Alle Beiträge von Benni Schad

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Wenn Nazis vom Himmel fallen – Grohmanns „Wettern der Woche“

Wenn Nazis vom Himmel fallen – Grohmanns "Wettern der Woche"

1945: Nazis weg, wie vom Erdboden verschwunden! Bekanntlich unterschrieben nach Ende des brutalen Angriffskriegs die deutschen Nazi-Generäle unter Zwang unsere bedingungslose Kapitulation. Millionen trauerten. Hunderttausende überzeugte Einzeltäter verschwanden in der Kanalisation. Andere wanderten mit Gottes Segen und falschen Papieren aus oder waren des Broterwerbs wegen gezwungen, als Richter, Lehrer, Staatsanwälte, bei der Polizei, in den Kommunen, bei Feuerwehr, Verfassungsschutz etc. pp. weiterzuarbeiten, um Kommunisten zu verfolgen.

Halt! Wo das nicht zumutbar war, vergoldete das reduzierte Deutsche Reich den Ruhestand mit der Pensionierung. Nur fünf Jahre nach dem Ende der brutalen Angriffskriege konnten alle, denen man nicht direkt Mord oder Totschlag z.B. an den sechs Millionen Juden nachweisen konnte, wieder ihrer alten Arbeit im öffentlichen Dienst nachgehen. Auch die Bewährungshelfer.

Heute erinnert kaum mehr etwas an die brutalen Angriffskriege. Kriegerdenkmale sind Mangelware. In Stuttgart ist das Kaiser-Wilhelm-Denkmal mit Reiterstandbild für Völkermörder eher die Ausnahme für Anno Dunnemal. Anderswo müssen etwa die politischen und Blutsverwandten von Generaloberst Alfred Jodl OKW (Oberkommando der Wehrmacht) nachts zur Fraueninsel im Chiemsee schwimmen, um unbeobachtet vor den geistigen Überresten unseres Kriegsverbrechers für bessere Zeiten zu beten. Jetzt sind sie da.

Aber kein Mensch hat geahnt, was da auf uns zukommt, nur meine Omi Glimbzsch in Zittau. Wir, die immer nur das Beste wollten für Deutschland und die ganze Welt, wir, gewissermaßen die geisteswissenschaftliche Elite, Forscher:innen, Scientologen, Lehrer:innen, Medien, fallen aus allen Wolken, wenn die freundlichen neuen Nazis wieder zur alten Größe aufrücken. Macht kommt morgen – aber die Usurpatoren sind da. Gewaltfrei und unter dem Staunen, Unglauben oder Jubel der Massen marschieren sie durch die Siegessäulen der Demokratie zur zweiten Wiedergutmachung allen Unrechts, das uns widerfuhr.

Ja, ich weiß. Sie fielen nicht vom Himmel. Sie waren immer da. Aber in Massen kamen sie von Linken und SPD und ließen der Antifa kümmerliche Reste. Sie kamen von Grünen und Liberalen und Schwarzen, sie kamen als Notnagel fürs letzte Gefecht von den Nichtwählern. Es sind die Angsthasen der Neuzeit – und zugleich Kleinkriminelle, was die Republik angeht. Ist es nun Zeit für den Abschied von gestern oder soll man den Himmel wechseln? Verstehen Sie es? Aber „verstehen heißt immer: verstehen, was auf dem Spiel steht“, behauptete Hannah Arendt.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. Alle Wettern-Videos gibt’s hier zum Nachgucken.

Linke Socken mit Loch – Grohmanns „Wettern der Woche“

Linke Socken mit Loch – Grohmanns "Wettern der Woche"

Rache ist Blutwurst! Nein, nichts gegen die Grünen! Das mit der Butwurst stammt aus Erich Maria Remarques immer lesenswerten Antikriegsroman „Im Westen nicht Neues“ – wie prophetisch! Ich bezieh’s mal auf die Wahlen und frage mich: Werden sich die Wahlergebnisse an den WählerInnen rächen? Aber ja doch!

