Alle Beiträge von Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Je jünger, desto labour

http://www.sueddeutsche.de/politik/wahl-in-grossbritannien-je-juenger-desto-labour-1

Todeskommandos

Todeskommandos – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

Katar hat, anders als wir, keine Herzkammer der Demokratie, kein Parlament, keine CDU, keine Blutreserven aus Bundeswehrbeständen, aber natürlich jede Menge Waffen aus unseren Arbeitsplatz-Arsenalen. In Katar kann, anders als bei uns, die „Beratende Versammlung“ sagen, was sie will, wenn es dem Emir gefällt. Kurzum, unsere Beziehungen zu Katar sind wundervoll. Katar ist das todsichere sichere Herkunftsland für Terroristen und zudem unter anderem an vielen deutschen Pleitefirmen beteiligt – Hochtief etwa, Deutscher Bank, aber auch an Klimaschummlern wie Daimler und Porsche oder an Siemens. Klar ist auch: Air Berlin könnte nirgends mehr landen, gäbe es nicht Katar. Erleichternd für unsere Zusammenarbeit mit dem Land in der Wüste ist auch, dass es dort keine Parteien und Gewerkschaften gibt.
mehr…

Besserwessis mit 96 %

Besserwessis mit 96% – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

Gern sing‘ ich abends zu dem Reigen,
Vor Thronen spiel‘ ich niemals auf;
Ich lernte Berge wohl ersteigen,
Paläste komm‘ ich nicht hinauf…

Und das stimmte. Georg Herwegh schrieb’s 1840 auf. Lebte er noch, dann würde er diesen Tagen seinen 200. Geburtstag feiern – vielleicht mit Fritz Kuhn im Ratssaal, vielleicht mit renitenten Bürgerinnen auf dem Monte Scherbelino. Die gestörte Stadt hatte nie viel für ihre Helden übrig. Als die intelligente Schicht der Stadt über einen Literaturpreis nachdachte, lag der Verfasser des Bundeslieds der deutschen Arbeiterbewegung als Namensgeber zwar nahe. Aber nachdem die DDR Herwegh eine Briefmarke (5 Pfennige, Ostgeld) gewidmet hatte, wollte sich niemand in der Stadt der Dieselmotoren mit den roten Brüdern gemein machen. Die Mehrheit fehlte.
mehr…

Bet und arbeit, ruft die Welt!

Fake news für Georg Herwegh. Von Peter Grohmann.
Der Stuttgarter, dem in diesen Tagen eine späte Referenz erwiesen wird, war Revolutionär, radikaler Demokrat und Europäer: Das ist viel in revolutionsfreien Zeiten, in denen Demokraten untertauchen und aus Europäern Nationalisten werden. Georg Herwegh war einer wichtigsten Vertreter des Vormärz und neben Heine und Freiligrath einer der populärsten deutschsprachigen Dichter seiner Zeit. Georg Herwegh wurde am 31.Mai 1817 in Stuttgart geboren,er starb 1875 in der Schweiz. Am 24.Mai feiern wir mit Euch seinen 200.Geburtstag, denn: mehr…

Verraten + verkauft
LeiharbeiterInnen

[Die Anstalt, Prof. Wolfgang Däubler und LabourNet Germany] Gesucht: LeiharbeiterInnen für eine Klage vor dem EuGH für gleichen Lohn und gleiche Bedingungen auch in Deutschland

[Die Anstalt, Prof. Wolfgang Däubler und LabourNet Germany] Gesucht: LeiharbeiterInnen für eine Klage vor dem EuGH für gleichen Lohn und gleiche Bedingungen auch in DeutschlandLeiharbeiterInnen: Von der Politik zugunsten der Wirtschaft vernachlässigt und an die Gewerkschaften verwiesen, von diesen zugunsten der Stammbelegschaften und der Wettbewerbsfähigkeit verraten und an abhängige Betriebsräte verwiesen… Die LabourNet-Rubrik zum Sklavenhandel ist voll von Belegen: Wer gleiche Lohn- und Arbeitsbedingungen will, kann sich auf niemanden verlassen und muss dafür durch mehrere Instanzem klagen – wir helfen dabei! Unter der Mailadresse prof.daeubler@labournet.de  können sich an einer Klage interessierte Leiharbeiter (bzw. Ex-Leiharbeiter einer Leiharbeitsfirma) an Herrn Prof. Däubler wenden. Geplant sind juristische Betreuung, Vermittlung von Rechtsanwälten sowie eine Spendenkampagne. Siehe im neuen Dossier zunächst erste Informationen und Hintergründe, auch aus der ZDF-Sendung “Die Anstalt” vom 16. Mai 2017, in der die Kampagne zuerst bekannt wurde

