Alle Beiträge von Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Newsletter
06.06.2013

„Die neue Bürgerrechtsbewegung im Taksim Gezi Park erinnert in vielem an die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21: Auch in Istanbul geht es um die Rodung eines Parks in der Innenstadt, um ein großes Immobilienprojekt, die Kommerzialisierung öffentlicher Flächen. Die hier entstandene neue Bürgerbewegung entstand jenseits der traditionellen Strukturen und geht – wie in Stuttgart – quer zu allen politischen Strömungen und sozialen Schichten. Hinter den Protesten aber steht in erster Linie eine neue und selbstbewusste Jugend, die berechtigte Angst um ihre Zukunft hat und ganz schlicht „mehr Demokratie“ fordert.“ Paul Schneidereit, Journalist, Istanbul mehr…

Miyoko Shida
Power Of Concentration

Post aus der DenkMacherei am 21.5.2013


An allem Unfug, der passiert, sind etwa nur die schuld, 
die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.  Erich Kästner

Im Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts heißt es: „Sie (Versammlungen) … enthalten ein Stück ursprünglich ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den öffentlichen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren.“ Von Stuttgart aus fährt ein Sonderzug am Sa, 1.Juni 2013 nach Frankfurt. Fahren Sie mit! mehr…

Friedenspreis 2013 – Vorschläge und Stimmzettel

friedenspreis 2013-wahlheft

Wettern der Woche:
 Mundlos sprachlos

Nur 70 Prozent der Deutschen haben das Vertrauen in Politik und Wirtschaft verloren, sagt Bertelsmann. Das „nur“ stammt von mir. Aber was ist mit der Justiz? Volle Pulle Vertrauen? „Arm und reich, vor Gott ist alles gleich“, wusste meine Omi Glimbzsch. Aber was ist vorher, Omi?, hab ich sie gefragt. mehr…

Wettern der Woche
Demokratie soft

Sieg, Sieg, Sieg! Endlich Demokratie! Wenn das meine Omi Glimbzsch noch erlebt hätte! Sooooooooo viele Menschen waren mit den Beteiligungsformen der repräsentativen Demokratie unzufrieden. Alle paar Jahre wählen – das kann man den Hasen geben! Und im kritischen Stuttgart (samt Remstal) ist das dem wütenden Bildungsbürger zu wenig. mehr…

Wettern der Woche
Hü, mein Pferdle, und hott, mein Gaul

Nu mal langsam mit die jungen Pferde, hat meine Omi Glimzsch aus Zittau gern gerufen, wenn man zu schnell war im Vor-Urteil! Warum sollte man nicht den Empfehlungen von Hartwig Fischer und Minister Niebel folgen, den Armen und Aussätzigen im Lande die Edel-Lasagne in den Wohnstall zu kippen? Also entweder ist am dem gefundenen Fressen nichts Verbotenes dran – keine gedopten Rösser, keine Reste aus der Apotheke wie beim Hühne- oder Schweinefleisch – dann mal ran an den Speck! Natürlich haben auch die Ärmsten der Armen das Recht, vom Reiten zu träumen, davon, einmal Springreiter zu werden im anderen Leben und im Pferd einen guten Kameraden zu sehen: Ronny mag Ponny! Aber eben nicht auf dem Teller!

Insoweit kann man die Scheu vorm Pferdefleisch nachvollziehen. Andererseits wäre es eine Sünde, gutes Essen einfach mir nichts – dir auch nichts auf den Müll zu werfen! In Deutschland sind unter anderem ca. 1,5 Millionen Menschen auf die Hilfe der Deutschen Tafel angewiesen – die anderen schämen sich. „Diesen Menschen und Hilfsorganisationen könnten die eingezogenen Lebensmittel nach einer Neudeklarierung zur Verfügung gestellt werden“, meint der christliche Demokrat Hartwig Fischer, der natürlich weder seinen Mantel noch seine Ökokost mit anderen teilen mag. Der besseren Durchsetzbarkeit halber sollten bei beiden Herrenreiter der Nation vor-speisen: Beim beginnenden Wahlkampf eine „große Tafel“ auf dem Marktplatz, eingeladen zur Ehrenspeisung die Honoratioren von Stadt, Land, aus Metzgereien und Fachfleicherbetrieben. Unsere Sterneköche machen – coram publico – die Fertiggerichte in den glänzenden Edelstahlbehältern zunächst mal so richtig heiß. Dann betreten die Vorkoster vom Dienst die Bühne: Es werden feine Pappteller samt Plastikbesteck (elfenbeinfarben) gereicht – und dann wird gefuttert und gefüttert, was das Zeug hält.

