Alle Beiträge von Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Wettern der Woche
Russki Snowden

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 14.08.2013

Text zum Thema

Wettern der Woche
Die drei Amigos …

Das Wettern der Woche vom 07.08.2013

Schriftlich gibt’s den Beitrag wie immer in der Kontext:Wochenzeitung.

BürgerInnenbrief 151

Der Knecht singt gern ein Freiheitslied
Des Abends in der Schenke:
Das fördert die Verdauungskraft
Und würzet die Getränke.

Heinrich Heine

Liebe Bürgerinnen und Bürger:
gestern, am Sonntag, war ich wie von der Muffe gepufft, als ich las, daß die Hälfte der deutschen Mannschaft bei der Fußball-WM 96 in England offenbar gedopt war. Auch bei der Olympiade 72 waren westdeutsche Sportler gedopt, Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 erhielten Anabolika. Warum? Weiter, schneller, höher, besser müssen wir sein es geht – es geht um Ehre, Prestige, Ruhm, Einfluss, Bedeutung und Macht, alles Begriffe, die auch um Stuttgart 21 kreisen. Löscher bei Siemens hat zehn Milliarden in den Sand gesetzt, Thomas de Maiziere ist dagegen mit den 650-Mio-EU-Drohnen ein Waisenknabe. Zig Milliarden wurden für überdimensionierte Fernstraßen zum Fenster rausgeworfen (Ramsauer!), rund 10 Milliarden geh’n dem Bund wg. schlechter Haushaltsführung jährlich verloren. Es werden Milliarden verschleudert, die man gar nicht hat. Die Staatsverschuldung in Deutschland nimmt um 1.335 Euro pro Sekunde zu, so der Bund der Steuerzahler. Volker Hauff (SPD): In der 3. Welt bricht das ganze Finanzsystem zusammen. Die Weltbank hat ausgerechnet, dass aufgrund der Finanzkrise Millionen Menschen in die Armut rutschen, Hunderttausende Kinder werden sterben. Das, was momentan noch an Entwicklungshilfe geleistet wird, ist ein Bruchteil dessen, was dort an Geldern abfließt. Die Entwicklung in diesen Regionen wird um bis zu 20 Jahre zurückgeworfen… Im Bankenbereich hat eine hohe Professionalisierung bei völliger sozialer Verantwortungslosigkeit und eiserner Habgier stattgefunden.“ Gut gebrüllt, Löwe! Habgier auf der einen Seite von Stuttgart 21,die Angst vor der größten Blamage des Nachkriegszeit auf der anderen hindert der Befürworter, der besseren Einsicht zu folgen. Sie warten, bis der Zug im Tunnel stecken bleibt oder ein hohes Gericht den Stopp21 verkündet. Ob Peter Grottian, Professor in Berlin und AnStifter in Stuttgart, Recht hat mit der Prophezeiung, nach der Wahl könnte die CDU Stuttgart 21 als Brautgeschenk opfern, um die Grünen ins Bett zu kriegen, weiß ich nicht, neu sind solche Gedanken nicht. Wir aber haben ja längst den Blick vom Bahnhof gelöst und schauen verblüfft auf jene vielgelobten Utensilien, die uns der Widerstand gegen das Milliardengrab beschert hat: Eine Schlichtung, deren Ergebnisse wir als „Machtlose“ schlucken mußten, um die sich aber die Projektpartner wie Bahn, Stadt, Land, Bund einen Scheiß scheren. Das gilt aus für die heitere Fragerunde, die sich Volkabstimmung nannte – beides wurde nahezu weltweit als Sieg der Straße gegen die Arroganz der Macht gefeiert. Also, was bleibt vom „Sieg“? Eine selbstbewußte, kritische Bürgerschaft. Und Menschen, die oben bleiben und auf der Straße. Für mich ist weder eine Lautsprecheranlage, die durch Dauerregen ihren Geist fast aufgibt, noch der Ort der Kundgebung eine Glaubensfrage. Ich würd’ so manchem Oberaufgeregten unter uns gern sagen: Macht’s halblang! Denken wir lieber gemeinsam darüber nach, wie wir wieder mehr werden, wie wir Nachbarn, Passanten, Kollegen für unsere Sache gewinnen.Wie wir Stuttgart 21 zum Wahlkampfthema machen können, ohne gleich sämtliche möglichen Bündnispartner zu vergrätzen. Weil wir ausgezeichnete Argumente haben, weil alle, alle Fakten für uns sprechen, können wir sachlich bleiben und auf Polemik verzichten. Das ist unsre Stärke. 40 Jahre hat es gedauert, bis die Sache mit dem Doping rauskam. Manche Lügen wie die von Stuttgart 21 haben viel kürzere Beine. Wer aber das mehrMehrmehr will, soll nach Weeze ziehen. Dort hat die rot-grüne Regierung den größten Schlachthof Europas genehmigt: schweinerei.blogsport.de. 400 000 Hühner können dort täglich geschlachtet werden. Jede Menge Mist, jede Menge Gier. „Hallo Stuttgart, wir haben von Eurem Widerstand gehört! Ihr seid unser Vorbild“, schriebt uns Fred Meikelson gestern. Danke, Fred, und wir verzichten auf’s Hähnchen21.

