Alle Beiträge von Moritz Sack

Grab des unbekannten Flüchtlings in Stuttgart

In der vergangenen Nacht wurde auch in Stuttgart ein Grab für die an den EU-Außengrenzen ermordeten Flüchtlinge symbolisch errichtet. Wahrscheinlich nimmt die Aktion Bezug auf die Gruppe „Zentrum für politische Schönheit“, die in Berlin kürzlich Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrunken sind, beerdigt hat. Am Sonntag demonstrierten mehrere Tausend Menschen vor dem Bundestag für eine menschliche Asylpolitik, legale Einreisewege in die EU und gegen den Massenmord an den EU Außengrenzen. Dabei wurden symbolisch Gräber ausgehoben.
Das Grab in Stuttgart befindet sich am Durchgang vom Schlossplatz zur Oper. Auf dem Kreuz steht „Den ermordeten Flüchtlingen“ und „Borders kill“.
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Mehr als 100 Gräber vor dem Kanzleramt ausgehoben

Einen Tag nach dem Weltflüchtlingstag haben über 5000 Menschen beim „Marsch der Entschlossenen“ in Berlin die ersten Gräber für tote Flüchtlinge vor dem Kanzleramt ausgehoben. Die Politik schwieg und die Medien berichteten darüber.

Dazu eine Stellungnahme des Zentrums für politische Schönheit auf deren Facebook-Seite:

„Es heißt, wir beerdigten Flüchtlinge „aus Protest“ (Tagesschau, Die Welt, Tagesspiegel). Wie kann man einen Menschen „aus Protest“ beerdigen? Jeder Tote verdient eine würdige Bestattung.

Das Zentrum für Politische Schönheit hat am Dienstag gegen alle Regeln der Wahrscheinlichkeit eine Mutter, die bei ihrer Einwanderung nach Europa durch unsere Untätigkeit ertrunken ist und die von den Behörden als „unbekannt“ auf Sizilien christlich verscharrt wurde, exhumiert und zu ihren Liebsten überführt. Wir haben am Freitag einen sechzigjährigen Einwanderer, der durch die Höllentortur des Mittelmeers kollabiert ist und dessen toter Körper von den Behörden zehn Wochen (!) beschlagnahmt wurde, um von den Angehörigen ein Geständnis gegen den Fluchthelfer wegen „Schlepperei“ zu erpressen, ausgelöst und vor den Augen der Weltöffentlichkeit mit Imam würdig bestattet.

Das Wunder des europäischen Denkens, das hier und jetzt von Deutschland ausgeht, verbreitet sich wie ein Lauffeuer in der Welt. Wir verbitten uns, dieses Wunder klein zu machen und uns in der Rolle von Protestierenden zu sehen. Die Beerdigung von Menschen kann und wird niemals „Protest“ sein. Es gibt massiven Protest gegen die Beerdigungen von Einwanderern. „Flüchtlingsleichen“, wie einige Medien sie bedenkenlos und widerwärtig nennen. Wir kennen nur die Leichen von Menschen. Wir leben den Verantwortlichen vor, wie sie mit den Opfern ihrer Abschottungspolitik umgehen müssen. Dagegen gibt es Protest. Viel Protest – auch nichtsichtbaren. So haben wir Imame, Friedhöfe, Pfarrer auf dem Weg verloren. Man sollte nicht vergessen, dass die größte deutsche Partei den Namen „christlich“ im Titel trägt und dass deren gottlose, unchristliche und menschenverachtende Hinterhältigkeit größer ist, als wir es je für möglich gehalten hätten. Dennoch gilt bis zuletzt: die Schönheit rettet die Welt.“

Gestern wurden in ganz Deutschland symbolische Gräber für die an den EU-Außengrenzen gestorbenen Menschen errichtet. Eine Bildersammlung gibt es auf dem Blog „Unknown Refugees“.

www.die-toten-kommen.de

Die Toten kommen

Das Zentrum für Politische Schönheit bringt die Sache auf den Punkt und die toten Flüchtlinge nach Deutschland. Weil die bei der Flucht nach Europa gestorbenen Menschen unwürdig bestattet werden, soll nun vor dem Kanzleramt das Friedhofsfeld Den unbekannten Einwanderern angelegt werden. (Mehr Informationen auf der Internetseite des Zentrums für Politische Schönheit)

Öffentliche Beerdigung
Morgen, Dienstag, 16. Juni 2015, 10 Uhr.
Wo? Friedhof Berlin-Gatow, Maximilian-Kolbe-Str. 6, 14089 Berlin
Wer? Muslimische Beerdigung zweier Opfer der militärischen Abriegelung Europas (Mutter und zweijähriges Kind, ertrunken)

Marsch der Entschlossenen
Sonntag, 21. Juni 2015, 14 Uhr.
Startpunkt: Unter den Linden 4
in Höhe der Neuen Wache Berlin.
Seien Sie bei der Neugestaltung des Vorplatzes dabei und behilflich. Bringen Sie Blumen, Schaufeln, Steinpickel oder gleich Presslufthammer mit!

Ein paar hundert Spender haben die Überführung der ersten beiden toten Flüchtlinge nach Deutschland möglich gemacht. Auf der Seite www.die-toten-kommen.de kann sowohl für weitere Leichenüberführungen und würdevolle Bestattungen, als auch für Kunstdrucke oder ein psychatrisches Gutachten über Thomas De Maizières Geisteszustand gespendet werden.

