Rechtsruck

Überall Rechtsruck: Rechtsruck in Frankreich, Rechtsruck in Polen, Rechtsruck in Venezuela, Rechtsrecht in der Türkei, Rechtsruck in Ungarn, Rechtsruck in Ravensbrück. Zittau bleibt in deutscher Hand – der schönster Weihnachtsmarkt Europa ist nämlich nicht in Stuttgart, wie das Amt für öffentliche Ordnung behauptet, sondern in Zittau – sagt meine Omi Glimbzsch.

Beim Rechtsruck muss man aufpassen, dass man nicht auf den Arsch fällt. Rechtsruck her, Demokratie hin, wie der Volksmund sagt. Zugegeben, Demokratie für alle wär‘ nicht schlecht. Partizipation, Teilhabe, das Einlösen der Versprechen aus der Charta der Menschenrechte. Der Habenichts hat sonst noch weniger mit der Demokratie am Hut als jetzt. Das können Sie mir glauben!

Für die Leichtgläubigen gab’s neulich – gut getarnt als kostenfreie Beilage der hiesigen „Lügenpresse“, den 16seitigen Prospekt des deutlich rechts des Neckars liegenden Kopp-Verlags. Schon Jahre vor Pegida waren die Rotten aus Rottenburg auf der Überholspur, gewissermaßen die gewissenlosen Wegbereiter von Angst, Pegida und Rechtsrückerei. Eben postet Kopp an die wachsende Schar der Jünger, dass es „ohne die nahöstlichen und nordafrikanischen Migranten“ „diesen Terror im Herzen Europas nicht“ gäbe.

Vom Terror zwischen 33/45 mal abgesehen, nicht wahr?

Mit solchen Stinkstiefel-Beilagen machen sich die (Stuttgarter) Zeitungen einmal mehr zu Erntehelfern der rechten Sippen – sie öffnen ihrer Leserschaft den esoterischen Quell der Desinformation und drücken der Propaganda das Gütesiegel der Seriosität auf. Geld stinkt nicht.

Wenn’s um den eigenen Arsch geht, werden wir unruhig, und wenn die Nachbarn der Marie Le Pen den Vorzug vor Marianne geben, reicht nicht mehr, die Marseillaise vor sich hinzu trällern – das ist zu wenig.

Stuttgarter Friedenspreis: Rede von Rosa Maria Maggiore
Il premio della pace a Stoccarda: Manifesto di Rosa Maria Maggiore, Lampedusa

Stuttgart, 6. Dezember 2015

Rede von Rosa Maria Maggiore, genannt „Mamma Rosa“
Vorgetragen auf der Pressekonferenz vor der FriedensGala der AnStifter

Die Insel, auf der ich lebe, hat mich einige Dinge gelehrt, die ich mit euch teilen möchte.

1. Seit nunmehr 20 Jahren ist die Insel ein sicherer Landeplatz für diejenigen, die Europa erreichen wollen. Hunderttausende sind auf dieser Insel angekommen. Und das Zusammenleben mit den Einheimischen hat nie Probleme bereitet, solange den Migranten Rechte und Würde garantiert wurden. Erst als entschieden wurde, sie einzuschließen, sie als Verbrecher zu behandeln, gab es gewalttätige Ereignisse. Aber ausschließlich gegen Sachen, nie gegen Personen. So wurde in den Jahren 2009 und 2011 das Willkommenszentrum angezündet, das aufgrund absurder politischer Entscheidungen in einen Knast verwandelt worden war. Lampedusa hat mich also gelehrt, dass die Pforten der Gewalt sich öffnen, wenn den Menschen Rechte und Würde verweigert wird.

2. Die zweite Sache, die ich gelernt habe ist, dass die Schiffe, mit denen die Migranten in See stechen, letzten Endes alle dazu bestimmt sind, unterzugehen. Kein Wasserfahrzeug, das zu diesem Zweck konstruiert wurde, dann aber mit so vielen Menschen beladen ist, in Anbetracht dieses gefährlichen und langen Meeresabschnittes, war je dazu gedacht, am Bestimmungsort anzukommen. Alle Personen, die sich einschiffen, sind „natürlicherweise“ dazu verdammt unterzugehen. Es sind die Männer der Finanzpolizei, der Küstenwache, der Marine, die Besatzungen der Schiffe, die seit Jahren auf dem Meer sind, um die Migranten zu retten, die Matrosen auf den Handelsschiffen und den Fischerbooten, die Fischer von Lampedusa und Mazara und so weiter, die jedesmal ein „Wunder“ vollbringen, wenn sie Menschen retten. Das ist eine Wahrheit, die jeder kennt, der auf Lampedusa lebt, aber die niemand – weder Politiker noch Journalisten – der Öffentlichkeit mitteilt.

3. Eine andere Sache, die Lampedusa allen lehrt, die es begreifen wollen: es sind unsere Gesetze, die diese Menschen ins Meer werfen. Es ist nicht das Meer, es sind nicht die Stürme, es ist nicht das Pech. Noch sind es die Schleuser, die diese Menschen umbringen. Es sind wir, mit unseren Gesetzen, die wir die Menschenhändler „bewaffnen“. (Jene, die an Land bleiben, um ihr Geld zu zählen und das Geschäft zu organisieren). Mit diesen Gesetzen blockieren wir jeden legalen, sicheren und gerechten Zugangsweg.
Seit Jahren verlangen deshalb alle, die auf Lampedusa leben, die sofortige Öffnung von humanitären Zugangswegen, die denjenigen Personen, die Europa erreichen wollen, dies ermöglichen, ohne dass sie ihr Leben riskieren müssen.

4. Eine letzte Sache, die ich gelernt habe, möchte ich mit euch teilen: die Menschen, die auf Lampedusa anlanden, haben uns gewählt, haben den Westen gewählt. Und nicht allein und nie ausschließlich wegen unseres Wirtschaftsmodells oder wegen den Möglichkeiten eines besseren Lebens, die unser Kontinent ihnen eröffnet (zumindest theoretisch). Sie wählen uns, weil sie auf der Suche nach ihren Rechten sind. Das Recht, frei zu leben, der Zugang zu Bildung, seine Ideen äußern zu können, in Frieden zu leben. Der Frieden. In Wirklichkeit kommen sie, um Frieden zu suchen. Diese Personen abzuweisen, sie in ihre Länder zurückzuschicken, ist ein Sieg für die Feinde des Westens. Lampedusa hat mich gelehrt, dass es der Frieden ist, die Liebe und der Respekt, mit denen die Schlacht gegen das Böse gewonnen werden kann. Es ist, wie Erasmus von Rotterdam sagt: Alles, was wir mit Gewalt erreichen, werden wir auf dieselbe Weise wieder verlieren.

*****

Stoccarda, 6 dicembre 2015

Manifesto di Rosa Maria Maggiore, Lampedusa
Presentato alla conferenza stampa, Premio per la Pace degli AnStifter

L’isola in cui vivo mi ha insegnato alcune cose, che vorrei condividere con voi.

1. Sono ormai 25 anni che l’isola è approdo sicuro per chi vuole raggiungere l’Europa. Centinaia di miglaia di persone sono passate da questa isola. E la convivenza con chi vive a Lampedusa non ha mai creato problemi fin quando ai migranti sono stati garantiti diritti e dignità. Solo quando si è deciso di rinchiuderli, di trattarli come delinquenti, sull’isola si sono verificati episodi di violenza. Ma esclusivamente contro le cose, mai contro le persone. E cosi nel 2009 e nel 2011, il centro di accoglienza – che per decisioni assurde venne trasformato in carcere – fu dato alle fiamme.
Ecco cosa mi ha insegnato Lampedusa: che quando si violano i diritti e la dignità delle persone si aprono le porte alla violenza.

2. La seconda cosa che ho imparato è che le barche sulle quali i migranti vengono fatti partire sono TUTTE destinate ad affondare. Nessuna imbarcazione, costruita a quello scopo, carica di persone in quel modo, di fronte a quel tratto di mare, lungo e pericoloso, potrebbe mai arrivare a destinazione. Tutte le persone che si imbarcano sarebbero “naturalmente” destinate a naufragare. Sono gli uomini della Guardia Costiera, della Guardia di Finanza, della Marina Militare, gli equipaggi delle navi che da anni sono in mare per salvare i migranti, i marinai delle navi commerciali e dei pescherecci, i pescatori di Lampedusa, di Mazara e non solo, che ogni volta compiono un “miracolo” salvando le persone.
Questa è una verità che chi vive a Lampedasa conosce, ma che nessuno – politico o giornalista – dice all’opinione pubblica.