Es begann mt einer Lüge

Dass das erste Opfer des Krieges stets die Wahrheit ist – diese Weisheit firmiert seit Langem als geflügeltes Wort im deutschsprachigen Raum und ist durch vielerlei vortreffliche Recherchen, die ein trauriges Bild der Funktion unserer Massenmedien zu Kriegs- und Krisenzeiten zeichnen, belegt. Der Zeithistoriker und Konfliktforscher Kurt Gritsch bereichert Analyse sowie Kritik nun mit einem soeben erschienenen Buch, besprochen in der Zeit. Lohnt.  http://www.zeit.de/1996/13/beham.txt.19960322.xml

Gemeinsam
Farbe bekennen

23. Mai 2017 – 11:55 Uhr Schlossplatz Stuttgart: AnStifter dabei
Am 23. Mai 1949 wurde unser Grundgesetz verkündet. Es sichert jene Rechte zu, die unsere De- mokratie schützen und unsere offene Gesellschaft ermöglichen: Menschenwürde, Religionsfrei- heit, Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit und Schutz der Person, Koalitionsfreiheit und Presse- freiheit und viele andere mehr. mehr…

Totgesagte leben länger

Totgesagte leben länger – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

Schau mich bitte nicht so an, dachte ich, als ich Hannelore Kraft ins Gesicht sah. Und da fiel mir dieses Lied ein, das meine Omi Glimbzsch in Zittau gern trällerte: „Schau mich bitte nicht so an, Du weißt es ja ich kann Dir dann nicht widerstehen…“. Als ich fast zeitgleich zur NRW-Wahl Salvador Sobral hörte, wusste ich: Der Portugiese kannte meine Omi und ihr Lied! Beim ESC in Kiew wurden wir immerhin Vorletzter – in Düsseldorf nur Zweiter. Es ist heute ja alles so ähnlich. Macron, Lindner, Kurz, Guttenberg, Petry, Grohmann…
mehr…

Guten Morgen, Nutella

Palmöl: Krebserregende Stoffe im Frühstück: Liebe Freundinnen und Freunde des Regenwaldes, Verbraucherschützer in Österreich haben 15 Nuss-Nougat-Cremes auf gesundheitlich bedenkliche Fettsäureester untersuchen lassen. Das Ergebnis der Analysen: In allen 15 Produkten wurden die Lebensmittelgifte gefunden, wenn auch in sehr unterschiedlichen Mengen.

Schwarzbraun ist die Haselnuss

Ohne Schwarzweiß-Malerei geht gar nichts mehr
Wer Gutes über Russland berichtet, gilt als „Putinversteher“. Wer Probleme der Europäischen Union anspricht, wird zum „Europafeind“. Und zum „Globalisierungsgegner“, wer globale Missstände anprangert. Schriftsteller Bodo Morshäuser über Kampfbegriffe des Mainstream.
Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde ein paar Jahre lang der Traum geträumt, das Zeitalter der Ideologien, Demagogie und Propaganda sei vorüber. Heute gehört diese Hoffnung der Vergangenheit an. Wir leben längst im nächsten ideologischen Zeitalter. Ohne Schwarzweiß-Malerei geht gar nichts mehr.
Wenn gegen globale Missstände demonstriert wird, für die die neoliberale Auslegung der Globalisierung verantwortlich gemacht wird, hören solche Demonstranten oft, sie seien „Globalisierungsgegner“. Obwohl die Mehrheit nur eine andere Art von Globalisierung als die bestehende will, und nicht vorhat, ihre in China gefertigten iPhones wegzuwerfen. Mit der Titulierung „Globalisierungsgegner“ soll genau dieser Veränderungswille bestritten werden.
Oder wenn gesagt wird, die EU, so, wie sie besteht, bringe zu viele Probleme und müsse verändert werden, kommt es häufig vor, dass selbsternannte „Pro-Europäer“ rufen, diese Kritiker seien „Europagegner“ oder „Europafeinde“. Obwohl Veränderungen der EU aus Sorge um ihren Weiterbestand gefordert werden. Aber genau das soll mit solchen Kampfbegriffen in Zweifel gezogen werden. Übrigens abgesehen davon, dass die EU nicht Europa ist.
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
Quelle: Deutschlandfunk Kultur

