Alle Beiträge von Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Wettern der Woche
Besser Schmiergeld als K(l)eingeld

Besser Schmiergeld als K(l)eingeld – Peter Grohmanns "Wettern" vom 21.5.2014

Peter Grohmann schreibt, singt und spricht sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext.

Wettern der Woche
Peter macht sich nackig

Peter macht sich nackig ... – Peter Grohmann's "Wettern" vom 14.5.2014

Es ist alles so tragisch! Die Mafia steckt in der Fifa, die Fußballer sind gedopt, selbst Sportler schrecken vor Eigenblut nicht zurück, Politiker sind bestechlich, der Schwarze Block wird vom Verfassungsschutz dirigiert, die Parlamente von der Lobby, die Kommunarden sind pleite, die Kommunen auch. Die Justiz ist im Irrtum. Und SOS: Die Grünen haben versagt. Die Sozialdemokraten sind zu tief gefallen, die Piraten finden kein Schiff mehr. Und die Leute im Bioladen werden auch immer unfreundlicher, aber nirgends ein Kondensmilchstreifen der Hoffnung!

Wählen unter solchen Umständen wird zu Qual, mitunter wird sogar Nachdenken verlangt beim Panaschieren. Da können sich die Preußen, Hessen und Bayern ein Stück Demokratie abschneiden, wie weiland der heilige Martin, der seinen Mantel teilte. Heute tragen die Martins Kaschmirmäntel aus fairem Handel – sie würden lieber einen Scheck ausstellen als Hand anzulegen an dem teuren Stück. In der kleinen Schillerstadt Marbach (15 000 Einwohner) protestierten am Wochenende 500 Pipels gegen das TTIP – jedes Kind in der Provinz weiß, dass es sich hier um das von Merkel und Gabriel gefettete Freihandelsabkommen handelt. Wie aus einem bösen Traum werden die Schlafmützen in den Metropolen eines Tages erschreckt aufwachen und sich fragen, wie das passieren konnte, fast widerstandsfrei.

Es ist tragisch. Aber nicht zu spät. Wenn in Marbach Pastorentöchter und Ökoanarchos Hand in Hand mit Kleinbauern, Wengertern, parteifreien Bürgermeistern und roten, schwarzen oder grünen Demokraten auf die Straße gehen, keimt Hoffnung auf.

„Hier gilt es, Schütze, deine Kunst zu zeigen: Das Ziel ist würdig und der Preis ist groß“, schrieb Schiller an die Scheunentore in Marbach. Also auch Eigenblut – aber keine Gewalt! Bei Gewalt geht der Schuss gern nach hinten los, und wer weiß schon vorher, wer dann hinter einem steht? Im Gegensatz zur Marbach, wo derartige Massenversammlungen angeblich nur jedes Schaltjahr stattfinden, wurde Stuttgart jetzt zur Demohauptstadt Europas gewählt, auch wenn nicht jedes Thema die Ureinwohner auf die Straßen treibt.

Wie auch! Es besteht ja nicht nur die Gefahr, überfahren zu werden. Auch bei der gesetzeswidrigen Belastung durch Feinstaub (Folgen: Keuchhusten, Lungenkrebs, Herzinfarkt, Tod) ist die schwäbische Metropole europaweit Spitze.Wie gesagt: Tragisch.

Mal wieder ist Peter Grohmann, der das Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext erstellt, etwas von seinem Manuskript abgewichen – falls Sie es nicht schon selbst gemerkt haben sollten.

Wettern der Woche
Hindu, kusch!

Hindu, kusch! – Peter Grohmann's "Wettern" vom 30.04.2014

Mission nennen sie das, was sich in Fernost dem Ende nähert: Der gescheiterte Militäreinsatz am Hindukusch. Unser guter Freund, der von den Drogen abgängige Hamid Karsai, vom Unterstützer der Mudschaheddin zum Unterstützer der Taliban zum Unterstützer der westlichen Werte, nimmt seinen Hut und wirkt im Hintergrund weiter: Genug ist nie genug, wie die Wahlen weisen werden.

Was nun den Hindukusch angeht – die waren ganz, ganz früher auch anders. Wenig Drogen und noch weniger Ausländer, bis die Briten kamen und den Islamismus mitbrachten, um Afghanistan zu unterwandern. Sie schleusten angeblich extreme Prediger des Islam ein, um die vorherrschende Religion verdrängen. Weiß Gott, ob das stimmt!

