Twitter-Protokoll der 35. Sitzung des NSU UA am 27. November 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg ‏von @nsuwatch_bw und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Kiesewetter
Tagesordnung vom 27. November 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

ZeugInnenliste
1. Jerzy Montag zum „Corelli“-Bericht des Bundestags
2. G.B. – BfV zum Ku-Klux-Klan, Corellis V-Mann Führer (nicht öffentlich)
3. Melanie S. – Cousine von Michele Kiesewetter, zum privaten Umfeld von Kiesewetter
4. Anja W. – ehemalige Lebensgefährtin des Onkels von Michele Kiesewetter, zum privaten Umfeld von Kiesewetter (nicht erschienen)
5. Christian Fr. – Bekannter von Michele Kiesewetter zu ihrem privaten Umfeld
6. Dominik W. – PHM, PP Einsatz, damaliger Kollege von Michele Kiesewetter, zu den Einsätzen von Kiesewetter
7. Mike L. – zum Komplex Hauskauf Tino Brandt und zu möglichen Bezügen des NSU nach BW


Wir twittern heute ab 9.30 aus dem NSU -UA BaWü. U.a. wird Jerzy Montag zum toten V-Mann Thomas Richter alias „Corelli“ berichten – @nsuwatch_bw

darum geht es beim 1. Zeugen Sonderermittler Jerzy Montag legt neue Einzelheiten über V-Mann Corelli vor – @fraufoo

Die 35. Sitzung des NSU -UA in Stuttgart startet jetzt mit der Vernehmung des Rechtsanwaltes Jerzy Montag zum Fall „Corelli“ – @nsuwatch_bw mehr…

Sichere Herkunft?

Eindrücke von Besuchen bei zwangsrückgekehrten Romafamilien auf dem Balkan
Von Michaela Saliari

Im Jahr 1991, als die Jugoslawienkriege wüteten, suchten viele Menschen Schutz in Mitteleuropa, darunter auch viele Roma. Schon damals lernte ich mehrere Familien kennen, die ich auf Anhieb mochte. Es waren freundliche Menschen, die mich jederzeit herzlich-warm willkommen hießen.
Durch all die vielen Gespräche mit ihnen und anderen hier lebenden Roma, durch Erlebnisse bei Besuchsreisen nach Serbien und Mazedonien sowie durch die theoretische Auseinandersetzung mit den Themen „Roma“ und „Antiziganismus“ formte sich in mir ein Bild. Das habe ich auf einer Reise auf den Balkan Anfang Oktober aufgefrischt.
Wir wollten uns bekannte Familien besuchen und deren Lebenssituation nach der erzwungenen Rückkehr dokumentieren und herausfinden, ob und in welcher Form man sie längerfristig unterstützen könnte und ihnen mit Geld-, Medikamenten- und Kleiderspenden die aktuelle Lage erleichtern.
Ein weiterer Plan war, die Situation der Transitflüchtlinge an den EU-Außengrenzen in den Blick zu nehmen. Wir sammelten warme und wetterfeste Kleidung, Schuhe und Decken, um sie den Transitflüchtlingen zu bringen. mehr…

Zum Nachtisch Feinstaub

Zum Nachtisch Feinstaub

Stuttgart, die grüne Großstadt zwischen Hängen und Würgen, ist Europameister beim Feinstaub: 80% aller Betroffenen haben Keuchhusten. Da beisst auch die Maus im Amtszimmer von Fritz Kuhn keinen Faden ab. Fadenscheinig allerdings und hilflos scheint nahezu alles Bemühen, den Titel an Hamburg oder Köln abzugeben! Von den selbstgesetzten und fremden Zielen, also vom weißen, unschuldigen Papier zur schmutzigen Realität bis zur Schleimlösung für die Lungen ist es ein weiter Weg, gepflastert gewissermaßen mit Leichen. Etwa 3,3 Millionen Menschen sterben jährlich weltweit an Luftverschmutzung. Zu den weltweit größten Ursachen der Todesfälle durch miese Luft gehören Schlaganfälle wie etwa bei Omi Glimbzsch in Zittau, das Schlägle und der hundsgewöhnliche Infarkt. Knapp 73% der Toten könnten ein Lied davon singen. 27 % der Todesfälle gehen freilich auf Atemwegserkrankungen oder Lungenkrebs zurück – vom Rauchen wollen wir jetzt mal nicht reden. Die mikroskopisch kleinen, ja fast niedlichen Feinstaubpartikel (ich sag‘ das, weil die nicht ernst genommen werden!) dringen über die Atemluft über die Lunge auch in die Blutgefäße ein. So manches schlägt sich dann auch im Hirn nieder, führt aber denkwürdigeweise zu keiner Verbesserung, sondern erhöht nur noch das Risiko. Und ganz nebenbei: In Deutschland sterben doppelt so viele Menschen an diesen schöngeredeten „Verkehrsemissionen“ wie an Verkehrsunfällen. Aber wir geben weiter Gas. Nahverkehr ist fast so poplig wie echte, alte Bäume, die in der europäischen Feinstaub-Hauptstadt zu hunderten umgenietet wurden.

So wie sich der TÜV und andere wichtige Behörden von VW & Co KG verarschen lassen, so verarschen die dann ihrerseits die Anwohner der Feinstaubstraßen: Dort lebt das wehrlose Volk, die unteren Schichten, die Ärmsten der Armen, Leut‘ ohne Lobby. Die oben in ihren PS-starken Karossen mit und ohne Manipulation vorbei donnern, scheren sich einen Dieseldreck darum. Sie diskutieren allenfalls im Feuilleton, was die Reduzierung auf 30, 40 oder 60 km innerstädtisch bringt. Treffender, klarer kann sich lokale, Landes- und Bundespolitik nicht vorführen. Jetzt fehlt nur noch der Antrag auf Strafvereitelung im Amt. Mit Todesfolge.

Neue Bürgerbewegungen – Neue Politik
Hannah-Arendt-Institut gegründet

Am Wochenende wurde mit der Tagung „Neue Bürgerbewegungen – Neue Politik?“ das Stuttgarter Hannah-Arendt-Institut gegründet. Im Anschluß an die Gründungsreden der Initiatoren Annette Ohme-Reinicke, Hans Christ und Peter Grohmann am Freitag abend hielt Christian Volk von der Universität Trier einen Vortrag über die Politisierung durch Protest. Am Samstag begann die Tagung mit einem Vortrag von Winfried Thaa über die Frage „Warum Arendt und nicht Marx?“. In den darauf folgenden Arbeitsgruppen beschäftigten sich die ca. 100 Teilnehmerinnen mit der Kunst des Widerstand, mit linkem Populismus, dem Verhältnis von Sozialen Bewegungen und Parteien, dem Begriff der Bürgerlichkeit und dem Freiraum Internet.