Jeder der eingeladenen Hartz-VI-Empfänger – hinter der Absperrung – darf dann zunächst mal abbeißen – es ist fast so schön wie auf der Grünen Woche! Wer der Einladung keine Folge leistet, wer unentschuldigt fehlt oder einfach nur kotzen möchte, dem wird die Sozialhilfe entzogen.

Frau Schickedanz, um ein Beispiel aus besseren Kreisen zu nehmen, hat sich nie gescheut, in Stutenmilch zu baden, und Cleopatra auch nicht. „Lass mich dein Badewasser schlürfen“, haben die Comedian Harmonists noch gesungen, als sie Cleopatra in der Wanne panschen sahen. Dann mußten sie emigrieren.

Was Joe Bauer wirklich sagte

Guten Tag, meine Damen und Herren,
heute melde ich nicht ohne Stolz, dass ich hier auf dem Schlossplatz schon zu jeder Jahreszeit mal was gesagt habe. Denn das bedeutet: Der Stuttgarter Protest ist kein saisonales Ereignis in der Geschichte dieser Stadt. Diese Protestbewegung ist wetterunabhängig, resistent und bereit zum Weiterkämpfen.
Zunächst hat mich das Motto der Kundgebung leicht irritiert. „Endstation Stuttgart 21 – bitte alle aussteigen.“ Dann wurde mir klar: Das Motto meint ja nicht uns, die wir hier stehen wie eine Eins. Wir sind keine Aussteiger. Für eine demokratische Bürgerbewegung wie diese,die so unglaub-lich viele Dinge auf die Beine gestellt hat, gibt’s keine End-station. Im Gegenteil: Je länger man sich mit den Bürger-rechten befasst, desto besser begreift man: Es gibt eine Menge zu tun. Diese Arbeit wird nicht aufhören, wenn wir etwas verändern wollen. Von den Aktionen gegen Stuttgart 21 habe ich einiges gelernt: Wer sich mit Stuttgart 21 be-schäftigt,wer die Wahrheit hinter diesem Größenwahnpro-jekt sucht, darf nicht eingleisig unterwegs sein. Ein Blick in dieses Milliarden-grab eröffnet uns die Sicht auf andere Baustellen. Baustellen, die vom Bahnhof wegführen und neue politische Herausforderungen bringen.