Frieden auf dem Kirchentag

Nun war es dann doch präsent, das Thema Frieden auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Vorab soll es ja nicht gerade zu den absoluten Top-Themen der Veranstalter gehört haben und so ist der Frieden auch nicht allzu oft zu finden gewesen, im offiziellen Kirchentags-Programm. Margot Käßmann, ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, und Konstantin Wecker hätten zum Beispiel gerne das Buch „Entrüstet Euch – für ein Menschenrecht auf Frieden“ vorgestellt. Den Veranstaltern war das „politisch zu einseitig“. Ein bisschen befremdlich wirkt es schon, wenn ein Schaulaufen von Spitzenpolitikern auf der einen Seite ein zentrales Element des Kirchentages ist, pazifistische Veranstaltungen dann aber als zu politisch einseitig abgeschmettert werden.

Das Thema Frieden war also vorab an den Rand des Kirchentages gedrückt worden. Gut, dass das nicht allerorten so hingenommen wurde. Eine bunte Mischung aus verschiedenen friedenspolitisch aktiven Organisationen, aber auch Vertreter der Kirche nahmen sich dem Problem an und sorgten mit einem inoffiziellen Begleitprogramm dafür, dass der Frieden doch noch zur Geltung kam. Auch die AnStifter waren dabei. Auf dem Markt der Möglichkeiten wurden ausgewählte pazifistische Plakate aus unseren Plakat-Wettbewerben der letzten Jahre verbreitet, in der Kirchentagszeitung PROTEST war der Frieden ein zentrales Thema. Als Höhepunkt war am Samstagmittag eine „Menschenkette für den Frieden“ quer durch die Stuttgarter Innenstadt geplant, welche von einem breiten Bündnis vorbereitet wurde. Auf einer 2,5 Kilometer langen Strecken von der Friedenskirche bis zum Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus wurde ein Zeichen gegen die US-Kommandozentralen AFRICOM und EUCOM in Stuttgart gesetzt. Genaueres ist im Aufruf zur Menschenkette zu lesen.

Über 30 Grad waren nicht gerade das ideale Wetter für eine solche Aktion und so war es bis zur letzten Minute spannend, ob die geplante Kette geschlossen werden könnte. Doch sie konnte! Um Punkt 5 vor 12 wurden dann mit ca. 2.000 Menschen doch noch die letzten Lücken geschlossen. Die viele Arbeit, welche die Organisationen Ohne Rüstung Leben, IPPNW, DFG-VK, Gesellschaft Kultur des Friedens und die AnStifter in die Aktion gesteckt hatten, hat sich also gelohnt. Das Bündnis wurde mit seinem Aufruf von zahlreichen Organisationen und Personen unterstützt, welche am Ende dieses Beitrages aufgeführt werden.

Besonders erfreulich war letztlich das Medien-Echo der vergangenen Tage. Zusammen mit zahlreichen weiteren Friedens-Aktionen am vergangenen Samstag sorgte die Menschenkette dafür, dass der Frieden nun doch im Mittelpunkt stand, wenn es um den Kirchentag ging. Die Tagesschau/Tagesthemen und die SWR-Landesschau berichteten von der Menschenkette, ebenso wie zahlreiche regionale und überregionale Zeitungen (Spiegel, Stuttgarter Zeitung etc.). Das ZDF sendete vergangene Nacht eine halbstündige Dokumentation als Resümee zum Kirchentag unter dem Titel „Was heißt hier klug?“. Auch hier spielt der Frieden eine wichtige Rolle (ab 11:30 min). Schön, dass mit Pfarrer Alfred Buß auch ein Vertreter der Kirche bei seinem „Wort zum Sonntag“ Pazifismus sowie Menschenkette aufgriff und würdigte.

Das Thema Frieden war also doch sehr präsent, dank des Zentrums Frieden an der Friedenskirche, zahlreichen einschlägigen Ständen auf dem Markt der Möglichkeiten, Veranstaltungen wie der Lesung von Margot Käßmann und Konstantin Wecker oder eben der Menschenkette. Vielleicht sind die Veranstalter des Kirchentages, ganz getreu des eigenen Mottos, auf diese Weise auch ein bisschen klüger geworden und messen dem Frieden bei der Planung des nächsten Kirchentages mehr Bedeutung bei.

Die Unterstützer:
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Allmende Stetten, Arbeitsstelle Frieden Karlsruhe, Attac Regionalgruppe Schorndorf, Bund für Soziale Verteidigung (BSV), Deutscher Freidenker-Verband, DFG-VK, DIDF Stuttgart, Die AnStifter, Die Linke Stuttgart KV, Evangelische Arbeitsgemeinschaft Frieden und Kriegsdienstverweigerer – EAK-Württemberg, Friedensnetz Baden-Württemberg, Gesellschaft Kultur des Friedens, ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e.V. , Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V., Interreligiöse Gemeinschaft für Frieden (IGF) Stuttgart, Jusos Stuttgart, linksjugend [’solid] BG Stuttgart , Netzwerk Friedenssteuer e.V., pax christi Rottenburg-Stuttgart , pax christi – Basisgruppe Stuttgart, pax christi – Deutsche Sektion e.V, Pfarramt für Friedensarbeit der Evangelisch Württembergischen Landeskirche, SPD Stuttgart, VVN-BdA Baden-Württemberg, Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung“ – Stuttgart, Ökumenische Aktion Ohne Rüstung Leben, Dr. Hildegard Zürn-Müller, Erich Schneider (Mössingen), Ernst-Ludwig Vatter, Gabriele Jaeger, Gisa Luu (Frankfurt), Ingrid und Dr. Johannes Bohsung, Irmgard Deifel, Jürgen Michels Sielmingen, Michael Sommer, Meinersen, Mirijam Mahler, Stefan Brües (Wiesloch)

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Fotos: Simon Bödecker/Ohne Rüstung Leben

Keine Straffreiheit für V-Personen!