Videoaufzeichnung der Reden, Vorträge und Diskussionen: Neue Bürgerbewegungen – Neue Politik?

Vorberichte zur Gründung und Tagung:
Kontext Wochenzeitung: Arendt sticht Marx
Stuttgarter Zeitung: Hannah-Arendt-Institut soll alle Schichten erreichen

Twitter-Protokoll der 34. Sitzung des NSU UA am 23. November 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg ‏von @nsuwatch_bw, @mark_kleber und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Kiesewetter und Ku-Klux-Klan
Tagesordnung vom 23. November 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

ZeugInnenliste
1. Max Munding – Präsident Rechnungshof BW, zum Thema KKK. Er war von 2003 bis 2006 Ministerialdirektor im Innenministerium BW und wird in dieser Funktion befragt.
2. Beate Bube – Präsidentin Landesamt für Verfassungsschutz BW, zur möglichen Anwesenheit von Geheimdiensten in Heilbronn und zum Thema KKK
3. Dr. Helmut Rannacher – Präsident a. D. LfV BW, nochmals zum Thema KKK
4. Udo H. – KH, LKA BW, zur Operativen Fallanalyse, die das LKA BW für die BAO Bosporus erstellt hat
5. M. – KHK, BKA, hat eine Spur von einem weiteren Hinweisgeber bearbeitet, der sich an die Polizei gewandt hatte.
6. Andreas R. – PHK, PP Konstanz, war zum Zeitpunkt des Heilbronner Polizistenmordes bei der Bereitschaftspolizei. u.a. zum Einsatz in der Diskothek Luna
7. Marcel M. – POK, PP Ludwigsburg, Kollege und Bekannter von Michele Kiesewetter. ebenfalls zum Luna-Einsatz und zu weiteren Einsätzen von Kiesewetter
8. Reinhard Rudolf K. – erschien wieder nicht. Er war bereits am letzten Montag als Zeuge geladen, ist dann aber nicht erschienen. Es handelt sich um einen Hinweisgeber, der bei der Spionageabwehr der Military Intelligence gearbeitet hat und sich im November 2011 an die Polizei gewandt hatte.


Wir berichten heute wieder aus der Sitzung des NSU-UA in Stuttgart. Geladen ist u.a. LfV-Präsidentin Bube. – @nsuwatch_bw

Die Sitzung des NSU -UA beginnt mit 20 min Verspätung mit der Vernehmung von Max Mündung, Präsident des Rechnungshofs BW. – @nsuwatch_bw

Heute im UA: Die Arbeit des Verfassungsschutzes und sein Umgang mit V-Leuten im Fall Ku-Klux-Klan – @FraktionGruenBW

Munding soll zum Ku-Klux-Klan befragt werden. Er war von ’03-’06 Ministerialdirektor im Innenministerium BaWü. – @nsuwatch_bw

Erster Zeuge. Max Munding, Amtschef des Innenministeriums zum Zeitpunkt als bekannt wurde, dass Polizisten im KKK Mitglied sind – @FraktionGruenBW mehr…

Schüler gedenken Euthanasieopfer

Immer wieder initiieren Anstifterinnen kleine unscheinbare Projekte. Und andere Anstifter schreiben darüber. So zum Beispiel vor kurzem bei Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Zweiten Weltkriegs in Korntal-Münchingen. Dagmar Müller-Buchaliks Klasse recherchierte über die Ermordung von Behinderten im Nationalsozialismus und erinnerte an die Lebensgeschichte von Marie Haun. Mehr Informationen dazu in Michael Seehoffs Blog: Volkstrauertag – Den Ermordeten zum Gedenken

Mitschnitte der Gründungstagung des Hannah-Arendt-Instituts für politische Gegenwartsfragen

Gründungsreden „Wozu ein Hannah-Arendt-Institut für politische Gegenwartsfragen?“

Gründungsreden "Wozu ein Hannah-Arendt-Institut für politische Gegenwartsfragen?"

Christian Volk: Politisierung durch Protest
Christian Volk: Politisierung durch Protest

Winfried Thaa: Warum Arendt und nicht Marx?
Winfried Thaa: Warum Arendt und nicht Marx?

Stuttgarter Schlossgarten
Es gilt das Grundgesetz!

von Eberhard Frasch

Schwarzer Donnerstag 30.09.2010 vor Verwaltungsgericht Stuttgart„Man wird sich fragen müssen, ob die Tatsache der Unberührbarkeit der Grundrechte in sich selber nicht ein so hohes Gut ist, dass der Staat – auch in Zeiten des Notstands – vor ihnen soll zurücktreten müssen.“ – so Carlo Schmid (SPD) vor dem Parlamentarischen Rat im Jahr 1948. Und gut sechzig Jahre später in den Stuttgarter Nachrichten der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD), zum ersten Jahrestag des folgenschweren Polizeieinsatzes  im Stuttgarter Schlossgarten: „Auslöser war nicht die Polizei, sondern die Demonstranten“. Aus dem heute verkündeten Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts zu dessen  Rechtmäßigkeit lässt sich ableiten: Gall hat sich mit seiner damaligen Äußerung weit von seinem Genossen Carlo, einem der Väter des Grundgesetzes,  entfernt und in eine Reihe mit seinem Vorgänger Rech (CDU) gestellt, der noch am Abend des Schwarzen Donnerstags von geworfenen Pflastersteinen als Auslösern gesprochen hatte – zu Unrecht. Oder mit Oberstaatsanwalt Häußler, der im Dezember 2011 in der Einstellungsverfügung gegen Stumpf, Mappus & Co u.a. geschrieben hatte: „Auf die versammlungsrechtliche Beurteilung kommt es … nicht an.“ Heute erklärt Gall: „Als Innenminister und oberster Dienstherr der Polizei Baden-Württemberg bedauere ich natürlich, dass durch unverhältnismäßiges Einschreiten der Polizei Menschen zu Schaden gekommen sind.“ Diese Worte klingen – auf dem Hintergrund seines jahrelangen Verhaltens als „Polizeiverteidigungsminister“- hohl und werfen – wenn schon „natürlich“ – die Frage auf: Warum nicht schon 2011 – mit entsprechenden Konsequenzen?