Vorerst hat sich ein beachtlicher Teil der Jugend an den Grünen gerächt (das sind die mit dem Klima, an dem man eh‘ nichts mehr ändern kann). Und nun haben alle dreie Pech: Das Klima, die Grünen und die Jungen.

Wer 18 Jahre alt ist, das Schweizer Bürgerrecht besitzt und nicht unter einer Geistesschwäche leidet, darf dort an den Nationalratswahlen teilnehmen, seit 1971 sogar Frauen. Ein Stimmbürger soll schon 1848 auf seinen Stimmzettel geschrieben haben: „Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber!“ – als Protest gegen die Ausgrenzung ganz Bevölkerungsgruppen. Hat nicht viel geholfen.

Wahlen sind schmerzhaft, vor allem, wenn sie anders ausgehen, als von den Medien & Machern geplant. Denn wer hätt‘ gedacht, dass sich bei uns, dem Land der Dichter und Denkerinnen, so viele Junge von den Grünen abwenden und fast liebevoll nach rechts driften: Ach! vielleicht, indem wir hoffen, Hat uns Unheil schon getroffen (Omi Glimbzsch in Zittau, wo die AfD weit abgeschlagen bei 31,2 % landete und die Linke immerhin satte 3,7 % erreichte. Nur die SPD ist stärker: 5,4 %. Das kann allenfalls ein amtliches Endergebnis noch toppen. Fest steht nur: Die linken Socken haben ein Loch. 

Alle meine Freunde, viele von ihnen durchaus intelligenter und linker als ich, wissen natürlich, wer oder was das Loch verursacht hat – und wie man es stopfen könnte. Immerhin wundern wir uns gemeinsam, warum die AfD, nur mal als Beispiel, fünf- oder zehnmal mehr Klicks auf Tik Tok hat als alle anderen Parteien zusammen. Da schau her! In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute, wir sind die stärkste der Partei’n! Aber uns glaubt ja keiner.

Ich weiss, als alter Jünger Gutenbergs, Dunkelblau entsteht durch vorsichtiges und richtiges Mischen von Blau und Schwarz. Doch Dutzendfach hat gegen den Rutsch ins Rechtsradikale nur geholfen, wenn sich die demokratischen Parteien bei allem Ja und Aber auf einen gemeinsamen Vorschlag im Lokalen geeinigt haben, und auf die Abwehr des rechtsradikalen Hochwassers. Dämme bauen. Sonst siegt blau.

Europa ist kein Glücksrad. Es müsst‘ größer und gerechter werden. Die Demokratie und Europa brauchen Erste Hilfe, dauerhaft.

Mensch! Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator beim Bürgerprojekt Die AnStifter

Fluten und Fluchen – Grohmanns „Wettern der Woche“

Fluten und Fluchen – Grohmanns "Wettern der Woche"

Liebe ist verwegener als Hass – eine erfreuliche Feststellung von Baltasar Gracián y Morales (auch kein Deutscher, aber ich kannte ihn). Der Jesuit wäre nie auf die Idee gekommen, jemanden etwa auf gut Spanisch zuzufluchen: „Ich brech‘ dir die Knochen!“ oder den anderen beliebten Satz aus der Neuzeit; „Paar in die Fresse“, manchmal noch mit Fragezeichen.

Praktisch gesehen geht das ja noch: Nasenbluten. Vielleicht Nasenbein-bruch. Die gebrochene Nase heilt von allein.

