Alle Beiträge von Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Wettern der Woche
Strajk-Aufruf!

Strajk-Aufruf! – Peter Grohmanns "Wettern" vom 18.3.2015

Strajks sind etwas Wunderbares – je weiter weg, umso wunderbarer. Hongkong, Bangladesh, Soma oder China: Spitzenmäßig! Bloss nicht bei uns! Ein Streik ist schlimmer als ein Abendessen beim Griechen in diesen Tagen oder der erfundene Stinkefinger von Tsipras.

Die großen Sklavenmärkte unserer Tage finden in Kambodscha, Thailand und auf den Philippinen statt. Wenn die weißen Leute mit dem großen Flieger landen, ist high live bei den Mädels dort. Diesmal werden 200 gekauft. Mit von der Partie bei den neuen Einkaufstouren in Fernost sind Stadtverwaltungen und Sozialverbände – Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt. Die haben in jahrelangen Mühen dafür gesorgt, dass die jungen Menschen wieder eine Zukunft haben – natürlich bei uns. Das Wort Zukunft kennen die dort ja nicht einmal. Der Paritätische nimmt dises Jahr vielleicht 15 von der ersten Wahl, AwO, Diakonie und Caritas jeweils 50, den Rest kriegt die Kommune. Wenn der Altenpfleger-Flieger später in Echterdingen landet, ist für alles gesorgt: Arbeitsklamotten, eine 500-seitige Dienst-Ordnung, ein Zimmer oder gar eine kleine Wohnung – und die Alten in den Altenpflegeeinrichtungen reiben sich vergnügt die knorrigen Hände – high life auch im Altenpflegeheim! Natürlich müssen die neuen Dienerinnen lesen und schreiben können, Medikamente kennen, Erste Hilfe ist da zu wenig, da steht fast eine richtige Ausbildung dahinter. Welches Handtuch fürs Gesicht und welches für untenrum reicht da nicht.

In den Schulen sieht’s nicht besser aus. Dass angestellte Lehrerinnen bis zu 500 Euro monatlich weniger verdienen als beamtete, hätten sie sich ausrechnen können. Wer wird denn da noch Lehrer, wer Altenhelfer, Kindergärtnerin, Krankentussy? Ich bin doch nicht blöd.

Eine Pflegekraft (ambulant) verdient in Deutschland durchschnittlich 1.721 € brutto. Viel Kohle, klar! Und woher kommt die? Von Ihnen und von mir und von Omi Glimbzsch aus Zittau! Denn nach Abzug der Abzüge bleiben den Pflegern noch gut und gerne 1200 Euro, mehr als in der Danziger Lenin-Werft. Dort schlug die Staatsmacht vor 40 Jahren, 1985, einen Strajk zusammen – 85 Tote. Vergessen wir’s.

Das soll keine Warnung sein. Denn unserer „Staatsmacht“ ist mit demokratischen Mitteln beizukommen: Mit Streik. Und der Erkenntnis der Wohlstandsgesellschaft, dass Leben etwas kostet. Angeblich regeln nach dem Gesetz der Marktwirtschaft Angebot und Nachfrage die Kosten – daraus ergibt sich der Preis eines Menschen, der für unsere Kinder da ist, für Dich und für mich, wenn wir je krank werden oder altern sollten. Das möge der liebe Gott verhindern, wegen der Marktwirtschaft.

Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern
Schimpf + Schande

Schimpf und Schande – Peter Grohmanns "Wettern" vom 11.3.2015

Wehe, wer in diesen lausigen Zeiten (für Sozialdemokraten und Grüne) unsere Landesregierung kritisiert! Der kommt sofort auf die Schwarze Liste – 1000 Stockschläge mit Zuckerbrot und Peitsche. Das gilt unisono fürs Schwarz-Rote Berlin: Alternativlos alles, unumkehrbar! Die Herrschenden sind doch seit jeher faktenresistent, ob es sich nun um 32 oder 52 Bahngleise handelt, um Hannah Arendt, Putin, Fukushima oder den Frauentag. Bei Letzterem hat der Mann, auch wenn er sich hinter Omi Glimbzsch in Zittau verstecken würde, wenig Chancen, etwas Folgenreiches zum Thema beizutragen. Omi aber wüsste immerhin, dass der Frauentag 1921 von den Kommunistinnen erfunden wurde,die dafür heute noch von den Männern verfolgt werden. Gewalt und Unterdrückung einerseits, wirtschaftliche Abhängigkeit und soziale Ungerechtigkeit andererseits: Der Kampf geht weiter. Abgesehen von den 107 Aufsichtsrätinnen bekommen Frauen im Durchschnitt für vergleichbare Arbeit weniger Geld als Männer. Dafür dürfen sie einen Großteil der unbezahlten Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeiten übernehmen. Frau Scheswig bittet darum, das neue Gesetz nicht kleinzureden. Nicht nötig, Schwester!

Empfindlich auf Kritik hat auch Dietmar Gabriel reagiert, als er den saudischen Hände- und Halsabschneidern unsere Solarleuchten für Menschenrechte empfahl. Da hängen Arbeitsplätze dran, die jedes Argument totschießen, notfalls mit der Panzerfaust gegen das eigne Volk.