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat nun mit seinem Urteil dem Grundgesetz in dieser Stadt wieder volle Geltung verschafft, indem es einen eklatanten Verfassungsbruch der Stuttgarter Sicherheitorgane festgestellt und damit den fünf Jahre andauernden Skandal eines partiellen Grundrechtsvakuums beendet hat. Es definierte die Schlossgarten-Demonstration vom 30.09.2010 als „eine verfassungsrechtlich geschützte Versammlung“ und ordnete diesem Bezug auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes alle anderen Aspekte unter.

Lassen wir das Gericht selbst sprechen (Pressemitteilung vom 18.11.2015): „Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat heute sechs Urteile verkündet, in denen sie feststellt, dass den Klägern gegenüber getroffene polizeiliche Maßnahmen im Stuttgarter Schlossgarten am 30.09.2010 rechtswidrig waren. …   Den stattgebenden Entscheidungen liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Die gegenüber den Klägern durch den Polizeivollzugsdienst ausgesprochenen Aufforderungen, bestimmte Bereiche des Schlossgartens zu verlassen (so genannte Platzverweise), sind rechtswidrig. Dem Erlass des auf das Polizeigesetz des Landes Baden-Württemberg gestützten Platzverweises steht die so genannte Sperrwirkung des Versammlungsrechts entgegen. Danach sind polizeiliche Maßnahmen, die die Teilnahme an einer Versammlung beenden, rechtswidrig, solange die Versammlung nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes aufgelöst worden ist. Die Menschenansammlung im Stuttgarter Schlossgarten am 30.09.2010 war eine verfassungsrechtlich geschützte Versammlung. Denn bei der Verhinderung der Baumfällarbeiten und der Errichtung des Grundwassermanagements handelte es sich lediglich um ein Nahziel zur Erreichung des Fernziels der Verhinderung des Umbaus des Bahnknotens Stuttgart. Der Schutz des Versammlungsgrundrechts entfiel auch nicht wegen Unfriedlichkeit. Vorfälle, die zur Annahme der Unfriedlichkeit führen könnten, wie der Einsatz von Pyrotechnik oder das Besprühen von Polizeibeamten mit Pfefferspray, blieben vereinzelt. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere des Einsatzes von Wasserwerfern, ergibt sich bereits aus der Feststellung der Rechtswidrigkeit des den Klägern gegenüber angeordneten Platzverweises. Erhebliche Zweifel bestehen im Übrigen an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes des Wasserwerfers gegenüber den Klägern. Insbesondere ist zweifelhaft, ob Wasserstöße als die intensivste Form des Einsatzes eines Wasserwerfers angemessen waren.“

An das Land ergeht nun der Appell: Stellen Sie keinen Antrag auf Zulassung der Berufung und kommen Sie den Opfern endlich mit einer Entschuldigung sowie Angeboten zu Entschädigungen und Schmerzensgeldzahlungen entgegen.

Justiz von unten
Wie verändert sich das Rechtssystem?

Der ehemalige Richter Christoph Strecker hat Erfahrungen aus seiner Berufslaufbahn, seine Kritik und Denkanstöße in dem Buch „Justiz von unten“ zusammengetragen. Aus diesem Anlass diskutierten Christoph Strecker, Peter Grohmann (AnStifter) und Roland Kugler (Rechtsanwalt) über die Reformierbarkeit des deutschen Rechtssystems unter der Moderation von Petra Bewer .

Dabei kamen die Erfahrungen der Beteiligten mit der 68er-Bewegung, dem Asylgesetz und Abschiebehaft genauso zur Sprache wie der Umgang mit Strafverfahren gegen die nationalsozialistischen Täter des Massakers in Sant’Anna du Stazzema und die unterschiedliche Bewertung bei S21-Gegnern. Neben rechtsphilosophischen Fragen wurde auch die Frage erörtert, in welche Richtung sich die Justiz in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Dabei gab es eher pessimistische Stimmen, aber auch optimistische Sichtweisen und Appelle.

Eine Teilnehmerin berichtete von der Unprofessionalität der Richter, die sie als Schöffin erlebt hat. Ein anderer betrachtete kritisch die aktuellen Entwicklungen der baden-württembergischen Justizpolitik. Schließlich brachte es Christoph Strecker auf den Punkt, indem er die Fabel vom Wolf und dem Lamm erzählte, um die „Irrelevanz von Argumenten gegenüber der Macht“ zu illustrieren.

Diskussion und Buchvorstellung: Justiz von unten

 

Paris

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – für diese Wette der Französischen Revolution sind die Menschen auf die Barrikaden gegangen. Die Arbeiter- und Emanzipationsbewegungen standen für diese Werte, für Aufklärung und Humanismus, für bessere Zeiten, damit eine andere Welt möglich wird.

Das dürfen wir uns nicht aus der Hand schlagen lassen – von niemanden. Keine Schnellschüsse nirgends! Auf dem Teppich der intellektuellen Redlichkeit bleiben: Haltung zeigen. Weitermachen beim schweren Alltagsgeschäft der Aufklärung. 

Zivilcourage ist notwendiger den je – für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

 

Wir trauern?

von Hans Christ, Direktor des Württembergischen Kunstvereins

Wir trauern? Oder wo sollen wir zu erst anfangen zu trauern? Den Angehörigen der Attentate in Paris gehört ihre Trauer. Diese ist nicht teilbar, außer wir projizieren auf persönlich Betroffene ein System, das mit uns verbunden ist. Dies würde aber bedeuten, dass wir auch um die Arbeiterinnen in einer Textilfabrik in Bangladesch trauern, die für unseren Zugang zu günstigen Konsumgüter gestorben sind. Ist es wirklich so einfach das eine als Unfall und das andere als Terror zu titulieren? Grundlage dieser Toten ist dasselbe westliche „Freiheitsmotiv“. Wie verteilen wir unsere Trauer zwischen all diesen Toten staatlichen, terroristischen wie Gewinnmaximierung orientierten Terrors? Wie bewerten wir das Töten der einen oder der anderen? Gibt es überhaupt die Option sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen ohne selbst Teil totalitärer, verallgemeinerbarer Wirklichkeitsansprüche zu werden? Was ist der IS für ein Phänomen? Was bedeutet die Behauptung des Äquivalentes zu einem Staat? Was ereignete sich in dieser Rhetorik des „Kampfs der Kulturen“, der seit 2001 westliche „Friedensstaaten“ zu „Kriegsstaaten“ transformiert? Wie unterscheiden sich Staaten, die seit 1945 das Recht zu töten zum eigenen Vorteil externalisiert haben, von der temporären Konstruktion eines Kalifats, das in seinem Inneren wie Äußeren den Terror des Tötens zur Existenzgrundlage nimmt? Ist unsere Rechtsstaatlichkeit etwas, was an unseren Grenzen endet und deren Schutz jedes Verbrechen jenseits dieser Grenzen legitimiert? Der Schock der Attentate in Paris sitzt ähnlich wie 2001 auch deshalb so tief, weil wir wieder die falschen Antworten geben, die auf beiden Seiten denjenigen zu spielen werden, die von einer destabilisierten Welt Profit schlagen werden. Ein Bundespräsident, der von einer neuen Qualität des Krieges und nicht von Terrorismus spricht, ist ein gefährlicher Brandstifter (Der Terror aus individualisierten Einzelzellen in urbanen Strukturen ist auch nichts Neues (Mumbai schon vergessen?).).