Der Deutsche als solcher – auch der mit ausländischen Wurzeln – hat allerdings mit Religionen und so nicht mehr sooo viel am Hut. Leiden und leiden lassen, sagt er sich. Marienwunder und Heiligsprechungen sind ihm so suspekt wie die Islamischten, die zu Millionen auf der anderen Seite der toten Meere stehen und zu uns reingelassen werden wollen, um hier ihre Moscheen zu bauen. Doch das Boot ist voll und kentert – wenn das nicht die Männer von Frontex da wären, rechtzeitig mit RTL plus zur Stelle. Das ist der Beweis: Sicheres Geleid für die Hungerleider..

Ja: Es sind die guten Taten, die wir tun müssen, ob wir wollen oder nicht. Wir wollen naturgemäß eher nicht. Und doch sind es die guten Taten, die die Gläubigen gewollt oder ungewollt zu Gleichen im Glauben an einen Gott machen, die die Propheten verehren, eine Heilige Schrift haben und an Paradies und Hölle glauben. Das mit den Guten Taten, den Propheten und heiligen Schriften haben sie auch mit den Atheisten gemein – nur bei Himmel und Hölle gibt es Unterschiede. Meine Omi Glimbzsch aus Zittau ist stets für das Himmelreich auf Erden eingetreten. Sie hätte gewusst, dass das Leben in Aleppo ein Leben in der Hölle ist. Syrische Kinder sind in Zittau heute ebenso wenig willkommen wie in Zwiefalten oder Heidenheim. Da sind sich Gläubige und Ungläubige einig.

Peter Grohmann stellt sein Wettern der Woche der Wochenzeitung Kontext zur Verfügung.

Wettern der Woche
Magenkrämpfe!

Magenkrämpfe! – Peter Grohmann's "Wettern" vom 23.04.2014

Peter Grohmann für Kontext Wochenzeitung

Wettern der Woche
Ostern. Western.

Ostern. Western. – Peter Grohmanns "Wettern" vom 16.04.2014

Am 16. April 1917 kehrte Lenin, aus Zürich kommend, in Sankt Petersburg ein. Der Genosse kam über den Stuttgarter Kopfbahnhof und wäre gern ausgestiegen, um seinen Stuttgarter Verleger J.H.W. Dietz Grüß Gott zu sagen – Rot Front sagt man bekanntlich erst später. Die beiden kannten sich seit dem Internationalen Sozialistenkongress 1907 auf dem Cannstatter Wasen, auf dem sich am 18. August 1907 rund 50000 Menschen versammelt hatten (lt.Polizei 100000). Undenkbar, hätte die Polizei Lenin aussteigen lassen! 1907 hatte der Genosse Dietz jenen Kongress und das Meeting bei den Behörden angemeldet. Die Königstreuen machten ihm zur Auflage: 1. Rote Fahnen dürfen nicht zur Verwendung gelangen; 2. Beleidigende Ausfälle gegen die Reichsregierung, die Regierungen der Deutschen Bundesstaaten und befreundeter Staaten müssen unterbleiben. 3. Den Verhandlungen wohnt ein Polizeibeamter in bürgerlicher Kleidung an.

Heute ist alles anders. Jesus lebt, aber Lenin ist tot. Sankt Petersburg hieß nicht für immer, sondern nur für etliche Jahre Leningrad. Das hätte sich kein Prophet nie träumen lassen. Beleidigende Ausfälle gegen befreundete und korrupte Regimes interssieren keine Maus. Und rote Fahnen finden bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten Verwendung – und sei es nur, um die Bürger mal so richtig zu erschrecken. Das klappt deshalb kaum, weil die Bürger nur noch sehr wenig über rote Fahnen, Ausbeutung und Klassengesellschaft wissen: Sie sind im Möbelparadies angekommen. Und was die Polizeibeamten angeht: Die wohnen komplett uniformiert und mit Gesichtsmasken nahezu allen Versammlungen bei, ohne dass es ihnen viel ausmacht, von den „Zivilen“ mal garnicht zu reden. Nur zu lange Reden stören sie. Und schlechte Musik und schlechte Bezahlung. Da sind sie sich nicht nur mit den Krankenschwestern, den Kindergärtnern und Altenpflegern einig, sondern auch mit allen anderen mies bezahlten Jobbern und Aufstockern. Früher wären sie, ohne mit der Wimper zu zucken, mit geballter Faust und roter am 1.Mai aufmarschiert, zu schlechter Musik und den zu langen Reden der Besserverdienenden. Heute ist nur noch die Wurst rot.