Damit’s jetzt nicht zu einseitig wird, soll auch Peer Steinbrück sein Fett abkriegen. Der steigt dieser Tage ungebremst mit drei scheinheiligen Königen aus der Ukraine ins Bett, um das Land vor dem Kollaps und seine Nebeneinnahmen zu retten. Viktor Pintschuk, Rinat Achmetow und Dimitri Firtasch heißen die Freunde. Firtasch wurde 2014 in Wien verhaftet und kam nur gegen Kaution von 125 Mio Euro frei. Eine feine Sippschaft! Peer Steinbrück hält die Kritik für überzogen.

Dumm geloffen ist auch eine Frage an den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zu TTIP. Gemeinderäte, so die Rechtsauskunft von ganz oben, dürfen sich nicht mit dem TTIP beschäftigen. Erstens fiele das eh schwer – das meiste ist geheim, sag‘ ich. Aber tun sie’s dennoch, verhalten sie sich rechtswidrig, so der Rechtsdienst. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung gilt nur für Themen, die einen “spezifisch örtlichen Bezug” aufweisen. TTIP ist also gottlob von der Tagesordnung verbannt. Man lernt nie aus. Da lob ich mir die Untersuchungsausschüsse zum NSU:
Die verzichten von vornherein auf dumme Fragen – damit das Vertrauen in die Demokratie nicht verloren geht.

Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern
Arsch & Hose

Arsch & Hose – Peter Grohmann's "Wettern" vom 4.3.2015

Alle Welt beklagt neuerdings nicht nur, dass die Bundeswehr für Konflikte sauschlecht gerüstet ist, wenn’s mal ernst würde. Noch mehr Sorgen bereitet dem gewöhnlichen Militaristen, dass die Soldaten unterfordert sind. Zwei Drittel der Soldaten meinen, sie hätten nichts Nützliches gelernt. Das stimmt uns Friedensapostel nachdenklich. Ist es denn nicht nützlich, im Nahkampf seinen Mann zu stehen? Zu wissen, wo das Messer anzusetzen ist, wenn das Vaterland in Gefahr ist? Nur 31 Prozent der potenziellen Nahkämpfer äußerten sich positiv über die Sinnhaftigkeit des Dienstes, verzichteten allerdings auf Details. Tröstlich immerhin ist, dass 83 Prozent der Soldaten mit dem Sold „zufrieden“ bis „sehr zufrieden“ sind. Kameradinnen, Kameraden, danke für das offene Wort! Wegtreten.

In der Zivilgesellschaft, die sich ja letztlich erst unter dem Schild, Schwert und Schutz der Bundeswehr entwickeln konnte, sieht es dagegen duster aus: 79 Prozent der von mir Befragten sind mit ihrem Salär mehr oder weniger unzufrieden – und so richtig zufrieden sind eigentlich nur die Großverdiener und Kuponschneider. Im Arbeitsleben selbst, also etwa bei Heckler & Koch, zweifelt kaum jemand an der Sinnhaftigkeit der Produktion: „Eine gute Waffe von uns kann überall auf der Welt eingesetzt werden“, meinte ein Betriebsrat in einem vertraulichen Gespräch. So funktioniert eben Gleichberechtigung! Meine Omi Glimbzsch in Zittau etwa durfte zu Zeiten der DDR bei der Gesellschaft für Sport und Technik schießen lernen – das hat sie der älter werdenden Generation im Westen voraus, wenn je der Kampf um gerechte Renten geführt werden würde.

Sei’s drum! Unsere Kinder in der Bundeswehr brauchen wieder einen Arsch in der Hose. Vielleicht würde ja eine Friedensmission in der Ostukraine Abhilfe schaffen? Momentan will Schwarz-Rot-Gold die einst geschleiften Panzerkasernen wieder auf Vordermann bringen – die Ukraine ist im Grunde genommen nur einen Katzensprung entfernt. Die Route für die Vorhut: Zittau–Mariupol. Rund 2000 Kilometer, Zeit etwa 23 Stunden, Kraftstoffverbrauch 150 Liter, Kosten ca. 220 Euro. Panzer brauchen natürlich deutlich länger, könnten aber auf dem sicheren NATO-Bahnweg direkt an die Front gebracht werden, über Kassel–Stuttgart–Bratislava–Kosice – und gleich da.

Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Blutdiamanten

Stets zu Diensten, sagt der Schweizer Banker, wenn er die Klientel sicher über die heimatlichen Abgründe und Gletscherspalten führt. Ins Ungewisse geht es nie. Der weltweite Kunde vertraut seiner Bank – aber nie umgekehrt. Letztlich sind ja alle, der Banker wie seine Kunden, asoziale Nummern – Hauptsache, der Zinsfuß hinkt nicht und das Geschäfts lohnt sich, beiderseits. Moral hat da nichts zu suchen, die braucht man im Heimatland allenfalls für Wahlkampfappelle und Sonntagspredigten an Hartz-IV-Empänger. Damit wir uns nicht mißverstehen: Die Schweizer Banken stehen dabei sinnlich haftend und nur stellvertretend für eine weltweite und grandiose Geldmafia, die keine Skrupel kennt. So hat man sie erzogen. Gute Geschäftsbeziehungen sind die Hauptsache. Blutdiamanten, Waffen, Kriegsanleihen? Die HSBC hat sich doch entschuldigt! Ob es nun um das Geld von ermordeten Juden geht, Steuergelder, Staatseigentum, ist egal. Man wird schnell reich am Elend der Toten, am Leiden der Armen. Die Banken und ihre Diktatoren, Präsidenten, Generäle, Schieber sind Legende! Nun, eher zufällig, sind mal Rotlichtkönige, Fußballprofis, Spitzel der Geheimdienste, die Erben des Nationalsozialismus, Unternehmer, Damen der Charity, echte Blaublütler verraten worden. Gott segne die Whistleblower – aber Namen werden nicht genannt. Knapp zweitausend Personen mit 740 Nummernkonten, 3616 Unterkonten und mindestens 3,3 Milliarden Euro Guthaben und 229 Offshorebohrung-Briefkastenfirmen – Peanuts!

Doch jetzt mal ganz ehrlich – sitzen wir nicht alle im gleichen Boot? Klar – die einen segeln und die anderen rudern.

Auch die großen deutschen Geldhäuser – Leistung aus Leidenschaft! – sind doch in Steueroasen aktiv. Allein die Deutsche Bank gründete über ihre Filiale in Singapur mehr als 300 Trusts und Briefkastenfirmen. Reg‘ dich nicht auf, ruft uns Omi Glimbzsch aus Zittau zu: Alles verjährt. Und wenn nicht: Alles vergessen.

Mutti, der Mann mit dem Zinsfuss ist da…

Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Schweizer Zurückhaltung

Schweizer Zurückhaltung – Peter Grohmann's "Wettern" vom 25.2.2015

Früher wussten wir alles besser: Raus aus der Nato – rein ins Vergnügen: Wer hätt‘ da gezweifelt?

Wir wussten, wie es die Vietnamesen machen sollten, um erst die Franzosen und dann die Amis loszuwerden. Wir wussten, wo Patrice Lumumba seine großen Schwächen hatte und warum Che Guevara letztlich in die Falle tappte. Wir wussten, warum Waffen für El Salvador gut wären und warum die DDR scheitern musste, wir wussten, wie es Lech Welesa hätte besser machen müssen und warum Erich Honecker der falsche Mann zur richtigen Zeit war, wir wussten, was Mao Tse Tung hätte lassen sollen und wo Ho Tschi Min besser auf seinem Pfad geblieben wäre. Wir wissen, wie in Venezuela die Volksherrschaft gerettet werden könnte und wo die großen Fehler der Bolivianer liegen. Wir wissen genau, wer hinter Raul Castro steckt und dass es gut wäre, wenn der endlich auf uns hören tät, vom Urwald in Brasilien jetzt mal ganz zu schweigen. Wir wissen, wie ein Frieden zwischen Palästina und Israel zustande kommt und was die Palästinenser falsch machen und warum die Israelis gemein sind. Von China (VR, rot) muss nicht groß geredet werden, Winfried hatte einst alles gesagt. Klar, was jetzt in Ägypten notwendig wäre (Aufbau von Polizei und Verfassungsschutz) oder bei den Saudis (Panzerbrechendes aus Deutschland) oder wo der Marokkaner lieber die Finger weglassen sollte, wann der Tunesier wo investieren soll – kein Problem. Fragt uns, aber wir sagen es auch ungefragt, und wer nicht hört …

Auch ihr, Völker Persiens, des Iran und Irak, in Myanmar, Kamputtschea, Sri Lanka! Menschen In Papua, im Jemen, im Sudan, hört ihr uns? Du, Oma Glimbzsch in Zittau und Opa Diesch in Zwiefalten? Unser Rat, Freunde in Mexiko, Mali, Syrien, in Thailand, in der West- und der Ostukraine, in Tadschikistan, Belutschistan? Ihr, Studentinnen und Studenten in HongKong, Matrosen von Kronstadt, Arbeiter im roten Wedding, Hamburger, Cheeseburger, Limburger: Kämpft! Kämpft an unserer Seite! Sorgt endlich dafür, dass die Welt besser wird, Schluss mit dem Terror von Banken, IS, US, Putin. Und noch was, rüber nach Griechenland:

Hallo, Syriza, Tsipras, Varoufakis und ihr anderen tapferen Frauen, wir wissen, was ihr, ja was das ganze griechische Volk jetzt tun muss! Völker der Welt: Lasst u n s das doch endlich mal machen!

PS: Glauben Sie mir: Ich weiss es wirklich besser.