3. Un’altra cosa Lampedusa insegna a chiunque voglia capire: sone le nostre leggi che buttano in mare quelle persone. Non è il mare, non sono le tempeste, non è la sfortuna, né gli scafisti a uccidere questo persone. Siamo noi, con le nostre leggi, che “armiamo” i trafficanti di uomini (quelli che restano a terra a contare i soldi ed a organizzare il business) e che chiudiamo qualsiasi via legale di ingresso, sicura e giusta.
Ed è per questo che da anni chi vive a Lampedusa chiede l’immediata apertura di corridoi umanitari che diano la possibilità alle persone che vogliono raggiungere l’Europa di farlo senza rischiare la vita.

4. Infine, un’ultima cosa che ho imparato vorrei condividere con voi stasera: le persone che approdono a Lampedusa hanno scelto noi, hanno scelto l’occidente. E non solo è mai esclusivamente per il nostro modello economico o per le opportunità di benessere che il nostro continente offre (almeno teoricamente). Scelgono noi perché cercano i diritti. Il diritto a vivere liberi, ad accedere all’istruzione, a esprimere le proprie idée, a vivere in pace. La pace. In realtà è proprio la pace che vengono a cercare. E respingere queste persone, rimandandole nei loro paesi, è una vittoria per i nemici dell’occidente.
Lampedusa mi ha insegnato che è con la pace, con l’amore e con il rispetto che si vince la battaglia contro il male e che – come dice Erasmo da Rotterdam: “Ciò che si conquista con la violenza, lo si perde nello stesso modo.”

Twitter-Protokoll der 37. Sitzung des NSU UA am 7. Dezember 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg ‏von @nsuwatch_bw, @mark_kleber und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Kiesewetter
Tagesordnung vom 7.Dezember 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

ZeugInnenliste
1. Christoph Meyer-Manoras – Ermittelnder Staatsanwalt in Heilbronn
2. Nicole K. – PKin, LKA BW, zur Auswertung der Telefonkommunikation von Kiesewetter und Martin A. am Tattag
3. R.S. – KHK, PP Heilbronn, zum Polizeifunk am Tattag
4. Dr. Heinrich A. Wolff – Sachverständiger, Uni Bayreuth, hat für den UA ein Gutachten zu den Sicherheitsstrukturen in Baden-Württemberg erstellt
5. Prof. Dr. K. Möller – Sachverständiger, Hochschule Esslingen, hat für den UA ein Gutachten zu den Strukturen und der Entwicklung des Phänomenbereichs Rechtsextremismus von 1992 bis heute erstellt
6. A. M. – KD, LKA, zur räumlichen und zeitlichen Absperrung am Tatort in Heilbronn. Hintergrund ist das neu aufgetauchte Bild- und Videomaterial vom Tatort, das Anfang November im SWR und in einer ARD-Dokumentation gezeigt wurde.
7. Dr. E. S. – BKA, zu offenen DNA-Spuren an den Tatwaffen des Polizistenmordes, an den entwendeten Dienstwaffen der Opfer, an anderen entwendeten Gegenständen, an der Dienstkleidung und am Fahrzeug


Um 9.30 Uhr beginnt eine weitere Sitzung des NSU-UA im Landtag BaWü. Wir halten euch auf dem Laufenden. – @nsuwatch_bw

Sitzung NSU UA BW beginnt: Wird sich Staatsanwalt Meyer-Manoras wieder zu seinen Entscheidungen im Mordfall Kiesewetter beglückwünschen? – @FraktionGruenBW

Die Sitzung beginnt mit der Befragung des Staatsanwalts Meyer-Manoras aus Heilbronn zur Phantombildveröffentlichung im Mordfall Kiesewetter. – @nsuwatch_bw

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Stuttgarter Friedenspreis
Laudatio von Heidrun Friese für Giusi Nicolini

Stuttgart, 6. Dezember 2015

Laudatio von Heidrun Friese für Giusi Nicolini

Lampedusa isola di accoglienza. Lampedusa isola di frontiera.

In Zivilisationen ohne Schiffe versiegen die Träume, so der Philosoph Michel Foucault.

Doch an Europas Grenzen erstickt man. An seinen Grenzen ertrinkt man, erfriert, verbrennt die Haut, an seinen Grenzen steht das Herz still. An seinen Grenzen werden Menschen zurückgewiesen, festgehalten, eingesperrt, gehen Träume unter.
Lampedusa, winzige Insel vor der Küste Nordafrikas, Europas Peripherie, und einst ein Ort, an dem die Regionen und Religionen des Mittelmeeres sich trafen und austauschten, ist zu einem dieser Grenzorte geworden, an dem Menschen aussortiert werden und der Zufall der Geburt und Staatsangehörigkeit bestimmen, wie Lebensentwürfe sich gestalten dürfen.
Lampedusa ist zu einem der Symbole für Europas verfehlte Asyl- und Einwanderungspolitiken geworden.
Lampedusa, das ist jetzt auch Ort globaler Berichterstattung, der Medienhype und der Ökonomie der Aufmerksamkeit und so steht Lampedusa in unserer Imagination sowohl für die Furcht vor schwarzen Massen, Invasionen, Unkontrollierbarkeit, vor dem Verlust vermeintlich nationaler Identität, als auch für Anteilnahme, Mitgefühl, Verletzlichkeit, Hilfe, spontane Solidarität. Der Ort versammelt sowohl die medialen Ikonen humanitären Engagements, wie die Schauspielerin Angelina Jolie, Botschafterin des Flüchtlingshilfswerks UNHCR als auch die umstrittene Politikerin der französischen Front National, Marine Le Pen; hier war Silvio Berlusconi ebenso wie Papst Franziskus.
Lampedusa mobilisiert die politische Öffentlichkeit und macht die europäischen Grenzen offenbar, Lampedusa ist aber auch ein Ort fragloser, unbedingter Gastfreundschaft. Die community hat eine lange Tradition der Aufnahme von Flüchtlingen und Gestrandeten. Auch können die Fischer auf eine dramatische Chronik der Rettung Schiffbrüchiger zurückblicken, das Ethos von Fischern fragt nicht nach Herkunft, Name und Nationalität der Verunglückten und nimmt die Unglücklichen ohne zu zögern gastfreundlich bei sich auf.
Das Gesetz der Gastfreundschaft und das Gesetz des Meeres sind älter als jegliche Konvention. „Siamo gente di mare“, wir sind Seeleute, so sagt man auf der Insel. „Wenn es etwas gibt, was Lampedusa beibringen kann, dann ist es das Einfachste der Welt: Ein Mensch in Schwierigkeiten ist ein Bruder ohne Farbe oder Religion. Und um zu helfen oder um Hilfe zu bitten, muss man nicht dieselbe Sprache sprechen. Wenn wir hier auf Lampedusa Hilfe leisten, fragen wir nicht ‚Woher kommst du?’ oder ‚Welchen Glauben hast du?’ Wir fragen: ‚Was ist dir passiert?’“
Im Jahr 2011, dem Jahr der tunesischen Revolution, hat die Insel – sie zählt knapp 6000 Einwohner -, über 100.000 Menschen aufgenommen. „Lampedusa hat keine Angst vor den Ankommenden. Für uns sind das keine Nummern, sondern Personen. Wir sehen sie, wenn sie ankommen, wir haben Kontakt mit ihnen, ihren Sorgen und ihren Hoffnungen,“ so Giusi Nicolini in einem Gespräch.
Im Frühjahr 2012 wurde Giusi Nicolini zur Bürgermeisterin gewählt. Sie ist immer schon eine streitbare Frau und ein kämpferischer, kritischer Geist gewesen. Aktiv in der linken Jugendorganisation FGCI (1970/1980er), als Vizebürgermeisterin und als Aktivistin der Umweltorganisation Lega Ambiente hat sie, auch gegen Interessen und zähe Widerstände am Ort (hier wie da betoniert man gerne die Zukunft zu), gegen Klientelismus, Korruption, den Verkauf von Gemeindeland gekämpft. Sie hat La riserva, ein Naturschutzgebiet, durchgesetzt – Tripadvisor hat letzthin, das ist ein politischer Triumph, die l’isola dei conigli zu einem der schönsten Strände des Mittelmeeres erkoren und damit auch die Grundlagen für das Auskommen der Einheimischen im Tourismussektor gelegt.
Doch Giusi Nicolini lässt sich nicht darauf ein, Tourismus (also erwünschte Mobilität) gegen unerwünschte Mobilität, humanitäre Hilfe gegen politische Veränderung auszuspielen.
Kaum im Amt, hat die „sindaco gentile che accoglie l’umanità“, die „menschliche“ Bürgermeisterin, die die Menschheit willkommen heißt, einen dringlichen Appell an die EU gerichtet:
Ich bin über die Gleichgültigkeit entrüstet, die alle angesteckt zu haben scheint. Ich bin entrüstet über das Schweigen Europas, das gerade den Friedensnobelpreis erhalten hat, und nichts sagt, obwohl hier die Zahl der Toten daran glauben lässt, es wäre Krieg. Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die europäische Einwanderungspolitik den Tod dieser Menschen billigend in Kauf nimmt, um die Migration einzudämmen. Vielleicht betrachtet sie sie sogar als Abschreckung. Aber wenn für diese Menschen die Reise auf den Kähnen der letzte Funken Hoffnung ist, dann meine ich, dass ihr Tod für Europa eine Schande ist.
Seither gehört sie zu den eindringlichen Stimmen, die unermüdlich das europäische Grenzregime anprangern und europäische Politiker zum Umdenken auffordern, die nach Schiffbruch und Untergang auf die Insel eilen und sich an den Särgen der Ertrunkenen versammeln:
“Dass das Dublin-Verfahren in den Papierkorb gehört, war auf Lampedusa schon lange klar erkennbar, da damit eine schmerzlose Verteilung der Flüchtlinge nicht durchzuführen ist. Als Anlaufstelle für Migranten haben wir seit Jahren die Stimmen derer gehört, die Furchtbares erlebt haben … Leider blieb unser Appell so lange unerhört, bis die europäischen Nordstaaten die Migranten vor der eigenen Tür hatten. Als würde das Problem exklusiv das abgelegene Lampedusa betreffen und unser Hilferuf ausschließlich der Beseitigung unseres Unbehagens dienen. Nun erkennt Europa, was es jahrelang verdrängte. Allerdings bleibt seine Antwort darauf enttäuschend.”
Gut drei Jahre nach ihrem Brief an die Europäische Union richtet sie in diesem Jahr erneut einen Appell an das europäische Gewissen und fordert entschieden ein neues europäisches Asyl- und Einwanderungsrecht.
“Wir unterscheiden weiterhin Flüchtlinge erster und zweiter Klasse. Es ist schlicht absurd, dass ein Mensch, der das eigene Haus verlassen muss, aufgenommen wird, wenn er vor einem Krieg flieht, und abgelehnt, wenn ihn ein Bürgerkrieg, Terrorismus oder Hunger zur Flucht zwingen. Zwischen Flüchtlingen und ökonomischen Migranten zu unterscheiden, ist grotesk. Denn in beiden Fällen bedeutet die Rückkehr in die Heimat oft den Tod…. Europa beharrt darauf, Flüchtlinge wie Ware zu behandeln, die man von Lager zu Lager schiebt. Das hilft weder den Migranten noch den Länder, die sie aufnehmen … Auch in dieser Hinsicht wären legale Einreisemöglichkeiten die humane und logische Wahl.”
Was an den Grenzen Europas geschieht, das zeichnet Europa, verweigerte Gastfreundschaft ist auch verweigertes Zusammenleben.
“Lassen Sie Lampedusa nicht allein. Ändern wir das Dublin-Verfahren nicht, sterben nicht nur die Menschen im Meer, sondern auch die Idee Europa”, so ihre eindringliche Mahnung an uns alle.
Giusi Nicolini ist für ihr humanitäres und ihr politisches Engagement vielfach ausgezeichnet worden.
Bei aller internationaler Aufmerksamkeit ist sie immer auch eines geblieben: Eine engagierte Bürgermeisterin, die sich für die Belange der Insel und der Lampedusani einsetzt.