Am Montag wird im Innenausschuss des Bundestags über den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes“ (18/4654). Mehr Informationen über die Expertenbefragung zum Verfassungsschutz gibt es auf der Homepage des Bundestags. Die öffentliche Anhörung ist ab 14 Uhr und wird im Internet live übertragen.

Die Humanistische Union hat schon seit längerem die Kampagne „ausgeschnüffelt“ zur Abschaffung des Verfassungsschutzes am Laufen. Auf der Unterschriftenliste ist noch Luft nach oben!
Am Montag sollen parallel zur Beratung im Innenausschuss verschiedene Aktionen stattfinden, bei der die SPD-Abgeordneten angeschrieben werden. Nach dem Motto: „Körperverletzung im Namen des Staates? Stoppen Sie Straffreiheit für V-Leute!
Link zur Twitter-Aktion
Link zur Email-Aktion

Wer sich nicht nur auf die SPD-Abgeordneten konzentrieren möchte, hier sind die Email-Adressen aller Abgeordneten des Innenausschusses:

Vorsitzender:
Wolfgang Bosbach, CDU/CSU
Stellv. Vorsitzender:
Frank Tempel, Die Linke
CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
Günter Baumann,
André Berghegger,
Clemens Binninger,
Helmut Brandt,
Michael Frieser,
Jörg Hellmuth,
Andrea Lindholz,
Stephan Mayer,
Tim Ostermann,
Anita Schäfer,
Armin Schuster (Obmann),
Erika Steinbach,
Oswin Veith,
Nina Warken,
Marian Wendt,
Barbara Woltmann,
Heinrich Zertik,
SPD-Fraktion:
Lars Castellucci,
Gabriele Fograscher,
Uli Grötsch,
Wolfgang Gunkel,
Christina Kampmann,
Burkhard Lischka (Obmann),
Susanne Mittag,
Mahmut Özdemir,
Gerold Reichenbach,
Matthias Schmidt,
Rüdiger Veit
Linksfraktion:
Ulla Jelpke (Obfrau),
Jan Korte,
Martina Renner
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
Luise Amtsberg,
Volker Beck,
Irene Mihalic (Obfrau),
Konstantin von Notz
wolfgang.bosbach.wk@bundestag.de
frank.tempel@bundestag.de

guenter.baumann@bundestag.de
andre.berghegger@bundestag.de
clemens.binninger@bundestag.de
helmut.brandt@bundestag.de
michael.frieser@bundestag.de
joerg.hellmuth@bundestag.de
andrea.lindholz@bundestag.de
stephan.mayer@bundestag.de
tim.ostermann@bundestag.de
anita.schaefer@bundestag.de
armin.schuster@bundestag.de
erika.steinbach@bundestag.de
oswin.veith@bundestag.de
nina.warken@bundestag.de
marian.wendt@bundestag.de
barbara.woltmann@bundestag.de
heinrich.zertik@bundestag.de

lars.castellucci@bundestag.de
gabriele.fograscher@bundestag.de
uli.groetsch@bundestag.de
wolfgang.gunkel@bundestag.de
burkhard.lischka@bundestag.de
susanne.mittag@bundestag.de
mahmut.oezdemir@bundestag.de
gerold.reichenbach@bundestag.de
matthias.schmidt@bundestag.de
ruediger.veit@bundestag.de

ulla.jelpke@bundestag.de
jan.korte@bundestag.de
martina.renner@bundestag.de

luise.amtsberg@bundestag.de
volker.beck@bundestag.de
irene.mihalic@bundestag.de
konstantin.notz@bundestag.de

Einfach die rechte Spalte kopieren und ins Emailadressfeld einfügen!
Man sagt, es hilft höflich und sachlich zu bleiben. Vielleicht, vielleicht nicht, wers kann.

Zu guter letzt noch ein Video der HU-Kampagne:

Straffreiheit für V-Leute? Das sagen NSU-Opfer-Anwälte

Schützt der Verfassungsschutz die Demokratie? Abschied von einer Illusion.

„Schützt der Verfassungsschutz die Demokratie? Abschied von einer Illusion“ war der Titel einer Diskussionsrunde, die von der BAG Kirche & Rechtsextremismus, der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, Campact und den AnStiftern organisiert wurde und im Rahmen des Kirchentags in Stuttgart am letzten Freitag stattfand.

Untersuchungsausschüsse über die Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) kamen zu dem Ergebnis, dass eine “aktive Beteiligung” von Behörden am “Aufbau verfassungsfeindlicher Neonazistrukturen naheliegt”. Die Frage war also, ob der Geheimdienst unsere Verfassung wirklich schützt und ob dieser noch zeitgemäß ist. Als Gäste waren Clemens Binninger (MdB, CDU), Dorothea Marx (MdL Thüringen, SPD), Winfried Ridder (ehem. Verfassungsschutz-Mitarbeiter) und Andrea Röpke (Journalistin) anwesend. Obwohl kein Vertreter des Bundesamts für Verfassungsschutzes teilnahm, kam es zu unterschiedlichen Einschätzungen und kontroversen Diskussionen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Martina Weyrauch (Leiterin der LpB Brandenburg) und Fritz Mielert (Geschäftsführer der Anstifter).