Reale Gespenster

Reale Gespenster – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

In der Whatsapp-Gruppe einiger Soldaten taucht der Dialog auf: „Haben Sie etwas gegen Flüchtlinge?“ – „Ja, Pistolen, Maschinengewehre, Handgranaten.“ Jaja, schon gut – das war vor drei Jahren! Inzwischen haben sich die Jungs längst die Waffen besorgt. Weiß man’s? Und: Der Witz ist uralt und wird immer populärer. Der größte Witz sind allerdings die rechtzeitig angesagten Hausdurchsuchungen von Kaserne zu Kaserne durch den Oberbefehlshaber der Wehrmacht. Alles in Deckung, ob echte oder falsche Nazis, schuldig oder nicht. Über den Rest der Truppe wird ein naturnahes Tarnnetz gespannt: Hasch mich, ich bin der Frühling, würde meine Omi Glimbzsch jetzt sagen. Übrigens – was für ein Spaß, wenn man die Aufklärer aus dem Hause von der Leyen wieder mal so richtig auflaufen lässt! Ursula von der Leyen sprach von strukturellen und Haltungsproblemen, von Führungsschwäche und „falsch verstandenen Korpsgeist“ – aber wie sieht der richtige aus? Egal, die parteipolitischen Militärexperten aller Couleur hatten es eilig, der Ministerin kräftig auf den Helm zu hauen, wie Feldwebel Arnold von den Sozis. Die Frage ist aber: Wie tickt die Bundeswehr? Und wenn mal was in die Hose geht: Welche Informationen werden weitergegeben – und welche nicht? Uwe Mundlos, das wissen alle und die Vorgesetzten, „erfüllte seinen Dienst zur vollen Zufriedenheit und fiel bisher nicht negativ auf.“

Alfred Josef Ferdinand Jodl, Generaloberst und Kriegsverbrecher, hat auf der bayerischen Fraueninsel ein wunderbares Grabmal. Wieder und wieder pilgern Soldaten aller Waffengattungen hin – die Augen rechts. Mach, was wirklich zählt, so ein aktueller Slogan der Bundeswehr.

Die Augen rechts! Denn das Gespenst, das heute umgeht in Europa, ist nicht jenes, mit dem der olle Marx vor 170 Jahren dem ollen Engels drohte – und auch nicht jenes, das eben in Schleswig-Holstein die 1,5 % hinzugewonnen hat. Die gefährlichen Gespenster unserer Tage sind absolut real. Sie fahren quer durch Europa in demokratischen Wahlen ganz andere Ergebnisse ein.

Die Söhne Mannheims

Die Söhne Mannheims „Marionetten“: Text und Interpretation (Münchner Merkur, 9.5.17)

Xavier Naidoo äußert sich mit dem Songtext kritisch gegenüber der politischen Elite, das ist kaum zu überhören – und natürlich legitim. Liest man den Text genauer und beschäftigt sich mit dem darin verwendeten Vokabular, geben allerdings rechtspopulistische Tendenzen zu denken:

„Wie lange noch wollt ihr Marionetten sein; Seht ihr nicht, ihr seid nur Steigbügelhalter; Merkt ihr nicht, ihr steht bald ganz allein; Für eure Puppenspieler seid ihr nur Sachverwalter“, singt Xavier Naidoo in seinem neuen Song „Marionetten“.