*****

Gala della pace di ‚Die AnStifter‘ 2015
Stoccarda, 6 Dicembre 2015

Laudatio per Giusi Nicolini della Prof.ssa Dott.ssa Heidrun Friese
Docente della ‚Technische Universität‘ di Chemniz

Lampedusa isola di accoglienza, Lampedusa, isola di frontiera.

Nelle civiltà senza navi, i sogni si inaridiscono, svaniscono… (Michael Foucault, “Eterotopia”)

Ma alle frontiere d’Europa si soffoca. A queste frontiere si annega, ci si congela, ci si brucia la pelle, alle frontiere d’Europa il cuore cessa di battere. Alle frontiere d’Europa esseri umani vengono respinti, trattenuti, imprigionati…. i sogni svaniscono.

Lampedusa, minuscola isola davanti alle coste dell’Africa del Nord, periferia europea e, in passato, luogo di incontri e scambi fra le regioni e le religioni del Mediterraneo, è diventata ora una di quelle zone di confine in cui si selezionano esseri umani e solamente il caso, il loro luogo di nascita e la nazionalità, decide come sarà il loro futuro.

„Lampedusa è divenuta ora uno dei simboli dell‘ errata politica europea per l‘ asilo e l’immigrazione.

Lampedusa adesso è un luogo di globale reportage, di promozione mediatica alla grande e di ‚attenzione‘ come forza economica e così, nella nostra immaginazione, Lampedusa rappresenta da una parte la paura di masse nere, di invasioni, di incontrollabilità, di perdita della presunta identità nazionale, dall’altra partecipazione, compassione, vulnerabilità, aiuto, solidarietà spontanea.
L’isola riunisce non solo famose icone mediatiche impegnate nell‘ umanitario, come l’attrice Angelina Jolie, ambasciatrice dell‘ UNHCR, ma anche politici discutibili come Marie Le Pen del Front National francese; qui è venuto Silvio Berlusconi come pure Papa Francesco.

Lampedusa mobilita l’opinione pubblica politica e rende evidenti i limiti europei; Lampedusa però è anche un luogo di indubbia, incondizionata ospitalità. La sua comunità ha una grande tradizione di accoglienza data a profughi e naufraghi. C’è anche una lunga cronologia di drammatiche azioni di salvataggio sul mare da parte dei pescatori lampedusani; la loro etica non pone domande su provenienza, nome o nazionalità delle vittime ma le accoglie sull’isola senza esitazioni.“
(dallo scritto della Prof.Friese del 2014: „Die Grenzen der Gastfreundschaft. Die Bootsflüchtlinge von Lampedusa und die europäische Frage“. Bielefeld)

La legge dell’ospitalità e quella del mare sono leggi più antiche di ogni possibile convenzione.
„Siamo gente di mare“, così si dice sull’isola. In un’intervista del 2015 con un giornale tedesco di Lüneburg Giusi Nicolini afferma che quello che Lampedusa può insegnare è proprio la cosa più semplice del mondo: che un essere umano in difficoltà è un fratello, non contano la sua razza o religione. Per aiutare o per chiedere aiuto non è necessario parlare la stessa lingua. A Lampedusa si offre aiuto senza chiedere „Da dove vieni?“ o “ Di che religione sei?“ Si chiede semplicemente: „Cosa ti è successo“?
(„Landeszeitung Lüneburg“ del 3.12.2015, articolo „Lampedusa può insegnare qualcosa“ Giusi Nicolini intervistata da Fanny Pigliapoco).