Unsere Freiheit konnte nicht durch eine militärische Intervention am Hindukusch verteidigt werden. Es folgte nur, was sich schon längst in der Expansion deutscher Waffenexporte fest geschrieben war: Die Festlegung auf eben eine Logik – der militärischen Option. Selten war es so überdeutlich, dass der völkerrechtlich illegale Irak-Krieg eine militärisch, hoch gerüstet terroristische Formation wie den IS erzeugt hat. Der Souverän „Westen“ ist der militärisch-industrielle Geburtshelfer dieser Bestie.

Es war der durch und durch konservative US–Präsident David Dwight Eisenhower, der uns 1961 vor der Logik des militärisch-industriellen Komplex warnte, der heutzutage totale Realität ist: „Wir in den Institutionen der Regierung müssen uns vor unbefugtem Einfluss — beabsichtigt oder unbeabsichtigt — durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen.“

In Paris wurde mit Kalaschnikows getötet, im Irak plünderte der IS zunächst die Waffendepots der „neuen“ Irakischen Armee, die vollgestopft waren mit US-amerikanischen und britischen Waffen, demnächst plündern die Taliban die Depots der zurückgelassenen Waffen der Bundeswehr, und Großbritannien und Deutschland machen nach wie vor Waffendeals mit der Diktatur in Katar. Das Land gilt als Geldtransferhafen zur Unterstützung des IS. Wir hier im Westen hoffen natürlich, dass die Erfahrung einer Fußballweltmeisterschaft in diesem Land, einer unserer größten Exportschlager demokratischer Freiheit den Kleinstaat vom Übel des Totalitarismus befreien wird. Zum Schutz des Ereignisses werden wir parallel jene Sicherheitstechnik an den Staat verkaufen, die in der Folge wohl kaum dazu dienen wird, die Verhältnisse vor Ort zu demokratisieren.
In einem Gespräch mit einem togolesischen Künstler muslimischen Glaubens stellten wir gemeinsam fest: „Die Welt geht schlecht.“ Die Frage ist: Was ist zu tun?

Herzlich Willkommen in tausend Sprachen

Herzlich-Willkommen-in-DeutschlandEin buntes Plakat für freundliche Willkommensgrüße in verschiedenen Sprachen. „Refugees welcome“ in der langen mehrsprachigen Version.

Format: 29,7cm x 66,5cm

Kosten: 3 Euro/Stück + Versand

Bestellungen an die AnStifter, Werastraße 10, 70182 Stuttgart oder elke.martin@die-anstifter.de.

AUSVERKAUFT!

Die Rückkehr der Deutungshoheit über den Polizeieinsatz gegen S21-Gegner

von Eberhard Frasch

Zur Zeit wird vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes im Schloßgarten vom 30.09.2010 verhandelt, bei dem mehrere hundert S21-Gegner verletzt wurden. Wer am 11.11.2015 der Verhandlung unter dem Vorsitz von Richter Nagel beigewohnt hat, konnte sich in der Sitzung eines Narrengerichts wähnen: die Vertreter der Regierung mussten Punkt für Punkt eine Predigt über sich ergehen lassen. Der Unterschied: Der Prediger war echt und die Regierungsvertreter traten keineswegs im Büßergewand auf – im Gegenteil, sie wichen widerwillig schrittweise zurück, maulten und erklärten zum Schluss, es gebe nichts zu bekennen oder nachzugeben, sie erwarteten ein Urteil.

Im Klartext: Die Verhandlung war eine Lehrstunde für die Landesregierung, die Justiz und für die Polizei in Sachen Grundrechte und Verfassung. Die wichtigste Aussagen: Der Versammlungscharakter der Menschenansammlung ist unabweisbar. Versammlungsrecht sperrt Polizeirecht. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs war rechtswidrig. Der Einsatz der Wasserwerfer war unverhältnismäßig.

Der Rechtsvertreter der Landesregierung im Rückzugsgefecht: Es sei schon bemerkenswert, wie locker das Gericht Rechtsverstöße wie die Erstürmung des Gitterwagens, Ellbogeneinsatz, Kastanienwürfe u.a. von Seiten der S21-Gegner bewerte. Darauf der Vorsitzende: Das seien einzelne Rechtsverstöße gewesen, zum Beispiel hätte die Polizei ohne weiteres eine Person, die aus einem Gitterwagenreifen die Luft raus lässt, hindern und festnehmen können. Das rechtfertige aber nicht, gegen eine grundgesetzlich geschützte Versammlung von 3000 Personen vorzugehen. Die Vertreter des Landes: Die Verletzten seien selbst in den Wasserwerferstrahl hineingelaufen. Der Vorsitzende: Wasserstöße auf eine Menschenmenge abzugeben, sei prinzipiell nicht zulässig – daher stelle sich die Frage nach dem Verhalten der Demonstranten nicht.

In einer Pressemitteilung des Gerichts ist zu lesen: „Die Kläger, die fast alle bei dem Polizeieinsatz verletzt wurden, möchten im Wesentlichen vom Gericht festgestellt haben, dass die Aufforderung der Polizei, bestimmte Bereiche des Schlossgartens zu verlassen sowie die Androhung und Anwendung des unmittelbaren Zwangs durch Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstock und Pfefferspray rechtswidrig waren. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, sie seien Teilnehmer einer friedlichen Versammlung gewesen. Der durch die Polizeibeamten ausgesprochene Platzverweis sei rechtswidrig gewesen, da die Auflösung der Versammlung nicht wirksam angeordnet worden sei. Schon aus diesem Grund seien die Androhung und Anwendung der Zwangsmittel unzulässig gewesen. Im Übrigen sei der Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray unverhältnismäßig gewesen. Insbesondere sei das gezielte Ausrichten des Wasserstrahls der Wasserwerfer auf einzelne Personen angesichts der fehlenden Gefahrenlage völlig überzogen gewesen.  Dem ist das beklagte Land in allen Punkten entgegengetreten.“

Bei dieser Haltung blieben die Vertreter des Landes im Gerichtssaal. Sie löste auch auf der Richterbank größtes Erstaunen aus. Richter Nagel verwies auf seinen Vorgänger, der schon gut vier Jahre zuvor Anfragen an die neue Landesregierung gerichtet habe, ob nicht – angesichts des Wechsels zu Regierenden, die als Oppositionelle die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes bestritten hätten – dem Anliegen der Kläger abgeholfen werden könne. Fehlanzeige. Das bringt sogar die bekennende Polizeifreundin Christine Bilger in der Stuttgarter Zeitung zu der Kommentarüberschrift: „Versöhnende Worte fehlen“.