Eine der dümmsten Floskeln überhaupt will den Leuten in der Republik weismachen, in Stuttgart gehe es um einen Bahnhof. Wer so redet, ist hereingefallen auf das Propa-ganda-Prinzip Merkel/Geißler. Der Bahnhof, diese Ruine neben dem umgepflügten Schlossgarten, ist vor allem dies: ein Symbol für die Stadtzerstörung, für Immobilien-Spekulationen in großem Stil. Der kaputte Bahnhof steht schon jetzt als Mahnmal für die Überheblichkeit der Poli-tiker gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Manche mögen denken, der Einzug grüner Regierungsspolitiker in die Villa Reitzenstein und ins Stuttgarter Rathaus sei so etwas wie die Endstation einer aufregenden Reise der Aufmüpfigen – man könne jetzt aus dem Protest ausstei-gen und sich zum Schnarchen aufs Sofa zurückziehen. Wer so denkt, muss dringend geweckt werden – weil er die kalten Duschen der grün-roten Mitmacher und Wegschauer womöglich verpennt hat. Der verbliebene Torso des Paul-Bonatz-Baus ist ja nicht nur ein Stuttgarter Symbol. Der Architekturkritiker Dieter Bartetzko von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beschrieb neulich in einem erstklassigen Aufsatz über die Großprojekte in Deutschland die beteiligten Politiker und Manager als ein Gemisch aus Geldgier, Verantwortungslosigkeit, Über-forderung. Sein Artikel endete mit dem Zitat „Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“ und der zornigen Bemerkung: „Und wir sehen tatenlos zu.“ Mit dieser bitteren Pointe hat der Mann ausnahmsweise mal nicht recht: Wir in Stuttgart schauen nämlich nicht zu, wie Profiteure die Stadt verein-nahmen, wie sie die Leute aus der Stadt hinausbauen. Wir gehen auf die Straße. Und diese Aktionen sind ausbau-fähig. Man muss wieder mehr Leute motivieren: junge Leute, die womöglich jetzt erst begreifen, was in Wirklich-keit läuft in dieser Stadt.Nicht mal in weiter Ferne sehe ich die Endstation für den Protest – und Licht im Tunnel warnt bekanntlich nur vor einem entgegenkommenden Zug.
Eine demokratische Bürgerbewegung ist anders als jede Partei. Die Bürgerinnen und Bürger sind neugierig, sie bilden sich weiter und erkennen deshalb ständig neue Gründe, ihre oppositionelle Arbeit fortzusetzen. Es gibt ja keine andere Opposition! Die Politiker haben 20 Jahre lange versucht, uns Stuttgart 21 als „Stadtentwicklung“ unterzujubeln. Mit beleidigend unterentwickelter Intelligenz wollte die Propaganda vertuschen, dass es um die Um-wandlung von Schienen- in Immobiliengelände ging – und damit um astronomische Profite. Dabei feierten schon Mitte der 90er Jahre neoliberale Magazine wie Focus einen bevorstehenden „Mega-Milliarden-Deal“. Damals im Glauben, auch Städte wie Frankfurt und München seien so hirnverbrannt, sich auf den Unterwelt-Coup namens 21 einzulassen.
Inzwischen erleben wir, was auf dem Immobilienmarkt im Umfeld von Stuttgart 21 läuft. Nachdem die LBBW 2011 mithilfe der grün-roten Wegschauer Tausende von Wohnungen an die Patrizia AG verscherbelt hat, finden die ersten Mieterversammlungen am Nordbahnhof statt, und die Angst geht nicht nur am Nordbahnhof um. Die Kosten fürs Wohnen in der Stadt steigen extrem. Es herrscht der Mietwahnsinn. Unterdessen stieg der Anteil von mehr als 750 000 Euro teuren Luxuswohnen in Städten wie Stuttgart in den vergangenen zwei Jahren um 25 Prozent!
Und 20 Prozent beträgt nach Auskunft des Statistischen Landesamts der Anteil der Stuttgarter Bevölkerung, den man als „armutsgefährdet“ einstuft – dieser Bürokratenbegriff heißt nichts anderes, als dass jeder Fünfte in dieser superreichen Stadt Stuttgart seine Existenz nicht mehr selbst bestreiten kann – oft nicht einmal, wenn er voll arbeitet.
Der Anteil der Armen in Stuttgart ist in den vergangenen zwei Jahren extrem gestiegen. Besonders gefährdet sind Rentner, allein erziehende Frauen, Kinder und Jugendliche. Es ist ein Märchen aus alten Zeiten, wenn behauptet wird, in Stuttgart gebe es weniger Arme als in anderen deutschen Großstädten. Wir haben gleichgezogen.
Das leistungslose Geschacher der Investoren bringt uns mehr Einkaufszentren, mehr Schmutz und Dreck in die Stadt, etwa an der Tübinger Straße und hinter dem Bahnhof. Es bringt uns ein Luxus-Hochhaus mit dem dämlichen Namen „Cloud No seven“ und ein Reichen-Quartier mit der ebenso peinlichen Adresse Killesberghöhe – wohl als soziale Abgrenzung zur Killesberg-Tiefe.