Nell’anno 2011, l’anno della rivoluzione tunisina, l’isola, che conta poco meno di 6.000 abitanti, ha accolto più di 100.000 persone. “Lampedusa non ha paura degli sbarchi […] Per noi non si tratta di numeri, ma di persone. Li vediamo quando arrivano, entriamo in contatto con loro, con le loro speranze e le loro paure” afferma il sindaco. (Lampedusa, la sindaco gentile che accoglie l’umanità – Il Fatto Quotidiano, http://www.ilfattoquotidiano.it/2012/09/10/lampedusa-sindaco-gentile-che-accoglie-lumanita/348142/)

Nel 2012 Giusi Nicolini è stata eletta sindaco. È sempre stata una personalità combattiva con uno spirito critico e battagliero. Era nella FGCI negli anni 1970/80; poi come vicesindaco e militante di Lega Ambiente si è sempre opposta a clientelismo, corruzione, vendita di terreni comunali, pur avendo contro interessi e forti resistenze locali in quanto anche lì, come altrove, „si cementa“ volentieri il futuro. „La riserva“, una zona protetta, è merito suo e recentemente Tripadvisor ha definito ‚l’isola dei conigli‘ ,non a caso, una delle più belle spiagge del Mediterraneo. Questo non è solo un trionfo politico ma crea anche i presupposti per entrate economiche degli isolani nel settore turistico.
Per Giusi Nicolini il turismo (visto come mobilità desiderata, auspicabile) e l’altra mobilità, quella non esattamente gradita, non sono contrapposti, non c’è antagonismo fra aiuto umanitario e cambiamenti politici. Appena eletta, ‚il sindaco gentile che accoglie l’umanità‘, il sindaco ‚umano‘ che dà il benvenuto all’umanità, ha indirizzato un urgente appello alla Comunità Europea.
‚Sono indignata dall’assuefazione che sembra avere contagiato tutti, sono scandalizzata dal silenzio dell’Europa che ha appena ricevuto il Nobel della Pace e che tace di fronte ad una strage che ha i numeri di una vera e propria guerra.
Sono sempre più convinta che la politica europea sull’immigrazione consideri questo tributo di vite umane un modo per calmierare i flussi, se non un deterrente. Ma se per queste persone il viaggio sui barconi è tuttora l’unica possibilità di sperare, io credo che la loro morte in mare debba essere perl’Europa motivo di vergogna e disonore. (da“L’appello di Giusi Nicolini, https://ildisobbedienteweb.wordpress.com/2012/11/11/lappello-di-giusi-nicolini-sindaco-di-lampedusa)
Da allora la sua è una di quelle voci che instancabilmente condannano apertamente il „regime di confine“ europeo, esortando con forza i politici dell’Unione Europea a cambiare ottica, proprio quei politici che dopo ogni tragedia accorrono a Lampedusa a radunarsi davanti alle bare degli annegati,
Nell’intervista al giornale di Lüneburg del 3.12.2015 Giusi Nicolini sostiene inoltre che l’accordo di Dublino è da cestinare. Questo a Lampedusa lo si sapeva fin dall’inizio, perché non esiste una ripartizione indolore dei migranti. Al centro di accoglienza di Lampedusa i profughi hanno raccontato storie terribili, ma l’appello dell’isola purtroppo è rimasto inascoltato fino al momento in cui gli Stati dell’Europa del Nord hanno visto i migranti arrivare alle loro porte. Come se fino allora il problema riguardasse solo la remota Lampedusa e la richiesta d‘ aiuto servisse solo a dare sfogo a una situazione di disagio! Improvvisamente l’Europa si rende conto di aver ignorato per anni il problema, ma la sua risposta è deludente.
Dopo più tre anni dal suo appello all’Unione Europea Giusi Nicolini invia quest’anno un altro messaggio alle coscienze europee e richiede fermamente un nuovo diritto d’asilo e una nuova politica sull’immigrazione. Sempre nella già citata intervista del 3.12.2015 sostiene che continuiamo a distinguere profughi di prima e seconda classe, che è assurdo che chi deve abbandonare la propria patria venga accettato solo se fugge da una guerra e invece venga respinto se scappa da una guerra civile, dal terrorismo o se costretto dalla fame. È grottesco fare una distinzione fra profughi e migranti „economici“, in quanto in ambedue i casi un rientro in patria significa spesso la morte (…) L’Europa si ostina a trattare profughi come merce da spostare da un deposito all’altro. Questo non aiuta nè i profughi, nè i Paesi di accoglienza.(…) Anche in questo senso la possibilità di accesso legale in un Paese non sarebbe altro che un’offerta umana e logica.
Quello che accade alle frontiere europee contrassegna l’Europa: rifiutare di dare ospitalità significa anche negare convivenza.
„Non lasciate sola Lampedusa. Se non cambiamo l’accordo di Dublino, non solo muoiono esseri umani in mare, ma muore anche l’idea d’Europa.“ Questo è il suo accorato ammonimento a noi tutti.

Giusi Nicolini ha ricevuto molti riconoscimenti per il suo impegno umanitario e anche per quello politico, ma nonostante la sua notorietà a livello internazionale è rimasta sempre un sindaco impegnato, che si dà da fare assiduamente per il bene della sua isola e dei suoi Lampedusani.

Fotos von der FriedensGala der AnStifter 2015


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Stuttgarter Friedenspreis: Brief von Giusi Nicolini
Il premio della pace a Stoccarda: Lettera di Giusi Nicolini

Carissimo Fritz Mielert
Carissimi amici di Stoccarda

Avrei voluto essere qui con voi, per conoscervi e per ringraziarvi personalmente.
Non è stato possibile a causa dei molteplici impegni che, in qualità di sindaca, mi trovo ad affrontare nella quotidianità amministrativa di un territorio disagiato come Lampedusa.
Un luogo di frontiera distante dall’Europa come dall’Italia. Una terra in cui la popolazione residente rivendica i propri diritti civili, per troppo tempo negati, e sulla quale migliaia di migranti approdano rivendicando il loro diritto di vivere.

Negli ultimi tre giorni a Lampedusa sono stati portati oltre mille profughi e migranti soccorsi nel Canale di Sicilia.
Ognuno di essi ha una storia da raccontare e qualcosa da cui fuggire.
Ognuno di essi, come le centinaia di migliaia che negli anni sono passati da Lampedusa, ha diritto d’essere ascoltato e di non essere respinto come fosse un problema che non ci appartiene, perché così non è.
Oggi le Nazioni Unite discutono un intervento volto al controllo di forniture di armi che possono giungere al Califfato Islamico, ma ancora ci si ostina a ritenere alcuni migranti come opportunisti economici da rispedire al mittente perché nel Paese di provenienza non è riconosciuta una guerra che faccia di loro dei „profughi“.
Non importa se li si invia tra le braccia di carnefici e aguzzini o li si condanna a morire di fame.
Non importa neanche se nel luogo da cui provengono le armi sono più diffuse del pane.
Per l’Europa non hanno diritto di bussare alla nostra porta. Pretendiamo di selezionarli.
Di stabilire chi può andare dove.
Di erigere muri e stendere filo spinato e imbrigliare ogni diritto di sopravvivenza.
Tutto questo accade grazie anche alla confusione prodotta dalla propaganda e dai media, o a causa di facile populismo politico con il quale troppo spesso si specula sulla paura per raccogliere consenso.

Sono felice di aver affidato a Costantino Baratta queste mie parole, perché la sua testimonianza potrà tristemente illuminare chi non ha mai guardato negli occhi uno dei migranti che ogni giorno arriva a Lampedusa sperando di aver raggiunto il luogo in cui potrà avere inizio la sua seconda vita.
Spero quindi di avere adesso due motivi per ringraziarvi: uno è il prestigioso riconoscimento che avete deciso di conferirmi, motivo di grande orgoglio e onore, per me è per la mia isola.
L’altro è il lavoro che ognuno di voi fa e farà in futuro per sensibilizzare quanti ancora credono che la cosa giusta da fare sia respingere e condannare a morte certa coloro che stanno chiedendo il nostro aiuto.
Non bisogna mai smettere di lottare per spiegare che le migrazioni non sono la causa della crisi dell’occidente.
Semmai sono le nostre politiche di rapina e di sfruttamento ad avere aggravato le condizioni di povertà e disagio che mettono in fuga le persone dall’Africa.
E soprattutto oggi dobbiamo avere la forza e il coraggio di continuare a testimoniare che la lotta al terrorismo di matrice islamica non si fa negando accoglienza proprio a coloro che fuggono proprio da quegli stessi feroci terroristi che hanno colpito Parigi.
Oggi più che mai l’accoglienza e‘ strumento di pace.
Difficilmente Lampedusa potrà fare di più di quello che ha fatto e fa: salvare la vita dei naufraghi e metterli in condizione di continuare il viaggio.
Molto di più potrà e dovra‘ fare l’Europa più giusta e solidale che tutti dobbiamo contribuire a costruire.

Grazie, al movimento civico Anstifter e a tutti voi.

