Alle Beiträge von Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Wettern der Woche
Fette Sau!

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 04.12.2013

Eine Sau braucht, um fett zu werden und 120 bis 130 Kilogramm auf die Waage zu werfen, weder Auslauf noch Freunde und auch nicht viel Zeit für Spaziergänge. So erleben etwa die meisten Schweine nie in ihrem Leben Weihnachten. Und da geht es ihnen nicht viel besser als den Gänsen – die Mehrheit schafft’s nicht mal bis zum ersten Advent. Dabei könnten sie, ging’s nach der Natur, 20 Jahre alt werden – doppelt so alt wie eine Wildsau, wenn die nicht in eine Falle tappt.
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Wettern der Woche
Falsche Fuffziger

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 27.11.2013 – Dieter Hildebrandt

Jetzt werden wieder massenweise falsche Fuffziger in Umlauf gesetzt, diesmal für Dieter Hildebrandt. Der Kollege würde sich im Grabe rumdrehen, tät‘ er hören, was ihm nachgerufen wird. Damit nicht auch das noch passiert, wird er sich wohl verbrennen lassen.

So gemein ist das Leben: Du warst jahrzehntelang aufmüpfig, frech, eine Münchner Schnodderschnauze aus Breslau, hast den Hartleibigen im Lande den Magen rumgedreht und den Goldfingern den Stinkefinger gezeigt – es wird Dir nichts nützen: Sie weinen, schluchzen, trauern, finden ganz, ganz große Worte, beteuern, dass der Verlust unersetzlich ist, daß man solche Dich braucht. Gestern noch haben sie Dir das Mikrofon abgedreht, Filmriss im Studio, haben Dich abgehört, verscheissert. Jaja, sie haben auch den Deckel gelupft, den Hut gezogen vor Dir, wer weiss, werden sie sie sich gesagt haben, vielleicht knöpfst Du sie Dir ja doch mal vor.

Deine Gewitter haben jedes Wetter in den Schatten gestellt.

Jetzt werden sie sich streiten, wer wie lange reden darf bei Deiner Trauerfeier, wer in der ersten Reihe sitzen darf neben dem Intendanten und den Honoratioren. Aber vielleicht hast Du ja vorgesorgt, Du weisst schon: „In aller Stille“.

Nein, das politische Kabarett ist nicht tot, wie der entertönende Scheinkollege Harald Schmidt – der vom Flachbildschirm – – offenbar meinte, als der die politischen Kabarettisten, die scharfen Alten im Fernsehen, neulich madig machte. Gemeint hat er mit den Alten offenbar die Hildebrandt, Schramm, Priol, die Polt, Zimmerschied & Co. Die sind lebendiger als die Demokratie in diesem Lande, das scheintote Luder, mißbraucht, gebenedeiht, gedemütigt und immer wieder auferstanden aus Ruinen. Tot sind die Sender, die öffentlich-rechtlich alles Anspruchsvolle, alles Kritische an den Rand des Tages schieben, je später, je lieber – wenn überhaupt. Und scheintot sind die verschnorchelten Rundfunkräte, die zusehen, wie den Sendern die Luft zum Atmen genommen wird. Tot ist die Unabhängigkeit der Presse, tot sind die Feuilletons und politischen Magazine, die die Zeit der Unkultur nicht begreifen und die einem Hildebrandt jetzt dicke Krokodilstränen nachweinen.

Der meinte: „Die Öffentlich-rechtlichen machen sich in jede Hose, die man ihnen hinhält. Und die Privaten senden dann, was drin ist.“

Dieter Hildebrandt stand für eine andere Kultur, für eine andere Republik, für eine andere, eine radikale Demokratie, zu der es noch ein ganzes Stück hin ist. Mit solcher Weltanschauung haben die meisten Nachrufer nichts am Hut. Sie haben sich bei keiner Demo schmutzig gemacht, sie denken, Lampedusa ist eine Hautcreme, kennen Mutlangen nicht mal vom Hörensagen. Aber sie kürzen bei nächster Gelegenheit die milden Gaben für Soziales und kritische Kultur. Sie setzen immer Prioritäten – für Schnelle Eingreiftruppen, Auslandseinsätze, Drohnen, Notstandsgesetze und den Überwachungsstaat. Etwas Sonne am Grab reicht ihnen, wenn Du weisst, was ich meine, Alter.

BürgerInnenbrief 167 (gedruckt 166)

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

drei Wochen war der Schreihals krank, nun kräht er wieder, Gott sei Dank!

In Böblingen haben sich zwei Taxifahrer um einen Fahrgast gestritten. Nach Ende der Fahrt hatten die Jungs das Bedürfnis, noch mal über den Vorfall zu sprechen. Dabei schlug der eine dem anderen die geballte Faust ins Gesicht, so meine Zeitung.Genauso kommt mir der Umgang der tiefergelegten S-21-Befürworter mit unserer Bürgerbewegung vor: Nach Stresstest und Schlichtung und Volksabstimmung „paar in die Fresse“. Das Beharrungsvermögen der Befürworter ist genauso groß wie ihre Sturheit, wenn es darum geht, die falschen Zahlen, mit denen sie die Abstimmungen manipuliert und gewonnen haben, zu korrigieren. Mal ganz abgesehen von den Dutzend anderen Punkten wäre es nun doch an der Zeit, in Sachen Leistungsfähigkeit und Kosten etc. den Bürgern reinen Wein einzuschenken. Dass sich CDU und SPD damit nicht leicht tun, kann ich ja verstehen: Sie waren ja all die Jahre de Kavallerie des Immobilienprojekts. Wünschen tät‘ ich mir aber von den Grünen ein offenes Wort: Es könnt‘ ja recht und billig sein.