Und heute? Da nimmt sich das Volk den 2. Mai als Brückentag: Flug auf die Krim. Best Western Hotel Sewastopol. 19,90 Tag, VP. Fast wie im Kapitalismus, lieber Uljanow.

Wettern der Woche
Schwarze Tage

Schwarze Tage – Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 02.04.2014

Während in Berlin die ersten Mitarbeiterinnen des BND in den Untergrund gehen und ihre Stellungen ausbauen, mosert der Spitzel der Grünen, der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, das alles sei ein schwarzer Tag für Deutschland und die Stellungen viel zu „mächtig, riesig, hässlich und ungeheuer teuer“.

Ach, wenn’s doch der einzige schwarze Tag wäre! Erstens, Hans-Christian, ist das alles demokratisch besprochen und legitimiert, von der Schwarzen, den Grünen, dem Gelben, als es sie noch gab, und den Rosa-Roten. Demokratie hat eben auch Nachteile – häufig gewinnen die Falschen wie in Frankreich oder in der demokratischen Volksrepublik Türkei.

Da braucht es natürlich Geheimdienste aller Couleur, dort wie da, die mitregieren, die den Regierungen und, wenn’s unbedingt sein muss, auch dem Volke die Wahrheit sagen, früher oder später. Meistens später und oft zu spät.

Die Wahrheit ist dehnbar wie ein Schlüpferbändel aus Gummi, wusste meine Omi Glimbzsch in Zittau. Mal so gesehen: Ob nun von Frau Merkel 250 oder 350 Telefonate gespeichert wurden, ist unerheblich angesichts der Tatsache, dass unsere Gutste allein in einer Woche 600 Mal telefoniert – seit Beginn ihrer Amtszeit vor mehr als 13 Jahren sind das 325 000 Telefonate. Wer hört eigentlich Sigmar Gabriel ab und warum nicht? Wer hört Nietzsche ab oder Siemens-Chef Joe Kaeser oder den Freund aller Kanzler, den Deutschbanker Jürgen Fitschen?

Mahnungen, Warnungen oder Hinweise auf gestern werden ungern gehört oder gelesen. Etwa, wenn es da heißt, dass zwischen 1941 und 1942 faktisch die gesamte jüdische Bevölkerung, Sinti, Roma etc. pp. in der Ukraine und auf der Krim von uns ermordet wurden. Diesbezüglich hört auch mich niemand, und selbst wenn: Es sind zu wenige.

Zu unserem weisen Sokrates kam jüngst einer und begann zu plappern und zu plaudern. „Langsam, Junge“, stoppte Sokrates und fragte seinen Besuch: „Hast du denn das, was du mir sagen willst, auf die Wahrheit hin geprüft?“ Der Gast schüttelte den Kopf und sagte: „Aber ich hab’s gehört!“ Genosse Sokrates lächelte: „Behalt’s für dich.“ Manches behalte ich für mich. Das hier nicht.

Das Wettern der Woche stellt Peter Grohmann Kontext:Wochenzeitung zur Verfügung.

Wettern der Woche
Fingerjucken

Wo die Drohnen fliegen – Peter Grohmanns "Wettern" vom 26.03.2014

Klar, dass es nun manche in den Fingern juckt, dass sie am liebsten blankziehen würden, losballern, wenn sie könnten, was sie dürften, wie sie wollten. Stellen wir uns bloß mal vor, was für eine Entbehrung für viele: jahrzehntelang nur kalter Krieg und anschließend warmer Frieden. Wie stolz waren die Europäer allesamt, als sie zum Endes jedes Jahrzehnts mit tränenerstickter Stimme verkünden konnten: Kein Krieg in Europa seit 1945! Griechenland zählte bekanntlich damals, 1948, nicht zu Europa, und Jugoslawien erst, seit es verkuppelt und kaputtgemacht wurde. Und Bürgerkriege oder Volksaufstände werden ja nicht mitgerechnet, nicht in echt, also Ungarn, CSSR, Polen oder so …

Zugegeben, dabei waren wir immer wieder mal, aber nie so richtig vollberechtigt. Wegen der Skrupel. Skrupel sind ganz schlecht für einen Krieg. Irak, Iran, Afghanistan, Pakistan – je nun! Aber die Welt darf niemals vergessen. Auch nicht, dass faktisch 500 Meter Luftlinie von meinem Rechner entfernt Stuttgart-Vaihingen und Stuttgart-Möhringen liegen und dass ohne die Vaihinger und Möhringer weltweit faktisch kriegsmäßig gar nichts läuft!