Peter Grohmann schreibt und spricht sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Volltreffer! Nachschlag vom Papst

Volltreffer! Nachschlag vom Papst – Peter Grohmann's "Wettern" vom 11.2.2015

Der Klaps auf den Arsch, den O mein Papa gegen unartige katholische Kinder dieser Tage empfiehlt, ist alles andere als ein Schlag ins Gesicht. Es sei denn, man ist empfindlich, führt Kinderrechte an, die Gefahr des Nachahmens, vielleicht auch Verletzungen, wenn der eine oder andere heilige Vater mal zu hart zuschlägt. Deshalb auch dieses Aufbegehren im Netz, diese Schlagzeilen. Wenn die weltliche Welt wettert, dann aber deftig. Und doch entgeht ihr offenbar, dass mitten uns Zivilisierten Woche für Woche drei Kinder an den Folgen schwerer Misshandlungen sterben. Nachts ist die Dunkelziffer höher. Dazu kommen – ebenfalls jede Woche – rund 400 Fälle von schweren Misshandlungen. Soweit die amtlichen Zahlen, und doch: Staatliches Versagen beim Kinderschutz sei nicht die Ausnahme, sondern die Regel, behaupten Experten, Autoren und der Kinderschutzbund. So weit, so schlecht.

Großsprecherisch heißt es in der Kinderrechts-Konvention der UNESCO (Story, aber wir haben das unvorsichtigerweise unterschrieben!): „Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“ Das ist klar und deutlich und bindet eigentlich auch Gerichte, Ministerialbüro- und Sozialdemokraten. Es sei denn, es handelt sich sich im Roma-Kinder. Die können bei uns über Nacht und mitten im Winter (natürlich in Begleitung der Erziehungsberechtigten) abgeschoben werden. Ob sie nun ein oder drei Jahre alt sind, krankenhausreif und schwach auf der Brust, mittellos und mies bekleidet: Weg der Dreck. Im speziellen Fall geht es um eine sechsköpfige Roma-Familie, die die baden-württembergische Landesregierung ins Elend bei Niš (Serbien) ins sichere Herkunftsland schickte, 8 Grad minus. Die Behausung der Familie besteht aus zwei nicht bewohnbaren Räumen – es gibt zwar eine Tür, aber keine Fenster. Es gibt keine Heizung und kein fließendes Wasser. Die Wände sind verschimmelt und feucht, die Decke zerstört. Bei schlechtem Wetter dringt Regen ein. Die „Toilette“ besteht aus einem Loch im Freien.

Aussen Pisse, Kot und Kälte, innen nasse Zudecken, verkackte Windeln, Babys ohne Schuhe.

Die Landesregierung ist natürlich nicht dumm – die Grünen, die Roten und die Schwarzen auch nicht. Sie alle wissen ganz genau, wie es in den Roma-Lagern zugeht: Alles rechtens. Sag‘ ich doch.

Peter Grohmann schreibt und spricht sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Rauchende Colts

Tü ponimaetje, verstehste? – Peter Grohmanns "Wettern" vom 4.2.2015

Am 4. Februar, vor 30 Jahren, starb Jesse Hibbs an Alzheimer. Wir Jüngeren von uns kennen den Regisseur aus Filmen wie „Mit roher Gewalt“ oder gar „Rauchende Colts“ und „Tausend Meilen Staub“, wir Älteren haben das längst vergessen. Dafür sehen mit durchaus gemischten Gefühlen jenen zu, die mit rauchenden Colts durch die Medien, durch die Lande streuen: Scharfmacher aller Couleur, Politiker, eingebettete Journalisten, gute und schlechte Schauspieler. Man hat das Gefühl, das Drehbuch zu kennen: „1000 Meilen nach Dnjepropetrowsk oder „Brennende Krim“. Alternativ: „Nur einer kam durch“.

Keine Angst! Momentan sind wir persönlich in dieser Ecke der Welt erst einmal nur in der Türkei engagiert: Kobane gucken und Peschmergas sterben lassen. Aber wir dürfen auf den Trittbrettern der Verbündeten rund um Mütterchen Russland mitfahren: Ein Kessel Buntes rund ums Zarenreich. Falls man dem russischen Bären noch etwas mehr auf den Pelz rücken müsste, um die Menschenrechte zu sichern, sollten wir nicht abseits stehen. Wir sind gefragt, selbst von Gauck. Und immer nur zusehen war nie unser Bier. Ich sag mal so: Die Aussichten, dass der Film spannend wird, sind da!

Allerdings: Die NATO und die EU werden sich mit der Frage beschäftigen müssen, was als nächstes ansteht – nach der erforderlichen Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato, wie sie Zbigniew Brzeziński, weise seiner Zeit voraus, forderte. Man muss dem Russen zeigen, wo der Bartel den Moscht holt. Der strategische Ausdenker dieser ollen Orakel, die jetzt nach und nach erfüllen, war Sicherheitsberater und immer schon ein hervorragender Drehbuchschreiber für die US-amerikanischen Präsidenten. Er hat gewusst, was man an Vaihingen und Möhringen hat: Das AFRICOM steuert alle militärischen Einsätze der USA in Afrika, Kampfdrohnen inkludet. Das EUCOM befehligt die US-Atomwaffen in Europa und sorgt dafür, dass die Colts rauchen, wenn’s sein müsste.

Das ist völkerrechtswidrig? Mannomann, jetzt werd‘ mir nich zickig, die Amis sind die einzige Weltmacht, вы понимаете? tät meine Omi Glimbzsch aus Zittau sagen. Junge, es geht um Menschenrechte, nicht um Krieg und Frieden! Nu, irgendwas bleibt eben immer auf der Strecke, Krieg oder Frieden.