Märchenonkel Grube übrigens macht für Geld so gut wie alles, und manchmal rückt er sogar mit der Wahrheit raus. Bei Daimler-Chrysler hat er ein paar Milliarden in den Sand gesetzt, mit dem Immobilienfritzen Häußler war er auch eng verbandelt, ebenso auch mit einem der größten Rüstungsund Skandalkonzerne: EADS, eine Firma, die auf allen Kriegschauplätzen der Welt zu Hause ist und aus Leichen Geld machen kann. Grube hat eben jetzt, mit frommen Augenaufschlag, das gesagt, was wir schon seit 100 Bürgerbriefen immer und immer wieder sagen: Dass die Bahn nämlich gefälligst erstmal ihre heruntergekommene Infrastruktur richten muß, die windigen Gleise, die baufälligen Brücken. Er hats natürlich vornehmer gesagt. 8000 Eisenbahnbrücken sind älter als 100 – halten aber in der Regel nur hundert Jahre. Wenn zB bei einer zentralen Brücke was passiere, kämen pro Tag 33 00 Verspätungsminuten zusammen. Bei 1400 Brücken gibt es sogar ganz dringenden

Sanierungsbedarf. Interne Kenner der Materie behaupten gar, viele Brücken müßten sofort gesperrt werden: Lebensgefahr.
Herta Däubler-Gmelin, SPD und früherer Justizministerin, schreibt in einem Vorwort für unser neues Buch „Politische Justiz in unserem Land“ u.s., die Autorinnen und Autoren »… geben eindrucksvolle Hinweise auf einseitiges Vorgehen, insbesondere zum Schutz des mehr als umstrittenen Großprojekts Stuttgart 21, und legen dabei bedrückende Belege für Exzesse beim Einsatz der Polizei, für einseitige Verdächtigung und dann Verfolgung von Demonstrierenden durch Polizei und Staatsanwaltschaft, aber auch für die Vertuschung politischer Einflussnahme, für Niederschlagung von Ermittlungen gegen mögliche Verantwortliche in den eigenen Reihen und insbesondere für beschämende Verantwortungslosigkeit bei Polizei und Politik vor.«

Herta Däubler-Gmelin, danke für dieses scharfe und deutliche Wort! Es ist erfrischend und klar. Unser Buch kostet 14,90, hat 184 Seiten und wird am Mi, 11. Dezember, um 18 h im Württ. Kunstverein von Jörg Lang, Jürgen Bartle und Peter Grohmann vorgestellt. Die AnStifter und Kontext haben das Buch Werk auf den Weg gebracht. ISBN 978-3-944137-35-3

„…wenige Gebäude, vor allem das Wahr- und Markenzeichen der Stadt, der weltberühmte Hauptbahnhof von Paul Bonatz haben es mir angetan. Lasst die Finger von den Anlagen und dem Hauptbahnhof. Damit würdet ihr das Grundgesetz der Stadt infrage stellen.“ (Prof. Dr. h. c. Günter Behnisch, Architekt, Stuttgart). „Visionen und Aktionen für Kopfbahnhof und Stadt“ dokumetiert ein weiteres Buch, das die Architketinnen für K 21 demnächst vorlegen: Rund 300 Seiten mit sehr vielen Bildern. Dieses Buch erscheint vor Weihnachen – damit Sie wissen, wohin mit dem Geld! Alles Lüge, außer ich, kann ich da nur sagen!