Auf den Fildern, wo sonst Krauts wachsen würden, koordinieren zwei Stützpunkte die US- und NATO-Kriegslogistik. EUCOM kümmert sich um NATO-Einsätze oder andere Kriege. Von Stuttgart aus wurden unter anderem der erste Irakkrieg, der Jugoslawienkrieg und auch der Nachschub für den zweiten Irakkrieg im Jahr 2003 koordiniert. Das ist nicht alles. Seit 2008 residiert hier auch auch AFRICOM (in Möhringen). Alles was bei den Schwarzen in Sachen Krieg so läuft oder zum Laufen gebracht werden muss und mit strategischen Stützpunkten, Gas, Öl oder anderen Rohstoffen zu tun hat, läuft hier querfeldein über den Artikel 26.1 des Grundgesetzes. Kriegsstützpunkte also – aber mehr können wir im Moment noch nicht für euch tun.

Der Stuttgarter an sich hört so was verständlicherweise gar nicht gern, ja, er hört regelrecht weg, sollte zufälligerweise in der Stadt die Rede darauf kommen. Da ist er wie alle andere Landsleute auch: wegducken.

Frau von der Laien weiss natürlich nicht, was wir hier alles in petto haben. Kein Drohnenangriff niemals nirgends, der nicht über Stuttgart gelaufen ist oder läuft. Logisch – wir könnten mehr tun. Beispielsweise erst einmal NATO-Truppen an den russischen Grenzen aufmarschieren lassen, sagt unser Flintenweib. Nur so, zum Spaß. Nu guggemal, Iwan, würde meine Omi Glimbzsch in Zittau sagen und die Vorräte in ihrem Luftschutzbunker erneuern.

Das Wettern der Woche stellt Peter Grohmann der Wochenzeitung Kontext zur Verfügung.

Wettern der Woche
Russki, go home

"Iwan go home!" – Peter Grohmanns "Wettern" vom 12.03.14

Was für ein Aufschrei, als Russland 1835 Texas annektierte, das bis dahin zu Mexiko gehöre! 1898 stellten die Sowjets unter militärische Verwaltung, unterwerfen die Philippinen und installieren ein Terrorregime. Dann wird Hawaii genommen, Puerto Rico, im März 1903 Honduras. Im gleichen Jahr sichern die Russen die Kontrollrechte über den Panama-Kanal, der wird russisches Hoheitsgebiet. 1905 folgt eine Militärintervention in der Dominikanischen Republik, na ja, was heisst schon Republik, und 1909 eine in Nicaragua. 1914 mischen sich die Kommunisten massiv in die innenpolitischen Machtkämpfe Mexikos ein, und dann geht’s weiter in Honduras, Kuba, Nicaragua – letztlich geht denen das ganze lateinamerikanische Kroppzeug auf den Wecker. Gut, in Shanghai hatten die Russen 1925 nichts zu suchen und dann kam ja bald der ganz große Krieg. 1947 verhindern die Russen eine sogenannte Volksregierung in Griechenland, 1958 greifen die Russen im Libanon ein, 1959 landen sie in der kubanischen Schweinebucht, im Mai 1964 kämpfen sie in Laos, stürzen im gleichen Jahr den brasilianischen Präsidenten, engagieren sich bis 1975 massiv in Vietnam und entlauben Wald, Feld und Flur. 1965 stürzen die Kriegstreiber in der Dominikanischen Republik Präsident, bombardieren in Kambodscha systematisch alle Dörfer zur vietnamesischen Grenze und sorgen in Bolivien für Ruhe. 1981 gewährt die UdSSR den Mudschahidin und anderen afghanischen Widerstandskämpfern massive finanzielle, militärische und logistische Hilfe in ihrem Kampf gegen fremde Truppen. 1983 erhält der Iran Waffenhilfe und ohne Vorwarnung wird die Inselrepublik Grenada besetzt. 1989 folgt Panama besetzt, weil die auch nicht mehr guttun. 1993 gibt’s Marschflugkörper mit Sowjetstern auf Bagdad, 1999 den Kosovokrieg und 2001 Kabul, da erinnern sich ja selbst die Jüngeren. Die Liste ist alles andere als vollständig.