Peter Grohmann

Wettern der Woche
"mehr" oder "weniger"

Wettern der Woche vom 31.07.2013

BürgerInnenbrief 150

Wenn die Worte nicht stimmen,
so mißlingen die Werke;
misslingen die Werke,
so gedeihen Kunst und Moral nicht;
gedeihen Kunst und Moral nicht,
so trifft die Justiz nicht;
und trifft die Justiz nicht,
so weiß das Volk nicht, wohin Hand und Fuß setzen.
Also dulde man nicht,
dass an den Worten etwas in Unordnung sei.

Konfuzius.

Liebe Bürgerinnen und Bürger:
Ich bin doch nicht blöd, sagt das Volk zu Media-Markt. Doch, werd’ ich einwenden. Denn wer auf billig schaut, ist leicht beschickert, meschugge, dumm oder blöd. Wer wird denn heut, in diesen Zeiten, wo die Gletscher schmelzen und die Kinder nicht nur arbeiten müssen und hungern, sondern auch schießen, unbesehen aufs Billige hereinfallen? Das Hemde aus Bangladesch, die Schuh billig aus China, die Rosen Chemie-strotzend aus Lateinamerika? Schön blöd, möchte ich sagen, wer fürs portionsgerechte Zerteilen eines ganzen Schweins 1,67 Euro bekommt – Stücklohn, nicht daß wir uns falsch verstehen. Blöd, weil ihnen nichts andere übrig bleibt und die ganze Kommunikation nichts hilft, nicht alle Aufklärung, nicht das gute Buch, nicht das Fernsehprogramm: Es sind arme Schweine, die blöd dran sind, diese wie jene. Die einen, weil sie fressen müssen, bis sie schlachtreif sind, die andern, weil sie essen, schlafen, leben müssen. Die Schläfer sinds, die nicht wählen gehen, weil die Worte nicht stimmen, und weil die Worte nicht stimmen, werden sie nicht gehört…

Ich könnt ma innen Arsch beißen, hat meine Omi Glimbzsch aus Zittau gern gesagt, wenn sie von Fehlern erzählte, sich grün und blau ärgerte über was weiß ich, und sei es nur, „daß ich das Fernsehn nich ausgeschaltet hab’ bei dem Mist und ins Bett gegangen bin“. Liebe Leut’, uns nützt das Ärgern über Gestern nur, wenn wir die
alten Fehler nicht wiederholen. Das ist schwer genug. Gerade ist ja mal wieder viel Sand im Getriebe der Bürgerbewegten. Dabei sind die Leute um uns rum hellwach, kritisch, skeptisch, mißtrauisch geworden. Da haben zu oft die Worte nicht gestimmt. Nehmen Sie diese lächerliche und zu Recht geplatzte Anhörnung zum Grundwassermanagement, wo ein arroganter Beamter uns Bürger abmeiert wie Erstklässler. Nehm ’se die Gespräche zum „Hotel Silber“, wo Stadt und Land die seit vielen Jahren engagierten Bürger vor der Tür stehen lassen und drinne ein neues Konzept entwickeln, um Miete zu sparen! Der VfB würde sich so was natürlich nicht bieten lassen. Die Worte stimmen auch bei mir, bei uns nicht immer. Manchmal tun wir so, als stehe die Machtübernahme unmittelbar bevor. Manchmal merken wir nicht, wie viele Bürger echt angekäst sind, weil sie wegen uns ne Stunde später heim kommen, Leute, die wir auf unserer Seite brauchen oder doch wenigstens überzeugen wollen, oder? Na gut, dann halt „nur“ zum Nachdenken anregen!