Ihr Peter Grohmann

Wettern der Woche
Schön blöd

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 20.11.2013

Wer heute noch mit der Sparkassenbuch spart, muss schön blöd sein, meinte einer jener Gauner, die unser Geld in Immobilienblasen gesteckt haben und anschließend vom Staat eine füllige Leibrente kassierten. Ein Sparbuch heißt Sparbuch, weil man es sich sparen kann. Die Zinsen sind mehr als lausig – eine kalte Enteignung, die die Sparer aber offenbar geduldig hinnehmen. Bei den jungen Leuten ist das Sparbuch trotzdem beleibt – es hat eben jeder seine Omi Glimbzsch, wenn auch nicht in Zittau, die zur heiligen Jugendweihe dem Enkel das Büchle in die Windeln wickelte. „Schöne Scheiße“, würde der heute sagen, wenn er nachdenkt. Aber das muss er ja nicht: Von den 14- bis 24-jährigen haben deutlich mehr als 65 Prozent ein Sparbuch. Dass sie davon weniger als zuvor haben werden, ahnen sie noch nicht. Später einmal, vielleicht schon bei den Europawahlen im Mai, wird man ihnen sagen, wer an diesem Desaster schuld ist: Die EU, der Euro, die Amis, die Juden, die Linken, die Griechen und die anderen Asylanten. Griechenland ist zu weit weg, also wird man ihnen zeigen, wo die Flüchtlinge hausen: In aufgelassenen Kasernen, vermoderten Schulen, Lagern. Ein kleinerer Teil der „Assis“ wartet noch im Flughafen Frankfurt auf die Abschiebung: Heimat, Du hasst mich wieder! Die Fackelaufmärsche der Populisten („Wir sind keine Rechtsradikalen, wir sind das Volk!“ – der Slogan ist geschützt!) werden so viel Widerhall finden wie seinerzeit die Scheiterhaufen für die schädlichen und unerwünschten Bücher der entarteten Schriftsteller. Interessant bleibt, dass die besseren Kreise in der Regel toleranter sind – weil in ihren besseren Gegenden niemals eine Asylbewerberunterkunft stehen wird. Im übrigen sind weder ganz Rote noch Halbrote oder Grüne vor dem Virus Fremdenhass, Antisemitismus oder Intoleranz gefeit: Die populistischen Bündnisse in Europa gegen die Überfremdung haben die bildungsfernen Schichten und das Bildungsbürgertum längst erreicht. Na, denn mal Prost beim Prosecco im Mai! Mal ganz unter Freunden: Gute Nacht um Sechse, wenn die Alternative für Deutschland Führer wie Haider, Le Pen oder Wilders gebiert. Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. Wenn wir nicht hinstehen gegen Rechts, werden wir auch hier unser blaues Wunder erleben.

Wettern der Woche
Kaltes Land

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 13.11.2013

Friss die Hälfte, das wußte schon meine Omi Glimbzsch in Zittau, und für sie galt das auch in schlechten Zeiten. Denn „je schlechter die Zeiten, umso dicker die Bäuche.“ „Iss mit ‘m Kopp, nich mit die Oogen“, sagte sie. Armut frisst, Reichtum lebt. Anders in China – da kommen die Leute bekanntlich mit einer Handvoll Reis aus.

In Herne, die Stadt mit den meisten Arbeitslosen und den meisten Hartz-IV-Empfängern, hat wohl auch die meisten Dicken. Dicht auf folgt Gelsenkirchen, dann kommen die Amis. Aber wer Sorgen hat, hat auch Likör. Logisch, jetzt folgt die Leier mit dem Alkoholismus, dem die Armen verfallen, weil die Realität so triste ist. Diese Realität wird auch die geplante schwarz-rote Scham-Offensive nicht ändern. Richtig Arme haben übrigens auch mehr Kinder als richtig Reiche, weil sie sich damit die Zeit vertreiben. Denn wenn der Strom abgestellt ist, weil die Rate nicht bezahlt werden kann, bleibt die Bude kalt und dunkel, der Zugriff auf arte gesperrt und das Bett die letzte Zuflucht. Hoffnung auf neues Leben?

Wenn die Kinder aus der Schule kommen, wenn sie überhaupt noch nach Hause wollen, wird es erst recht ungemütlich. Papa ist nicht beim Joggen, Mama nicht im Yoga-Kurs, der Pizza-Service gestern hat das letzte vom Baren gestern mitgenommen. Neulich wurde der Kleine erwischt, weil er einem Schulkameraden das Pausenbrot geklaut hat. Früh übt sich. Geduscht wird kalt, wenn, und gewaschen wird von Hand, das Zeug trocknet nicht, und solche Höschen wird kein Mensch niemals auf die Wäscheleine hängen. Im Eine-Welt-Laden zwei Häuser weiter stellte sich neulich die Initiative Fair Trade vor, warb für die Grüne Kiste, regionale Produkte und warnte vor den Billig-Klamotten von kick: In Bangladesch würden die Arbeits-Neger eben mal einen Dollar kriegen. In der Stunde, am Tag, in der Woche? Wer weiss das schon!

Wenn Sie bisher gelesen haben, wissen Sie auch, dass seelische Leiden zur Volkskrankheit Nr. 1 geworden sind, auch aus diesen Gründen. Depressionen und Angsterkrankungen stehen ganz oben auf der Liste – zur Freude der Pharmaindustrie und ihrer Genossen in den Vorzimmern der Ministerien. Bayer und Co. haben nämlich gegen alles ein Mittelchen – nur nicht gegen die wachsende Armut. Und wie steht‘s mit  dem „Recht auf Stadt“? Das geht den Menschen am Arsch vorbei, die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen in diesen Kreisen liegt bei 25-30 %, Tendenz fallend. Lobby? Nicht für solche, das lohnt sich nicht. Stattdessen Vesperkirche, Trost von der Kanzel und die Weihnachtsaktion der Tageszeitung, Krokodilstränen zum Advent für das traurige Einzelschicksal und im übrigens das große Schweigen im Blätterwald.

Ein Georg Büchner müßte her.

Anmerkung des Säzzers: Irgendwie passt der Text zwar zum Video, ein Manuskript ist es aber keinesfalls.