Der Russe ist natürlich nicht doof – hunderte kleiner und grosser Einmischereien kommen dazu – mal gibt’s Waffen, Krimsekt, Kaviar, andere Drogen oder nur Rubel und Berater. Klar doch, die Russenfreunde haben alle einen Namen, etwa: Franco, Salazar, Pinochet, Batista, Duvalier, Reza Pahlavi, Chiang Kai shek, Gaddafi. Die vielen anderen Verbrecher sind mir entfallen.

Aber jetzt ist Schluss mit dem Anti-Amerikanismus, sonst kommen die Drohnen.

Wettern der Woche
Asche aufs Haupt

Wettern der Woche
Das haut die stärkste Biene um

Wettern der Woche
So oder so

Wettern der Woche
Snowden

Wettern der Woche
Die Waffen nieder

Wer hört schon auf Frauen? – Peter Grohmanns "Wettern" vom 05.02.14

Die Waffen nieder,

schrie Bertha von Suttner vor 125 Jahren. Die Dame kam aus einem rein militaristischem Hause, sie musste es wissen. Aber wer hört schon auf die Frauen, außer, wenn sie zum Essen rufen, würde meine Omi Glimbzsch aus Zittau sagen, und die musste es auch wissen! 1905 erhielt die gute Bertha von Suttner als erste Frau von Welt den Friedensnobelpreis, aber es hat der Welt wohl nicht geholfen. 35 Staaten riefen ihre Männer früher oder später zu den Waffen – fette Jahre für den Tod und Alfred Krupp, den Kanonenkönig, der die Waffen an jeden lieferte, der gut bezahlte. Diese Lehre sitzt bis heute, und in ihrem Lichte ist ein Blick auf die Münchner Sicherheitskonferenz interessant. Gleich drei wichtige Männer – Joachim Gauck, Frank-Walter Steinmeier und Ursula von der Leyen – empfehlen sich als virtuelle Waffenbrüder und sprechen den deutschen Jungs Mut zu beim weltweiten Einsatz für die westlichen Werte. Man muss dabei, meinen sie entschuldigend, durchaus nicht immer gleich zur Knarre greifen. Doch der Terrorist, der Staatsfeind, der Diktator und schlimme Finger, gestern noch gehätschelt, getätschelt und gern beliefert, muss wissen: Die Hand ist nah am Abzug!

Nu ja ja, nu ne ne. Saudi-Arabien: Hand ab, nein danke, wie die Friedensbewegung gern sagen würde. Der Gottesstaat ist Hauptabnehmer unserer Rüstungsgüter. Dankbarer Kunde ist auch Katarrh: Haubitzen und Panzer könnten sicherstellten, dass die eisgekühlten Stadien auch wirklich rechtzeitig fertig werden. Waffen sichern den Frieden auch in den deutschen Fabriken – so lange es Arbeit gibt, mault niemand.

Auf die Idee, dem müden Frieden mit Nähmaschinen auf die Beine zu helfen, kommen Gauck, Steinmeier und von der Leyen noch nicht. Es könnten auch Fahrräder sein, Kochtöppe, Sonnenkollektoren, Brunnen, Brücken, Wellblechhäusle, ja sogar Schulhefte, Bleistifte, Ingenieurinnen oder Bücher, zweisprachig etwa Bertha von Suttners „Die Waffen nieder!“ Von mir aus auch was über die Menschenrechte, wer weiss, vielleicht versteh‘n die‘s ja?

Wettern der Woche
Christlicher Shitstorm?

Christlicher Shitstorm? –  Peter Grohmanns "Wettern" vom 29.01.2014

Wettern der Woche
Schmierfinken

Ist Angela Merkel wirklich die beliebteste Kanzlerin? – Grohmanns "Wettern" vom 22.0114

Die Schmierfinken vom ADAC haben das deutsche Auto in den Schmutz gezogen! Unser Land ist verunsichert. An was soll man noch glauben? Ein Skandal verdrängt den Milliardenverlust der guten Deutschen Bank ebenso auf die Hinterseiten unserer Medien wie Obamas Reaktion auf die NSA: Kein Mensch hört hin, kein Mensch hört mit, kein Mensch ist illegal. Ausgerechnet ein Kollege – Journalist wie du und ich – hat nach mehr als 110 Jahren ADAC-Geschichte 30 000 Stimmen erfunden und das Ansehen eines ganzen Berufsstandes schwer beschädigt. Und das nicht nur einmal, nicht fünfmal, nicht zehnmal, nein … ach was, egal. Können wir da noch den Wahlumfragen, ja Wahlergebnissen trauen? Fälschungssicher ist nur meine Omi Glimbzsch in Zittau.