Der demokratische Alltag ist grau. Er hat nichts vom Sturm auf die Bastille an sich, schade, nix vom Kanonendonner der Novemberrevolution in Württemberg und dem Aufbruch in Zeitalter der Aufklärung. Angesagt ist aber der Abbau alter Rechte, angesagt sind die Spitzel diesseits und jenseits des Atlantiks, angesagt ist der Überwachungsstaat, angesagt ist das große, alte, immer wiederholte Versprechen, daß sich spätestens nach den nächsten Wahlen alles ändert. Was unser Land indes braucht, ist ein demokratischer Aufbruch, ist die Einsicht von uns allen in unsere Stärke als weltoffene, tolerante Bürgerbewegung mit langem Atem, mit Ausdauer und Power hinzustehen und das 1000 x Gehörte eben noch mal zu hören. Wird es uns gelingen, wieder mehr Menschen auf unsere Seite zu ziehen? Vielleicht wär’s ja ganz gut, wenn wir uns selbst öfters mal zur Kritik ermunterten! Ein wöchentlicher öffentlicher Ratschlag nach jeder Demo mit aktuellen, heißen Themen – wie wärs? Damit die Worte wieder stimmen! Peter Grohmann

Komitee für Grundrechte und Demokratie: Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung

Pressemitteilung, 26.07.2013
 
Polizei und Medien provozieren Generalverdacht gegen Flüchtlinge
Am 23.7.2013 wurde in einem Freiburger Flüchtlingswohnheim eine groß angelegte Razzia durchgeführt. Grund hierfür war der Verdacht, „dass sich in dem Wohnheim ein Drogenumschlagplatz etabliert“ habe (Polizeiliche Pressemitteilung, 23.7.). Am Einsatz waren ca. 300 Polizisten beteiligt. mehr…

Wettern der Woche
Koks

Wettern der Woche vom 24.07.2013

Peter Grohmann wettert über Doping bei Kindern.

BürgerInnenbrief 149

Liebe Bürgerinnen und Bürger,
„keiner zahlt’s“
, lese ich heute. Hä? Hallo, ist da wer nicht ganz auf dem Laufenden? Ob nun das Land Baden-Württemberg, ob Bundesbahn oderStadt Stuttgart eines Tages die Quittung bekommt, zahlen werden es, egal, wie der Empfänger heißt immer wir, die Steuerzahler, niemand anderes! Aber vielleicht ist ja der Spruch keiner zahlt’s ein naiver Wunsch. daß sich bitte sehr die Schulden, die die munteren Sautreiber machen, in Luft auflösen mögen oder jemand von mehr…

Wettern der Woche
Rechte Spuren

Wettern der Woche vom 17.07.2013

Wie immer von und mit Peter Grohmann.