Wettern der Woche
Hype

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 30.10.2013

Das Abhören, sagte mir ein unbekannter US-Senator dieser Tage, hat viele tausend Tote gespart, und die Merkel samt ihren Europäern solle sich gefälligst nicht so haben. Ob bissel Folter oder bissel Schläge in Guantanamo, ob Drohneneinsätze weltweit, Spionage, nicht erklärte Kriege, katastrophale Zustände in den Knästen, Rechtlosigkeit für die Ärmsten der Armen, ach Mensch Amerika, Land der Freiheit, Erfinderin der Menschenrechte, wie bist du nur so verkommen!?

„Wir halten diese Wahrheit für uns selbst einleuchtend, dass alle Menschen frei und gleich geschaffen sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen. unveränderlichen Rechten begabt sind, dass darunter sind Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit, dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingesetzt sind, die ihre gerechten Vollmachten von der Zustimmung der Regierten ableiten, dass wenn eine Regierungsform diesen Zwecken schädlich wird, es das Recht des Volkes, ist sie zu ändern oder abzuschaffen.“ Soweit eine frühe Behauptung, ja, ein Traum von Thomas Jefferson.

Dass also die Kanzlerin, unsere Kanzlerin, von ihren besten Freunden abgehört wird, scheint indes die deutsche Menschheit mehr zu erschüttern als die Abwesenheit jener versammelten Menschenrechte, die sich die Kolonialisten einstens auf ihre Sternenbanner schrieben. Was wird erst los sein, wenn einmal herauskommen sollte, dass mon Ami seit Jahren 96 000 Daten aus den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Daimler, Porsche, Stihl, Dürr und Allianz geklaut und ausgewertet hat? Mein Gott, Walter, würd‘ da meine Omi Glimbzsch aus Zittau singen und sich an Lale Andersen und die Stümper von der Stasi erinnern: Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei, nach jedem Dezember kommt wieder ein Mai! Das Wiegenlied für die Söldner von heute singt jetzt unsere Angela Merkel mit den Sängern aus Finsterwalde – der neue schwarz-rot-gemischte Chor versammelt sich dann unterm Tannenbaum im Kanzleramt und kündet von besseren Zeiten. Denn beim neuen Koalitionsvertrag geht’s gottlob nicht um Fukushima und erst recht nicht um Lampedusa oder Aufklärung von rechtem Terror, sondern um 8,50 Euro und die Homoehe, zwei Themen, so erhebend und erhellend wie die Weltmeisterschaft für Sebastian Vettel. „Fürs Gewesene gibt’s nischt“, könnte jetzt die Omi Glimbzsch sagen.

Alles Lüge, außer ich

Foto: Eberhard Rapp / AnStifter
Foto: Eberhard Rapp / AnStifter

Am Sonntag, den 27.Oktober 2013, 11 Uhr, stelle ich im Stuttgarter Theaterhaus meine „politische Biografie“ vor. Das 320-seitige Buch mit 120 Fotos kostet 24,90 und ist im Silberburg-Verlag erschienen. Gespräch und Lesung moderiert Ebbe Kögel, Musik auf dem Akkordeon macht Ernst Kies (Kasachstan).

Ich freue mich über Ihren Besuch, einen Hinweis im Kalender und die Weitergabe der Einladung an Ihre Verteiler und in den Redaktionen und Webseiten.

BürgerInnenbrief 162

Liebe Bürgerinnen und Bürger,
Demokratie ist, wenn man trotzdem lacht. Die Bürgerbewegung hat nach fast vier Jahren noch unglaublich viel Power – dafür hab ich zwei rote Kappen verwettet. Die Rosenstein-Kundgebung war beeindruckend und grandios, genauso wie die am Samstag auf dem Schloßplatz. Was für eine Kraft, was für eine Ausdauer, was für wortgewaltige Standpauken!

Klar, es ist eine unglaubliche Frechheit, in der heutigen Situation, wo so viele gefrustet und enttäuscht sind, gleich mit zwei Bürgerbegehren der politischen Klasse Paroli zu bieten. Hut ab vor den Initiatoren, die die Demokratie beim Schopf packen: Das Volk sind wir. Hut ab auch vor allen, die Niederlagen in Kauf nehmen und immer wieder aufstehen, egal, was passiert.
Die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 startet – jetzt erst recht! – zwei neue Bürgerbegehren gegen das nutzlose Milliardenprojekt S21, und zwar „Storno 21“ und „Leistungsrückbau S21“. Storno 21 pocht auf das, was man uns jahrelang vorgegaukelt hat: Die Kostenobergrenze für S21. Sie wird nach offiziellen Aussagen der Bahn deutlich überschritten. Die Bahn hat das Volk und die Volksvertreter angelogen. Klar, dem Volksvertreter ist peinlich, wie man ihn willentlich und wissentlich verscheißert hat. Wer mag schon zugeben, dass er die Kontrolle verloren hat und nun wie ein frei gewählter Depp da steht? Nur so läßt sich erklären, daß die Abgeordneten rumeiern und abtauchen. Eine ganz andere Sache ist aber, dass die Bahn schon seit drei Jahren mit fälschlich behaupteten Einsparpotentialen „schön gerechnet“ hat. Die Verantwortlichen haben dadurch die Informationsund Gestaltungsrechte der Stadt drei Jahre hindurch grob verletzt bzw. behindert. Durch dieses untreue Verhalten der Bahn gegenüber ihren „Projektpartnern“ Stadt und Land ist eine grundlegend neue Sachlage eingetreten, die der Stadt die Kündigung der Verträge ermöglicht.Die Kündigung der S21-Verträge wird im Bürgerbegehren „Storno 21“ von den unterschreibenden Bürgern beantragt, die sich – im Gegensatz zu den gewählten Volksvertretern – nicht auf der Nase herumtanzen lassen wollen.