Meine Damen und Herren: Es gibt keine Endstation. Die Themen Mietwahnsinn und Armut in der Stadt habe ich heute bewusst gewählt: Als Bürgerbewegung, als einzige Opposition in dieser grünen Hochburg sind wir verpflichtet, uns damit auseinanderzusetzen. Soll uns doch keiner erzählen, die Milliarden für Stuttgart 21 hätten mit sozialen Problemen nichts zu tun. Man kann das Geschwätz von den „verschiedenen Finanztöpfen“ nicht mehr hören. In dieser Stadt verbrennt man Unsummen von Steuern für ein desaströs geplantes und aufwändig propagiertes Milliardenprojekt, während man zur gleichen Zeit Wellblechcontainer als Kindertagesstätten aufstellt. Und die Vesperkirche in der Altstadt kommt nicht mehr nach, den Leuten ein bezahlbares warmes Essen auszugeben.
Wir wagen ja nicht einmal zu hoffen, die Landesregierung oder der neue Oberbürgermeister könnten die sozialen Zustände entscheidend ändern. Beschämend ist allerdings, dass die neuen Politiker dazu keine Haltung zeigen – und nichts dazu sagen. Der Ministerpräsident startet lieber populistische Ablenkungsmanöver. Kretschmann fordert ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen – und eröffnet zur gleichen Zeit die Kampftrinker-Orgie beim Volksfest auf dem Cannstatter Wasen. Prost, Gemeinde!
Die Stuttgarter Bürgerbewegung, meine Damen und Herren, hat viele Dinge ans Licht gebracht. Diese Bewegung hat vielen die Augen geöffnet und das Interesse an Politik geweckt. Viele Menschen in dieser Stadt wollen die Dinge inzwischen selbst in die Hand nehmen. Klar ist, dass ohne den Protest, dass ohne den Einsatz von Zigtausenden aufgeweckter Leute und das mutige Engagement vieler kleiner Gruppen die meisten S-21-Schweinereien nie aufgedeckt worden wären. Wichtig für die politische Arbeit ist es aber auch, Zusammenhänge zu erkennen.
Es ist kein Zufall, wenn ausgerechnet in dieser Zeit der neoliberalen Übermacht die Zahl der Neo-Nazis extrem wächst, in manchen Gegenden geradezu erschreckend.
Meine Damen und Herren, wir müssen genau hinschauen, uns mit dieser Entwicklung beschäftigen und uns dem Problem stellen. Man erkennt die Nazis nicht mehr an Bomberjacken, Springerstiefeln und Glatzen. Experten warnen vor der politischen Scharnierfunktion in unserer Gesellschaft: Immer mehr Nazis, adrett gekleidet und halbwegs gebildet, drängen sich ungehindert in konservative Kreise – und ihre rassistischen Parolen werden dort auch noch unterstützt. Noch einmal: Niemand erwartet von grünen oder roten Regierungspolitikern Wunder. Aber es ist höchste Zeit, ein sichtbares und hörbares Zeichen gegen den neuen Nazi-Terror zu setzen.
Mag sein, dass Stuttgart selbst nicht im Fokus der Nazis steht – aber schon im Rems-Murr-Kreis und in Göppingen sieht es anders aus. Wir dürfen nicht zuschauen, wenn Justiz und Polizei mit der Unterstützung rechter Parteipolitiker den Nazi-Terror rechtfertigen, indem sie sich linke Nazi-Gegner greifen und abstrafen.
Wie Justiz und Polizei mit Demonstranten generell umgehen, wissen wir ja bestens von Stuttgart 21. Und damit schließt sich der Kreis: Eine Bürgerbewegung kennt keine Endstation. Wir steigen nicht aus.
Da unser zerstörter Bahnhof als Symbol für unsere politische Reise steht, möchte ich Ihnen zum Abschluss ein Zitat aus der Stuttgarter Zeitung vorlesen:
„Der von Paul Bonatz erbaute Stuttgarter Bahnhof war ein Glanzstück unter den repräsentativen Bauten unserer Stadt. Die Reisenden waren voll des Lobs über die klare Übersichtlichkeit und Sauberkeit unseres Bahnhofs, den Schwaben aber war dieses, in seiner schlichten Linienführung … so sehr dem schwäbischen Geschmack entsprechende Bauwerk besonders ans Herz gewachsen, und sein Anblick erfüllte sie mit lokalpatriotischem Stolz … Von der einstigen Sauberkeit ist nichts, aber von der architektonischen Schönheit trotz der schweren Zerstörungen doch so viel übrig geblieben, dass man hoffen kann, den Hauptbahnhof in einigen Jahren ungefähr so vor sich zu sehen, wie er war.“ Dieses Zitat ist vom 2. Juni 1948.
In diesem Sinne: Bitte alle einsteigen – es geht weiter!