BürgerInnenbrief 148

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

es ist heiß draußen, während ich das schreibe – hoffentlich haben Sie wenigstens heute abend am Hauptbahnhof ein kühles Windle oder auch mal ein kräftiges Donnerwetter, wie ich es den Geldmachern von Stuttgart 21 wünsche. Eine kalte Dusche wünsch’ ich den Manipulateuren des Grundwasser-Managements, die sich nicht scheuen,mit leeren Händen vors Volk zu treten: weder die Stellungnahmen der Stadt noch des geologischen Landesamtes zur geologischen Stellungnahme der Bahn liegen bislang öffentlich vor. Das seit Jahren von der Stadt Stuttgart, dem Umweltministerium, dem Netzwerk Kernerviertel, Parkschützern, den Ingenieuren 22 und Medien verlangte geotechnische Gutachten hat die Bahn bis heute nicht erstellen lassen. Was für ein trauriger Zustand unserer Demokratie! Keine Ahnung, wie und wann und ob es heute beim Auftritt der Laienspielschar im Plieninger Apollotheater Beifall an den falschen Stellen gab, ob die Projekt-Einflüsterer ihren Stiefel durchziehen und ob das ganze Theater über die erste Szene im ersten Akt hinaus gekommen ist. Soviel jedenfalls ist klar: Wenn wir zum Besuch der Erörterungsveranstaltungen aufrufen – 16. und 17. Juli, ab 9 Uhr – und wenn wir Nachbarn und Freunde anstiften, eigne Einsprüche geltend zu machen, dann haben die ein Recht, gehört zu werden. Und wenn wir zur (Bürger-)Beteiligung aufgerufen werden, wenn das ganze nicht nur ein Spiel ist, um die Unruhe abzuschöpfen und in den Nesenbachdüker zu leiten, dann dürfen wir von den Verantwortlichen auch eine saubere Arbeit erwarten: Die geforderten Gutachten auf den Tisch, Sachlichkeit und die ernsthafte und sorgfältige Prüfung aller Einwände. Merkt auf, Obrigkeiten: Das hier ist kein Spiel, wir machen das nicht aus Jux und Tollerei! Wir opfern viel Geld und Zeit, wir geben uns große Mühe, Euch unsere Sorgen verständlich zu machen. Uns geht’s nicht, wie gern behauptet, um irgendwelche Belästigungen in Halbhöhenlagen – uns geht’s um das Wohl der Stadt, deren wichtigsten Schatz wir in Gefahr sehen: Die Mineralquellen. Bahnhöfe lassen sich notfalls wieder aufbauen, Tunnel schließen und Strecken umlegen.Aber wenn den Quellen etwas passieren sollte, dann ist Matthäi am Letzten, dann ist der Ofen aus. Werte Damen und Herren, unsere Quellen sind ein sehr seltenes und einmaliges Geschenk der Natur, ein Geschenk, das unter keinen Umständen verloren gehen darf. Es ist auch diese Sorge, die Ihnen unsren anhaltenden Widerstand vielleicht verständlich macht. Unsere Einwände sind fundiert und gut begründet. Wir sind in der Vergangenheit bei vielerlei Gelegenheiten von den Verfahren enttäuscht – nicht, weil wir bei dieser oder jener Abstimmung nicht die Mehrheit bekamen, sondern weil häufig mit falschen Fakten und Zahlen gearbeitet wurde, weil man an einem Tag Hü und am anderen Hott sagte – siehe Grundwassermanagement, um das Immobilienpferdle in Trab zu halten. Viele Leute sagen: Das war Absicht. Ich sage: Wenn nicht Absicht, dann Inkompetenz und Unvermögen. Das eine wär’ so schlimm wie das andere.

Gestern, bei unsere ausgezeichnet besuchten Aktion für den Erhalt der Holzbrücke über den Neckar, die ersatzlos abgerissen werden soll, wollte jeder zweite Passant, der nichts mit uns zu tun hatte, es gar nicht glauben, was da läuft. Das zeigt, wie viel noch notwendig ist an Aufklärung durch uns. Aber momentan haben ja so manche jede Menge Arbeit im Netz – für Debatten mit dem Volke bleibt natürlich nicht die notwendige Zeit, wenn man Kriegerles spielt. Unsere Stärke sind die vielen Meinungen, denn Politik geht uns alle an! Für Veränderungen der verkrusteten Verhältnisse im Lande braucht es viele mündige und mutige Bürgerinnen und Bürger, Menschen mit Geduld und Spucke, die die „Montagsversammlung ohne Zentralkomitee“als ihren Marktplatz begreifen: Zur Information, zum Austausch, als Ort der Ermunterung, an dem wir Freunde treffen, die in vielen Fragen vieler Meinung sind. Denn Vielfalt ist unsre Stärke, meint Ihr Peter Grohmann

Wettern der Woche
Arme Schweine

Wettern der Woche vom 09.07.2013

Wie immer von und mit ChefAnStifter Peter Grohmann.