Clemens Binninger wies daraufhin, dass im NSU-Skandal nicht nur der Verfassungsschutz zu kritisieren sei, mehr…

Flüchtlinge oder Geflüchtete?
Die neuen Nachbarn stellen sich vor

Aus einer privaten Initiative wurde eine gelungene Veranstaltung für, mit und vor allem von Geflüchteten. „You, me and our neighbors“ auf der Kulturinsel in Bad Cannstatt war ein Beitrag für gute Nachbarschaft in ungezwungener Atmosphäre. Auf der Bühne sprachen sie über ihre Erfahrungen und Wünsche, forderten nicht nur materielle staatliche Unterstützung, sondern auch ein Recht auf Arbeit und Bildung, damit sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Aber nicht nur das: viele Flüchtlinge forderten andere Flüchtlinge auf, deutsch zu lernen; motivierten sie, auf Einheimische zuzugehen und von ihren Problemen zu erzählen.
Das Problem des Arbeitsverbot für Geflüchtete greifen auch zwei Regisseure in ihrem Konzept für die Fernsehserie „Dr. Illegal“ auf (siehe auch StZ-Artikel). Zuerst wurde der Trailer gezeigt, einige Hintergrundinfos gegeben und später am Abend der Pilot-Film gezeigt. Genauso wie diese Geschichte Flüchtlinge nicht als Opfer darstellen soll, war auch die gestrige Veranstaltung vom emanzipatorischen Ansatz geprägt. Auf der Bühne waren eben keine Menschen, die über Geflüchtete reden, wie es sonst bei öffentlich-politischen Debatten zu diesem Thema ist. Besonders kontrovers wurde dann auch die These von der „inneren Zerrissenheit Eritreas“ und den aktuellen Fluchtursachen diskutiert. Schließlich sprach noch Rex Osa, von der Flüchtlingsselbsthilfeorganisation „Refugees for Refugees“. Die Veranstalter kündigten bereits an, weitere Veranstaltungen dieser Art durchführen zu wollen.

Uwe Lehnert
Die (un)heimliche Macht der Kirchen

Am 21. Mai hielt Prof. Uwe Lehnert im Humanistischen Zentrum Stuttgart einen Vortrag mit dem Titel „Die (un)heimliche Macht der Kirchen – Über den unverändert hohen Einfluss der Kirchen in Deutschland“. Der Vortrag war Teil der Aufklärungswoche „Damit wir klüger werden“, welche von den Humanisten Baden-Württemberg, der Giordano-Bruno-Stiftung Stuttgart und den AnStiftern veranstaltet wurde. Der emeritierte Professor für Bildungsinformatik und -information wollte mit seinem Vortrag den Blick auf das Verhältnis von Staat und Kirche schärfen und konkrete Beispiele für die enge Verflechtung liefern. Damit füllte er eine große Lücke, denn zum Thema gibt es praktisch keine Veröffentlichungen. Gerade deswegen wollen wir denjenigen, die Lehnerts Vortrag leider verpasst haben, an dieser Stelle einen kleine Auswahl an von ihm angeführten Beispielen für die Macht der Kirchen bieten. Unser Überblick beschränkt sich auf einige besonders prägnanten Fälle, eine allumfassende Darstellung von Lehnerts Vortrag würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

Lehnert lieferte tatsächlich zahlreiche interessante Informationen, die in der breiten Bevölkerung nicht bekannt sein dürften, beispielsweise über den Bildungsbereich. 1.660 Studenten ließen sich demnach aktuell an staatlichen Universitäten zu evangelischen oder katholischen Pfarrern ausbilden. Die Kosten für die zuständigen 720 Professoren und 940 wissenschaftliche Mitarbeiter (also einer 1-zu-1 Betreuung für Theologie-Studenten) trage die Staatskasse. Besonders irritierend scheint auch die Macht, welche die Kirche teilweise in geisteswissenschaftlichen Fächern abseits der Theologie ausübe. An manchen staatlichen Universitäten habe die katholische Kirche ein Vetorecht bei der Vergabe von Lehrstühlen für Fächer wie Pädagogik, Philosophie, Politik, Sozialwissenschaften oder Geschichte. Diese Praxis sei, so Lehnert, sicher nicht mit der Freiheit der Wissenschaft vereinbar. Tief in die Tasche greife der Staat auch für Religionslehrer, 1,7 Millionen Milliarden Euro sollen diese im Jahr kosten. Ein alternatives Fach zum Religionsunterricht, in welchem eine humanistische Weltanschauung vermittelt werde, gäbe es nur in den Ländern Berlin und Brandenburg. In anderen Bundesländern soll es diesbezüglich Anträge gegeben haben, welche aber abgelehnt wurden. Apropos Alternativlosigkeit: Teil der Polizei-Ausbildung in Deutschland sei der sogenannte „berufsethische Unterricht“. Dieser würde ausnahmslos von Pfarrern erteilt.