Die gebrochene Nase täuscht nich drüber weg, dass wir in den letzten Jahren einen weit gefährlicheren politischen Klimawandel erleben – Hochwasser bis Unterkante Oberlippe. Selbst geistig höher gelegene Lagen werden überflutet, die Sandsäcke platzen. Die um Macht und Mandate fürchtenden Parteien bezahlen ganze Armeen von Meinungsforschern, Analysten und Tagdieben, um herauszufinden, was den politischen Gegner am meisten schadet, ja, was ihn zur Weißglut bringt und in Wortfallen tapsen lässt. Auge um Auge, wie die Blinden gern sagen. Es gibt eine Theorie, in der gefaktet wird, dass körperliche und emotionale Schmerzen ein identisches Verarbeitungssystem im Hirn teilen. Beleidigungen, Derb-heiten, Flüche – da werden Adrenalin, Cortisol und Endorphine freigesetzt: Das lindert das soziale und auch körperliche Schmerzempfinden, haben linke Freunde von mir herausgefunden (Emma Byrne, Die Kraft der Schimpfwörter: Warum Fluchen gesund ist, Norton & Co). Fluchen lässt einen Menschen nicht unbedingt höflich erscheinen, hat aber überraschend positive Effekte: Es lindert Schmerzen und stärkt Beziehungen, sagt sie.

Fluchen ist gesund, anders als gemeingefährliche Fluten. Und irgendwie auch so schön, dass Kontrahenten den § 188 StGB aus dem Auge verlieren. Noch schlimmer aber, wenn die nicht nur mit Worten gegen Personen des politischen Lebens um sich schmeißen, sondern handgreiflich werden und das Messer nehmen. Das eine nicht ohne das andere? Ich bin unschuldig, sagte der Frosch, bevor er unter die Räder kam. 

Die gut gelaunten Rassisten von Sylt wohnen gleich nebenan. Sie ticken wie Du und ich, lassen auch mal Fünfe gerade sein und bereiten heute unbewusst, naiv und oft feige, ideologisch das Pflaster vor, über das morgen der politische Gegner geschleift wird. Nein, nicht ins KZ.

Es genügen Wortverbote, Verleumdungen, tägliche Gemeinheiten, Lügen, Ausgrenzungen, Ignoranz und Ignorieren. Paar in die Fresse – täglich, medial, solange, bis du niederkniest und um die Gnade der Demokratie bittest: Gehört zu werden. 

Mensch Grohmann ist Kabarettist und Koordinator beim Bürgerprojekt Die AnStifter

Mein Freund, der Faschist – Grohmanns „Wettern der Woche“

Mein Freund, der Faschist – Grohmanns "Wettern der Woche"

Mooohment, bevor Sie wieder zu schnell abdrehen! Mein Freund ist ein kulturell über uns stehender Italiener, blond was das Zeug hält, in Biberach geboren und aufgewachsen (weiß der Geier, wie das kommt), groß und kräftig wie alle Südländer, aber heißblütig, wenn der VfB einen Strafstoß erhält. Leonardo liebt geschmelzte Maultaschen in der Brühe, aber auch Immanuel Kant. 1978 hat er mich mal ins Stuttgarter Schauspielhaus mitgeschleppt, in Peymanns Inszenierung von Bernhards Theaterstück Immanuel Kant. Ich kannte ja alle drei von früher und bin mit – es war die Aufforderung Kants an mich ehedem Mutlosen, mich meines eigenen Verstandes zu bedienen. Warum auch nicht?

Aber mein Freund Leonardo ist ein Faschist. Keine Ahnung, ob er die Doppelte Staatsbürgerschaft beantragen würde, um in Italien Melone abzuwählen – Avanti Popolo und so. Viele der grauhaarigen Eurokommunisten liegen unter der Mater Terra, und die Linke dort unten, unsere Hoffnung, unser Sieg, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Aber die Faschisten Italiens 

marschieren. Sie marschieren und terrorisieren und sitzen mit frischer Unterwäsche in nahezu allen Parlamenten. Manchmal marschieren sie mit steil noch oben gerichteten Arm, als wollten sie sagen: Der da oben ist mit uns! Eine Glaubenslüge. 