BürgerInnenbrief 147

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

das durchgestrichene Ortsschild Stuttgart 21 ist zum bekanntesten Protestsymbol der Republik geworden! Bürgerinitiativen über im Lande haben die Symbolkraft unseres Zeichens erkannt und machen den Obrigkeiten einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Einer unsrer Freunde, der gelegentlich in Peking ist, wurde gar auf auf dem Uni-Campus nach dem Widerstand in Stuttgart gefragt. Ob Fluglärm, Donau-Ausbau, Naturschutz oder Banken 21 – das „System 21“ bewegt die Republik, ist in vielfacher Hinsicht zum Begriff geworden: Als Zeichen unsres Bür- gerprotests mit der längsten und intensivsten Mahnwache, die es in diesem Lande je gab, mit Dutzenden von Gruppen, Initiativen, Büchern, hunderttausenden von Flugblättern, 240 Fernsehbeiträgen, mit eigenständigen, großartgigen und selbstfinanzierten Aktionen aller Art, einer wahren Flut von Aufklärung und und und …

Und? Hat’s geholfen? Ja. Denn:

Zuerst: Wir sind immer noch da, jeden Montag. Jeder, der halbwegs regelmäßig an den Demos teilnimmt, weiß inzwischen in aller Regel viel, viel mehr, hat mehr Sachkenntnis und Kompetenz als die meisten Mandatsträger im Landtag, Bundestag oder Stadtrat. Es hat also geholfen – uns, Ihnen, Gründe und Hintergründe dieses Mammut-Immobilienprojekts zu begreifen – und zu begreifen, wer wie und wo Politik macht, auf wen Verlaß ist, wer abhängig, wer unabhängig ist. Der Erkenntnisgewinn ist gewaltig und er ist nachhaltig, der er bestimmt ja nun auch unser Verhalten im Alltag: Wo haben wir unsere Konten? Wo kaufen wir ein? Nehmen wir die Zeitungen noch ernst? Welche Alternativem gibt es in der Gesellschaft? In den letzten Jahren hat in Stuttgart und der Region die Geburtsstunde einer grandiosen, aufmerksamen und kritischen Bürgerschaft geschlagen: Das ist viel mehr, als man mit tausend Versuchen, neue Politikformen zu erfinden, zu entwickeln, je geschafft hat. Denn das, was hier entstanden ist, ist von unten gewachsen, ist zu einem vielseitig entwickelten Netz geworden – mit 1000 neuen
Freunden und 1000 neuen Möglichkeiten, sich einzumischen. Der größte Erfolg unserer zivilgesellschaftlichen Bewegung liegt darin, dass wir uns nun kein X mehr für ein U vormachen lassen, daß es uns gelungen ist, allen Widrigkeiten zum Trotz oben zu bleiben. Frust, Freunde, kann nicht ausbleiben! Denn da gabs zuviel an Heilerwartungen bei manchem, da war noch viel vom alten Glauben, daß es „die da oben“ schon richten würden.Ein Personalwechsel freilich richtet garnichts, das wissen wir jetzt. Denn es sind gewaltige Kräfte, gegen die wir da angetreten sind. Ich zitiere mal aus der Zeitschrift DER AKTIONÄR 26/13, S. 49 (dank Gerald vom vom Baume) zum Thema Neues Stuttgarter Europaviertel: „… Auf den ersten sieben Stockwerken (von insgesamt 18 Stockwerken) wird ein designorientiertes First-Class-Hotel entstehen (Pachtvertrag schon abgeschlossen!). Im Komplex: 50 exklusive Eigentumswohnungen und Business-Apartments (eine Penthouse-Wohnung im Cloud No. 7 wird über sechs Mio. Euro kosten). Die Bauleitung hat das Projektsteuerungs- +Managementbüro IKR München. „Geht alles glatt“, heißt es, wird im August 2013 begonnen. Wie hieß es da doch gleich vor den Abstimmungen? „…mitten in der Stuttgarter Innenstadt“ über 100 Hektar Fläche für Leben, Wohnen, Arbeiten und Wohlfühlen“ (zitiert nach OB Schuster, Brief an die Bürger, Nov 2011). „Man kann nur erahnen, wie gigantisch der Stadtblick auf Stuttgart aus dem 18. Stock“ sein wird, heißt es im Aktionär. Bürgerverarschung! Von einem ca. 60 m hohen Hochhaus im Europaviertel weiss man im Rathaus – nichts.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, kann ja sein, dass es in Sachen Demokratie nicht ganz so einfach ist, weder bei uns selbst noch bei denen, die dann im Penthouse im 18. Stock wohnen sollen und sich gar köstlich über Bürgerbeteiligung und unsere Demokratie-Debatten amüsieren. Ich sag’ mal so: Wir sollten vor allem die im 18. Stock nicht aus den Augen lassen, und das „System 21“! Und ganz in diesem Sinne grüßt Ihr AnStifter Peter Grohmann