Das Wichtigste – neben der unmittelbaren Genugtuung für die Verletzten: Die Deutungshoheit über das Geschehen wird den Bürgerinnen und Bürgern zurückgegeben. Bisher wurde sie etwa im Wasserwerferprozess gegen die verantwortlichen Polizisten von der vorsitzenden Richterin Haußmann ausgeübt: „Es ist davon auszugehen, dass der Polizeieinsatz rechtmäßig war. “ Etwa von Oberstaatsanwalt Häußler, der in jenem Prozess als Zeuge behauptete, die Abgabe von Wasserstößen gegen Menschen unter einer Plane sei „gegen eine Sache gerichtet“ gewesen. Etwa von Polizeiinspekteur Schneider, der den Bericht des Innenministeriums an den Landtag verantwortete (1.7.2011): „Bei all dem darf aber nicht verkannt werden, dass die primäre Ursache für den Einsatzverlauf am 30. September 2010 durch das Verhalten der S21-Gegner gesetzt wurde.“ oder „Der Einsatz der Wasserwerfer erfolgte am 30. September 2010 grundsätzlich regelkonform.“ Dem ist das Gericht in allen Punkten entgegengetreten.

Wir erwarten mit Hoffnung und Vorfreude das Urteil – eine Woche nach dem Elftenelften – am Mittwoch, 18.11.2015, 10 Uhr im Verwaltungsgericht Stuttgart, Augustenstr. 5.

Wettern
Hurenkinder, Penisangst

Hurenkinder, Penisangst

Manche Meldung dieser Tage erfreut mein linkes Herz! Vor einer Woche wurde einem VW-Manager in den USA der Pass entzogen – vermutlich nur, damit er sich nicht der Verfolgung entziehen kann. Dazu passt die Nachricht, dass sich (deutsche) VW-Mitarbeiter auf keinen Fall in den Staaten blicken lassen sollten. Die Gefängnisse in den Staaten sind so berüchtigt wie deren Polizei und Justiz. Verschwörungstheoretiker gehen davon aus, dass der ganze Skandal von langer jüdischer Hand vorbereitet wurde, um die deutsche TÜV-Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Die Flüchtlinge auch. Denn es sind ja nicht nur Terroristen, die da einwandern – die könnten wir verkraften, sorry, ich meine natürlich: Erwischen! Nein, die aktuelle die Völkerwanderung ist ebenfalls inszeniert – und auch das nur, um uns alle zu machen. In der guten alten Zeit empfahl die Regierung mit der Aktion Eichhörnchen: „Denke dran, schaff Vorrat an!“. Nachdenkenswert war überdies der amtliche Warnhinweis, sich bei einem Atomkrieg in die nächstbesten Straßengraben zu werfen und mit einer Aktentasche übem Kopp die letzten selbständigen Gedanken zu schützen. Das hat mich irritiert, denn bei jeder Röntgen-Untersuchung sichert man wieder und wieder durch einen Bleimantel meinen Unterleib. Das Personal verlässt dann panikartig den Raum. Ich habe Penisangst.

Womit ich zum Hurenkind komme. Damit wird im gedruckten wie im virtuellen Text die letzte Zeile eines Absatzes diskriminiert, sofern sie zugleich die erste Zeile einer neuen Seite ist. Hurenkinder, das hat man mit als Schriftsetzer schon ersten Lehrjahr eingebläut, sind in der Typografie schwere handwerkliche Fehler, da sie die Ästhetik des Satzspiegels besonders stark beeinträchtigen. Das Erscheinungsbild leidet. Neulich hab ich unterm öffentlich-rechtlichen Erscheinungsbild des Fernsehens gelitten und mich gefragt, wer hier Hure, wer Hurenkind und wer Freier ist. Jeder halbwegs bekannte Sportler begeht Vertragsbruch, wenn er sich von Mensch zu Mensch interviewen lässt. Das geht nur mit der Sponsorentafel im Hintergrund – alles andere ist untersagt. Der Gipfel war, als sogar das unmittelbare Umfeld eines Mikrofons von sage und schreibe acht Werbetafeln umzingelt war: Acht Quadrate der Dummheit. Wer nicht mitmacht, kriegt kein Bild, kein Wort, keinen Ton. Klar: Warum um alles in der Welt soll nur der deutsche Diesel auf Hund kommen und nicht auch die Informationsfreiheit?

Tagung
Neue Bürgerbewegungen – Neue Politik?

Anlässlich der Gründung des Hannah-Arendt-Instituts für politische Gegenwartsfragen

Das Programm zum Runterladen (PDF)

Freitag, 20. November 2015, 19 h
im Württembergischen Kunstverein
Schloßplatz 2, 70173 Stuttgart
Telefon: 0711 223370
www.wkv-stuttgart.de
und am
Samstag, 21. November 2015, 10:30 h – 17:30 h
im Literaturhaus Stuttgart
Breitscheidstraße 4, 70174 Stuttgart
Telefon: 0711 2202173

Programm

Freitag, 20. November 2015,19-21 h
19:00 – 19:30: Eröffnung:
Wozu ein „Hannah Arendt-Institut für politische Gegenwartsfragen“?
Annette Ohme-Reinicke, Peter Grohmann, Iris Dressler, Michael Weingarten
19:30 – 21:00
Vortrag und Diskussion: Politisierung durch Protest
Christian Volk, Prof. für Politikwissenschaft, politische Theorie und Ideengeschichte, Uni Trier
Anschließend: Umtrunk

Samstag, 21. November 2015, 10:30-17:30 h
11:00 – 11:20: Eröffnung: Begrüßung, kurze Zusammenfassung vom Vortrag, Vorstellung der Arbeitsgruppen
11:30 – 13:00 Vortrag und Diskussion: Politisches Handeln. Warum Arendt und nicht Marx?
Winfried Thaa, Professor für politische Theorie und Ideengeschichte, Uni Trier
Mittagspause
14:00 – 16:00 Arbeitsgruppen
Kaffeepause
16:15 – 17:30 Plenum und Schlusserklärung auf Grundlage der Arbeitsgruppen und Vorträge

Arbeitsgruppen

AG 1 Neue Bürgerschaftlichkeit und Politisierung

In den vergangenen Jahren hat sich mit dem Neoliberalismus eine Experten- und Elitenherrschaft durchgesetzt, die immer mehr auf demokratische Legitimation verzichtet. Gleichzeitig sind vielfältige Gegenbewegungen entstanden, die nicht mehr auf dem Ideengut des klassischen Liberalismus beruhen, sondern Fragen nach der Politik und dem politischen Handeln stellen. Worin liegen Chancen und die Grenzen der Bürgerbewegungen? Was heißt hier Politisierung?