Mein Freund der Faschist ist im Grunde genommen pazifistisch angehaucht wie Jesus, aber der Hauch ist zu schwach, um zum Sturm zu werden in kriegslüsternen Zeiten. Leonardo ist überdies ein Freund der Seenotretter, anders als der CDU-Chef Roland Schmidt in Cannstatt, der gern mit der AfD gemeinsam das Abendland retten tät‘, wenn’s noch ginge. Leonardo wählt, fürchte ich, eher grün, die überzeugen ihn zwar nicht, aber die Linken noch weniger. Es gibt keinen 1.Mai, an dem er nicht mit roter Nelke und weißem Oberhemd auf dem Marktplatz steht und anschließend im Kommunisten-Waldheim eine Rote Wurst vespert. Er hat anders als ich studiert, Literatur, Politik und so, aber „koin Doktor han i net macha könne, wegm Haushalt ond weil i halt uff onsre drei Kender hab uffpassa müsse“, während seine Frau arbeiten ging.

Egal jetzt. Mein Freund der Faschischt wurde erwischt. Er hatte mit einem kleinen Scherle ein AfD-Plakat abgeknipst, weil es ihm beim Einparken die Sicht versperrte. Doch mitten im Tun stürzten drei Maskierte auf ihn und verprügelten ihn. „Dreckiger Faschischt“ (schwäbisch) riefen sie, „da hascht die Quittung. Du hängscht koin AfD-Plakat mehr auf!!“ und verschwanden. Aber wie’s der Teufel will – während er noch ziemlich rumtappste, tauche ein anderer Trupp von Wahlhelfern auf: „Ja, wen haben wir denn da?“. Natürlich fragten sie nicht lange und wirklich, sie schlugen einfach zu. Gut geschult. „Der zerstört keine AfD-Plakate mehr!“

Ich habe ihn im Klinikum besucht. Das linke Auge kann doch noch gerettet werden.

Mensch Grohmann ist Kabarettist und Koordinator beim Bürgerprojekt Die AnStifter

Der Untertan – Grohmanns „Wettern der Woche“

Der Untertan – Grohmanns "Wettern der Woche"

The times, they are changin’ oder wie der Russe gern sagt: Времена, они меняются – also Vremena, oni menyayutsya! Nichts ist sicher, das wußte schon Josef Stalin, der regelmäßig in einer kleinen schmucken Kapelle im Kreml betete, nur mit einem Siegelring und bekleidet und von einem Leibwächter begleitet. Auch Wladimir Iljitsch Putin, mein Lieblingsgangster nach Donald Trump, ist ein gern gesehener Bet-Bruder bei den kommunistischen Orthodoxen: Mal betet er für schönes Wetter am 8. Mai, mal für den Endsieg, mal bittet er den lieben Gott, dass nichts rauskommt wie jetzt bei seinem Blutsbruder Sergej Schoigu, dem alten Halunken! Der soll Millionen gescheffelt haben – ein Hand wächst die andere – kommt aber momentan nicht mehr ans Geld in der Fremde ran, weil er auf der EU-Sanktionsliste steht. Ich sag‘ immer: Immobilien sind sicherer. Und Zahngold.

Was Russland angeht, jetzt mal ganz unter uns: Ich würde alle entlassen, aber niemals meinen Verteidigungsminister! Der neue Mann für Drohnen, Krankenhäuser und Schulen (nein, nicht in Gaza) heißt Andrei Remowitsch Beloussow und ist 20 Jahre jünger als ich. Er gilt als Experte für Mensch-Maschine-Systeme. Das klingt schon mal fortschrittlich und lässt Kritische Intelligenz vermuten – was für Untertanen. 