Lampedusa, 5 dicembre 2015
Giusi Nicolini

*****

Lieber Fritz Mielert
Liebe Freunde in Stuttgart

Ich wäre gerne bei euch gewesen, um euch kennenzulernen und euch persönlich zu danken.
Dies war leider nicht möglich, wegen der vielen Aufgaben, mit denen ich als Bürgermeisterin jeden Tag auf der Verwaltungsebene konfrontiert bin auf diesem armen Stück Land, das Lampedusa heißt.
Ein Grenzposten, so weit entfernt von Europa wie von Italien. Ein Stück Land, auf dem die einheimische Bevölkerung die ihr zustehenden bürgerlichen Rechte einfordert, die ihr zu lange verweigert wurden. Und auf dem Tausende von Migranten anlanden, die ebenfalls ihr Recht zu leben einfordern.
In den letzten 3 Tagen sind weitere eintausend Flüchtlinge und Migranten zu uns gebracht worden, die aus der Meerenge von Sizilien gerettet wurden.
Jeder Einzelne von ihnen hat eine Geschichte zu erzählen und jeder hat einen Grund, der ihn zur Flucht zwingt. Jeder Einzelne von ihnen, wie die Hunderttausende, die in den letzten Jahren auf Lampedusa angekommen sind, hat das Recht, gehört und nicht zurückgewiesen zu werden, wie ein Problem, das uns nichts angeht. Weil so ist es nicht.

Heute diskutieren die Vereinten Nationen weitere Maßnahmen zur Kontrolle der Waffen, die in die Hände des Islamischen Staates gelangen könnten. Aber weiterhin versteifen sie sich darauf, einige Migranten als wirtschaftliche “Abstauber” zu betrachten und an den Absender zurückzuschicken, nur weil es in ihrem Herkunftsland keinen anerkannten Krieg gibt, der aus ihnen “Flüchtlinge” machen würde.
Es spielt keine Rolle, dass sie in die Hände von Menschenschindern und Folterknechten zurückgeschickt werden oder dort zum Verhungern verdammt sind.
Noch spielt es eine Rolle, dass an den Orten, von denen sie herkommen, Waffen weiter verbreitet sind als Brot.
Für Europa haben sie kein Recht, an unsere Tür zu klopfen. Wir erheben den Anspruch, sie zu selektieren, sie auszusondern.
Und festzulegen, wer wohin gehen darf.
Mauern zu errichten, Stacheldraht auszurollen und jegliches Überlebensrecht zu erdrosseln.

All dies passiert auch wegen des Durcheinanders, das von der Propaganda und den Medien produziert wird, oder aufgrund eines eingängigen Populismus, bei dem viel zu oft mit der Angst spekuliert wird, um Zustimmung einzuheimsen.

Ich bin froh darüber, dass ich Costantino Baratta damit betrauen konnte, meine Botschaft vorzutragen. Denn sein Zeugnis kann all jene wachrütteln, die noch nie einem der Migranten, die jeden Tag auf Lampedusa ankommen, in die Augen schauen konnten. Um dort die Hoffnung zu sehen, dass er an dem Ort angekommen ist, an dem er sein zweites Leben beginnen kann.

Ich hoffe daher, nun zwei Gründe zu haben, euch zu danken:
einer ist die tolle Anerkennung, die ihr mir zukommen lasst. Darauf bin ich stolz und es ist eine Ehre, für mich und für meine Insel.
Der andere Grund, euch zu danken ist die Arbeit, die jeder von euch macht und in Zukunft machen wird, um diejenigen zu sensibilisieren, die immer noch glauben, dass es eine gerechte Sache sei, diejenigen zurückzuweisen und zum Tod zu verurteilen, die uns um Hilfe bitten.
Schlimmstenfalls ist es unsere Politik des Raubes und der Ausbeutung, die die Armut und die Not verschlimmert hat und damit die Menschen aus Afrika zur Flucht treibt.

Und vor allem müssen wir heute die Kraft und den Mut haben, Zeugnis darüber abzulegen, dass der Kampf gegen den Terrorismus islamistischer Prägung nicht dazu führen darf, dass wir denjenigen die Aufnahme verweigern, die genau den grausamen Terroristen entfliehen, die Paris getroffen haben.
Heute mehr denn je ist das Willkommenheißen ein Instrument des Friedens. Für Lampedusa wird es schwierig sein, mehr zu tun als es bisher getan hat und immer noch tut: das Leben der Schiffbrüchigen zu retten und sie in die Lage zu versetzen, ihre Reise fortzusetzen.
Viel mehr könnte und müsste ein gerechteres und solidarischeres Europa tun, zu dessen Konstruktion wir alle beitragen müssen.

Danke an das Bürgerprojekt AnStifter und an euch alle.

Lampedusa, 5. Dezember 2015
Giusi Nicolini

Sichere Herkunftsländer?

Sichere Herkunftsländer? Bericht von einer Reise nach Serbien und Mazedonien im Oktober 2015

Bericht von einer Reise nach Serbien und Mazedonien im Oktober 2015

Referent: Andreas Linder, Mitarbeiter beim Flüchtlingsrat Baden-Württemberg

Eine Gruppe von Engagierten aus der Flüchtlingshilfe aus Baden-Württemberg reiste im Oktober 2015 10 Tage lang nach Serbien und Mazedonien. Sie besuchten von der Gruppe in Deutschland unterstützte rückgekehrte oder abgeschobene ehemalige Asylsuchende und dokumentierten die Lebensbedingungen, die in diesen zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärten Ländern vorherrschen. Desweiteren berichtet die Gruppe über die Situation der Transitflüchtlinge an den dortigen EU-Außengrenzen sowie im Landesinneren von Serbien und Mazedonien. Neben dem Umgang mit den sog. Balkanflüchtlingen im Asylverfahren in Deutschland wird auch über deren Lebenssituation in den Herkunftsländern berichtet.

Für die Finanzierung der Reise fehlen noch einige hundert Euro. Bitte schauen sie mal kurz in Ihrem Geldbeutel oder auf dem Konto nach… da sind 5 Euro übrig? Oder sogar 20 oder 50 Euro? Super! Die können sie nämlich ganz einfach hier loswerden (Stichwort: Balkan)

Danke!

Prima Klima

Momentan streitet sich das Land, ob 1200 Soldaten deutscherseits wirklich ausreichen und was besser ist: Landkrieg, Luftkrieg oder Seekrieg oder Olympia? Was meinen Sie? Kommen Sie mir jetzt nicht mit der Verfassung! Der Soldat in uns scharrt schon ungeduldig mit den Füßen, während sich auf der anderen Seite der Front die Pazifisten vor Militärmusik am 1. Advent ekeln. Hier wie dort: Die Pfarreien versprechen den Reisenden seelischen Beistand, jedem einzeln in die Hand. Die anderen sind oooch nich bessa, tät‘ meine Omi Glimbzsch aus Zittau sagen, und in alter Erinnerung: Geh‘ doch in die Oberstadt, mach’s wie deine Brü-hü-der!

Das Elend der Vorstädte ist der ideale Nährboden für die Kriege von morgen. Ich bitte Sie: Woher sollen denn die Ungebildeten wissen, dass die Kriege nicht zu gewinnen sind? Das wissen ja nicht einmal wir – und wenn wir’s je gewusst haben: Längst vergessen. Die aus den Vorstädten in den Krieg ziehen, wissen nur, dass sie todsicher im Frieden die Verlierer sind, seit Generationen. Das könnten wir ändern, wenn wir wollten. Wir sind steinreich – und gebildet.

Einerseits, andererseits, sowohl als auch: Nicht wenige der Gebildeten in meiner unmittelbaren Nachbarschaft glauben allen Ernstes, dass da der Ami dahintersteckt, hinter allem, und nicht wir: Hinter den Fluchtbewegungen, hinten den Fluchtursachen, hinter dem VW-Skandal, hinter der Klimakatastrophe etc. pp. Die wollen Deutschland kaputtmachen! Was uns zeigt: Bildung hat letztlich auch Grenzen, Außengrenzen. Je mehr wir den Stacheldraht ausrollen und den Terror-Touristen ein „Stoi!“ zurufen, vielleicht auch fragen: „Gänsefleischt ’n Gofferraum effnen?“ – umso weniger Kohle haben wir für mehr Bildung. Ich weiss, das ist alles sehr kompliziert und hat auch mit dem Pariser Klima-Kipferl zu tun, und ich versteh’s ja selbst kaum! Vier Jahre Volksschule – was willste da schon schreiben! Ich hoffe, Sie denken mit.