Peter Grohmann schreibt und spricht sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Griechen und kriechen

Griechen und kriechen – Peter Grohmanns "Wettern" vom 28.1.2015

Wir haben die Griechen gewarnt! Kein Grieche kann jetzt noch sagen, er hätte nicht gewusst, was auf ihn zukommt.

Dass Griechenland schon in grauer Vorzeit gewissermaßen deutsch war, ist nichts Neues – es sei denn, die Indogermanen waren gar keine von uns. Sei’s drum: In diesen Tagen kommen Tausende griechischer Immobilien unter den Hammer. Selbst auf den 600 oder 6000 Inseln kann man noch wahre Schnäppchen machen. Für 350 000 Euro kriegst du schon ein‘ Bungalow fast am Meer mit eignem Strand – Mädle, verscheure deine ET-Wohnung im Kernerviertel und mach rüber nach Kamari! Dunkler Lavastrand, Traum von Insel, Promenade, Leben, alles sehr potent, selbst die Arbeitslosen. Als wir in Griechenland das Sagen hatten (WK zwo), transportierten wir alles, was nicht niet- und nagelfest war, in unsere Heimat, zur Strafe, weil uns die Griechen nicht liebten. Alles, was produziert wurde, und letztlich auch die Fertigungsanlagen. Was wir nicht brauchten, zerstörten wir. Und wir nahmen auch die 44 000 Juden aus Saloniki und Umgebung mit. Abgesehen von einem total ausgeplünderten Land, etwa 38 000 Exekutionen und ein paar Hunderttausend Toten standen wir uns in der Folgezeit gut mit den Griechen. Der freie Westen gab dem Land den guten Rat, „wegen damals“ keine übertriebenen Forderungen zu stellen. Aus Dankbarkeit durften sie in die NATO & Co KG. Zeus sei Dank.

Schnitt. Bis gestern mussten im Griechenland der alten Banditen immer nur die Armen hungern. Das soll sich jetzt ändern – wg. Merkel und Schäuble. Die penetrierenden Deutschen waren den Ägäern zwar immer ein Dorn im Auge, doch nun haben die Griechen in ihrem Elend trotz aller widerwärtigen Drohungen nach dem Strohhalm Syriza gegriffen. Dem Söder kocht die Galle über.

Alle Griechen, die noch reisen wollen, können sich jetzt ja mal in den großen Museen in Berlin oder München umsehen, bevor sie wieder ans Fließband müssen. Vielleicht entdecken sie ja Beutekunst – aber mit Sicherheit viele ihrer 2000 bis 3000 Jahre alten Kunstschätze.

Klarer Himmel fürchtet keine Blitze, würd meine Omi Glimbzsch aus Zittau vielleicht sagen. Freuen wir uns auf das Wintergewitter!

Peter Grohmann schreibt und spricht sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Lug & Trug

Lug & Trug – Peter Grohmanns "Wettern" vom 21.1.2015

„Du musst ooch nich immer alles glooben, was inner Zeitung steht“, mahnte meine Omi Glimbzsch in Zittau bei passenden Gelegenheiten. So wie Gutenberg eben nicht die beweglichen Lettern erfunden hat, sondern das Morgenland, hat auch das Abendland die Pressefreiheit und menschliche Werte nur gepachtet und abgekupfert – vom Morgenland. Es ist doch lustig, dass ausgerechnet jene, die den Asylbetrüger am liebsten auf den Mond schießen täten, zumindest aber ins Morgenland abschieben würden, von eben diesem verlangen, er sollte sich gefälligst integrieren – am besten noch vor der Abschiebung. Merke: Was wir hier brauchen, sind gut ausgebildete, junge und gesunde Ärzte aus Syrien, fitte IT-Leute aus Asien, Ingenieure aus dem Kosovo und Marias aus Polen. Alle anderen können bleiben, wo der Pfeffer wächst.

Dabei ist Integration nichts anderes als Annäherung, Auseinandersetzung und Kommunikation – etwas vom Feinsten jenseits von Festreden und Wahlkämpfen. Das freilich dürfen wir uns in diesen harten Zeiten für die Zugewanderten ebenso wünschen wie für die schon immer Dagewesenen: Integration.

Sie, die Einheimischen, waren nicht immer da, ob in Untertürkheim, Klotzsche oder auf der Alb. Sie kamen in Migrationswellen (Jäger und Sammler!) aus Russland, lange vor Stalin, aus Litauen und Polen vor paar tausend Jahren, und noch viel früher aus Afrika. Von ihnen stammt der Großteil der heutigen Europäer ab – so traurig das für Pegida & Co. auch sein mag. Der ersten Teil der Integration zur Menschwerdung des Affen leistete die Arbeit, der zweite Teil steht noch aus: Die Integration der hiesigen Angsthasen aus Ost und West in die Wertegesellschaft des Menschen. 539 v. Chr. eroberten die Armeen von Kyros dem Großen Babylon. Der Große befreite die Sklaven und behauptete, dass alle Menschen das Recht haben, ihre eigene Religion zu wählen, und dass alle, Hautfarbe piepegal, das Recht hätten, als Menschen zu leben. Das mündete später in die Verfassung der USA, die Orientierung ist für alle ist, die guten Mutes sind: Dass die Menschwerdung des Affen letztlich doch gelingen möge. Später wurden uns Eingeborenen die Menschenrechte erklärt: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen. Wer das kapiert, ist integriert. Vorher nicht.