Das Bürgerbegehren „Leistungsrückbau S21“ befasst sich mit der aufgedeckten Leistungslüge. Bereits in den Planfeststellungsunterlagen ist der Kapazitätsrückbau für den Stuttgarter Bahnknoten enthalten. Trotzdem und wider besseres Wissen wird eine nahezu dramatische Leistungssteigerung durch S21 behauptet. Wer Demokratie auch nur halbwegs ernst nimmt, wird sich an den Kopf fassen und entweder sagen, wir, die Freunde des Kopfbahnhof, sind verdammte Lugenbeutel und Verleumder, die man vor den Kadi ziehen müßte. Oder aber die Bahnstrategen und Hintermänner von S 21 sind Lügner und Betrüger.

Gratulation also und viel Power und Erfolg für die beiden Bürgerbegehren. Nur was Du aufgibst, hast du schon verloren. Ich persönlich hab‘ zeitlebens versucht, „oben“ zu bleiben und halbwegs anständig durch die Welt zu spazieren. Manchmal ist mir das besser, manchmal nicht so gut gelungen. Ich hab‘ oft eine auf’s Maul gekriegt, viel einstecken müssen und gelegentlich auch ganz gut ausgeteilt. Etwas salopp sagte: Ein verrücktes Leben. Meine Erfahrungen und Erinnerungen hat jetzt der Silberburg-Verlag als Buch veröffentlicht. 320 Seiten sind’s geworden, Denkzettel, Ermutigungen, Hoffnungen. Am Sonntag, den 27.Oktober stelle ich das Buch in einer Matinee im Theaterhaus vor: Alles Lüge, außer ich. Gelogen wird ab 11 h, Ebbe Kögel moderiert, Ernst Kies spielt Akkordeon. Eintritt 12 Euro, – wird beim Kauf eines Buches zurückerstattet. Sehen wir uns? Hut ab vor Euch und Ihnen – im Sinne von Joe Bauer: „…Es wäre ein absoluter Unfug, das politische Handeln allein nach den Siegeschancen zu bewerten. Die Streiterinnen und Streiter einer demokratischen Bürgerbewegung sollten niemals die Marketing-Floskel „erfolgsorientiert“ in den Mund nehmen…“. Lieber Joe: Gratulation zu 15 Jahre Flaneursalon – ein Lichtblick am Himmel der Kultur der Stadt!

UND EIN LETZTES. Kommen Sie am 10. Nov. zur FriedensGala ins Theaterhaus! Danke an alle aus Sant Anna di Stazzema, die bei der Gala dabei sind. Wie Sie. Ihr Peter Grohmann

Wettern der Woche
Stöpsel in Fukushima

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 16.10.2013

Betreuungsgeld für Guido Westerwelle? Oder eine Anschlussverwendung in Fukushima? Unser Kolumnist Peter Grohmann versucht sich in diesem Wochenwettern als Arbeitsagentur-Betreuer für die gescheiterte FDP-Prominenz. mehr…

Wettern der Woche
Lächeln an Land

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 09.10.2013

Nicht nur ein Schiff wird noch kommen, sondern noch viele, viele mehr. Übervoll mit Flüchtlingen. Weiter zuschauen, wie diese untergehen und deren Passagiere ertrinken, dürfen wir nicht mehr, meint Peter Grohmann.

Die Katholischen sind ja vom Naturell her an Leiden gewöhnt, selbst an eigene, und die Christen und Atheisten auch. Letztere können allerdings bei der gemeinsamen Show aufs Elend in der Welt nicht glaubhaft die Hände falten, sind also im Nachteil. Gemeinsam ist allen, dass sie mit dem Lächeln der Auguren am Strand stehen – und zuschauen, wie die kleinen Schiffe kentern, die ungünstige Winde aus Afrika an die Küsten treiben. mehr…

Wettern der Woche
Krieg den Palästen

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 02.10.2013

Die gute Nachricht zuerst: Nur lächerliche 24 % der Wahlberechtigten stehen wirklich hinter Angela Merkel. Und das ist noch nicht alles! Wenn ich nämlich die nie und nimmer Wahlberechtigten auch noch davon abziehe, bleiben peinliche 17,5 % übrig. Die Kanzlerin ist also gerade noch mal mit einem blauen Auge und über die 5-Prozent-Hürde gehüpft. So kann man’s also auch sehen. Bitte – gern geschehen, wenn Sie das tröstet. mehr…