Presseinformation zur Verleihung des Stuttgarter Friedenspreises der AnStifter 2015

1. Pressekonferenz aus Anlass der Verleihung des Stuttgarter
Friedenspreises, Sonntag, 6. Dezember 2015, 16.00 Uhr

2. Einladung zur FriedensGala

3. Vortrag Prof. Heidrun Friese:
Grenzen der Gastfreundschaft – Flüchtlinge auf Lampedusa,
Sonntag, 6.12.2015, 11 Uhr, Museum unter der Yburg, Hindenburgstr. 24, 71394 Stetten im Remstal (Gemeinde Kernen)

Pressekonferenz

Sonntag, 6. Dezember 2015, 16.00 Uhr, Theaterhaus, Glashaus

Aus Anlass der Verleihung des Stuttgarter Friedenspreises 2015 der AnStifter an die Bürgermeisterin der Mittelmeerinsel Lampedusa, Giusi Nicolini, laden wir Sie zu einer Pressekonferenz ein. Die Preisträgerin kann leider nicht teilnehmen. Auch den Preis wird sie nicht selbst entgegennehmen können. An ihrer Stelle wird Constantino Baratta eine Botschaft von Giusi Nicolini verlesen. Constantino Baratta ist ein Fischer, der selbst schon viele Flüchtlinge aus dem Meer gerettet hat. Er will versuchen, einige von ihm Gerettete mitzubringen.

An der Pressekonferenz teilnehmen werden u.a.:

Constantino Baratta, ein Fischer von Lampedusa
Jakob Augstein, Verleger und Chefredakteur von „der Freitag“, Berlin
Dr. Heidrun Friese, Professorin für Interkulturelle
Kommunikation, TU Chemnitz
André Leipold, Geheimrat und Dramaturg, Zentrum für
Politische Schönheit, Berlin
Peter Grohmann, Stuttgarter AnStifter

Costantino Baratta: Jahrgang 1957, aufgewachsen in Trani (Provinz Bari) in Apulien. 1987 kam er auf die Insel, weil er sich in eine Lampedusana verliebt hatte. Er arbeitet als Maurer und in seiner Freizeit fährt er mit einem Fischerboot aufs Meer. Das tat er auch am 3. Oktober 2013 und rettete damals 12 Flüchtlingen das Leben, die mit ihrem überladenen Fischkutter, von Libyen kommend, vor Lampedusa untergegangen waren. Er hat z.T. heute noch Kontakt zu den jungen Leuten aus Eritrea. Er kommt mit seiner Frau, Rosa Maria Maggiore. – Er ist am 6. Dezember morgens bei der Allmende/AnStifter Veranstaltung mit Heidrun Friese im Museumskeller in Stetten (11 Uhr), ab 16 Uhr bei der Pressekonferenz im Theaterhaus. Während der Friedensgala wird er – stellvertretend für Giusi Nicolini, die eigentliche Preisträgerin, den Friedenspreis entgegennehmen und ein Grußwort von Frau Nicolini verlesen.

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Twitter-Protokoll der 36. Sitzung des NSU UA am 30. November 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg ‏von @nsuwatch_bw, @mark_kleber und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Kiesewetter
Tagesordnung vom 30. November 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

ZeugInnenliste
1. Axel Mögelin – KOR, LKA, der letzte Leiter der „Soko Parkplatz“ u.a zur Frage des Informationsaustauschs zwischen der Soko und dem Staats- und Verfassungsschutz
2. Wolfgang F. – KHK, LKA, zur Funkzellenauswertung in Heilbronn. u.a. geht es um die Frage, warum Kiesewetter und Arnold mit ihren Handys in zwei unterschiedlichen Funkzellen eingeloggt waren.
3. Ulrich J. – Telefónica Germany GmbH & Co.OHG (Sachverständiger), zur Funkzellenauswertung und zu einer Service-Nummer von O2, über die Kiesewetter am Tattag mehrere SMS erhalten hatte
4. H.K. – KHK, PP Heilbronn, zu Aufschrieben im Dienstbuch von Kiesewetter
5. Bettina F. – KHK ́in, LKA, zum Opferumfeld von Martin A. befragt
6. Manuel B. – PHM, Polizeipräsidium Einsatz, Kollege aus der Einheit Kiesewetters. Er soll mit ihr bis kurz vor ihrem Tod im SMS-Kontakt gestanden sein.
7. C.S. – KOK ́in, PP Ludwigsburg, Kollegin von Kiesewetter, vor allem zu Kiesewetters Einsätzen u.a. in Discotheken
8. David F. – früherer Pächter der Gaststätte ‚Zur Bergbahn‘ in Oberweißbach zum Umfeld von Kiesewetter.


Heute ab 9.30 Uhr NSU UA BW Themenkomplex Kiesewetter. Details zu ZeugInnen siehe – @fraufoo

Wir twittern heute wieder aus dem NSU-UA in BaWü.Es geht weiterhin um den Polizistenmord in Heilbronn. – @nsuwatch_bw

Der NSU UA beginnt mit der Befragung des Zeugen KOR Axel Mögelin. Er war der letzte Leiter der „SoKo Parkplatz“. – @nsuwatch_bw

Es gab keine Anhaltspunkte, dass die Beamten observiert wurden oder das Auto einen Peilsender hatte. – @nsuwatch_bw

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Raubbau, Klimawandel, soziale Konflikte
Die Probleme der indigenen Bevölkerung Amazoniens

Von Gerd Rathgeb, Wolfgang Manuel Simon und Dieter Streicher

Drei Mitglieder von POEMA e.V. Stuttgart – Preisträger des Stuttgarter Friedenspreises derAnStifter 2008 – sind seit Anfang November auf Rundreise durch die brasilianischen Bundesstaaten Para und Maranhao zu ihren Projektpartnern. So haben wir in der ersten Woche Vertreter des Kaapors-Rates in Ze Doca getroffen. Es ging dort um Auseinandersetzungen zwischen dem indigenen Volk und den umliegenden Großgrundbesitzern/Fazendeiros die versuchen immer wieder illegal ins Reservat einzudringen, um z.b. dort Holz raus zu holen und Weidefläche zu rauben. POEMA hat vereinbart, die sogenannten Vorposten (kleine Indigenen-Dörfer) auf den Zugangswegen zum Reservat mit solaren Wasseranlagen und Solarlampen zu unterstützen.
Auf der weiteren Reise nach Santarem haben wir einen weiteren Ort großer Auseinandersetzungen aufgesucht. In Itaituba und Miritituba am Rio Tapajos gelegen werden seit Jahren neue Logistikzentren für den weltweiten Sojahandel ausgebaut. Darüber hinaus wird das indigene Volk der Munduruku von Behörden und internationalen Bergbaufirmen zurückgedrängt. Den Kampf der Munduruku gilt es ebenfalls mit anderen Partnern aus Deutschland zu unterstützen.
In Gesprächen mit dem Bischof von Altamira Erwin Kräutler und der Symbolfigur der Bewegung „Xingu Vivo“ Antonia Melo erfuhren wir die Probleme kurz vor der Flutung des Stausees: vollzogene Räumung eines Stadtteils von 20000 Menschen, Zunahme von Gewalt und Kriminalität (allein in der Zeit unsere Anwesenheit mehr als 8 Morde) und jede Menge sozialer Konflikte und Probleme. Tief beeindruckt von den Gesprächen wissen wir um die Verbundenheit mit den Opfern dieser gigantischen sozialen wie ökologischen Zerstörung. Erwin Kräutler sprach besonders die Hauptprofiteure dieses „Energie-Wahnsinns“ an: Siemens, Voith aus Heidenheim und Andritz aus Österreich.
Beim mehrtägigen Aufenthalt in der Region Anapu bei unserem Freund und Partner Giovanny Guzzo besuchten wir bestehende Projektdörfer der Landlosen und Landbesetzer (auch hier gab es seit Juni 6 Morde an landlosen Bauern). Vor allem die seit fünf Monaten ausbleibenden Niederschläge hier in Amazonien lassen die Brunnen und Flüsse austrocknen. Der Klimawandel schlägt hier bereits gnadenlos zu! Das Wasserkraftwerk Tucurui musste wegen Wassermangel abgeschaltet werden. Dazu kommt eine „Agrokalyptische Agrarpolitik“, die auf extensive Rinderweidezucht mit Bodenzerstörung und Brandrodung einhergeht.
Unsre letzte Station wird jetzt das Gebiet rund um Oeiras do Para und Cameta sein, in der unsere Partnerin Bena Castro lebt und unsere Projekte voranbringt. Hier geht es vor allem um kleinere Projekte der Wiederaufforstung.