Prof. Dr. Tillmann Reitz, Uni Jena
PD Dr. Udo Tietz, Universität Stuttgart
Moderation: Prof. Dr. Michael Weingarten, Uni Stuttgart

AG 2 Soziale Bewegungen und Parteien – und was ist das Problem?

Während Parteien früher Programmparteien an der Schnittstelle von Bürgern und staatlich-politischen Institutionen waren, sind sie heute nicht mehr anhand ihrer Programme zu unterscheiden. Daher können sie ihren Auftrag der Repräsentation immer schlechter erfüllen. Soziale Bewegungen kämpfen auch gegen die Verselbständigung der politischen Institutionen an, können aber bisher keine in die staatlichen Strukturen hineinwirkenden Formen der Organisation und Institutionalisierung ausbilden. Auch deshalb ist es wichtig, das Verhältnis von sozialen Bewegungen und Parteien grundsätzlich neu zu diskutieren.

Dr. Felix Heidenreich, Uni Stuttgart
Dominik Marschollek
Moderation: Herrmann Abmayr

AG 3 Die Kunst des Widerstands

Einer Diagnose Hanno Rauterbergs zufolge haben sich weite Teile der Gegenwartskunst zurückentwickelt zu vormoderner Auftragskunst: Der Rang eines Künstlers wird über den Marktwert seiner Werke ermittelt. Und der Marktwert ergibt sich über die Auftraggeber, wie Banken, Konzerne oder Milliardäre. Dass Kunst widerständig zu sein habe, Reflexionsprozesse bei den Rezipienten bewirken sollte, scheint in der Kunstszene zurzeit auf kein Verständnis zu stoßen. Es ist deshalb zu fragen, wie die Kunst des Widerstandes aussehen könnte, an welche Traditionen angeschlossen werden kann, welche Modelle widerständiger Kunst in der Gegenwart vorhanden sind.

Prof. Andreas Mayer-Brennenstuhl, Nürtingen
Moderation: Iris Dressler, Hans Christ, Württembergischer Kunstverein

AG 4 Camera panopticum oder Freiraum Internet?

Die neuen Medien schienen unkontrollierte Freiräume zu eröffnen, in denen eine größere politische Wirkung entfaltet werden könne, als durch Initiativen im nicht-virtuellen öffentlichen Raum. Spätestens seit Acta, den Enthüllungen von Edward Snowden und der Aufdeckung der Bespitzelungen durch die NSA gibt es mehr als Zweifel. Welche Rolle spielt der virtuelle Raum für die Zivilgesellschaft heute?

Dr. Tobias Matzner, Uni Tübingen
Kathrin Ganz, TU Hamburg Harburg
Moderation: Dr. Annette Ohme-Reinicke

AG 5 Linker Populismus – eine gute Idee?

Seit den globalen Protesten nach der Finanzmarktkrise greifen verschiedene Akteure, etwa in Griechenland, der Türkei und in Spanien, zunehmend auf das Konzept eines „linken Populismus“ zurück. Auch hierzulande stößt diese Idee vermehrt auf Interesse. In der Arbeitsgruppe soll die Frage diskutiert werden, ob es einen „linken Populismus“ überhaupt geben kann und wie das Konzept zu bewerten ist. Zwei Beispiele dienen für dieses Problem als Einführung: die Proteste in Spanien, die zur Etablierung der linkspopulistischen Partei „Podemos“ beitrugen, und die Proteste im Gezi-Park in Istanbul, die verschiedene Veränderungen der politischen Landschaft in der Türkei provozierten.

Dr. Daniel Hackbarth, Stuttgart
Yalcin Kutlu, Uni Jena
Moderation: Dominik Blacha, Die AnStifter

Details zur Tagung

Die Tagung ist ein selbstfinanziertes Projekt auf Spendenbasis. Für Studierende und Hartz IV-Empfänger fallen keine Kosten an. Wir freuen uns über einen Tagungsbeitrag in Höhe von 25 und Spenden für Menschen mit magerem Einkommen. Ihren Beitrag können Sie während der Tagung leisten oder unter dem Kennwort „Hannah-Arendt“ auf das Konto der AnStifter überweisen.

Eine formlose Anmeldung erleichtert uns die Vorbereitungen.
Bitte nennen Sie auch unverbindlich eine Arbeitsgruppe, an der Sie teilnehmen würden:
E-Mail: kontakt@die-anstifter.de

Gründungsaufruf des Hannah-Arendt-Instituts für politische Gegenwartsfragen

Seit einigen Jahren treten Bürgerbewegungen auf, die nicht nur neue Forderungen an die etablierte Politik richten, sondern sich selbst in Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse einbringen. Diese Prozesse werfen die Frage nach der Entwicklung und einem neuen Verständnis von Bürgerschaftlichkeit auf. Es ist daher eine drängende Herausforderung, solche gesellschaftlichen Reflexionsprozesse sowohl zu vertiefen als auch kritisch zu begleiten, auch um populistischen Schwarz-weiß-Denken entgegen zu treten. In diesem Zusammenhang ist die Gründung einer Einrichtung geplant, die die Möglichkeit bietet, politische Fragen, die sich aus aktuellen Praxen der Zivilgesellschaft stellen, aufzugreifen, zu vertiefen und hinsichtlich zukünftiger Perspektiven öffentlich zu thematisieren und zu reflektieren.

