Wettern" vom 27.5.2015

Abendrott, Arendt, Suttner, Luxemburg, Scholl, Merkel, Hegel, Herwegh, Schiller, Nietzsche, Kant, Goethe – soll ich wirklich weitermachen? Das ganze christliche Abendland versammeln, nur damit man mir nachweisen kann, wen ich alles vergessen habe? Unsere Toleranz geht so weit, dass wir sogar eine muslimischen Schützenkönig haben, in Werl. mehr…

Distanzierung von AnStifter-Vortrag
Max Kocher: Effektiver Altruismus

Am Freitag, den 22. Mai 2015 referierte Max Kocher von der Giordano Bruno Stiftung Schweiz auf Einladung der GBS Stuttgart, den Humanisten Baden-Württemberg und den AnStifter über „effektiven Altruismus„.

In seinem wenig fundierten und in Teilen sehr manipulativ aufgebauten Vortrag versuchte Herr Kocher den Anwesenden den sicherlich prinzipiell diskussionswürdigen Ansatz, das eigene finanzielle und zeitliche Engagement möglichst so zu gestalten, dass das beste Ergebnis für die Menschheit herauskommt. In einem Artikel des Humanistischen Pressediensts vom 21. April diesen Jahres sind die Leitfragen und Kernthesen der Theorie recht gut zusammengefasst.

Doch Herr Kocher ging sich in Stuttgart viel weiter als es der hpd-Artikel und z.B. ein Videomitschnitt eines Vortrags von Adriano Mannino es hätten erahnen lassen. Wie Mannino beschrieb auch Kocher Dilemmata beim Helfen, Entwicklungshilfeprogramme, deren Kosten, Wirksamkeit und Bewertung – ohne allerdings die Tiefe und Fundiertheit überhaupt nur zu streifen.

Beispiel:

Mannino: Studien haben ergeben, dass zwischen dem Anteil des Verwaltungsoverheads einer Entwicklungshilfeorganisation und der Effektivität ihrer Arbeit keine Korrelation besteht.

Kocher: Was würden Sie von einer Armee halten, die 90% ihrer Mittel direkt an ihre Soldaten auszahlt und nur 10% für Planung ausgibt? Sie würden ihr nicht trauen. Dementsprechend ist eine Entwicklungshilfeorganisation schlecht, die damit wirbt, dass sie nur 10% Overhead hat.

Die Ausführungen von Kocher waren reiner Populismus mit Tendenzen zur Demagogie – im Gegensatz zur interessanten Information von Mannino.

Während Mannino anschließend über die Beeinflussung der Politik und die dadurch im Vergleich zur bloßen Änderung des eigenen Verhaltens größere Wirksamkeit sprach (klassische Lobbyarbeit), hob Kocher auf ein Modell ab, das verschiedene Beeinflussungsarten in ihrer Wirkweise kaskadierend gestaffelt bewertet.

Kurz gefasst stünde an oberster Stelle der Beeinflusser, der mehrere Geldgeber dazu bringen könne, wiederum mehrere praktische Helfer zu finanzieren. Hieraus leitete er Berufsempfehlungen ab.

Besonders krass stieß mir an diesem Modell auf, dass Kocher jegliche moralische Verantwortung für die Herkunft des Geldes der Geldgeber ablehnte. So sei es unterm Strich positiv, wenn ein Rüstungsmanager mit seinen Spenden mehr Menschenleben retten würde als durch seine berufliche Tätigkeit sterben würden, da sein Job sowieso gemacht würde – egal ob von ihm oder einer anderen Person.

Anders als Mannino verließ Kocher schnell das Gebiet des effektiven Altruismus und sprach im Rahmen mehrerer Folien über seine Hoffnung auf unendliches, exponentielles Wachstum – insbesondre von Rechenleistung. Damit einher ging seine Hoffnung, dass durch künstliche Intelligenz die Probleme zu lösen seien, die der Mensch zur Zeit nicht gelöst bekommt.

Weitere Hoffnung setzte Kocher auf Kernfusion, Gentechnik & co.. Risiken oder gar ein Ende des Wachstums blendete er konsequent aus.

Die Krone setzte Kocher seinen abstrusen Theorien im Laufe der anschließenden Diskussion mit seiner These auf, dass Altruismus erblich bedingt sei und dass durch gezielte Genmanipulation die Menschheit zu mehr Altruismus zu bringen sei. Hiermit betrat er den Bereich der Eugenik und verließ den wissenschaftlich gesicherten Raum endgültig.

Ein fundierter Vortrag zu effektivem Altruismus wäre sicherlich spannend gewesen. Das, was Kocher präsentierte, hätte aber nie unter Beteiligung der AnStifter stattfinden dürfen. Ich bitte inständig um Entschuldigung.