Meine Omi Glimbzsch in Zittau hat übrigens in der guten alten Zeit (also DDR) gern vom Brudervolk gesprochen und wechselte die Straßenseite, wenn ihr ein Russe entgegenkam – nicht ahnend, dass es in der UdSSR einst 160 Brudervölker gab. Von den Brüdern haben inzwischen auch viele die Straßenseiten gewechselt, sie wollten keine Untertanen mehr sein. Erst nach der Befreiung vom Faschismus kam übrigens raus, dass im brutalen Angriffskrieg der Deutschen rund 27 Millionen Russen ihr Leben verloren. Insgesamt waren es 60 Millionen, übrigens alles Menschen. Ich find’s richtig, in diesen Zeiten von Angriff, Verteidigung und Meinungsfreiheit daran zu erinnern, ganz vorsichtig natürlich. Heute hier, morgen dort, wie Hannes Wader weiß. Aber es ist eben doch ein Fehler, „Nie nach Gestern und Morgen gefragt“ zu haben.

Heinrich Mann (1871 – 1950), der mit dem Untertan, trotzte seinem Vater, verteidigte die Weimarer Republik und kämpfte gegen die Nazis. Solche braucht’s heute mehr und mehr und mehr, damit wir nicht resignieren. Und Satire, die ins Auge geht.

Mensch Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die AnStifter

Hass² – Grohmanns „Wettern der Woche“

Hass² – Grohmanns "Wettern der Woche"

Es gibt blinden Hass, Bayern-Hass und Hass auf Kartoffelbrei, von anderen Hassen ganz zu schweigen – auf Homosexuelle, die AfD und die Grünen, auf dicke Autos, Radfahrer:innen, Flüchtlinge, Genderei, Frauen und das Wettern der Woche. Es gibt welche, die hassen sich sogar selbst.

Hass ist menschlich und hilflos, so was hassen wir. Dagegen taumelte eben der VfB Stuttgart samt Publikum jubelnd mit einem 3:1 aus der früheren Adolf-Hitler-Kampfbahn. Nirgends Hass, nicht mal bei Manuel Neuer. Ganz anders am 1. Mai und drumrum. Da ließen testosterongesteuerte Jugendliche Polizist:innen und Polizeipferde tanzen. Das schafft Sympathien.

Die einen hassen Streiks, die anderen hassen hohe Mieten. Beides hat nachvollziehbare Gründe. Hass ist häufig das Produkt frühkindlicher Fehlentwicklungen: zu viel Alete, zu wenig Muttermilch. Generell fehlt’s oft an der dringend notwendigen Trennung von Gefühl und Verstand. Das führt zur Frage: Was hindert denn den Menschen am Menschlichsein? Warum treten Jugendliche einen hilflos am Boden liegenden Mann zu Tode? Warum sind die guten alten Wirtshausprügeleien passé, bei denen man sich anschließend die Hand gibt? Man wohnt im gleichen Dorf und muss morgen wieder gemeinsam auf den Acker der Republik. Warum wird geprügelt und Gewalt geübt, mehr noch als im sonntäglichen Tatort? Wussten Sie, dass es Fußballspiele von Kindern gibt, bei denen die zuschauenden Väter aufs Spielfeld stürzen und den Gegner ohrfeigen, weil Sohnemann gefoult wurde? Oder dass Lehrer:innen meist nicht mehr prügeln, aber häufiger selbst verprügelt werden? Wir reden hier von direkter Gewalt, so wie gern von direkter Demokratie geredet wird – dazu kommt natürlich noch die geballte Faust direkt aus den sozialen Medien – und direkt in die Fresse.

Mehr als fünfzig Prozent der Leute bekennen sich aus Furcht vor Hass im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung, beteiligen sich weniger an Debatten oder Wahlen. Das gilt auch jenseits aller Netze: im Alltag, auf Arbeit, in der Schule. Lieber Maul halten. Besonders für junge Frauen sind sexualisierte Übergriffe in den sozialen Netzwerken Alltag, Personen mit Migrationshintergrund und queere Menschen sind heute viel öfter Gewaltandrohungen und Beleidigungen ausgesetzt.