BürgerInnenbrief 159

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Wer den größten Pinsel besitzt, ist noch lange nicht der beste Maler, das zeigt sich auch am 30. September 2013. Die großen Pinsel denken in diesen Tagen angestrengt darüber nach, was man tun muß, um Staatssekretär oder Minister zu werden – unter Frau Merkei, und alles andere ist egal. Die glattgebügelten Parteien unsrer Zeit sagen unverhohlen: Wir können mit allen ins Bett, und das ist Demokratie. Na schön – aber mit uns könnt Ihr offenbar nicht, und auch nicht mit den Rot-Roten. Es zeigt sich, nach Wahlen, Volksentscheid, Volksbefragung, dass da doch noch einiges an Gesprächsbedarf ist. In mehr…

Wettern der Woche
Mamatschi

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 25.09.2013

Es war einmal ein kleines Bübchen, das bettelte so wundersüß: „Mamatschi, schenk’ mir ein Pferdchen ! Ein Pferdchen wär‘ mein Paradies….“ .
Mal ganz unter uns – ein Gutes hatte diese Wahl denn doch: Die CDU liegt deutlich unter 80 %. Und das will was heißen in einer Volksdemokratie, die ja medial betrachtet nur zwei Parteien kannte: CDU und SPD. Alles andere landete bei den Redaktionen auf dem Müllhaufen der Geschichte – und dem der ungedruckten Nachrichten. Um es mit dem Lieblingsspruch meiner Omi Glimbzsch aus Zittau etwas seriöser auszudrücken: Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.

Ich hab’ mir die halbe Nacht über den Kopf zerbrochen, wo ich denn diesen oft zitierten rot-grüne Linksruck schon mal gesehen habe der an allem Schuld ist. In den beiden Parteiprogrammen war er nicht, da bin ich mir sicher. Im Wahlkampf, bei dem man in der Hektik der Gefühle auch mal das Parteiprogramm mit der eigenen Partei verwechselt, auch nicht. Nicht in den Sprüchen, Reden, Interviews, nicht auf den schönen Plakaten, Flyern, Bannern, Anzeigen. Vielleicht bei den Hausbesuchen? Und da gibt’s allerdings keine glaubwürdigen Zeugen, allenfalls Leute, die später mal ihren Enkel sagen werden: Ich war’s nicht. Bei den Hartz-IV-Empfängern hätte man ja eventuell noch mit links punkten können – aber die hatten sich bereits mehrheitlich für Merkel entschieden: Mamatschi, schenk wir ein Pferdchen. Den Teufel wird die tun.

Der kleine Mann auf der Straße, unberechenbar und immer noch still, sagte mir mal, als ich ihn mal auf die Sorgen von morgen ansprach: Lass mich in Frieden, Alter! Ich sag’ noch zu ihm: Junge, deine Rente ist nicht sicher! Wir müssen mehr Geld in die Bildung deiner Enkel stecken, sag’ ich noch, und deine Geldanlage …Er lachte nur nachhaltig und ging wählen. Fukushima und Freie Demokraten, Mondfinsternis und Massentierhaltung, Klimawandel und soziale Katastrophen, Armutsflüchtlinge und Abhörskandale, Gentechnik und Giftmüll: Das sollen jetzt endlich mal die ausbaden, die uns das eingebrockt haben, die, die die Macht haben.

Mamatschi, das ist die Sehnsucht von uns allen nach der Mutterbrust, für die einen mit, für die anderen ohne schwarz-rot-goldner Kette. Merkels Mantra bietet allen großen Frauen und ihren kleinen Männern und Schutz und Frieden, auch wenn der einer oder andere bei Heckler und Koch arbeitet und Schießgewehre produziert. Solche Pferde wollt’ ich nicht? Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Also Schweinskopfsülze am Veggie-Day.

Wettern der Woche
Hausbesuche, Gysi, Merkel, Ossis und Afghanistan

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 18.09.2013

Wettern der Woche
Der kleinen Mann

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 11.09.2013

Einmal alle vier Jahre kommt er ganz groß raus, der kleine Mann auf der Straße, und seine Frau auch. Die nimmt ihn dann an der Hand und geht mit ihm wählen. Nie sonst ist der kleine Mann auf der Straße so wichtig, so groß, so mächtig so selbstbewußt wie heute, und seine Frau auch! Kurz vor dem mehr…

Wettern der Woche
Giftgas

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 04.09.2013

Halabdscha: Das sollten wir auswendig lernen, wir, Satiriker, Kanzlerinnen und Kandidaten, Presseleute, Leser. Halabdscha – das ist 25 Jahre her. 5000 Giftgastote – aus dem Leben geworfen, aus dem Bewußtsein gelöscht. Und auch kein Wort weiter von Genozid bis heute über das qualvolle Sterben von rund 180 000 Kurden im Krieg Irak/Iran. Stattdessen tut die Journaille samt Machthaltern gestern und heute so, als sei dass, was in Syrien passiert, das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte seit dem Verbot von Chemiewaffen. «Vier Stunden», schrieb der Korrespondent der Aargauer Zeitung im März mehr…

BürgerInnenbrief 155

Liebe Bürgerinnen und Bürger:
manchmal läuft’s bei uns noch dümmer als bei der Bahn: Da bitten wir um eine milde Gabe für die AnStifter, Sie sind nicht so und überweisen – und dann kommt’s Geld zurück! Sie sind geduldig wie bei einer Montagsdemo,wiederholen das Spiel – wieder zurück. Was issen bloß los, Herr Grohmann?! Ooch, sagt der Ihnen heute ganz treuherzig, weiter garniseht. Nur die Kontonummer war falsch. Nicht zu fassen, Peter! mehr…