Rede von Joe Bauer am 23. 2. 2013 auf der Kundgebung am 23.2.2013 auf dem Schlossplatz

Wettern der Woche
Zeitbombe Neckarwestheim

In China kommen bösartige Journalisten oder der Chinese als solcher in ein Umerziehungslager, wenn sie nicht gut tun. Wenn sie Pech haben, werden sie dort alt. Die nordamerikanischen Methoden für kleine und große Kriminelle sind individueller – Guantanamo, die Kette am Fuß oder eine Drohne am Heimathimmel finden auch bei uns Beifall und Wohlwollen. Auch bei Mütterchen Rußland ist der Mensch als solcher nicht sicher – Meteoriten, Geheimpolizei und Fememorde gehören zum Alltag des Journalisten. mehr…

Petition | #Amazon Deutschland
Verbessern Sie die Arbeitsbedingungen Ihrer Leiharbeiter

Die ARD zeigte diese Tage eine Reportage über den Online-Versand Amazon. Die Dokumentation mit dem Titel „Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon“ zeigt die widrigen Umstände, unter denen die Arbeiter Pakete für den Versand vorbereiten. Der Bericht zieht eine Welle der Entrüstung auf Facebook nach sich – jetzt ist der Zeitpunkt, konstruktiv zu handeln!

via Petition | #Amazon Deutschland: Verbessern Sie die Arbeitsbedingungen Ihrer Leiharbeiter | Change.org.

Liesel Hartenstein

Noch Hitze überm Land. Bergauf.
Wildes rechts des Weges, Äcker, Wiesen links.
Ein Fuchs, der gute Nacht sagt
Furchen im Gesicht der Menschen wie im Boden.
Eine Handvoll Vögel in den Saaten, juchzend.
Korn im Wind.

Für Liesel Hartenstein, die eine von uns war

Wettern der Woche
Toppen, shoppen oder stoppen?

Toppen, shoppen oder stoppen? – In der guten Stube von meiner Omi Glimbzsch in Zittau, die nur sonntags genutzt wurde, gab’s hin und wieder Pferdefleisch. Kein Mensch hätte da ein Komplott der Konsumgenossen vermutet – es hat geschmeckt. Von Ekel zerfressen bin ich nur, wenn ich sehe, wie die Hühner gehalten werden, primitiv vom Menschen, und die Schweine sich die Ohren und Schwänze abfressen lassen, weil wir Artgenossen am Eisbein interessiert und am Gelde. Am Gelde lag’s auch bei Omi Glimbzsch, und am allgemeinen Mangel, was man bei den Schweinen nicht sagen kann. Mein Freund Al kommt aus einer schottischen Arbeiterfamilie und erzählt, daß die Armen runter sind zum Hafen in Aberdeen, wenn die Fischer mit dem Fang einliefen. Damals haben die nicht, sagt er, draußen sortiert auf See und das Kroppzeug über Bord gehen lassen. Damals wurde – der Mangel! – alles eingefahren. Und was man dann wegwarf, grabschten sich die Armen.. Da war, anders als heute, kein Hauen und Stechen, jede bekam was vom Fang. Und die Mutter vom Al brachte vor fünfzig Jahren schon prächtige Flundern oder Schellfische heim, frischer geht’s nicht, für nix und wieder nix! Man mußte nur den Makel übersehen – manchmal faustgroße Krebsgeschwüre am Fisch. Für die meisten was Ekelhaftes, zum Erbrechen – aber eben gut genug für die Armen, die mit kräftigen Schnitt ihrem Ekel den Hühnern vorwarfen. Wer für 25 Euro (plus Flughafengebühr) nach Aberdeen fliegt, sieht im Hafen allenfalls die europäischen Fisch-Fang-Hüter, die für großmaschige Netze sorgen und dafür, daß der Fang nicht den Armen in die Hände fällt, sondern dem Meer. Lehrfischer.