Mensch, wie tickst du? Zehn Prozent wollen ihren alten Kaiser Wilhelm wieder haben (einen starrrken Führer, Diktatur & Einheitsbrei). Fast zwanzig Prozent sind sich sicher, dass Deutschland den anderen Nationen überlegen ist – trotz Kant und Hegel, Arendt und Arno Gruen. Ja, Gruen! Nehmen Sie sich in Sachen Hass bitte mal Arno Gruen zur Brust, wenn Sie der Hass auf die herrschenden Zustände überkommt. Verlinken Sie sich.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. 

Jetzt schlägt’s 13 – Grohmanns „Wettern der Woche“

Jetzt schlägt's 13 – Grohmanns "Wettern der Woche"

Nein, diesmal kein schräger Humor, keine Glosse im Glück, kein gutes Wetter, kein schöner Land in dieser Zeit. Es geht ums Grundsätzliche, ums Zusammenleben, ums Gemeinsame, ums Künftige, um das wir uns mehr kümmern müssen, ums Grundgesetz. Das wurde vom Parlamentarischen Rat, dessen Mitglieder von den westdeutschen Landesparlamenten gewählt worden waren, am 8. Mai 1949 beschlossen und am 23. Mai 1949 verkündet. Sie können mit Recht einwenden, dass da etwa die Bürger:innen der DDR nichts mitzusprechen hatten, so wenig wie die Frauen oder die Jugendlichen oder andere Sprachlose. Aber ich sag‘ Ihnen, es hätte schlimmer kommen können mit dieser Republik, deren Feinde weiterhin an den Hebeln der Macht saßen.

„Jetzt schlägt’s 13“ will meilenweit sichtbar und 75 Jahre nach dem „Tag der Verkündung“, also am 23. Mai 2024, Zeichen setzen. Will auf das Unvollendete im Grundgesetz aufmerksam machen, auf Fehlstellen der Demokratie, aber in vorderster Front auf seine Gefährdung – nein, nicht nur durch rechte Radikalinskis und Faschisten, nicht nur durch den Kauf von Parlamentsentscheidungen, nicht nur durch den Ausschluss der Vielen von „demokratischer Teilhabe“, sondern durch demokratische Askese und Ansprachlosigkeit, durchs Nitschewo der Mitte, durch ein meilenweites Piepegal gegenüber der Demokratie.

Mit „Jetzt schlägt’s 13“ können Sie und du und ich und alle, die das lesen und gut finden und weitergeben, öffentlich ein Zeichen setzen: fürs Grundgesetz, für Informations- und Meinungsfreiheit, für politisches und alltägliches Engagement in allen Lebensbereichen. Die Kulturschaffenden treten vors Publikum, Schulen, Universitäten demonstrieren Demokratie, aus allen Fenstern winkt die Republik. Musiker:innen singen und spielen auf Straßen und Plätzen, Beschäftigte treten vor ihre Arbeitsstellen, der Verkehr stockt für fünf Minuten, es wird öffentlich geredet und gestritten, Flugschriften kursieren, die sozialen Medien feiern die Fantasie in Kinos und Theatern, auf den Bühnen landauf, landab, auf Betriebsversammlungen, in Museen, Volkshochschulen, in den Kirchen der Soziokultur. Auf den Titelseiten der freien Presse, in Funk und Fernsehen werden Ausrufezeichen und Fragezeichen verteilt, individuell, gemeinschaftlich, genossenschaftlich, eigenverantwortlich. Enough is enough! Quando il troppo è troppo? C’est le bouquet! Sind Sie angestiftet?

Man sieht dich, man sieht sich. Raus vors Haus am 23. Mai um 13 Uhr.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

s‘ ist Krieg – Grohmanns „Wettern der Woche“

s' ist Krieg – Grohmanns "Wettern der Woche"

Kriegslied (Matthias Claudius, 1778)

’s ist Krieg! ’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
Und rede Du darein!
’s ist leider Krieg – und ich begehre,
Nicht schuld daran zu sein!

Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
Und blutig, bleich und blaß,
Die Geister der Erschlagnen zu mir kämen,
Und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
Verstümmelt und halb tot
Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
In ihrer Todesnot?

Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute,
So glücklich vor dem Krieg,
Nun alle elend, alle arme Leute,
Wehklagten über mich?

Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten
Freund, Freund und Feind ins Grab
Versammelten, und mir zu Ehren krähten
Von einer Leich‘ herab?

Was hülf mir Kron‘ und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
’s ist leider Krieg – und ich begehre,
Nicht schuld daran zu sein!

Doch Friede schaffen, Fried‘ im Land‘ und Meere:
Das wäre Freude nun!
Ihr Fürsten, ach! wenn’s irgend möglich wäre!!!
Was könnt Ihr Größers thun?

Kommando Bunker – Grohmanns „Wettern der Woche“

Kommando Bunker – Grohmanns "Wettern der Woche"

Vor allem in unsrer Ecke ist „Hallodri“ der Sammelbegriff für einen etwas leichtfüßigen Zeitgenossen, aber auch Synonym für einen Tunichtgut, Taugenichts oder windigen Hund. Komm’se mir jetzt nich mit Pistorius, es geht auch Lauterbach. Beide Herren samt Strack-Zimmermann-Anhang sehen mit Entsetzen die Überlegenheit des Russen und wollen ihn rechtzeitig abschrecken. Dazu ist weder der kiffende Offiziersanwärter von der Ausbildungskompanie 6/9/Fallschirmjäger geeignet, noch ein einfacher, Machorka rauchender Muschik aus Suhl, der bei einer Übung ein Auge verlor und jetzt die Bundeswehr verklagt. Was also könnte den Russen abschrecken, z.B. in Bayern einzumarschieren? Am ehesten Söder.

So oder so – diese Route würde sich für einen Einmarsch anbieten, wenn die Drohnen alle sind: Über die Slowakei ins russlandfreundliche Wien. Aber „ohne Ziel ist jeder Weg falsch,“ wusste Konfuzius – und der Russe weiß: Von Wien nach München sind’s mal eben 500 Kilometer.

Mal Ernst beiseite: 2011 beschloss der Bundestag auf Bestreben des Betrügers Guttenberg, die Wehrpflicht auszusetzen. Skeptiker sahen darin das hohe Risiko einer Parallelgesellschaft und rechtsextremistischer Tendenzen. Um das zu mindern, bräuchte man ein „Kommando Spezialkräfte Demokratie“ mit wenigstens 5.000 Stellen, die dann Lisa Paus fehlen täten. Abgesehen davon fehlen den Schulen 35.000 Lehrkräfte, bei Altenpflege, Kindergärten, Sozialarbeit u.ä. sucht man aktuell rund 100.000 Leute. Und bis 2035 werden 1,8 Millionen offene Stellen im Gesundheitswesen nicht besetzt werden. Meine Omi Glimbzsch in Zittau will sich jetzt zur kriegstauglichen Krankenschwester ausbilden lassen.

Aber kriegstüchtig hin, kriegsmüde her: Was ist mit uns Zivilist:innen? Es reicht nicht, am 1. Mai in dieses wunderbare alte Lied von Gerhard Schröder oder Sahra Wagenknecht einzustimmen: „Seht, wie der Zug von Millionen endlos aus Nächtigem quillt …“. Die Menschen wollen zu Recht wissen: wohin, wenn der Ernstfall eintritt? Der Russe als solcher kennt unsere intimsten Seiten und weiß sehr genau, dass bei uns die atombombensicheren Bunker Mangelware sind. Sie reichen gerade mal für die oberen Zehntausend.