Peter Grohmann schreibt und spricht sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
liberté, égalité, solidarité!

Liberté, Égalité, Solidarité! – Peter Grohmanns "Wettern" vom 14.1.2015

Seltsam, was sich da tut vor unsrer Haustür: In Dresden gehen 35000 auf die Straße, in Frankreich Millionen. Die Straße gewinnt. Doch noch möchten wir’s nicht zugeben: Die Angst hockt uns im Genicke. Etliche tausend junge Leute kämpfen auf der anderen Seite, aus Duisburg und Lyon, aus Stockholm, aus den Banlieues. Wenn sie im Kampf sterben, interessiert das kaum. Wenn sie überleben, kommen sie zurück zu uns.

Kriege machen die Menschen roh, gewalttägig, krank – sie werden so krank wie der Krieg selbst. Häufig werden die Kämpfer, egal für wen, für was, von wo, zu Hause allein gelassen mit ihren Wunden, wenn sie wieder unter uns sind – so wie die Freiwilligen aller Armeen vorher alleingelassen wurden, in ihren Heimaten, unter uns, in den tristen Vorstädten, auf menschenleerem Land, vernachlässigt und zurückgewiesen, häufig chancenlos, immer ausgegrenzt, benachteiligt, lebenslang verdächtig, verfolgt, diskriminiert. Sie haben die falsche Hautfarbe, Überzeugung, Lebensweise.

Was bringen die Rückkehrer mit, außer einem kranken Leben? Frust, Hass, Enttäuschung, Neid?

Geiz ist geil. Bringen sie Kenntnisse mit, wie man sie in fast allen Armeen der Welt lehrt und lernt? Wie man im Dschungel der Großstadt überlebt?

Wie man eine Bombe bastelt? Wie man Freund und Feind unterscheidet, den Gegner unschädlich macht, wie man richtig quält und foltert?

Bestien.

Dann erinnern wir uns sicherlich auch an die Bestien von Auschwitz, von Katyn und Abu Ghraib, an das Giftgas von Halabdscha, an die möglichen Vorbilder, die Helden: Die Männer der Tiger Force mähten in Vietnam wehrlose Bauern nieder, schnitten ihren Opfern die Ohren ab und enthaupteten Babys: Es waren die Eliteeinheiten des Abendlandes.

Wann wird die Bestie wieder zum Menschen?

Das wird dauern. Soviel Zeit haben die meisten nicht. Doch spätestens dann, wenn Gerechtigkeit und Solidarität herrschen, Freiheit und Gleichheit.

Dafür lohnt es sich, auf der Straße zu sein.

Peter Grohmann schreibt und spricht das Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern
Herzlich willkommen

Vorsätze – ein Neujahrsgruß unseres "Wetterers" Peter Grohmann

Ruf‘ ich dem neuen Jahr Hals über Kopf zu – noch ist es ja Zeit. Aber täuschen wir uns nicht – was wir gestern hinter uns hatten, haben Sie morgen vor sich. Die alten Sorgen, Nöte, Freuden, Demos, Weltuntergangsgefühle, Spendenzählen, Abonnenten wiegen, zu fettes Essen, zu viel Alkohol, weniger Abendland, mehr Morgenland, mehr schaffen, schneller schlafen, denn der Klassenfeind schläft nie – aber wo?

Mehr schaffe, schaffe, schaffe und koi Häusle baue gilt allerdings nicht für alle. Nehmen wir die Minijobber, die mit einem oder auch zwei Jobs den Hals nicht voll genug kriegen, bei denen es pekuniär hinten und vorne nicht reicht. Die bleiben lebenslang Mieter, wenn sie nicht Lotto spielen, und warten auf andere Zeiten. Ganz anders sieht es da bei den Vollzeit-Arbeitslosen aus. Die können wenigstens den Tag so lange totschlagen wie sie wollen oder in der Stuttgarter City kostenlos das Internet nutzen. Meine Omi Glimbzsch in Zittau konnte zu besseren Zeiten (meint sie!) davon nur träumen, ihrer arbeitslosen Mischpoke allerdings immerhin raten, die nach dem Totschlagen übriggebliebene Zeit in der Volksbücherei zu nutzen, um ein gutes Buch oder die Zeitungen zu lesen und sich aufzuwärmen. Der Sinnspruch über dem Eingang hieß „Ein Blick ins Buch und zwei ins Leben, das wird die rechte Form dem Geiste geben“ und stammt von J. W. Goethe (auch so ein Illusionist aus der DDR). Vorher, zwischen 33 und 45, hatten die Leute meist nicht den geistesgerechten Zugang zur Literatur: Was nicht verbrannt war, kam hinter Gitter, der Rest war braun angekokelt.