Mehr Infos auf www.poema-Deutschland.de

Twitter-Protokoll der 35. Sitzung des NSU UA am 27. November 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg ‏von @nsuwatch_bw und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Kiesewetter
Tagesordnung vom 27. November 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

ZeugInnenliste
1. Jerzy Montag zum „Corelli“-Bericht des Bundestags
2. G.B. – BfV zum Ku-Klux-Klan, Corellis V-Mann Führer (nicht öffentlich)
3. Melanie S. – Cousine von Michele Kiesewetter, zum privaten Umfeld von Kiesewetter
4. Anja W. – ehemalige Lebensgefährtin des Onkels von Michele Kiesewetter, zum privaten Umfeld von Kiesewetter (nicht erschienen)
5. Christian Fr. – Bekannter von Michele Kiesewetter zu ihrem privaten Umfeld
6. Dominik W. – PHM, PP Einsatz, damaliger Kollege von Michele Kiesewetter, zu den Einsätzen von Kiesewetter
7. Mike L. – zum Komplex Hauskauf Tino Brandt und zu möglichen Bezügen des NSU nach BW


Wir twittern heute ab 9.30 aus dem NSU -UA BaWü. U.a. wird Jerzy Montag zum toten V-Mann Thomas Richter alias „Corelli“ berichten – @nsuwatch_bw

darum geht es beim 1. Zeugen Sonderermittler Jerzy Montag legt neue Einzelheiten über V-Mann Corelli vor – @fraufoo

Die 35. Sitzung des NSU -UA in Stuttgart startet jetzt mit der Vernehmung des Rechtsanwaltes Jerzy Montag zum Fall „Corelli“ – @nsuwatch_bw mehr…

Sichere Herkunft?

Eindrücke von Besuchen bei zwangsrückgekehrten Romafamilien auf dem Balkan
Von Michaela Saliari

Im Jahr 1991, als die Jugoslawienkriege wüteten, suchten viele Menschen Schutz in Mitteleuropa, darunter auch viele Roma. Schon damals lernte ich mehrere Familien kennen, die ich auf Anhieb mochte. Es waren freundliche Menschen, die mich jederzeit herzlich-warm willkommen hießen.
Durch all die vielen Gespräche mit ihnen und anderen hier lebenden Roma, durch Erlebnisse bei Besuchsreisen nach Serbien und Mazedonien sowie durch die theoretische Auseinandersetzung mit den Themen „Roma“ und „Antiziganismus“ formte sich in mir ein Bild. Das habe ich auf einer Reise auf den Balkan Anfang Oktober aufgefrischt.
Wir wollten uns bekannte Familien besuchen und deren Lebenssituation nach der erzwungenen Rückkehr dokumentieren und herausfinden, ob und in welcher Form man sie längerfristig unterstützen könnte und ihnen mit Geld-, Medikamenten- und Kleiderspenden die aktuelle Lage erleichtern.
Ein weiterer Plan war, die Situation der Transitflüchtlinge an den EU-Außengrenzen in den Blick zu nehmen. Wir sammelten warme und wetterfeste Kleidung, Schuhe und Decken, um sie den Transitflüchtlingen zu bringen. mehr…

Zum Nachtisch Feinstaub

Zum Nachtisch Feinstaub

Stuttgart, die grüne Großstadt zwischen Hängen und Würgen, ist Europameister beim Feinstaub: 80% aller Betroffenen haben Keuchhusten. Da beisst auch die Maus im Amtszimmer von Fritz Kuhn keinen Faden ab. Fadenscheinig allerdings und hilflos scheint nahezu alles Bemühen, den Titel an Hamburg oder Köln abzugeben! Von den selbstgesetzten und fremden Zielen, also vom weißen, unschuldigen Papier zur schmutzigen Realität bis zur Schleimlösung für die Lungen ist es ein weiter Weg, gepflastert gewissermaßen mit Leichen. Etwa 3,3 Millionen Menschen sterben jährlich weltweit an Luftverschmutzung. Zu den weltweit größten Ursachen der Todesfälle durch miese Luft gehören Schlaganfälle wie etwa bei Omi Glimbzsch in Zittau, das Schlägle und der hundsgewöhnliche Infarkt. Knapp 73% der Toten könnten ein Lied davon singen. 27 % der Todesfälle gehen freilich auf Atemwegserkrankungen oder Lungenkrebs zurück – vom Rauchen wollen wir jetzt mal nicht reden. Die mikroskopisch kleinen, ja fast niedlichen Feinstaubpartikel (ich sag‘ das, weil die nicht ernst genommen werden!) dringen über die Atemluft über die Lunge auch in die Blutgefäße ein. So manches schlägt sich dann auch im Hirn nieder, führt aber denkwürdigeweise zu keiner Verbesserung, sondern erhöht nur noch das Risiko. Und ganz nebenbei: In Deutschland sterben doppelt so viele Menschen an diesen schöngeredeten „Verkehrsemissionen“ wie an Verkehrsunfällen. Aber wir geben weiter Gas. Nahverkehr ist fast so poplig wie echte, alte Bäume, die in der europäischen Feinstaub-Hauptstadt zu hunderten umgenietet wurden.

So wie sich der TÜV und andere wichtige Behörden von VW & Co KG verarschen lassen, so verarschen die dann ihrerseits die Anwohner der Feinstaubstraßen: Dort lebt das wehrlose Volk, die unteren Schichten, die Ärmsten der Armen, Leut‘ ohne Lobby. Die oben in ihren PS-starken Karossen mit und ohne Manipulation vorbei donnern, scheren sich einen Dieseldreck darum. Sie diskutieren allenfalls im Feuilleton, was die Reduzierung auf 30, 40 oder 60 km innerstädtisch bringt. Treffender, klarer kann sich lokale, Landes- und Bundespolitik nicht vorführen. Jetzt fehlt nur noch der Antrag auf Strafvereitelung im Amt. Mit Todesfolge.

Neue Bürgerbewegungen – Neue Politik
Hannah-Arendt-Institut gegründet

Am Wochenende wurde mit der Tagung „Neue Bürgerbewegungen – Neue Politik?“ das Stuttgarter Hannah-Arendt-Institut gegründet. Im Anschluß an die Gründungsreden der Initiatoren Annette Ohme-Reinicke, Hans Christ und Peter Grohmann am Freitag abend hielt Christian Volk von der Universität Trier einen Vortrag über die Politisierung durch Protest. Am Samstag begann die Tagung mit einem Vortrag von Winfried Thaa über die Frage „Warum Arendt und nicht Marx?“. In den darauf folgenden Arbeitsgruppen beschäftigten sich die ca. 100 Teilnehmerinnen mit der Kunst des Widerstand, mit linkem Populismus, dem Verhältnis von Sozialen Bewegungen und Parteien, dem Begriff der Bürgerlichkeit und dem Freiraum Internet.

Videoaufzeichnung der Reden, Vorträge und Diskussionen: Neue Bürgerbewegungen – Neue Politik?

Vorberichte zur Gründung und Tagung:
Kontext Wochenzeitung: Arendt sticht Marx
Stuttgarter Zeitung: Hannah-Arendt-Institut soll alle Schichten erreichen

Twitter-Protokoll der 34. Sitzung des NSU UA am 23. November 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg ‏von @nsuwatch_bw, @mark_kleber und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Kiesewetter und Ku-Klux-Klan
Tagesordnung vom 23. November 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

ZeugInnenliste
1. Max Munding – Präsident Rechnungshof BW, zum Thema KKK. Er war von 2003 bis 2006 Ministerialdirektor im Innenministerium BW und wird in dieser Funktion befragt.
2. Beate Bube – Präsidentin Landesamt für Verfassungsschutz BW, zur möglichen Anwesenheit von Geheimdiensten in Heilbronn und zum Thema KKK
3. Dr. Helmut Rannacher – Präsident a. D. LfV BW, nochmals zum Thema KKK
4. Udo H. – KH, LKA BW, zur Operativen Fallanalyse, die das LKA BW für die BAO Bosporus erstellt hat
5. M. – KHK, BKA, hat eine Spur von einem weiteren Hinweisgeber bearbeitet, der sich an die Polizei gewandt hatte.
6. Andreas R. – PHK, PP Konstanz, war zum Zeitpunkt des Heilbronner Polizistenmordes bei der Bereitschaftspolizei. u.a. zum Einsatz in der Diskothek Luna
7. Marcel M. – POK, PP Ludwigsburg, Kollege und Bekannter von Michele Kiesewetter. ebenfalls zum Luna-Einsatz und zu weiteren Einsätzen von Kiesewetter
8. Reinhard Rudolf K. – erschien wieder nicht. Er war bereits am letzten Montag als Zeuge geladen, ist dann aber nicht erschienen. Es handelt sich um einen Hinweisgeber, der bei der Spionageabwehr der Military Intelligence gearbeitet hat und sich im November 2011 an die Polizei gewandt hatte.