Wettern der Woche
Verdammt und zugenäht

Wettern der Woche vom 03.07.2013

KontextWochenzeitung: Verdammt und zugenäht

BürgerInnenbrief 146

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

eine ganz dringende Bitte zuerst: dem Thomas sind 35 Drohnen abhanden gekommen! Sollten Sie in Ihrem Garten oder im Hinterhof eine finden, machen Sie sofort Meldung, entweder bei der nächstgelegenen Polizeistation oder direkt beim Bundesminister der Verteidigung in der Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin.

Alles Lüge, außer ich, denken Sie jetzt? Richtig ist, daß dem Minister 137 Drohnen verloren gingen. Aber vor ’ner Woche hatte Thomas de Maiziere ja vorm Bundestag noch behauptet, es fehlten „nur“ 124 Drohnen. Schon 2011 und 2012 hatte das Ministerium das Parlament angelogen, was die Verluste anging. „Ihr seid mir schöne Demokraten“, würde da meine Omi Glimbzsch aus Zittau sagen, und ich könnt ihr nur beipflichten. Wenn schon die Mitglieder des Parlaments in dieser Weise an der Nas’ herumgeführt kann man sich lebhaft vorstellen, daß beim gemeinen Volk (das sind Sie und ich) keinerlei Rücksicht mehr genommen wird, was Fehlinformationen und Lügen angeht. Klar, das läßt tief blicken! Übrigens: von den 137 Drohnen sind 52 abgestürzt und 50 hatten „einen Unfall“. (Quelle: FAS, 30.6., Seite 1).

***

Wo es möglich ist, treibt die Bahn Stuttgart 21
und die Neubaustrecke nach Ulm voran. Dabei ist noch gar nicht geklärt, wer die Mehrkosten übernimmt, glaubt M. Bogner (Südwestpresse Ulm. Falsch geglaubt, denn egal, was passiert: Auf den Mehrkosten bleibt immer der Steuerzahler hocken, ob es sich nun um Drohnen oder Bankenrettung, Stuttgart21 oder andere Pleiten handelt. Das Spiel heißt immer 17 + 4: Zahlen werden wir, auch wenn man eilfertig behauptet, ach was, das zahlt ja der Bund oder die Bahn oder das Land. Merkel:Jeder Euro, der hier verschleudert wird, fehlt morgen bei der dringend notwendigen Sanierung der Bahn, bei Bildung und Sozialem. Da beißt keine Maus den Faden ab, und in diese Richtung zielt auch die negative Feststellungsklage der Fraktion der SÖS/Linke im Gemeinderat..
Es ist ganz gut, sich zu erinnern, zum Beispiel an einen Regierungsvermerk vom Mai 2011. Dort heißt es auf der Seite 5: „Das Bemessungsprogramm von Stuttgart 21 sieht keinen Leistungszuwachs von 30 Prozent in der Spitzenstunde vor. Dementsprechend ist dies auch weder im Planfestellungsverfahren noch in den Finanzierungsverträgen vorgesehen.“ Wir Bürgerinnen + Bürger fühlen uns von den Politikern nicht (mehr) repräsentiert. Wir argwöhnen – Ausnahmen möglich – daß die Politiker mehr ihren eigenen Interessen, fremden Lobbygruppen und vor allem dem Machtkalkül ihrer Partei folgen, nicht aber dem Wunsch und Willen von uns, jenen, die sie als ihre Volksvertreter gewählt haben. Nach einer Umfrage landet die Berufsgruppe der Politiker auf gleichem Niveau wie ein Gebrauchtwagenhändler oder der Immobilienmakler. Gibt das zu denken?