Und die fragt sich schon lange: Ist Angela Merkel wirklich der blaue ostdeutsche Engel, geliebt von Schwarz, Rot, Geld? Und gehört Boris Palmer tatsächlich zu den am Besten angezogenen Menschen in der Republik, oder ist es nicht in Wahrheit Kai Dieckmann oder Egon Krenz? Sie wissen ja: Ein mehr als renommierter Gutachter fiel auf eine Fälschung von Galileo Galilei herein! Nichts ist mehr sicher. Und schuld daran sind die wahren blauen Engel, stets im Dienst der Automobilindustrie – große Manipulateure vor dem Herrn, aber doch nicht gut genug. Warum nur?, mag sich der verstörte Automobilist fragen, Mitglied seit 1903, als der ADAC im Hotel Silber zu Stuttgart gegründet wurde, warum nur?

Ich sage es Ihnen! Weil es ihnen peinlich war, dass – egal, was man sonst von den Franzosen hält – in Wahrheit der gute alte R 4 der Deutschen liebstes Auto war, ist und bleibt. Ein echter Volkswagen von Renault, Ausgänge nach Ost, West, Süd und Nord, mit Frontantrieb, und das nach dem Krieg! Will mir jemand das Gegenteil beweisen?

Wettern der Woche
Wer betrügt, der fliegt

"Wer betrügt, der fliegt": Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 15.01.14

Mal ganz ehrlich im neuen Jahr: Die Sozialbetrüger hocken doch mitten unter uns – da brauchen wir keine bulgarischen Rumänen! Unsere sind schon längst da. Sie sitzen nur in den seltensten Fällen im Knast, sondern meist beim Steuerberater und an Stammtischen, in Kantinen und Kabinetten, das Maul weit aufgerissen, und bereiten den Rechtsruck vor. In den Glashäusern von der Maas bis an die Memel sind sie sich einig: Wer betrügt, der fliegt. Die reichen und hässlichen Hetzer knöpfen sich jetzt die Ärmsten der Armen vor.

Sie fliegen nach Zürich oder Hongkong, auf die Cayman-Inseln oder nach Florida, nach Delaware, Gibraltar, Jersey und Japan. Sie fliegen oder lassen fliegen. Die Sozialbetrüger heißen Hoeneß oder Rummenigge, Boris Becker, Verona Pooth oder Freddy Quinn, sind Stars und Sternchen, deutsche Herrenreiter, honorige Bankchefs,Vorbilder wie der Postbote Klaus Zumwinkel oder der Mann mit dem Tennisarm: Peter Graf, der’s für die Tochter treibt. Auch Jan Ulrich, Sebastian Vettel, Theo Müller, der Milchmann lassen den deutschen Sozialstaat am langen Arm verhungern. Wenigstens 15 Milliarden Euro kostet allein der Umsatzsteuerbetrug den deutschen Staat, Jahr für Jahr. „Mit so viel Knete könnte man Griechenland besetzen oder den Hellenen 10 000 Steuerprüfer schenken“, sagte meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Bankhäuser, Energieunternehmen, Versicherer und Großunternehmen geraten in Erklärungsnot und polieren nachts ihr angeschlagenes Image auf. Dividendentricks, Scheingeschäfte, doppelte Steuergutschriften – der Fiskus wird ausgenommen, so gut es geht. Und es geht gut. Da sehen die Rumänen und Bulgaren alt aus, und hier geht’s um hunderttausendfach höhere Summen. Da sind die fragwürdigen Steuertricks, die der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) unterstellt werden. Die mehr als 100 Millionen entgangene Euro beschäftigen jetzt die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Man wird sehen, oder nicht.

Inzwischen untersuchen deutsche und europäische Behörden illegale Karussellgeschäfte mit Strom mit dem Ziel, dass der Fiskus nie gezahlte Umsatzsteuer zurückerstatte. Möglicher Schaden: „Ein paar Milliarden“. Und bei der EnBW sind wohl findige Steuerprüfer auf „strafrechtlich relevante Sachverhalte gestoßen“. Falls Sie das tröstet: Wer Steuern hinterzieht, verhält sich asozial, meint Joachim Gauck. Und er meint es wirklich ernst. Soviel zum Thema Sozialbetrug und CSU.