Wir berichten heute wieder aus der Sitzung des NSU-UA in Stuttgart. Geladen ist u.a. LfV-Präsidentin Bube. – @nsuwatch_bw

Die Sitzung des NSU -UA beginnt mit 20 min Verspätung mit der Vernehmung von Max Mündung, Präsident des Rechnungshofs BW. – @nsuwatch_bw

Heute im UA: Die Arbeit des Verfassungsschutzes und sein Umgang mit V-Leuten im Fall Ku-Klux-Klan – @FraktionGruenBW

Munding soll zum Ku-Klux-Klan befragt werden. Er war von ’03-’06 Ministerialdirektor im Innenministerium BaWü. – @nsuwatch_bw

Erster Zeuge. Max Munding, Amtschef des Innenministeriums zum Zeitpunkt als bekannt wurde, dass Polizisten im KKK Mitglied sind – @FraktionGruenBW mehr…

Schüler gedenken Euthanasieopfer

Immer wieder initiieren Anstifterinnen kleine unscheinbare Projekte. Und andere Anstifter schreiben darüber. So zum Beispiel vor kurzem bei Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Zweiten Weltkriegs in Korntal-Münchingen. Dagmar Müller-Buchaliks Klasse recherchierte über die Ermordung von Behinderten im Nationalsozialismus und erinnerte an die Lebensgeschichte von Marie Haun. Mehr Informationen dazu in Michael Seehoffs Blog: Volkstrauertag – Den Ermordeten zum Gedenken

Mitschnitte der Gründungstagung des Hannah-Arendt-Instituts für politische Gegenwartsfragen

Gründungsreden „Wozu ein Hannah-Arendt-Institut für politische Gegenwartsfragen?“

Gründungsreden "Wozu ein Hannah-Arendt-Institut für politische Gegenwartsfragen?"

Christian Volk: Politisierung durch Protest
Christian Volk: Politisierung durch Protest

Winfried Thaa: Warum Arendt und nicht Marx?
Winfried Thaa: Warum Arendt und nicht Marx?

Stuttgarter Schlossgarten
Es gilt das Grundgesetz!

von Eberhard Frasch

Schwarzer Donnerstag 30.09.2010 vor Verwaltungsgericht Stuttgart„Man wird sich fragen müssen, ob die Tatsache der Unberührbarkeit der Grundrechte in sich selber nicht ein so hohes Gut ist, dass der Staat – auch in Zeiten des Notstands – vor ihnen soll zurücktreten müssen.“ – so Carlo Schmid (SPD) vor dem Parlamentarischen Rat im Jahr 1948. Und gut sechzig Jahre später in den Stuttgarter Nachrichten der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD), zum ersten Jahrestag des folgenschweren Polizeieinsatzes  im Stuttgarter Schlossgarten: „Auslöser war nicht die Polizei, sondern die Demonstranten“. Aus dem heute verkündeten Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts zu dessen  Rechtmäßigkeit lässt sich ableiten: Gall hat sich mit seiner damaligen Äußerung weit von seinem Genossen Carlo, einem der Väter des Grundgesetzes,  entfernt und in eine Reihe mit seinem Vorgänger Rech (CDU) gestellt, der noch am Abend des Schwarzen Donnerstags von geworfenen Pflastersteinen als Auslösern gesprochen hatte – zu Unrecht. Oder mit Oberstaatsanwalt Häußler, der im Dezember 2011 in der Einstellungsverfügung gegen Stumpf, Mappus & Co u.a. geschrieben hatte: „Auf die versammlungsrechtliche Beurteilung kommt es … nicht an.“ Heute erklärt Gall: „Als Innenminister und oberster Dienstherr der Polizei Baden-Württemberg bedauere ich natürlich, dass durch unverhältnismäßiges Einschreiten der Polizei Menschen zu Schaden gekommen sind.“ Diese Worte klingen – auf dem Hintergrund seines jahrelangen Verhaltens als „Polizeiverteidigungsminister“- hohl und werfen – wenn schon „natürlich“ – die Frage auf: Warum nicht schon 2011 – mit entsprechenden Konsequenzen?

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat nun mit seinem Urteil dem Grundgesetz in dieser Stadt wieder volle Geltung verschafft, indem es einen eklatanten Verfassungsbruch der Stuttgarter Sicherheitorgane festgestellt und damit den fünf Jahre andauernden Skandal eines partiellen Grundrechtsvakuums beendet hat. Es definierte die Schlossgarten-Demonstration vom 30.09.2010 als „eine verfassungsrechtlich geschützte Versammlung“ und ordnete diesem Bezug auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes alle anderen Aspekte unter.

Lassen wir das Gericht selbst sprechen (Pressemitteilung vom 18.11.2015): „Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat heute sechs Urteile verkündet, in denen sie feststellt, dass den Klägern gegenüber getroffene polizeiliche Maßnahmen im Stuttgarter Schlossgarten am 30.09.2010 rechtswidrig waren. …   Den stattgebenden Entscheidungen liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Die gegenüber den Klägern durch den Polizeivollzugsdienst ausgesprochenen Aufforderungen, bestimmte Bereiche des Schlossgartens zu verlassen (so genannte Platzverweise), sind rechtswidrig. Dem Erlass des auf das Polizeigesetz des Landes Baden-Württemberg gestützten Platzverweises steht die so genannte Sperrwirkung des Versammlungsrechts entgegen. Danach sind polizeiliche Maßnahmen, die die Teilnahme an einer Versammlung beenden, rechtswidrig, solange die Versammlung nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes aufgelöst worden ist. Die Menschenansammlung im Stuttgarter Schlossgarten am 30.09.2010 war eine verfassungsrechtlich geschützte Versammlung. Denn bei der Verhinderung der Baumfällarbeiten und der Errichtung des Grundwassermanagements handelte es sich lediglich um ein Nahziel zur Erreichung des Fernziels der Verhinderung des Umbaus des Bahnknotens Stuttgart. Der Schutz des Versammlungsgrundrechts entfiel auch nicht wegen Unfriedlichkeit. Vorfälle, die zur Annahme der Unfriedlichkeit führen könnten, wie der Einsatz von Pyrotechnik oder das Besprühen von Polizeibeamten mit Pfefferspray, blieben vereinzelt. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere des Einsatzes von Wasserwerfern, ergibt sich bereits aus der Feststellung der Rechtswidrigkeit des den Klägern gegenüber angeordneten Platzverweises. Erhebliche Zweifel bestehen im Übrigen an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes des Wasserwerfers gegenüber den Klägern. Insbesondere ist zweifelhaft, ob Wasserstöße als die intensivste Form des Einsatzes eines Wasserwerfers angemessen waren.“

An das Land ergeht nun der Appell: Stellen Sie keinen Antrag auf Zulassung der Berufung und kommen Sie den Opfern endlich mit einer Entschuldigung sowie Angeboten zu Entschädigungen und Schmerzensgeldzahlungen entgegen.

Justiz von unten
Wie verändert sich das Rechtssystem?

Der ehemalige Richter Christoph Strecker hat Erfahrungen aus seiner Berufslaufbahn, seine Kritik und Denkanstöße in dem Buch „Justiz von unten“ zusammengetragen. Aus diesem Anlass diskutierten Christoph Strecker, Peter Grohmann (AnStifter) und Roland Kugler (Rechtsanwalt) über die Reformierbarkeit des deutschen Rechtssystems unter der Moderation von Petra Bewer .

Dabei kamen die Erfahrungen der Beteiligten mit der 68er-Bewegung, dem Asylgesetz und Abschiebehaft genauso zur Sprache wie der Umgang mit Strafverfahren gegen die nationalsozialistischen Täter des Massakers in Sant’Anna du Stazzema und die unterschiedliche Bewertung bei S21-Gegnern. Neben rechtsphilosophischen Fragen wurde auch die Frage erörtert, in welche Richtung sich die Justiz in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Dabei gab es eher pessimistische Stimmen, aber auch optimistische Sichtweisen und Appelle.

Eine Teilnehmerin berichtete von der Unprofessionalität der Richter, die sie als Schöffin erlebt hat. Ein anderer betrachtete kritisch die aktuellen Entwicklungen der baden-württembergischen Justizpolitik. Schließlich brachte es Christoph Strecker auf den Punkt, indem er die Fabel vom Wolf und dem Lamm erzählte, um die „Irrelevanz von Argumenten gegenüber der Macht“ zu illustrieren.

Diskussion und Buchvorstellung: Justiz von unten