Hand in Hand für mehr Toleranz im Land: Das ist Motto der Menschenkette* gegen Rechts am Sa, 6. Juli, von der Heilbronner Theresienwiese zum Bahnhof in Bietigheim-Bissingen. Für die ca. 30 km braucht es 15.000 Menschen, die sich einreihen. Die Initiative wird u.a. von den AnStiftern, kirchlichen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Gruppen getragen – darunter auch solche, mit denen wir bei anderen Themen nicht einer Meinung sind. Das hindert uns nicht, gemeinsam für mehr Toleranz einzutreten – nämlich die Fähigkeit, Menschen, die nicht so sind wie wir selbst, zu akzeptieren und zu respektieren. Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten zu vertreten, Informationen + Ideen mit allen Verständigungsmitteln zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten. Wer dieses Recht in Frage stellt, handelt kurzsichtig. Peter Grohmann

Wettern der Woche
Pressefreiheit in Griechenland und brasilianische Fußballstadien

Wettern der Woche vom 26.06.2013

Newsletter am 26. Juni 2013  

Deutschland ist schön – schön für Lobbyisten. In Deutschland kann ein Lobbyist zugleich Abgeordneter sein, er kann einem Minister während dessen Amtszeit einen gutbezahlten Lobbyjob anbieten oder Parteien über das Sponsoring beliebig viel Geld zukommen lassen, ohne dass die Zahlungen öffentlich werden. Lobbyisten müssen keine Angaben machen, für wen sie arbeiten und wie viel Geld sie zur Beeinflussung der Politik ausgeben. Die Abgeordnetenbestechung ist nur beim direkten Stimmenkauf strafbar, die UN-Konvention gegen Korruption hat Deutschland immer noch nicht ratifiziert. Das ist Deutschland 2013 – und das ist inakzeptabel. Aber dann als Moralapostel durch die Weltgeschichte reisen – das ist akzeptabel.
Die AnStifter sind Lobbyisten: Offen und frei, widersprüchlich, vielfältig und gerne streitbar: Für Zivilcourage und Eigensinn. Wir brauchen mehr Querdenker. AnStifter werden! mehr…

BürgerInnenbrief 145

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

eigentlich sind es schöne Bilder, die uns in diesen Tagen aus Brasilien erreichen – Bilder, auf die wir fast neidisch sind: Da steht das Volk auf. Und unser Teflon-Sepp Joseph Blatter kann’s so wenig fassen wie Franz Beckenbauer und Uli Hoeness, Merkels ziemlich beste Freunde. Komisch – in Stuttgart demonstrieren sie gegen den nagelneuen Bahnhof mit anständigen Klos, ja, die undankbaren Leute sind nicht mal mit einer neuen Regierung zufrieden – und in Brasilien demonstriert eine fußballwilde Welt gegen den Fußball, sagt sich die Schickeria.. Die Wahrheit ist einfacher, und sie macht klar, was diese Proteste verbindet. In Brasilien demonstrieren Millionen gegen ein korruptes Fußball-Geschäft, Gigantismus, die unglaubliche Verschleuderung von Steuermitteln für den Bau völlig überdimensionierter Arenen, die nach der Sause, ob nu’ nach der Fußball-WM 2014 oder den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro, kaum mehr vernünftig genutzt werden können. Gigantismus und Verschleuderung von Milliarden: Das werfen wir ja auch den Befürwortern von Stuttgart 21 vor, die immer wieder fast dummdreist etwas vom Kostendackel daherquatschen. Wider besseres Wissen? Das würd’ zeigen, wie Politik funktioniert. Oder aber, weil sie keine Ahnung haben und immer noch an den Weihnachtsmann glauben? Auch das würd’ zeigen, wie Politik funktioniert: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Kontext vom Wochenende untertreibt gewaltig – dort ist vom „10 000-Millionen-Euro-Projekt“ die Rede. Ich setz’ dagegen und leg noch 6 Milliarden drauf! Aber was tun gegen Ignoranz, Verweigerung, die Abstinenz gegenüber Argumenten? In Brasilien demonstrieren die Millionen auch gegen die „White Elephants“ genannten sportiven Investruinen – und damit direkt gegen die Fifa und deren Pflichtenhefte. Gegen Sepp Blatters engste Freunde + Geschäftspartner: die kriminellen Cartolas, Brasiliens Fußballfunktionärsclique, die seit Jahrzehnten den Lauf der Dinge bestimmt.