Lehnert präsentierte zahlreiche weitere Beispiele im Bereich Finanzen. Der Staat bezahle die Gehälter von christlichen Bischöfen, Priestern und Vikaren. Ein Bischofsgehalt liege in der Regel zwischen 8.000-14.000 Euro im Monat. Hinzu kämen zahlreiche Nebenkosten für Wohnung, Auto oder Chauffeur, welche ebenfalls übernommen würden. Insgesamt koste das die Staatskasse ca. 480 Millionen Euro im Jahr. Diese Zahlungen haben in Deutschland Tradition seit dem Jahr 1803. Damals wurden geistliche Fürstentümer aufgelöst, um die Gebiete an weltliche Fürsten zu übertragen, welche Land an Napoléon Bonaparte abtreten hatten müssen. Um die damaligen Bischöfe zu entschädigen, übernahm der Staat deren Unterhalt. Laut Lehnert war die Fortführung der Zahlungen über mehrere Jahrhunderte eigentlich nicht vorgesehen. Das Grundgesetz sähe vor, dass dies irgendwann ein Ende haben solle, ein Zeitpunkt sei aber nicht festgelegt und bisher auch nicht absehbar.

In Hinblick auf den bevorstehenden Stuttgarter Kirchentag ist es natürlich auch besonders interessant, hier die Finanzierungsfrage zu stellen. Wie zu erwarten, sei es laut Herr Lehnert auch hier üblich, dass der Staat in hohem Maße zuschießt. Der ökumenische Kirchentag in München im Jahr 2010 soll insgesamt 26 Millionen Euro gekostet haben. Die evangelische und die katholische Kirche übernahmen demnach großzügig je 2,5 Millionen Euro. Den Rest hätten Stadt, Land und Bund gezahlt. Für den Humanistentag 2013 in Hamburg seien dagegen lediglich 70.000 Euro städtischer Zuschuss beantragt worden, ohne Erfolg.

Die finanzielle Begünstigung der Kirchen habe an diesem Punkt noch lang kein Ende. Erhebliche Summen kämen beispielsweise auch durch die Befreiung von Steuern und Gebühren zusammen. Kirchen seien unter anderem von der Körperschaftssteuer, der Erbschaftssteuer, der Grundsteuer oder der Kapitalertragssteuer befreit. Die katholische Kirche mache, so Lehnert, erhebliche Umsätze mit Finanzgeschäften und müsse dabei keinen Cent Steuern zahlen. Hinzu kämen die Gebührenbefreiung vor Gericht und bei Notaren. Finanzämter und Rechnungshöfe hätten zudem ohnehin keine Prüfberechtigung bei Kirchen. Dem entgegen zu wirken sei nicht einfach: Das Reichskonkordat, welches die nationalsozialistische Regierung im Jahr 1933 mit dem heiligen Stuhl schloss und bis heute gültig seu, sähe vor, dass Staatsleistungen an die Kirche nur „im freundschaftlichen Einvernehmen“ abgeschafft werden können. Die Kirche müsste also selber zustimmen, damit der Geldfluss eingedämmt werden könne.

Interessant ist zudem, dass konfessionelle Sozialeinrichtungen überdies nicht mal anteilig von den Kirchen finanziert werden sollen. Die Kosten für Krankenhäuser, Pflegeheime und Sozialstationen, welche von der Kirche geführt würden und der christlichen Verkündigung dienten, würden in der Regel zu 100 % aus staatlichen Mitteln und denen der Sozialkassen finanziert. In den meisten Fällen würden in solchen Einrichtungen nur Konfessionsangehörige angestellt. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise, habe die Kirche mittlerweile ein Monopol bei den Krankenhäusern. Mediziner müssten dort also zwangsweise der Kirche angehören, um in einem Krankenhaus arbeiten zu können. Besonders pikant: Grund und Gebäude für Sozialeinrichtungen würden vom Staat bezahlt, gingen anschließend aber in den Besitz der Kirche über. Diese könne auf diese Weise also ihr Reichtum weiter steigern.

Auch in der Rechtsprechung gibt es laut Lehnert Unverhältnismäßigkeiten. So stünde für kirchlichen Einrichtungen das kirchliche über dem staatlichen Arbeitsrecht. Dies bedeute für die Arbeitnehmer beispielsweise: kein Streikrecht, kein Betriebsrat oder Kündigung bei Glaubensverstößen. Gegen das Antidiskriminierungsverbot verstoße es zweifelsohne, wenn die Kirche in ihren Einrichtungen lediglich Konfessionsangehörige einstelle. Im Jahr 2011 erklärte das Bundesarbeitsgericht die Kündigung eines Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus wegen dessen Wiederverheiratung für ungültig. Das Bundesverfassungsgericht kippte im Anschluss diesen Beschluss und stärkte das „Selbstbestimmungsrecht“ der Kirchen, obwohl dieses nicht eindeutig im Grundgesetz verlangt würde. Da wirke es schon ein wenig merkwürdig, dass sich die RichterInnen des Gerichtes im Jahr 2011 zu einer Audienz mit dem Papst getroffen haben sollen.