Ohne Hintergrundinformationen wird aus der ersten Strophe von „Marionetten“ noch nicht deutlich, was mit dem Liedtext gemeint ist: Wer sind die Marionetten, wer die Steigbügelhalter? mehr…

Gegen jede Form von Zensur

Ein großes Fest der Literatur ist „München liest – aus verbrannten Büchern“ – für Frieden und Gerechtigkeit- gegen Militarismus und Krieg am Mittwoch, 10. Mai 2017, 10-18 h auf dem Königsplatz anlässlich des Jahrestages der Bücherverbrennung 1933. Ca. 100 LeserInnen (Schauspieler, Autoren, Schüler, Studenten und andere Literaturfreunde)
werden im 5-Minutentakt Texte und Gedichte von Autoren vorlesen, deren Bücher von den Nazis und ihren Sympathisanten verfemt und verbrannt wurden.

u.a. lesen: Konstantin Wecker; Karl Freller/Präsident der Stiftung Bayerische Gedenkstätten); Schauspieler der Kammerspiele, des Residenztheaters und des Volkstheaters; die Stadträte Florian Roth und Wolfgang Heubisch; Charlotte Knobloch/Präsidentin der IKG; Ecco Meineke; Ernst Grube; Johano Strasser; Sabine Kastius; CP Lieckfeld; Naomi Isaacs; Schülerinnen und Schüler der Grundschule am Pfanzeltplatz, der Luisengymnasiums, des Lycée francaise Jean Renoir, des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums, des Asamgymnasiums, des Wittelsbacher Gymnasiums, des Sophie-Scholl-Gymnasiums, des Wittelsbacher-Gymnasiums, des Carl-Orff-Gymnasiums und des Max-Josef-Stift

Gelesen werden Texte von Oskar Maria Graf, Heinrich Mann, Mascha Kaleko, Maxim Gorki, Erich Mühsam, Ulrich Becher, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht, Roda-Roda, Erich Kästner, Emil Zola, Vicky Baum, Heinrich Heine, Alfred Kerr, Ferdinand Hardekopf, Anna Seghers, Stefan Zweig u.a. – Alle diese Autoren wurde verfolgt, verjagt,  in den Tod getrieben oder ermordet. Ihre Werke wurden verboten und verbrannt und sollten für alle Zeit „ausgemerzt“ werden. Viele Texte sind so aktuell, als wären sie heute geschrieben.

In Stuttgart lesen AnStifter in Schulklassen aus José Miguel López Romero „Unerwünscht“  – das Buch dokumentiert die Vertreibung deutscher Exiljuden aus Ibiza und Mallorca 1939-1945.

Präsident der Rekorde

Präsident der Rekorde

Macron In Paris wurde der Wahlsieg des neuen französischen Präsidenten ausgelassen gefeiert. Wie schnell die Stimmung jedoch umschlagen kann, erfuhr bereits sein Vorgänger Präsident der Rekorde

…Die Macron-Anhänger feierten auf dem Platz vor der Glaspyramide ausgelassen, schwenkten die Fahnen: Ihr Kandidat hat die Rechtspopulistin Le Pen nicht nur deklassiert. Er hat auch einen Rekord gebrochen. Macron, 39, wird der jüngste Staatschef in der Geschichte der Republik, und das mit einer Partei, die nicht mal ein Jahr alt ist. Nur Napoleon Bonaparte war mit 30 noch jünger. (Freitag, 8.5.17) mehr…

Kunst trotz(t) Armut

Kunst trotz(t) Armut
Eine Wanderausstellung zur Existenzsicherung und Teilhabe wir indiesen Tage in Stuttgart gezeigt. Obdachlosigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung sind auch kaum Themen in den Medien. Arm sein – das bedeutet nicht nur, sich jeden Tag zu sorgen, ob das Geld für das Nötigste reicht, für die Reparatur der kaputten Waschmaschine oder das gesunde Essen. Es bedetuet auch, gesellschaftlich ausgegrenzt zu sein, zu vereinsamen. Wer arm ist, hat wenig Zugang zur Kultur. Die Ausstellung ist vom 5. Mai bis zum 1. Juni in Stuttgart zu sehen. Ausstellungsorte: Basis – Hauptstätter Str. 41: täglich 10 – 17 Uhr, Bischof-Moser-Haus, Wagnerstr. 45: Mo. – Fr. 9 – 17 Uhr, Kunstbezirk, Leonhardsplatz 28 (im Gustav-Siegle-Haus): Die. – Sa. 15 – 19 Uhr, Leonhardskirche, Die. – Fr. 11 – 18 Uhr. De AnStifter sind Partner der Ausstellung. Mehr: http://www.kunst-trotzt-armut.de/index.php/termine.html