Warum Hannah Arendt?
Hannah Arendt war eine politische Denkerin, die sich unabhängig von politischen und wissenschaftlichen Traditionen sowie disziplinären Engführungen verstand. Dreh- und Angelpunkt ihres Denkens war die Frage nach einer gelingenden größtmöglichen politischen Partizipation der Bürger. Sie suchte nach bürgerschaftlichen Organisationsformen, die diesen Kriterien entsprachen, wandte sich gegen jegliche dogmatische Parteipolitik und stellte Handeln nicht als instrumentelles Tun, sondern – im Sinne des Aristotelischen Verständnisses von Praxis – als „Zweck an sich“, als „wirkliche Bewegung“ ins Zentrum ihrer politischen Überlegungen. Arendt entwickelte immer wieder von Neuem ein Politikverständnis, wonach Politik vom Tun der Bürgerinnen und Bürger, Einwohnerinnen und Einwohnern ausgeht – und nicht von staatlichen Strukturen oder Parteien. Ihrem Verständnis nach geschieht Politik zwischen Menschen, die sich zwar als verschiedene, aber dennoch gleichberechtigte Personen anerkennen und auf dieser Grundlage gemeinsam, im Sinne des besten ihres Gemeinwesens, handeln. Eine so verstandene Politik birgt „das inhärente Versprechen“, „daß die Menschen die Welt verändern können“. Der Sinn von Politik, so Arendt, ist Freiheit.

Ziele
Um an eine so verstandene Idee der Politik anknüpfen zu können, braucht es Räume der Reflexion. Das Institut versteht sich als ein solcher Raum, an der Schnittstelle von Zivilgesellschaft/sozialen Bewegungen und Wissenschaft sowie institutionalisierter Politik.

Wir werden
– Fragestellungen aus sozialen Bewegungen und zivilgesellschaftlichen Aktivitäten aufgreifen und mit wissenschaftlichen Diskussionen verbinden,
– Materialien für relevante Themen zu Verfügung stellen,
– Transferaufgaben aus der Zivilgesellschaft in die Wissenschaft und aus der Wissenschaft in die Zivilgesellschaft übernehmen,
– eigene Forschungsprojekte unternehmen,
– Forschungsaufträge bürgerschaftlicher Organisationen durchführen.

Dies geschieht durch Veranstaltungen, Publikationen, Tagungen, Seminare, Workshops, Beratung, Video- und Filmprojekte.

Die Theoriebildung und Forschungsarbeit des Instituts soll aus dem und im Handgemenge der Zivilgesellschaft entwickelt werden.

Die Initiatorinnen und Initiatoren
Dr. Annette Ohme-Reinicke, Universität Stuttgart
Iris Dressler, Württembergischer Kunstverein
Hans D. Christ, Württembergischer Kunstverein
Peter Grohmann, Die AnStifter, Stuttgart
Dr. Daniel Hackbarth, Stuttgart
Prof. Dr. Michael Weingarten, Universität Stuttgart

Erstunterzeichner dieses Aufrufs sind:
Elisabeth Abendroth (Sozialwissenschaftlerin, Frankfurt/Main)
Hermann Abmayr (Filmemacher und Journalist, Stuttgart)
Joe Bauer (Kolumnist, Stuttgart)
Carmen Eckardt (Regisseurin, Köln)
Prof. Dr. Heidrun Friese (Ethnologin, Chemnitz)
Prof. Dr. Arno Gruen † (Psychoanalytiker, Zürich)
Prof. Dr. Antonia Grunenberg (Politikwissenschaftlerin, Osnabrück)
Prof. Dr. Armin Grunwald (Philosoph, Direktor des ITAS, Karlsruhe)
Kathrin Ganz (Politikwissenschaftlerin, Hamburg)
Prof. Dr. Tim Henning (Philosoph, Stuttgart)
Prof. Dr. Joachim Hirsch (Politikwissenschaftler, Franfurt/Main)
Prof. Dr. Peter Kammerer (Soziologe, Urbino/Italien)
Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff (Politikwissenschaftler, Berlin)
Odile Laufner (Architektin und Stadtplanerin, Stuttgart)
Volker Lösch (Regisseur, Berlin)
Prof. Dr. Andreas Luckner (Philosoph, Stuttgart)
Petra von Olschowski (Direktorin der Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart)
Prof. Roland Ostertag (Architekt, Stuttgart)
Prof. Dr. Heribert Prantl (Journalist, München)
Dr. Ulrike Ramming (Philosophin, Stuttgart)
Prof. Dr. Tilman Reitz (Soziologe, Jena)
Prof. Dr. Ortwin Renn (Soziologe, Stuttgart)
Prof. Dr. Roland Roth (Politikwissenschaftler, Magdeburg)
Prof. Dr. Dieter Rucht (Sozialwissenschaftler, Berlin)
Gudrun Schretzmeier (Bühnenbildnerin, Stuttgart)
Prof. Dr. Dieter Senghaas (Sozialwissenschaftler, Bremen)
Dr. Stefanie Stegmann (Literaturhaus, Stuttgart)
Prof. Dr. Winfried Thaa (Politikwissenschaftler, Trier)
Dr. Mark Terkessidis (Sozialwissenschaftler, Berlin)
PD Dr. Udo Tietz (Philosoph, Stuttgart)
Jun. Prof. Dr. Christian Volk (Politikwissenschaftler, Trier)
Prof. Dr. Benno Werlen (Sozialgeograph, Jena)
Prof. Dr. Irving Wohlfarth (Philosoph, Paris)
Prof. Dr. Jörg Zimmer (Philosoph, Girona/Spanien)

Plakate für Frieden und Zivilcourage

Zur Zeit haben wir diese sechs Plakate auf Lager, die bei unseren Plakatwettbewerben zum Thema Zivilcourage und „100 Jahre Erster Weltkrieg – Die Waffen nieder! Jetzt!“ eingereicht wurden.
Größe: DIN A1 (59,4cm ×  84,1cm)

261 Mathias Huetter_3.jpeg
#1 Krieg siegt nie
021 Anna Kuper WarIsNot_AKuper.jpeg
#2 War is not…
024 Anne Schäfer Anne3.jpeg
#3 Nonviolence is a weapon of the strong
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#4 Krieg zerstört Sicherheit   
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#5 Wash the war!
keinkrieg_2.indd
#6 Schaulustig

 

Gegen eine kleine oder auch großzügige Spende schicken wir sie ihnen direkt nach Hause, ins Büro oder an den Lieblingsfeind. Bitte bedenken sie aber, dass uns der Versand mindestens 8 Euro kostet.

Bestellungen an die AnStifter, Werastraße 10, 70182 Stuttgart oder kontakt@die-anstifter.de. Abholung möglich in der DenkMacherei (Adresse siehe oben).