Ich krieg’ beim Aldi um die Ecke ein Kilo Sellerie für 1,19 Euro. Hühnerfleisch werfen sie mir nach, angeschimmeltes Obst kommt kistenweise in den Container hinterm laden. Dort holen sich die Freunde von Peter Hartz nach Feierabend ihren Anteil am guten Leben – iss mehr Obst und Du bleibst gesund. 4 Brötchen 1 Euro, das Backzeug kommt meiner Schätzung nach aus Tunesien, die kriegen dafür was ab von unserer Demokratie. Wenn der Lebensmittelbranche jemand dumm kommt – siehe den Aufklärer-Film „Water Makes Money“. – dann kommt das Sandmännchen oder der Staatsanwalt.

Inzwischen fliegen wir wie die Erdbeeren im Winter übers Meer – höher, schneller, weiter, besser. Wenn das nicht geht in Tegel, werden wir grob. Mit dem Intercity von übermorgen fahren wir ins Konzert zur Elbphilharmonie. Ob Grube oder Kefer dann mit den Bahn-Aufsichsräten wegen Stuttgart 21 noch in Untersuchungshaft sitzen, ist mir so was von egal – Hauptsache, meine Sellerie bleibt preislich auf heutigem Niveau. Übrigens – für 1,19 pro Kilo würd’ ich mich nicht bücken! Der Pole schon. Und der Tunesier auch.

Tovia Ben-Chorin muss unser Rabbiner bleiben.

Es war eine freudige Nachricht für die Jüdische Gemeinde zu Berlin, als im Jahr 2009 Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin als neuer Gemeinderabbiner  gewonnen wurde – ein bedeutender Rabbiner, streitbarer Geist und Gelehrter mit internationalem Renommee, der die Jüdische Gemeinde zu Berlin bereichern würde. Der Sohn des renommierten Religionswissenschaftlers Schalom Ben-Chorin amtierte zuvor als Rabbiner in Ramat Gan, Manchester, in der Har El Gemeinde in Jerusalem und in der Gemeinde Or Chadash in Zürich. Ben-Chorin hat als Israeli drei Kriege in der Panzerwehr mitgekämpft, war Leiter der israelischen liberalen Jugendbewegung und Gründer des Kibbuz Lotan im Negev.

via Tovia Ben-Chorin muss unser Rabbiner bleiben..

Wettern der Woche
Am Aschermittwoch…

…wird in Dresden wieder gedacht, an die Toten, nicht an die Lebenden. Überhaupt denkt man beim Gedenken viel lieber an die Toten – die können sich bekanntlich nicht mehr wehren und sind der Stadt am 13. Februar in lebhafterer Erinnerung. Die eigenen, na klar! Soll man, bei derart vielen zvilen Opfern, auch noch an die Schlowacken oder Zwangsarbeiter denken, die nicht in die Bunker durften? Na sehnse! mehr…

Aschermittwoch-Gedenken

Am Aschermittwoch wird in Dresden wieder gedacht, an die Toten, nicht an die Lebenden. Überhaupt denkt man beim Gedenken viel lieber an die Toten – die können sich bekanntlich nicht mehr wehren und sind der Stadt am 13. Februar in lebhafterer Erinnerung. Die eigenen, na klar! Soll man, bei derart vielen zvilen Opfern, auch noch an die Schlowacken oder Zwangsarbeiter denken, die nicht in die Bunker durften? Na sehnse!

„Meine Fresse, was da alles zerstört wurde – das geht ja auf keine Kuhhaut“, tät’ meine Omi Glimbzsch aus Zittau jammern. Sie sah den blutenden Himmel über Dresden, hörte die Bombengeschwader und Hans Albers aus den Volksempfängern „Flieger, grüss‘ mir die Sonne , grüss‘ mir die Sterne und grüss‘ mir den Mond“.