Nu ja ja, nu ne ne, tät die Omi jetzt sagen: Nach 45 bis 89 war auch nicht alles lesbar, was lesenswert gewesen wäre, und nach der Wende habt ihr ja lastwagenweise Tucholsky und Heine und Brecht und Luxemburg in den Papiermüll gekarrt. Was heisst hier „ihr“?

So wie die Bahnhöfe heutzutage auf das „Herzlich willkommen“ verzichten, um nicht Arbeitsscheue und andere Emigranten anzulocken – die Wartehallen bleiben kalt wie der ICE – sind auch die Bibliotheken empfindlich: In Stuttgart wird die neue Stadtbibliothek von kaufwütigem Volk überflutet, weil dem benachbarten neuen Einkaufsparadies Milaneo das Klopapier ausgegangen ist. Jetzt passt die (private) Security auf: Wer unerlaubt pinkelt oder, fast so schlimm, Politisches vorm Haus verteilt, wird der Polizei übergeben. Herzlich willkommen, werte Leserschaft, dort wie hier, erst recht bei Kontext 2015. Weitersagen. Weglesen. Dämonstrieren.

Peter Grohmann schreibt und spricht das Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Die Russen kommen

Die Russen kommen – Peter Grohmann's "Wettern" vom 31.12 2014

Es war ein vertracktes Jahr, erinnerungsschwer wird es uns noch lange in den Därmen hängen. Nein, nicht nur, dass der VfB fast ausgerutscht wäre, macht Sorgen. Es sind die Fans! Bei der Rückfahrt von einem verlorenen Spiel, das nicht das letzte sein sollte, verprügelten sie sich gegenseitig statt den Gegner. Es ging um überzogene Kritik, nicht mehr, nicht weniger. Die alten Ägypter von heute lassen ihre Kritiker gar nicht erst einreisen – von wegen Staatssicherheit. Die Mumien müssen unter sich bleiben, die Opposition auch. Personen, deren Einreise nach Ägypten die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung gefährden würden (!), erhalten ab Januar 2015 nun kein Visum mehr. Protest, Protest? Gemach, gemach! Nach Deutschland kommt, entgegen landläufiger Annahme, auch nicht Hinz und Kunz aus Kairo! Jedes Jahr werden (von wegen Staatssicherheit) 150-200000 Visaanträge abgelehnt.
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Wettern der Woche
Oh Du Fröhliche

Oh Du Fröhliche – Peter Grohmann's "Wettern" vom 24.12.2014

Erfreulicherweise geht ja die Vorweihnachtszeit jetzt zu Ende. Man kann sich also endlich dem Fest als solchem widmen: Bei uns gibt’s Gans. Begonnen hatte alles natürlich schon früher – mit dem Umschmelzen der Schoko-Osterhasen in Nikoläuse etwa oder ersten Weihnachts-Deko-Versuchen meines Möhringer Ökoladens Anfang Oktober:
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Wettern der Woche
Leckerli für Pegida

Pegida und Jesus von Nazareth – Peter Grohmann's "Wettern" vom 17.12.2014

Genau genommen ist es Jesus von Nazareth, ein Ausländer und gar ein jüdischer Wanderprediger, auf den sich die Pegida-Anstifter unwissentlich berufen: Einer, , vielleicht entgangen ist. Pegida steht, schweigt und marschiert „für die Erhaltung und den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur“ – eine Forderung, der sich ein normaler Hooligan genauso anschließen kann wie weite Teil des von Überfremdung bedrohten deutschen Volkes. Pegida wird dafür von großem Wohlwollen begleitet und hinter den Gardinen stehen Vati und Mutti und rufen laut Bravo! Nun freilich vergisst die christliche Seite des Abendlandes immer wieder, was sie nirgends so richtig gelernt oder gar verinnerlicht hat. Wer bitte weiss noch etwas von den populären Hexenverbrennungen? Wer bringt die Ausrottung der Indianer in einen Kontext mit Kirche und Christentum? Wer weiss noch etwas vom herbeigewünchten Segen Gottes bei der Versklavung und Ausrottung der Schwarzen? Eine rassistische Polizei in den NSUSA ist doch nicht nur das Erbe des Ku-Klux-Klan, sondern der beschworenen Überlegenheit der abendländischen Kultur geschuldet.
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Das Wettern der Woche
Folklore

Folklore – Peter Grohmann's "Wettern" vom 10.12.2014

Thüringen, Du schönes Land
Deutschlands grünes Herz genannt
Hilfst mit Köpfen und mit Händen
Den Fünfjahrplan zu vollenden…