Wettern der Woche
Kaufen, kaufen, kaufen

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 28.08.2013

Die Richtigen

„Wenn’s Arscherl brummt, ist’s Herzerl gsund“, wusste meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Momentan reibt sich das Kapital die Hände, freut sich und läßt einen Kräftigen fahren auf die Moral. Allenthalben werden die Geldpressen angeworfen, um die Banken zu bedienen – das Geld kommt direkt vom lieben Gott. Es ist Revolution auf dem Giermarkt. mehr…

BürgerInnenbrief 154

Liebe Bürgerinnen und Bürger:
durch die Nebelschwaden des Konsums wabert das Bild von einer sicheren Welt. Auf den Wahlplakaten übertrumpfen sich die Kandidaten in den großartigsten Farben – aber eigentlich reißt uns doch kein einziges Plakat vom Hocker. Dafür, dass die Dinger mit unserem Geld finanziert werden, sollten sie etwas intelligenter sein. Aber stattdessen werden die alten, falschen Versprechen von einer heilen Welt wiederholt. Alles, was den Blick klären könnte, alles, was auch nur den Hauch von enthält, ist verboten. Nur noch durchhalten bis zu den Wahlen! Doch was ist, wenn die „Falschen“ drankommen? Dann ist der Ofen aus, dann geht die Welt vor die Hunde. Der eine Teil der Menschheit scheint sich an Angela Merkel zu klammern wie an die Schwarze Madonna von Tschenstochau, der andere Teil der Leute spekuliert munter über die Partnerwahl im Berliner Dschungelcamp, wenn WIR gesprochen haben. Aber bis dahin gilt: Kaufen, kaufen, kaufen! Wir sind die Europas eine Wachstums-Lokomotive. Endlich mal eine gute Nachricht von der Bahn. Schluß mit den Gerüchten, nach denen aus den verstopfen Zugtoiletten der Siff in die 1. Klasse läuft – ausgerechnet dorthin, wo sich Grube und Kefer im trauten Gespräch gegenüber sitzen. Ach, was sind das für Träume!
Der Mensch hat eine Engelsgeduld. Dies zeigt aktuell der Umgang des Bautrupps mit dem Bahnhofsturm. Vielleicht sollten wir also bald mal wieder gemeinsam den Bahnhof besuchen? Vielleicht dies – vielleicht das, vielleicht jenes? Warum fragen wir nicht einfach Sie, Euch, Dich, die Bürgerinnen und Bürger, wie wir’s denn gern hätten mit dem Protest. Das Demo-Team etwa könnte einen kleinen Fragebogen ins Netz stellen, an die Mahnwache legen, im Bürgerbrief abdrucken oder als Flyer verteilen. Etwa mit der Frage, warum man gern zur Demo kommt – oder auch nicht mehr. Oder wie uns – Ihnen – die Montagsdemos gefallen, was fehlt, was weg könnte, was besser, was anders gemacht werden sollte. Ich weiß, wie nervenaufreibend die Vorbereitungen für die Demos sind, wie viel Zeit und Ausdauer notwendig sind und dass man oft Kutteln wie eine Kuh braucht, um durchzuhalten. Manchmal fehlt es auch an Wertschätzung, und dann hat man ja durchaus verschiedne Meinungen, die unter einen Hut kommen müssen. Vielleicht wär ja da so eine Umfrage nützlich?
Der schiefe Turm von Stuttgart: wird das einst zum Sinnbild für eine Bahn-Führung, für eine starrsinnige Baumafia? Was hätte es Peinlicheres geben können als das Desaster von Mainz? Dabei wird’s nicht bleiben! Ausfallende KlimaAnlagen und Klos, Speisewagen ohne Speisen, unterspülte Gleise, Zugausfälle, Verspätungen und eine zunehmende Unsicherheit der Reisenden bei allem, was mit „Bahn“ anfängt. Hier wird Stück um Stück eines der sinnvollsten Verkehrsprojekte an die Wand gefahren. Die SPD starrt wie hypnotisiert auf S21 und reitet munter weiter auf dem toten Pferd. Schad drum!
Die Mainzer Affäre zeigt, wie stark bei der Bahn auf Verschleiß gefahren wird – beim Personal und beim Schienennetz. Die Bahn, schreibt die FR, wurde profitabel gemacht durch Personalabbau und Herunterfahren der Instandhaltung. Überstunden satt, gestresstes Personal, jede Menge Langsamfahrstrecken, teils museale Stellwerke, Chaos bei der Berliner S-Bahn – wer wollte, konnte die Kalamität bereits seit Jahren erkennen. Die Verkehrsminister, egal ob von SPD oder CSU, ließen das immer noch bundeseigene Unternehmen weiter in die Krise fahren. Die Bahn muß die starke Fixierung auf den ICE-Schnellverkehr mit seinen superteuren Trassen aufgeben und das Schienensystem in der Fläche wieder ausbauen. Deutschland und die Deutsche Bahn steuern bisher den gegenteiligen Kurs. Das „Umwelt-Vorreiterland“ investiert pro Bürger und Jahr schlappe 51 Euro in sein Bahnsystem. Das ist ein Witz! Die Bahn muss neue Prioritäten setzen – als Erstes das Milliardengrab Stuttgart 21 beerdigen und die Investitionsmittel in Projekte stecken, die wirklich Nutzen bringen. Dann gäbe es auch mit Sicherheit keinen schiefen Turm von Stuttgart, so die FR. Bravo, sagen wir! Peter Grohmann