Zwei links, zwei rechts, und mit heißer Nadel gestrickt: Während sich die deutschen Kameraden und die NPD Gedanken ums Heldengedenken machen und wie man mit den linken Gesocks, das am 13. 2. auf die Straße drängt, am schnellsten fertig wird, stoppt das Dresdner Verwaltungsgericht ein sogenantes Blockade-Training der demokratiefreundlichen Gruppe „Dresden nazifrei“. Die Nazis, so die Richter, seien schließlich eine Minderheit und bedürften des Grundrechtsschutzes. Der Sinn des Trainings? Nachzudenken und auszuprobieren, ob und wie man das Stärkerwerden der Nazis verhindern kann.

Am 18. September 2012 hat das OVG Münster geurteilt, dass das Verbot von Blockadetrainings ein rechtswidriger Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist – oder andersrum: Auch Blockaden stehen unter dem Schutz des Versammlungsrechts. Beim Stricken mit den heißen Nadeln kann natürlich auch ein Gericht einen Fehler machen. Dann heißt es, einfach mal die Masche fallen lassen.

Als die Russen Dresden befreiten, bargen sie als erstes die Kunstschätze – das, was die Nazis nicht verscheuert, verbrannt und verbannt hatten als entartete Kunst. Sie waren halt bissel spät dran, weil unsere Großväter bis zum Umfallen ihren Mann standen. Das mit der Bergung und Rettung hatten auch die Franzosen vor – doch Geschichte wiederholt nicht, selbst wenn in diesen Tagen das französische Afrika-Korps unserer westlichen Werte schützt. Es geht eben nicht nur um Uran, sondern auch um Menschenrechte.

Die Bibliothek von Timbuktu brannte längst, als die Truppen noch im brennend heißen Wüstensand vor Timbuktu steckten. Dem Afrikaner bleib nichts anderes übrig, als seine Bibliothek selbst zu retten, bevor der weiße Mann da war. Man weiß ja nie… Aber er weiß aus Erfahrung: Befreier verspäten sich meistens.

Schon die Furcht zu irren ist der Irrtum selbst. (Hegel-Spruch am Stuttgarter Hauptbahnhof)
Nachrichten aus der DenkMacherei am 8.2.2013

He, Annette, in die Ecke!
Und schavane Dich!
Lass den falschen Doktorhut für mich.
Und dann Deckel zu und kräftig spülen:
Der Baron wird mit Dir fühlen!
Wer mit falscher Münze zahlt
und mit Doktorhüten prahlt,
kann nicht ministrabel sein:
Mach’s, Annette: Packe ein.
Lyrik von Peter Grohmann.

Noch mehr schlechte Gedichte am Aschermittwoch, 20 h, Theaterhaus:
Mi, 13. Feb, 20 h, Theaterhaus: Grohmanns politischer Aschermittwoch
Grohmann im Doppelpack: Ein politisches Donnerwetter – schräg, unorthodox, literarisch, musikalisch und satirisch – mit Peter und Ingo Grohmann (Akkordeon):MundArt, LesArt, ArtDeco: zum Davonlaufen. Ermunterungen für den Alltag und alles, was danach kommt. Erlöse des Abends für die Aktionen
zum 80. Jahredstag der Bücherverbrennungen.
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80 Jahre Bücherverbrennungen Die vhs Stuttgart und die Aktion 10. Mai laden ein zum offenen Künstlerwettbewerb

Am 10. Mai 1933 brannten in Deutschland die Scheiterhaufen – es war der sichtbarer Auftakt zu einem Prozess der systematischen Entrechtung und Vernichtung alles „Fremden“. mehr…