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Wettern der Woche
250

250 – Peter Grohmann's "Wettern" vom 3.12.2014

Die Berufsdemonstranten aus Stuttgarts Halbhöhenlagen haben die Stadt verändert. Und heißa, was für ein Aufgebot, fast jede Woche: Bis an die Zähne eingepackte Polizei steht Spalier und schützt die Shoppingmalls, wenn die Möchtegern-Revolutionäre im Sturmschritt dabei sind, unsere Stadt zwischen Wald und Reben auseinanderzunehmen. Montag für Montag, seit 250 Wochen(!) verbündet sich ein abgewracktes Bildungsbürgertum mit arbeitsscheuem Gesindel, mit Drogendealern, Besserwissern, Nörglern, Zukurzgekommenen bei fetten Immobiliendeals und anderen Angsthasen vor der Zukunft und macht diese unsere Stadt unsicher. Mal 2000 bis 3000, mal 1500, mal mehr, mal weniger – und das seit 250 Wochen! Jeeeeden Montag! Das ist fast noch schlimmer als die sogenannte Mahnwache vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof, die seit vier Jahren Tag und Nacht in der Gegend herummahnt – täglich 24 Stunden, bei jedem Wetter! Das hat selbst meine Omi Glimbzsch in Zittau nicht erlebt – nicht unterm Kaiser, nicht unterm Hitler, nicht unterm Grotewohl! Mit aggressiven Schreien wie „Oben bleiben – Köpfchen zeigen“ ziehen die Antidemokraten nach ihrer Kundgebung durch die Straßen der Innenstadt, fühlen sich wie Lokführer oder Piloten und missbrauchen das Recht auf Einkauf und Konsum. Was da marschiert, ist eine gefährliche und selbstsüchtige Bürgermischung von selbst ernannten Demokraten, parteimüde und bereit, auch am kommenden Montag zur 250. Montagsdemo zu erscheinen – koste es, was es solle.
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Wettern der Woche
Sparschwein Jean-Claude Juncker

EU-Sparschwein Jean-Claude Juncker … Peter Grohmann's "Wettern", 19.11.2014

Peter Grohmann schreibt und spricht das Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.

Wettern der Woche
Mare Monstrum

Mare monstrum, unser Meer? – Peter Grohmann's "Wettern", 12.11.2014

Der Italiener will die Flüchtlinge, die aus dem Meer auftauchen, nicht mehr alleine retten. Denn das kostet! Die Italiener sagen: Rund 10 Millionen Euro. Monatlich! Deshalb hat der Italiener hat seine alliierten Christenfreunde in Europa gebeten, beim Tragen dieser 10 Millionen behilflich zu sein, und, wenn’s geht, ein paar tausend Ohne-Boots-Flüchtlinge ab- und aufzunehmen. Die EU, vorn dran unser Vorbild Jean-Claude Juncker, hat abgewunken: 10 Millionen, das wäre zuviel des Guten. 10 Millionen, das ist etwa die Summe, die man den europäischen Banken täglich vorn und hinten reinschiebt, systemrelevant. Mare nostrum, unser Mehr.
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Wettern der Woche
Outen beim Mauten

Outen beim Mauten – Peter Grohmann's "Wettern" vom 5.11.2014

Manchmal fällt das Mauerbrechen mit dem Fastenbrechen zusammen – es ist der rasche Abschied der politischen und religiösen Eiferer aus der Realität. Was nun den Mauerbruch angeht: Die meisten im Lande der Rothäute hatten weder mit Gauck noch mit der Stasi persönlich Bekanntschaft geschlossen: Gauck hat sich so gut wie nie aus dem Fenster gelehnt, im Gegensatz etwa zehntausend Regimegegnern. Und die Stasi konnte neben einem im Bette liegen, ohne dass man’s merkte. Heut ist alles besser: Nicht nur die Regimegegner von gestern und heute werden abgehört und drangsaliert, sondern getreu der Forderung aus dem Herbst 89 alle: Wir sind ein Volk. Der Verfassungsschutz ist so betrachtet vielleicht doch keine Stasi: Er arbeitet effizienter, weil jenseits parlamentarischer und demokratischer Kontrolle. Meiner Omi Glimbzsch in Zittau ihr Enkel sein Nachbar war früher bei der Rasterfahndung tätig, heute entwickelt er Computerprogramme zur lückenlosen Erfassung aller menschlichen Denk- und Handelsweisen. Outen beim Mauten – das war sein Einfall! Da das Netz nie was vergisst (außer die Opfer des Terrors und die nicht Ankommenden aus dem Toten Meer), ist auch das regierungsamtlich versprochene Löschen der Daten kein‘ Pfifferling wert.
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Wettern der Woche
Die 4. Gewaltfrei

Anhydrit & AKW – Peter Grohmann's "Wettern" vom 29.10.2014

Die Behauptung, ein paar von Deutschlands wichtigsten Journalisten steckten unter einer Decke, führte fast zu einem Aufschrei der gesamten schreibenden Zunft, ja zu Solidarität, wie man sie ansonsten nur im Katastrophenfall findet. Den einen ging’s um Ehre und Ehrlichkeit, den anderen um Verzweiflung über die angeblich zahnlos geprinteten Medien-Tiger. Die Medien als vierte Gewalt: Was für eine verrückte Vorstellung! Vorhang auf für beispielhaften, wenn’s sein muss investigativen Journalismus, Platz da für Whistleblower! Fotos endlich wieder von Fotografen, nichts mehr von Fotalia und aus dem PR-Müll der Unternehmen! In den Redaktionen feiert man wieder die spitze Feder, das wöchentliche Aufdecken einer Sauerei. Keine Respekt vor Päpsten und Präsidenten, vor Amts- und Würdenträgern, stattdessen Distanz zu den Machthabern, seien sie nun schwarz, rot, grün oder blau.
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