Einen weiteren Schwerpunkt legte Lehnert an anderer Stelle. Tief verflochten sei die Kirche auch mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Das würde bei folgender Zahl schnell klar: das SWR soll allein im September 2013 165 kirchliche Sendungen gesendet haben. Bei weltanschaulichen Fragen habe die Kirche in den öffentlich-rechtlichen Medien einen alleinigen Vertretungsanspruch. In den Rundfunk- und Fernsehräten säßen bisher lediglich Vertreter der christlichen und jüdischen Kirche. Muslimische Vertreter sollen mit Rücksicht auf die Veränderungen in der Bevölkerung nun auch aufgenommen werden. Anträge von humanistischen Gemeinschaften auf eine Beteiligung würden dagegen trotz 37 % konfessionslosen Bürgern in Deutschland stets abgelehnt werden. Allein der ZDF-Fernsehgottesdienst koste 5 Millionen Euro im Jahr. Die Kosten würden ausschließlich vom Sender, also von den Gebührenzahlern getragen. Konfessionell gebundene Produktionsgesellschaften produzieren laut Lehnert beispielsweise Dokumentationen und Tatorte. Die Programmdirektoren des ZDFs berieten die Deutsche Bischofskonferenz.

Lehnert zog hieraus letztlich den Schluss, dass Deutschland ein Kirchenstaat sei. Bei jährlich etwa 100 Milliarden Euro*, die beiden Kirchen insgesamt zur Verfügung stehen, kirchlicher Rechtsprechung, starker Verflechtung mit den Medien, dem Bildungs- und dem Sozialbereich und zahlreichen Spitzenpolitikern, die zugleich hochrangige Kirchenämter inne haben, ist das ein diskussionswürdiger Standpunkt. Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte 2006 „Die ersten 19 Artikel unseres Grundgesetzes fassen doch im Prinzip die zehn Gebote zusammen“. Diese Aussage ist glücklicherweise dann doch im höchsten Maße fragwürdig.

* „Die 100 Milliarden setzen sich wie folgt zusammen: 20 Mrd. direkte und indirekte Zuschüsse des Staates, 45 Mrd. vom Staat und den Sozialkassen an die konfessionellen Krankenhäuser, Pflegeheime etc., 10 Mrd. Kirchensteuer, 5 Mrd. Zinserträge, grob geschätzte 20 Mrd., die der katholischen Kirche aus ihren weithin unbekannten Quellen zusätzlich zur Verfügung stehen.“ Ergänzung Prof. Lehnert per E-Mail am 29. Mai

Massenüberwachung und Drohnenkrieg durch die amerikanische und deutsche Regierung beenden!

Die Aussagen bezüglich der BND-NSA-Überwachungsaffäre und sind ja ausgesprochen schizophren. Teilweise sagen die selben Politiker, dass der BND sich nicht vor der NSA beugen soll, womit sie den deutschen Geheimdienst stärken. Gleichzeitig fordern sie die Offenlegung geheimer Dokumente und befragen BND-Mitarbeiter. Da hilft nur eins: gegen beide, NSA und BND, zu protestieren.
Die amerikanische Online-Plattform Roots Action startete kürzlich eine Petition, die sich gleichermaßen an die amerikanische und deutsche Regierung richtet. Darin wird das Ende der Massenüberwachung und des Drohnenkriegs gefordert. Die Petition soll am 7. Juni in Berlin übergeben werden, unter anderem von Daniel Ellsberg und Thomas Drake. (Ellsberg trug mit der Veröffentlichung von geheimen Papieren zum Ende des Vietnamkriegs bei, Drake veröffentlichte bereits 2010 Informationen über die weltweite Überwachung durch die NSA.)
Die Übergabe ist der Schlusspunkt der „Stand Up for the Truth“-Woche, einer Veranstaltungsreihe um Whistleblower zu unterstützen. Neben Diskussionen und Vorträgen in Chicago, London, Oslo, Stockholm und Berlin, gibt es auch Webcasts, in denen mit Whistleblowern gesprochen werden kann.
Das alles ist auch wirklich nötig, denn es wird gerade versucht die eigentlich schon tote Vorratsdatenspeicherung wiederzubeleben. Dazu gibt es eine bundesweite Demo-Tour der „Freiheit statt Angst“-Demo. Am 18.7. in Stuttgart.

Offener Brief der Initiative NSU-Aufklärung

INA – Initiative NSU-Aufklärung • c/o Die Anstifter, Werastr. 10, 70182 Stuttgart

An

Herrn Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Herrn Dr. Nils Schmidt, stellvertretender Ministerpräsident
Herrn Wilfried Klenk, Präsident des Landtags
Frau Brigitte Lösch, stellvertretende Präsidentin des Landtags
Herrn Wolfgang Drexler, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus/NSU BW“
die Landtagsfraktionen
die Mitglieder des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus/NSU BW“

Haus des Landtags
Konrad-Adenauer-Straße 3
70173 Stuttgart

Stuttgart, 18. Mai 2015

Offener Brief

Am 2. Mai waren es 100 Tage, seit der Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW“ des baden-württembergischen Landtags am 23.1.2015 zum ersten Mal öffentlich getagt hatte. Eine gute Gelegenheit für eine Zwischenbilanz.

Wir, die Initiative NSU-Aufklärung (INA), sind eine Gruppe Bürgerinnen und Bürger, die den NSU-Untersuchungsausschuss aufmerksam und kritisch begleiten. Unser Fazit weist positive und negative Aspekte auf, aus denen sich einige Forderungen an den Ausschuss ergeben. Ausdrücklich weisen wir daraufhin, dass unsere Wertungen einzelne Ausschussmitglieder in unterschiedlichem Maße betreffen. Soweit unverzichtbar, werden sie namentlich genannt.