Gruss an den Tag

Heute war es wieder sehr schön in der Schule. Bekomme in den Englischunterricht 8. Klasse fünf neue aus der Vorbereitungsklasse. Zwei syrische Buben , 15/16 Jahre alt, hatten keinen Fremdsprachenunterricht. Ich fragte auf dem Pausenhof Abbas: „Wo hast du Englisch gelernt?“ Er: „Auf der Flucht. Ich konnte kein Türkisch, brauchte aber Brot, etwas zu essen in der Türkei. Von meinem Bruder habe ich gelernt,“ I‘ m hungry. My name is Abbas. I’m from Syria. I would like to have bread. Sie haben mich verstanden.“  Die Straße, das Leben als Lehrmeister. Hat mich das wieder gerührt!  die beiden Buben sitzen  dann bei mir im EU in der Grundschule, um ein bisschen Basis zu lernen. Habe zwei äußerst nervige und unruhige Kandidaten aus der 4. Klasse zu Abbas und Sardar geschickt. Einer zu Sardar. “ Wie hoisch ? „Sardar“, beide handshake, dann in den Arm genommen, strahlende Gesichter. Wer hat schon so einen kostbaren Beruf??? liebe Grüsse von Dagmar

Du bist Burka

Peter Grohmann steckt seine Nase in Dinge, die uns was angehen

„Wir sagen unseren Namen. Wir geben uns zur Begrüßung die Hand, wir sind nicht Burka“, sagt de Maziere. Bild hat mitgeschossen bei dieser aktuellen Suada zur Leitkultur. Der direkte Adressat sind die WählerInnen der AfD, der indirekte der Muselmann und sein Weib. Was de Maziere, vielleicht aus Platzmangel, vorsichtshalber nicht sagt: Wir schlagen mitunter unsere Frauen auch grün und blau, wir missbrauchen unsere Kinder, wir betrügen die Allgemeinheit durch Steuerflucht. Thomas sagt: „Wir vermummen uns nicht“. In schlechten Zeiten ist auch der Hering ein Fisch, sagte meine Omi Glimbzsch in Zittau. Denn was das Vermummungsverbot angeht: Das gilt natürlich nicht für die Polizei, nicht für den Verfassungsschutz und nicht für Kommentare in den sozialen Netzwerken.

Thomas sagt sogar: „Wir sehen Bil­dung und Er­zie­hung als Wert …“. Er weiß vielleicht noch nicht, dass davon die Ärmeren und Schwächeren vielfach ausgeschlossen sind, und wenn er sagt: „Wir leis­ten auch Hilfe, haben so­zia­le Si­che­rungs­sys­te­me“, vergisst er, dass eben diese Sicherungssysteme mehr und mehr versagen. Wenn Thomas über „das Be­kennt­nis zu den tiefs­ten Tie­fen un­se­rer Ge­schich­te“ schwurbelt, lässt er die Skandale um seine Geheimdienste aus, es reicht ja, denn „Wir sind Erben un­se­rer deut­schen Ge­schich­te.“ Thomas sagt aber auch: „Jeder Land­kreis ist stolz auf seine Mu­sik­schu­le.“ Wenn er eine hat. Er sagt nicht, dass Theater schließen müssen und die Förderung die Musikunterrichts mehr und mehr gekürzt wird. Hast Du Töne? Nein, denn „Wir haben ein ge­mein­sa­mes kol­lek­ti­ves Ge­dächt­nis für Orte und Er­in­ne­run­gen.“ Unter allen Daten, Orten und Ereignissen fehlt – nein, Fuß­ball, Kar­ne­val und Landsmannschaften sind dabei – es fehlt lediglich Auschwitz. Auschwitz ist in Polen. Thomas, runter mit Deiner Burka.