Wettern der Woche
Hosenscheißer

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 25.12.2013

War Gottlieb Daimler ein Hosenscheißer? Die Frage soll offen bleiben, anders als die offenen Antworten, die hier, kurz vor Tores- oder Jahresschluss, vom Wetterer der Woche den Lehrkräften des Gottlieb-Daimler-Gymnasiums vor die Füße geschmissen werden. Das Gymnasium liegt im Herzen von Bad Cannstatt, einem der vielen Kur- und Vorort Stuttgarts: Gute Bildung, gute Beschäftigung (Daimler!), gute Migrations- und andere Hintergründe.

Weil nun in der Stadt der Auslandsdeutschen Menschen aus 189 Nationen leben und die wenigsten katholisch oder evangelisch sind, wollen auch hier Kindergärten und Schulen der eher kinderreichen Mehrheit etwas entgegenkommen bieten statt heiligem Nikolaus, Christbaum und den Glocken der Liebfrauenkirche Weltfeiern an: Alle Menschen werden Brüder, ob sie wollen oder nicht. Das hier gescholtene Gottlieb-Daimler-Gym hatte eben deshalb just in den besinnlichen Vorweihnachtstagen zu so einem multikulturellen Nachdenk-Fest eingeladen, doch die Rechnung ohne die deutschen Christen gemacht.

Die nämlich schmähten im Internetz mit gehässigen und dummen Bemerkungen aus den bekannten Rassistenküchen Schulleitung und Schule und nannten auch gleich das Kontakttelefon der Rektorin – für allfällige Beleidigungen und vorsorgliche Drohungen.Vorfälle wie diese sind vielerorts Alltag, die Androhung von Mord und Totschlag war diesmal nicht dabei, hat aber dennoch der Schule einen solchen Schrecken eingejagt, dass sie die im Herzen der Bäderstadt geplante Welt-Ethos-Feier flugs absagte und sich auf sicheres Schulgelände zurückzog, unauffällig bewacht von den Schützern der Verfassung. Dafür, dass die Feier nicht gänzlich abgesagt wurden, wurde die Schule förmlich mit Lob und virtueller Solidarität überschüttet.

Zu Unrecht. Man hätte immerhin den Arsch in der Hose behalten können. Man hätte immerhin alle Bewohnerinnen unserer multikulturellen Stadt zur Feier einladen können, den Nazis zum Hohn und Trotz. Die Stuttgarter Schulen hätten immerhin – als Zeichen praktischer Solidarität – alle zusammen nach Cannstatt pilgern oder an ihren Schulen zeitgleich zur Weltenfeier einladen können. Man hätte auch, vielleicht leichter gesagt als getan, die frommen Drohungen der echten Deutschen ignorieren können. Die nämlich haben ihr Ziel erreicht: Ein paar gemeine Hinweise im Netz, und eine ganze Schule kippt aus den Latschen.

Wettern der Woche
ApO

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 18.12.2013

Nie war sie so wertvoll wie heute, die evangelische Klosterfrau aus der Uckermark. Denn nun hat sie dem Volke das schönste Weihnachtsgeschenk gemacht, das je gemacht wurde: Die Große Koalition. Jetzt kann endlich, nach all den Anfeindungen, den widersprüchlichen Analysen der vormaligen Gegner, ihren kontroversen, trotzigen Programmen und bitteren Anfeindungen, an einem Strang gezogen werden: Für die Uckermark genauso wie für Südbaden, fürs Thüringer Land, die Saar und den Ruhrpott, für Deutschland, Europa, für die Welt. Mal ganz ehrlich: Wer hätte das gedacht, nach dieser verheerenden Niederlage der Opposition? Vor Monaten noch haben sich Soziologen, Journalistinnen und Parteistrategen die Haare gerauft oder die Schenkel geklopft, höhnisch die andere Seite fertig gemacht, je nach dem, und nun das! Reichen auch uns wir, wo immer wir leben, die Hände, lassen auch wir den Weihnachtsfrieden einkehren!