Und? Was hat das mit uns zu tun? Am Samstag demonstrierten auf dem Marktplatz rund 250 Brasilianerinnen und Brasilianer in Solidarität mit ihren Landsleuten zu Hause. Mit uns riefen sie: Wessen Straßen? Unsre Straßen! Wessen Welt? Unsre Welt. Wir verstehen uns.

***

Eben legt die Alpinebau GmbH, tief verstrickt in S 21 und Neubaustrecke, die größte Pleite der österreichischen Nachkriegsgeschichte hin. Alpinebau ist Tochter der Alpine Holding, die ebenfalls vor der Pleite steht. Der ganze Laden gehört FCC, der drittgrößten der berüchtigten spanischen Spekulations-Immobilienfirmen – wir sehen, Stuttgart21 ist überall. FCC ist mit 7.2 Mrd € verschuldet und wackelt beträchtlich. Wer baut weiter? Porr, der zweite in S 21 engagierte österreichische Baumulti, hat abgewunken – „am Auslandsgeschäft von Alpine – etwa in Deutschland mit Großaufträgen für Stuttgart 21“ bestehe „kein Interesse“. Dort steckten „zu viele Altlasten“ (Der Standard am 20.6.2013). Bliebe noch Hochtief, der Konsortialführer, der eigentlich die Lücke schließen sollte. Viel Spaß! Hochtief zockt gerade nach allen Regeln der Kunst im Fall der Hamburger Elbphilharmonie den Steuerzahler ab, wo Olaf Scholz eben den Wowereit macht. Hochtief gehört mehrheitlich ACS, Branchenprimus im aufgeblähten spanischen Immobilienmarkt und ist auch hoch verschuldet (2 Mrd.€ Nettoverlust 2012),so Werner Sauerborn. Man sieht – eins hängt am anderen, und der letzte hängt sich auf.
Unsinnredner Ingenhoven, der Architekt der Macht, hält die Entwicklung der Kostenberechnungen für akzeptabel. Kein Wunder! Denn rein theoretisch gilt in der Branche: Je teurer ein Bau wird, umso höher ist das Honorar. Jajaja, nur rein theorerisch! Denn Stuttgart 21 wird ja vermutlich auch nur rein theoretisch gebaut. Unruhe ist die erste Aufgabe aller Radikalen, die die Verfassung der Freiheit lieben. Unruhe verlangt eine Allianz unabhängiger Geister, Vielfalt, Freude, Fantasie, Ausdauer. Auch deshalb sind wir hier. Ihr Peter Grohmann

Leserbrief zum Artikel
Friedenspreis für zwei NS-Opfer aus Italien. Vom 18.6.2013.

Sehr geehrte Damen und Herren.

Der „Stuttgarter Friedenspreis der Anstifter“, wird dieses Jahr an die beiden Italiener, Enio Mancini und Enrico Pieri verliehen. Beide sind Überlebende des angeblichen NS-Massakers im italienischen Sant`Anna di Stazzema. Sie setzten sich auch seit Jahren für die juristische Aufarbeitung des Verbrechens und für internationale Verständigung ein. Nur, bei der internationalen Verständigung werden sie sich schwer tun. mehr…

«Schweiz hört alle Auslandsgespräche ab»

Wenn die USA die ganze Welt belauschen, wie sicher ist dann die Kommunikation in der Schweiz? 20 Minuten traf einen Experten, der sagt: Big Brother schaut und hört schon lange zu.

via 20 Minuten – «Schweiz hört alle Auslandsgespräche ab» – News.

Walter Jens
Zum Tod eines Freundes

Abschied von einem streitbaren Humanisten und Pazifisten

Aufstehen für Demokratie und Menschlichkeit – und praktische Solidarität im Alltag zeigen. Das war eine Maxime für Walter Jens, sei es bei den Blockaden in Mutlangen oder bei der Hilfte für Deserteure. Walter Jens hat sich immer wieder für Kunst, Kultur und demokratische Projekte engagiert: Er gehörte wie seine Frau Inge zu den Projektgründern der AnStifter, zu denen er in Dresden und Stuttgart sprach, und war Freund des Theaterhauses. Wir wollen ihn nicht vergessen.