Auch Frankreich ist stolz. Macron mitgerechnet (24 %), versammelte des rechte Lager in Frankreich mit Fillon (20 %), Le Pen (21,3 %) und Dupont-Aignan mit (4,7 %) zwei Drittel der Stimmberechtigten ohne Schleier. Das ist eine Menge Holz in einer Demokratie, auch wenn’s alles andere als egal ist, wer den Wahlkampf finanzierte. Melenchon (19,6%) und Hamon (6,4%) und ein paar Splitter sammelten den Rest vom Fest für die Proletarier aller Länder. Mal sehen, was der Franzose bei den Parlamentswahlen im Juni daraus macht. „Wer sich seiner Leitkultur sicher ist, ist stark“, sagt unser Innenminister. Hoffentlich wissen die das nicht.

*) Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Leichen im Keller

Peter Grohmann

Der Franzose an sich liebt die Trikolore, egal, wer sie schwenkt, singt die Marseillaise und ruft mehrfach am Tage Liberté, Égalité, Fraternité – aber keine Angst, er meint’s nicht so. In diesen Tagen wird der ohne Partei marschierende Genosse Marcon als Sozialliberaler bejubelt und mit allerhand Vorschuss-Lorbeeren geschmückt: Der Retter Frankreichs könnte nebenbei partei- und gewaltfrei auch Europa retten, weil die anderen Schwadroneure vom Wähler getunkt wurden. Wir können wieder durchatmen, auch wenn die europäische Demokratie noch einige Leichen im Keller hat.

In einem Schlammloch in Matariya, einem der vielen Elendsviertel Kairos, stieß ein deutscher Archäologe auf eine Ramses-Statue: Der Jubel der armen Leute war unbeschreiblich. Diese Leiche war zwar in Stein gehauen und gut erhalten und in der guten alten Zeit hätte man das Machwerk ins Berliner Pergamon-Museum geschleppt – aber heute geht das nicht mehr. Da findet man ja sogar noch Raubkunst in den Asservaten-Kammern deutscher Kultur! Eben jetzt gibt es Krach um den Welfenschatz .1929 hatten jüdische Kunsthändler einen Teil der mittel-alterlichen Goldschmiedearbeiten erworben, mussten den Schatz aber 1935 wieder herausrücken und verkaufen – unter Wert, behaupten die jüdischen Nachfahren – weil sich die Verhältnisse geändert hatten. Nanana! Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz legt Wert darauf, dass solcher Handel damals OK war. Meine Omi Glimbzsch in Zittau würde sofort an ihre schrägen Cum/Ex-Geschäfte denken, die auch OK waren und in die gar öffentlich-rechtliche Sparkassen verwickelt sein könnten – sagt man! Ich denk‘ da eher an den Handel mit gemeinnützigem Wohnungseigentum, das unsere Kommunen aus Dummheit versilbern (auch legal), an fette Gewinne mit Schadstoff-Demissionen und an deutsche Elendsviertel an der B 27 und einen stinkenden Diesel (auch legal). Da wächst doch Moos drüber, mag sich der grünschimmernde Teil der Landesregierung sagen. Wenn Spritverbrauch und CO2-Ausstoss nicht von Kretschmann selbst, sondern auf der Straße gemessen werden, liegen die Werte halb legal, halb illegal 30-40 % überm krebsmäßig Erlaubten. Legal? Illegal? Scheißegal! Das haben wir in der vielzitierten guten alten Zeit gerufen. Und morgen fragen wir uns, ob wir die 5-Prozenzt-Hürde schaffen.

*) Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Polit-Propheten

Polit Propheten – Peter Grohmanns "Wettern der Woche"

Der Türke an sich sieht sich den lieben langen Tag nur türkisch-stämmige Sender an – da kann ja nichts anderes rauskommen! Das ist etwa so, also würden wir, also die Deutschen an sich, ausschließlich die größte unabhängige Zeitung Baden-Württembergs lesen. Wie in den Hinterhof-Moscheen von Untertürkheim oder beim Segen auf dem Petersplatz sprengt die engen Spalten der Stuttgarter Zeitung ab und an auch ein Prophet. Die Ostermärsche hatten noch gar nicht begonnen, da zog das Blatt am Ostersamstag bereits Bilanz: „Fußlahme Ostermarschierer“. Die mangelnde Teilnahme läge auch daran, dass der „bunte Haufen von Altlinken und Dogmatikern dominiert“ werde. Und: Ein Bundesliga-Spiel mobilisiere mehr Menschen als alle Ostermärsche zusammen. Richtig. Aber in ein einziges Stadion passen ja auch alle Abonnenten der Zeitung gleich zweimal. Und an die guten Zeiten mit 96 Seiten am Wochenende und die Trennung von Nachricht, Kommentar und Hellseherei erinnert sich allenfalls meine Omi Glimbzsch in Zittau.

mehr…

Eine Flugschrift der AnStifter
Newsletter vom 12.04.2017

Fröhliche Ostern, fröhliche Western –

auch wenn uns angesichts der Nachrichten fast alle Fröhlichkeit abhanden kommt: Tröstet uns da Wolf Biermann?

Du, laß dich nicht verhärten / in dieser harten Zeit. /

Die all zu hart sind, brechen, / die all zu spitz sind, stechen / und brechen ab sogleich.

Eher beunruhigend ist auch diese Meldung: In 275 Fällen wird bei der Bundeswehr wegen des Verdachts rechtsextremer Handlungen ermittelt. Viele der Beschuldigten haben immer noch Zugang zu Waffen. Na, denn mal tau!

Dr. Heribert Prantl, Mitglied im Förderkreis unseres Hannah-Arendt-Instituts für politische Gegenwartsfragen, kommentiert die momentane Gerechtigkeitslyrik.
Über Gerechtigkeit, Neo-Liberalismus, Propaganda, Prekariat und Revolution wollen wir mit Ihnen gern weiter debattieren – dazu gibt’s eine neue Reihe, die am 29.6. in der Stiftung Geißstraße beginnt.

Unerwünscht: Die Holzingers flohen vor den Nazis aus Stuttgart nach Ibiza und Mallorca wurden dort erneut in die Flucht getrieben: Das berührende Schicksal einer jüdischen Familie dokumentiert José Miguel Lopez Romero auf 160 Seiten, reich illustriert.

Momentan bereiten Die AnStifter dazu weitere Lesungen in Schulen vor – falls Sie Interesse und eine Schule haben, auch bei Ihnen. Schauen Sie sich unser neues Werk an: Unerwünscht. 170 Seiten, 13,80 €. ISBN 978-3-944137-40.

Das Wettern der Woche in der Wochenzeitung Kontext geht gewaltig gegen Gewalt, wie der Ostermarsch in Friedrichshafen am Ostermontag, 17.4.17. Wir fahren mit dem Zug ab Stgt 9:00 Uhr auf dem BW-Ticket (hin + her ca. 10/12 EU). Interesse? Dann melden Sie sich bitte. Wir nennen Ihnen dann Details.

Georg Herwegh ist da: Bet und arbeit, ruft die Welt! Das feine Buch mit 100 feinen Seiten kostet 7,90 Euro, die große Geburtstagsfeier der AnStifter zu seinem 200. Geburtstag im Stuttgarter Rathaus findet am 24.5.17, um 19 Uhr statt. Sollen wir für Sie reservieren?

Der Einsatz für Freiheit, Demokratie und Frieden ist wichtiger denn je – ebenso Ihre Unterstützung dazu. Ihr Osterei erwarten wir hierUnd dann gibt’s ja auch den alten Iban: DE31 4306 0967 7000 5827 01

Nichts wird so heiß gegessen wie’s gekocht wird, auch nicht bei Loretta. AnStifters Abendmahl in der Römerstraße 8: am Dienstag, 25. April, 19:30 Uhr. Nur mit verbindlicher Anmeldung.

Glückauf! Der Frühling ist nicht aufzuhalten. Die Populisten nur gemeinsam.

Ihr Team aus der DenkMacherei