Grundsätzlich begrüßen wir die Absicht und den Auftrag des Untersuchungsausschusses, die bislang nicht aufgeklärten Beziehungen zwischen dem NSU-Netzwerk und der extrem rechten Szene Baden-Württembergs sowie die mögliche Beteiligung des NSU-Netzwerkes am Heilbronner Mordanschlag und die Rolle der Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden, insbesondere des Verfassungsschutzes, umfassend zu untersuchen. Nicht zuletzt begrüßen wir die Tatsache seines Zustandekommens, auch wenn die Art und Weise seiner Entstehung einen unwürdigen Prozess darstellte, der sich zeitweise zwischen Provinzposse und Machtpoker bewegte.
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4.000 Menschen setzen ein klares Zeichen gegen Pegida

Nun also doch noch. Anfang Januar hatten die AnStifter zusammen mit vielen Anderen zur großen Kundgebung gegen „Pegida“ in Stuttgart aufgerufen. Ungefähr 8.000 Menschen waren damals gekommen. Das dürfte auch für Stuttgarter Rechtspopulisten ein klares Zeichen gewesen sein, dort hielt man daraufhin zumindest die Füße still und das Thema schien sich erledigt zu haben. Vor einigen Tagen erreichte uns die Nachricht, dass es am 17. Mai nun doch noch eine „Pegida“-Kundgebung in Stuttgart geben sollte.

Klar, dass es da auch wieder eine Gegenkundgebung geben musste. Zusammen mit über 100 Organisationen riefen die AnStifter dazu auf, sich am 17. Mai um 13:30 Uhr auf der Querspange zu versammeln, um abermals ein klares Zeichen zu setzen. mehr…

Presse release 4th May 2015
Giusi Nicolini (Lampedusa) receives Stuttgart Peace Prize 2015

Stuttgart: The Stuttgart Peace Prize of the non-governmental organization AnStifter (The Instigators) is awarded in 2015 to Giuseppina Maria Nicolini. The mayoress of the Mediterranean islands Lampedusa and Linosa is honored for her merits to criticize clearly the European Union’s person-despising dealings with refugees at her external frontiers and to help the refugees as good as possible on their arrival. 458 Instigators have taken part in the vote about the price endowed with 5,000 Euros, which is lent meanwhile in the 13th year. mehr…

Der NSU-Untersuchungsausschuss über V-Frau „Krokus“ und Nelly R.

Was war:
Die Abgeordneten waren auf der Pressekonferenz nach dem Untersuchungsausschuss ehrlich: Es ging darum die Vorwürfe gegen das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg zu widerlegen. Die ehemalige V-Frau „Krokus“ (alias Petra S.) und ihr Lebensgefährte Alexander G. behaupten, bereits kurz nach dem Polizistenmord und -mordversuch in Heilbronn dem LfV und der Polizei Hinweise auf eine Verbindung zu Rechtsextremen gegeben zu haben.
Die Geschichte ist kompliziert und obwohl sie voller Behauptungen und Übertreibungen ist, musste die Friseurin Nelly R. trotzdem aussagen.
Stuttgarter Nachrichten: Polizistenmord: Friseurin unter rechten Glatzköpfen

Was auffiel:
Nelly R. schien teilweise nach der Methode „Angriff ist die beste Verteidigung“ zu verfahren. Sie wollte noch vor ihrer Belehrung einen Journalisten ausschließen, der kritisch über sie berichtete (Haller Tagblatt: Waldorfschule Crailsheim wirft NPD-Paar und Kinder raus – Nach zwei Jahren reagiert). Sie verweigerte mehrmals die Aussage, musste an die Belehrung erinnert werden, wahrheitsgemäß auszusagen, und ließ sich später zu Zwischenrufen hinreißen. Im Endeffekt bekamen die Zuschauer jedoch einige Einblicke in die rechte Szene. Sie gab zu, für die NPD kandidiert zu haben und bis Ende Dezember Mitglied gewesen zu sein; mit Alexander N. und Matthias B. befreundet zu sein (beide mit NPD-Ämtern); auf Demos gewesen zu sein und mehrere einschlägige Neonazi-Bands zu kennen, z.B. Race War, die als kriminelle Vereinigung verboten wurde. Sie warf schließlich den Abgeordneten vor, Unterlagen weitergegeben zu haben, wodurch sie nun persönlich und telefonisch bedroht werde, und fragte: „Wer ist die linke Bazille hier?“

Was gefehlt hat:
Nelly R. wurde aber auch in einem anderen Zusammenhang genannt. Florian H.’s Vater berichtete vor dem Ausschuss, dass er schon vor Bekanntwerden des NSU von dieser Abkürzung gehört habe und dass Florian sinngemäß über den NSU-Prozess gesagt habe, „wenn Matze, Alex, Nelly und Frntic nicht auf der Anklagebank sitzen, ist der Prozess eine Farce.“ Die Abgeordneten fragten, ob Nelly R. Florian H. kannte, was sie verneinte. Sie fragten aber nicht, wie Florian H. (bzw. sein Vater) dazu kommen könnte, diese Namen im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess zu nennen oder ob sie einen Frntic kenne.

Was kommt:
Am nächsten Montag besichtigt der Untersuchungsausschuss die Theresienwiese in Heilbronn. Der Treffpunkt ist beim Trafohäuschen um 9.30 Uhr. Danach findet eine Sitzung im Heilbronner Rathaus statt. (Veranstaltung im Terminkalender)

x mal Überwachung

Das Thema Überwachung war in den letzten Tagen ziemlich präsent. Hier eine Zusammenfassung:

Mahnwache
Wir gedenken der Opfer der EU-Abschottungspolitik

Eine Initiative einiger Leute auf Facebook (Link zur Veranstaltung).