Andererseits – nie war sie so wertvoll wie heute, die andere Seite der Medaille, kurz ApO genannt, mag der eine oder die andere einwenden. ApO freilich bezeichnet treffend die illegalen Kinder der Demokratie, die außerparlamentarische (!) Versammlung der Möchtegerne, der Wutbürger und Schreihälse, die ohne Auftrag und Mandat auf Straßen und Plätze ziehen, ob nun in Kiew oder Kairo, Bangkok oder Rio, und den gewählten Regierungen das Leben zur Hölle machen wollen. Davon sind wir gottlob weit entfernt. 95 % unserer Menschen finden die Linke schlimm genug, 91 % halten nichts von den Außerparlamentarischen und 75,8 % finden auch eine parlamentarische Opposition unnötig. Ja, es gibt sogar ernst gemeinte Vorschläge wie jene: „Verbieten!“ oder „Geh‘ doch nach drüben!“ Beide Ideen haben eine gewisse Tradition im Lande, kommen also nicht nur aus dem hohlen Bauch, gründen auf alte Erfahrungen und lassen sich natürlich auch beliebig kombinieren.

Meine Omi Glimbzsch aus Zittau würde sagen: „Nu‘ is‘ aber Ruhe im Karton!“ Eine Wahl ist ja auch so etwas wie eine Volksabstimmung oder der Abstieg aus der 1. Liga im Fußball. Die Menschen hatten jahrelang Zeit zum Krakeelen oder gar zum Nachdenken und haben dann, als Höhepunkt, freiwillig an der politischen Willensbildung mitgewirkt und ihr Kreuzle gemacht – jetzt ist gutt!

Man kann den Tag auch vor dem Abend loben. Denn der Segen kommt von oben (nach Schiller, Stuttgart).

BürgerInnenbrief 170

Artikel 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Artikel 8
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

Artikel 19
In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(Und falls das alles nicht greift):

Artikel 17
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

Wettern der Woche
Kein Auge!

Peter Grohmanns "Wettern der Woche" vom 11.12.2013

„Kein Auge hat sie …“, sang meine Omi Glimbzsch aus voller Brust für uns Kinder in der Adventszeit – aber eben nur diese fünf Silben. Es war ein Lied zum Kindererschrecken: Wir stellten uns eine augenlose Frau vor, blind, grausam – und baten um Dacapo.

Der ganze Liedtext? Bitte: Zwei Engel sind hereingetreten, kein Auge hat sie kommen sehn. Sie gehn zum Weihnachtstisch und beten – und wenden wieder sich und gehn. Dass sie sich wieder abwenden und gehen, hat uns natürlich ebenso ebenso beschäftigt wie das „kein Auge“. Die Engel dieser Tage kommen aus Syrien. Es sind die Waisenkinder, Kriegsopfer und ohne jede Chance, je das christliches Weihnachtsfest zu erleben. Die Engel sind die vergewaltigten Frauen, traumatisierte Jugendliche, Giftgasopfer, Menschen mit Amputationen, Kriegswunden, häuserlos, heimatlos. In einer Art Gnadenakt hat der leider immer noch amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich entschieden, dass „wir“ weitere 5000 syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aufnehmen. Der bedauernde Tonfall ob dieser Großtat war nicht zu überhören, der CSU-Mann mag diese Menschen – 5000 von zwei Millionen – als Zumutung empfinden.

Deshalb erfolgte denn auch postwendend eine Art Wiedergutmachung für die rechtslastige Wählerschaft: eine kräftige Watschen für Bulgaren und Rumänen, die frei in Europa umeinanderreisen könnten, dann überall mal kurz haltmachen, die Wäsche von der Leine klauen und die Sozialkassen plündern. Kein Auge hat sie gehen sehn. Mit diesen „Auslassungen“ vergreift sich der deutsche Innenminister am Kern der europäische Idee. Im Haus Europa wohnen eben nicht nur die Profiteure, die am internationalen Markt mit deutschen Produkten ganz gut Kohle machen.

Und übrigens, Hans-Peter: Niemand zahlt für Lumpenbuden in den Slums der deutschen Großstädte höhere Mieten als der gepiesackte Rumäne, niemand lässt sich als illegaler Billiglöhner für zwei fuffzig leichter ausbeuten! Freizügigkeit für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger ist vertraglich zugesichertes Recht. Alles andere zementiert Ausbeutung und eine menschenverachtende Zweiklassengesellschaft. Im Weihnachtsgepäck von Friedrich stecken jede Menge Gemeinheiten – und kein Auge hat sie kommen sehn.