Wettern der Woche
Für Nazis wird guter Rat teurer

Am Abend des 27. Februar 1933 brennt in Berlin der Deutsche Reichstag – und der fliehende Holländer Marinus van der Lubbe wird als Brandstifter festgenommen. Ein Rätekommunist, wenn Sie wissen, was ich meine. Die laufen heute noch rum, mit rot-schwarzen Fahnen. Damals, in den Zwanziger Jahren, erkannten sie früh, daß die Partei, die Partei nicht immer recht hat – eine Erkenntnis, die sich leider nicht besonders durchgesetzt hat. Der Reichstagsanzünder van der Lubbe jedenfalls handelte nicht im Auftrag einer Partei, und „der“ schon gar nicht, sondern ähnlich wie Georg Elser, Hitlerattentäter und unser Mann in München, eigensinnig und eigenverantwortlich. Der Widerstand gegen den aufkommenden Naziterrors war’s bei dem einen, beim anderen die Gewißheit: Hitler bedeutet Krieg.

„Wer nichts erwartet, wird auch nicht enttäuscht“ – mit dieser Lebensweisheit sah meine Omi Glimbzsch in Zittau dem Sozialismus entgegen, nachdem vorüber war, was niemand gewußt haben wollte und bei dem niemand dabei gewesen war. Nach 45 konnten man in die Hände spucken, es war so um die Stunde Null herum. Auschwitz war befreit, und viele beklagen die Niederlage je heute noch – und mit ihr den Verlust von Rittergütern, Schlössern in Böhmen und Mähren und den Kolonien in Afrika. Ebenso viele wollen auf Teufel komm’ raus von dem ganzen Gepretzte nischt mehr hörn und suchen ihre letzte Ruhe im Dschungelcamp. Unterdessen ziehn jodelnd die neuen Nazis durch Wald und Feld, reparieren nicht nur in Thüringen auf verlotterten Spielplätzen Kinderschaukeln, besorgen neuen Sand für die Sandkästen – und wenn’s glatt ist, für den Fußgängerüberweg in Zittau, weil der Kommune das Kleingeld fehlt. Was an Sand übrig bleibt, ist für die Augen. So ist allen geholfen.

Rechtzeitig zum Holocaust-Gedenktag wird so mancher Beratungsstelle gegen Rechtsradikalismus der Haushalt gekürzt – guter Rat ist eben doch zu teuer. Um bei der Stunde Null anzufangen – Sorry, 45 war keine Zäsur. Denn das NS-Regime verdankte seine Legitimität keineswegs nur der Gewalt, sondern mindestens ebenso der Bereitschaft den vielen Deutschen, aus Unachtsamkeit, Gleichgültigkeit, sozialem Eigennutz und politischer Selbstgerechtigkeit den Kopf in den Sand zu stecken.

Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftigt sind!
Seid mißtrauisch gegen die Macht, die sie vorgeben für euch erwerben zu müssen! Wacht darüber, daß eure Herzen nicht leer sind, wenn mit der Leere eurer Herzen gerechnet wird! Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet! Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt! (Günter Eich: Träume, 1950).

Israel kritisieren – oder lieber nicht?

„Antisemitische und nicht-antisemitische Israelkritik – zur Problematik der Unterscheidung“: Diskussion mit Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber: So, 3. Februar 2013,18:30 h, Gemeindesaal Israelitische Religionsgemeinschaft, Hospitalstr.. 36, Stuttgart . Anmeldung: www.irgw.de, Tele0711.228360. Bitte Ausweis mitbringen.

Das Programm kann unter www.gedenkstaetten-bw.de heruntergeladen werden.

Die Abschiebungen von Sinti und Roma gehen weiter.

Das Innenministerium von Baden-Württemberg hat uns allerdings gebeten, klarzustellen, dass sich der baden-württembergische Winterabschiebestopp doch nur auf Familien mit minderjährigen Kindern bezieht. Erwachsene Einzelpersonen können weiter abgeschoben werden. Für den 1. Februar ist eine weitere Sammelabschiebung ab Baden-Airpark Karlsruhe vorgesehen. Nach unserer Kenntnis sind die Abgeschobenen in ihren Herkunftsländern nicht vor Verfolgung sicher, die soziale und medizinische Versorgung ist unter aller Sau – (im Sinne von Helmut Schmidt: Sagen, was ist). mehr…