Mahnwache: Wir gedenken der Opfer der EU-Abschottungspolitik – We remember the victims of the deadly European border policy

*** Bringt Kerzen und Blumen mit ***

Dienstag, 21.04 / 20:30 Uhr / Eckensee an der Oper Stuttgart mehr…

NSU-Untersuchungsausschuss über NSS, Florian H. und Arthur C.

Der NSU-Untersuchungsausschuss behandelte in seiner heutigen Sitzung zwei Themen. Zunächst wurden im Fall Florian H. weitere Zeugen gehört, später wurde der Fall Arthur C. abgehandelt.

Florian H. hatte gegenüber seiner Familie bereits vor der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds von einem NSU und einer Neoschutzstaffel (NSS) gesprochen. Zum NSU-Prozess in München sagte er sinngemäß: „Solange dort nicht Matze, Alex, Nelly und Frntic sitzen, ist der Prozess eine Farce.“

„Matze“, Matthias K., wurde aufgrund von Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss nun ermittelt und musste aussagen. mehr…

„Die Anstalt“ über die Entschädigungen an Griechenland

Wegen des Flugzeugabsturzes in Frankreich wurde die Satiresendung „Die Anstalt“ zwar auf diesen Mittwoch Dienstag verschoben, ist aber schon vorab in der Mediathek zu sehen. Darin geht es um die Lage in Griechenland und berechtigte Entschädigungszahlungen für SS-Massaker. Wieder einmal hat „Die Anstalt“ das getan, was derzeit Politiker nicht tun: Sie lädt einen Überlebenden des Massakers von Distomo in die Sendung ein und redet mit ihm.

Die ganze Sendung ist hier zu sehen: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2351516/Die-Anstalt-vom-31-März-2015

Zum Internationalen Tag gegen Rassismus
„Gay, Gypsy and Jew – We’re proud of you!“

RotFront - Gay, Gypsy and Jew (official video)

Ratte überlebt gezielte Tötung per Mausklick

Der Künstler Florian Mehnert startete von eingen Tagen sein Projekt „11 Tage“. Er installierte eine Webcam und eine Waffe vor einem Terrarium, in dem eine Laborratte lebt. Per Liveübertragung wird die Ratte ständig überwacht und jeder Benutzer kann anonym per Fernsteuerung eine Waffe auf das Tier richten. Nach 11 Tagen hätte Mehnert die Waffe geladen, so dass jeder Internetnutzer die Ratte hätte erschießen können. Das Kunstprojekt sollte eine Kritik an Überwachung, Drohneneinsätzen und „gezielten Tötungen“ sein.

Die Reaktionen der Öffentlichkeit lies nach Bekanntmachung nicht lange auf sich warten. Internationale Medien berichteten. Die Bild-Zeitung konnte nicht anders und titelte ganz korrekt nach ihrem eigenen Stil: „Hinrichtung per Mausklick geplant: Künstler will Ratte zum Abschuss freigeben“. „Die Welt“ hat es scheinbar nicht ganz verstanden und schreibt: „Das Internet wird diese Ratte töten“. Der SWR brachte einen differenzierten Radiobeitrag, in dem auch ein Polizist zu Wort kommt, weil Mehnert wegen Tierquälerei angezeigt wurde. Mehnert bekam Protest-Emails, wurde beleidigt, bekam Morddrohungen und die Internetseite wurde zeitweise gehackt.

Heute abend um 19 Uhr wird das Experiment abgebrochen, weil es „erfolgreich sein Ziel erreicht“ hat. Die Ratte ist nun vor der anonymen Tötung per Mausklick gerettet. Die unschuldigen Zivilisten im Jemen, in Pakistan oder in Somalia, die regelmäßig durch Drohneneinsätze getötet werden, nicht. Ob die Kritiker des Kunstprojekts wegen der „gezielten Tötungen“ der US-Regierung auch Protest-Mails geschrieben haben oder Strafanzeigen gestellt haben, ist nicht bekannt.

Massenklage gegen britischen Geheimdienst GCHQ

Britische, amerikanische und pakistanische Bürgerrechtsorganisationen haben einen seltenen Erfolg erzielt, auch wenn es nur ein Teilerfolg ist. Ein britisches Geheimgericht hat die Regelungen über den Datenaustausch zwischen NSA und GCHQ bis Dezember 2014 für illegal erklärt. Über die Organisation „Privacy International“ kann man sich an einer Massenklage beteiligen, um zu überprüfen ob der Geheimdienst GCHQ illegal persönliche Daten von der NSA erhalten hat und ggf. die Löschung der Daten zu verlangen.

Der Nachteil an der erfolgreichen Klage ist, dass das Teilen von Informationen zwischen GCHQ und NSA nun ab Januar 2015 legal ist, weil im Laufe der halb-geheimen Gerichtsverhandlung die Regelungen öffentlich geworden sind. Daher wird „Privacy International“ eine Klage vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof einreichen.

Eine ausführlichere Beschreibung gibt es bei Digitalcourage: Überwachung war illegal – Massenklagen möglich
Bericht von Privacy International: Victory! UK surveillance tribunal finds GCHQ-NSA intelligence sharing unlawful
Häufig gestellte Fragen und Antworten: FAQ: Did GCHQ Spy On You?