BürgerInnenbrief 153

Der Mensch leidet an einer fatalen Verspätung – er begreift alles erst in der nächsten Generation.
Stanislaw Jerzy Lec

Liebe Bürgerinnen und Bürger:
was uns heute an Ignoranz, Dummheit, an Inkompetenz begegnet, geht auf keine Kuhhaut!

Wir waren am Samstag in Mannheim. In meiner Rede sagte ich,es gehe auch im Mannheim, um um Stadt, Zukunft, Geld – und Wahrheit. Überall marschiert der Kommerz, werden kommunale Wohnungen am Heuschrecken verhökert, steigen Mieten! Die gleichen Leut’, die Hartz IV, die Agenda 2010 durchgesetzt haben, schreiben in ihr Wahlprogramm: Wir wollen ein Land, in dem Armut und Hungerlöhne der Vergangenheit angehören. Die gleichen Leute, die zB. in Berlin das Trinkwasser verscheuert haben, rufen heut den Wählern zu: Wasser ist ein Menschenrecht! Untertauchen sollte man die, tunken, den Kopf waschen, notfalls im Mannheimer Hafen! Gestern Genossenschaftswohnungen verscheuern, jetzt scheinheilig wie bei der letzen Ölung rufen: Wohnen muss bezahlbar bleiben. Aber es geht uns eben nicht nur um Geld, es geht auch um Wahrhaftigkeit, es geht um Demokratie!

Die Apologeten des Fortschritts haben in den Jahrzehnten ihrer Herrschaft immer wieder das Blaue vom Himmel versprochen, aber sie schaffen es nicht mal, in Mainz zu halten! Blühende Landschaften im Osten, sichere Renten, mehr Arbeit für alle, Bürgerentscheid, Mitbestimmung und viel mehr Demokratie – eine schnellere Demokratie, eine weitere Demokratie, eine größere Demokratie,ein bessere Demokratie – und eine tiefere Demokratie, unter der Erde. Eine Demokratie, für die man 12 Milliarden auf den Tisch legt (und von 4.6 spricht). Eine Demokratie, für die man die grüne Lunge der Stadt opfert und 500 Bäume abholzt!

Eine Demokratie, in der die Polizisten Kinder verprügelt und alten Leuten mit giftigem Gas den Protest austreiben, eine Volksabstimmung,
die schon Monate später das Papier nicht mehr wert sind, auf dem sie gedruckt wurden! Eine Schlichtung, deren wichtigste Ergebnisse längst auf den Müll geworfen wurden! Ein Schlichter, der die Abschaffung des Kapitalismus proklamiert, sich aber von der Bahn am Nasenring durch die Manege ziehen läßt. So sieht’s aus:
Die Kosten explodieren und bei der Leistung Schwindel, Lug und Trug!
Die exzessive Ausnutzung von Mensch und Natur macht unsere Erde kaputt, in der Feudenheimer Au ebenso wie im Schloßgarten.Deshalb pfeifen wir auf Euer schneller und besser und weiter und tiefer, wenn dabei die Bäume vor die Hunde gehen, wenn Mensch und Natur leiden, wenn Angst und Aggression zunehmen, wenn die natürlichen Lebensgrundlagen gefährdet sind. Es geht nicht um Wohlstand oder Arbeit oder Zukunft, es geht um Rechthaben, Macht und Geld, um Vetternwirtschaft und gute Posten – und sei es bei der Bahn.

Bürgersinn und Zivilcourage – Eigensinn und Verantwortung: dafür stehen wir hier. Wir wollen nicht mehr alle paar Jahre unsre Stimmen abgeben und dann jahrelang die Schnauze halten! Weg mit den großkotzigen Gespenstern von gestern! Und wir fahren nach Mainz, um dazu beizutragen, dass es wieder singt und lacht.“ Soweit paar Gedanken aus meiner Mannemer Red’. Aufgemerkelt: Die falschen Fuffziger der Bahn heißen Grube, Kefer und Ramsauer, sie sind bei der Regierung in Umlauf, bei Industrie und Investoren, und die Landesregierung nimmt sie für bare Münze. Wir können sie aus dem Verkehr ziehen, auch die Falschmünzer, wenn wir am Ball bleiben. Das geht nicht von heut auf morgen und braucht einen langen Atem und Lust am Streit mit den Obrigkeiten! Die Mannheimer Aktion hatte was von der Fantasie und der Streitlust der neuen Demokraten.

Die Bewegung muss sich vor der Wahl noch einmal auf dem Schlossplatz zeigen, alle sollen es wissen: Die Straße lebt! Sie sorgt für frischen Wind. Und nach der Wahl ist vor der Wahl … Wir bleiben oben! Peter Grohmann