Twitter-Protokoll der 33. Sitzung des NSU UA am 9. November 2015

Live-Tweets aus dem NSU Untersuchungsausschuss des Landtags Baden-Württemberg ‏von @nsuwatch_bw, @mark_kleber und ‏@FraktionGruenBW (am Ende der Tweets vermerkt)

Themenkomplex Kiesewetter
Tagesordnung vom 9. November 2015
Transkribiertes Protokoll vom Landtag

Zeugenliste
1. Volker L. – LfV, war am Tag des Polizistenmordes möglicherweise auf dem Weg nach Heilbronn war oder hat sich möglicherweise in der Nähe der Theresienwiese befunden
2. R.R.K. – Hinweisgeber und ehemaliger Mitarbeiter der US-Armee. Er hat nach eigenen Angaben dort in der Spionageabwehr gearbeitet und der Polizei gegenüber angegeben, dass sich am Tattag eine als Terrorist gesuchte Person in Heilbronn aufgehalten habe. (Zeuge ist nicht erschienen)
3. Peter Rudolph L. – Zeuge und Mitarbeiter der US-Armee
4. Jamile C. – Augenzeuge, der am Tatort in Heilbronn vorbei kam. Er hat sich am 26. April 2007 bei der Polizei gemeldet
5. Martin G. – KOK,  BKA -– Spurensachbearbeiter zu der Frage, ob sich möglicherweise Mitarbeiter von Nachrichtendiensten in Heilbronn aufgehalten haben.
6. Yvonne M., PP Mittelfranken, frühere Mitbewohnerin von Kiesewetter
7. Kurt K. – KHK, LKA BW, Ermittler wird unter anderem zu der im NSU-Bekennervideo gezeigten Waffe befragt
8. Volker G. – KHK, PP Heilbronn, ehemaliger Kollege von Kiesewetter, der am Tattag in Heilbronn im Einsatz war und ausgesagt hat, dass sich das Mobile Einsatzkommando Karlsruhe nach der Tat auf der Theresienwiese befunden hat. Der Ausschuss will ihn fragen, warum er davon ausgeht, dass es sich bei den Spezialkräften um das MEK Karlsruhe und nicht um ein anderes MEK gehandelt hat.


Wir twittern heute wieder ab 9.30 Uhr aus dem NSU – UA im Stuttgarter Landtag. – @nsuwatch_bw

Waren Geheimdienste an Kiesewetters Todestag in Heilbronn? Heute Thema im NSU UABW – @fraufoo

Mit 5 min Verspätung beginnt die heutige Sitzung des NSU – UA. – @nsuwatch_bw

Als erstes ist Volker L. geladen, Mitarbeiter des Landesamt für Verfassungsschutz (LfV). – @nsuwatch_bw

mehr…

Pressemitteilung
Verleihung des Stuttgarter Friedenspreises 2015 der AnStifter an Giusi Nicolini, Bürgermeisterin der Mittelmeerinsel Lampedusa

Sonntag, 6. Dezember 2015, 17.00 Uhr
FriedensGala mit
Strom & Wasser featuring The Refugees

Verleihung des Stuttgarter Friedenspreises 2015 der AnStifter an Giusi Nicolini,
Bürgermeisterin der Mittelmeerinsel Lampedusa

Im Rahmen Ihrer FriedensGala verleihen die AnStifter den Stuttgarter Friedenspreis 2015 an Giusi Nicolini, der Bürgermeisterin der Mittelmeerinsel Lampedusa. Die Veranstaltung findet am Sonntag, dem 6. Dezember 2015, ab 17.00 Uhr im Theaterhaus Stuttgart statt.

Die Laudatio hält Jacob Augstein, Chefredakteur der Wochenzeitung „der Freitag“. Anschließend spricht Giusi Nicolini zum Thema „Wie groß soll der Friedhof auf meiner Insel noch werden?“
In einer sich anschließenden Podiumsrunde diskutieren unter der Moderation von Ellen Esen

  • Jakob Augstein, Verleger und Chefredakteur, Berlin
  • Dr. Heidrun Friese, Professorin für Interkulturelle Kommunikation, TU Chemnitz
  • André Leipold, Geheimrat und Dramaturg, Zentrum für Politische Schönheit, Berlin

Musik und Lieder zur Veranstaltung steuern „Strom & Wasser featuring The Refugees“ bei. Das ist ein einzigartiges Projekt: Der Liedermacher Heinz Ratz hat 200 Flüchtlingslager in Deutschland besucht und dort Musiker von Weltklasseformat gefunden, die durch Reise- und Arbeitsverbote keine Chance haben, ihre Musik zu spielen. Nun hat Ratz seine Band „Strom & Wasser“ noch durch ein „feat. The Refugees“ erweitert. Mit Musikern und Musikerinnen aus Gambia, der Elfenbeinküste, Afghanistan, Griechenland, Russland und dem Kosovo feiern „Strom & Wasser feat. The Refugees“ trotz des überaus ernsten politischen Hintergrunds ein fulminantes musikalisches Feuerwerk aus lebensfrohen Dub-, Reaggea-, Hiphop- und Balkanbeat-Nummern – Musik, die in den Flüchtlingslagern gefangen war und Gefahr lief, vergessen zu werden.

Die FriedensGala der AnStifter findet statt
in Kooperation mit Patronato ACLI Baden-Württemberg
und dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg

Tickets
gibt es ab sofort und nur beim Theaterhaus,
Siemensstraße 11, 70469 Stuttgart
VVK 17,50 €, Abendkasse 20,00 €
Telefonisch 0711 40 20 7-20 /-21 /-22 /-23, 10:00 – 21:30 Uhr

Pressehinweis:
Die FriedensGala beginnt Sonntag, 6.12., 17 h. Einlass 16:40 h
Pressegespräch mit den Akteuren am 6.12, um 16 h im Glashaus

Sie haben die Möglichkeit, im Vorfeld der Gala ab ca. 14 h mit Asylbewerbern, die bereits länger hier sind, und mit Menschen, die aktuell geflüchtet sind, Gespräche an unserem Projekt „über den tellerrand hinaus“
zu führen. Hier ist eine Anmeldung erwünscht.

Pressekarten für die Gala direkt im Theaterhaus:
bastian.ungemach@theaterhaus.com

Offene Fragen bei der Aufklärung der NSU-Morde

Eine aktuelle Dokumentation zeigt die offenen Fragen im NSU-Komplex. Dabei kommt auch der Mord an Michèle Kiesewetter ausführlich zur Sprache. Kurzzusammenfassung: es ist unwahrscheinlich, dass beim Mord auf der Theresienwiese in Heilbronn nur Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Täter sind. In dem Film wurden auch Handyaufnahmen vom Tatort erstmals veröffentlicht, die die fehlerhafte Spurensicherung zeigen.

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags beschäftigt sich am Montag ab 9.30 Uhr wieder mit dem Fall. In unserem Terminkalender veröffentlichen wir regelmäßig die Tagesordnung und die Ergänzungen der Pressestelle des Landtags zu den geladenen Zeugen.