Wenn also für den Ernstfall Bunker benötigt werden, muss unmittelbar nach Veröffentlichung dieser Zeilen mit dem Bau begonnen werden. Von der Infrastruktur will ich jetzt überhaupt nicht reden – Wasser und Lebensmittel für ein paar Tage, Wäsche zum Wechseln, bissel was zum Spielen für die Kinder, Personal, das die Bunkertüren luftdicht verschließt und Menschen abweist, wenn’s zu viele werden – naja, und Leute, die dann wieder öffnen, wenn alles vorbei ist. Wie sagte Pistorius sehr richtig? „Ziel der Rüstungsplanung ist die Überlegenheit in der Kriegsführung in allen Dimensionen.“

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Cannabis oder Schnaps? – Grohmanns „Wettern der Woche“

Cannabis oder Schnaps? – Grohmanns "Wettern der Woche"

Nach der Legalisierung von Schnaps, Bier, Aiwanger, Glyphosat und Antisemitismus jetzt Haschisch! Deutschland am Abgrund. „Und was ist mit die kubanischen Zigarren? Du hast doch gute Beziehungen! Peter, ich brauch‘ Stoff!“, ruft meine Omi Glimbzsch über’n Gartenzaun. Selbst Friedrich Merz klagt gegen die Freigabe von Flugbenzin zum Verzehr, findet aber zu viel Zucker in zu vielen Lebensmitteln „voll OK, Alter!“.

Dass einem Viertel der Bürgerinnen und Bürger das nötige Kleingeld fehlt, um sich auch nur eine Woche Urlaub zu leisten, war ehrlich gesagt nie ein Thema – so wenig wie die Sorgen der Anderen, denen das Dach überm Kopp fehlt. Rassistisch gesehen, fließt bei 70 % der Auf-den-Straßen-Leber“ oder „Unter-Brücken-Wohner“ keinerlei deutsches Blut in den Adern, sondern normales. Sie halten durch. 700 000. Von den Verschuldeten im Lande und allen, die auf dem letzten Loch pfeifen, reden wir nicht. Beim Fußball liegt der Anteil von SpielerInnen mit Migrationshinderungsgrund bei rund 49,9 % und bay Bayer 04 Leverkusen sind gar 78 % des Kaders nicht richtig von hier. Aber ohne Migrationshintergrund wär‘ der Verein am Arsch und würde vielleicht zwangsdeportiert werden müssen.

„Is mich egal“, hätt‘ da Kazim Akboga vor seinem Freitod als 34jähriger Künstler gesungen. Er wuchs in einer Einwandererfamilie auf, ging auf Döner und Schule, macht Filme und Lieder und Kunst – aber der Durchbruch kam erst nach dem Tod zu Hause an. Kazim, der Schweinfurter, der die BVG besang, hätte Lockführer für Deutschland werden können. Heute wissen wir: Ohne „ausländisches Personal“ würden keine Züge mehr ankommen, nicht mal in Stuttgart. Dort verursacht das beton-verschlingende Schrottprojekt nach der manipulierten Volksabstimmung 40 Millionen Tonnen Abraum, der dann jahrelang quer durch die Republik kutschiert oder den Nachbarn vor die Türe gekippt wird. Ökologische Renaturierung nach Landesart, aber halt klimaneutral.

Zurück zum Blut! Es könnt‘ ein Blutbad geben, hofft Bild. Nein, nicht in der Türkei, wo eben die AfD eine bittere Niederlage einstecken musste, trotz aller Wahlmanipulationen, sondern im Vaterland der Republikaner. Wenn Trump die Wahl gewinnt, heißt’s „Rache ist Blutwurst“ wie bei Erich Maria Remarque – im Westen nichts Neues! „Und wenn nich?“ fragt Omi Glimbzsch übern Gartenzaun. „Bürgerkrieg“, sag‘ ich. „Aber nur, wenn er nich gewinnt, Omi.“ Die Weißen haben sich eine demokratische Entscheidung selten leichtgemacht und noch seltener gefallen lassen.

„Es rettet und kein höh’res Wesen “ – Grohmanns „Wettern der Woche

„Es rettet und kein höh'res Wesen “ – Grohmanns "Wettern der Woche

„Es rettet uns kein höh’res Wesen / kein Gott, kein Kaiser noch Tribun / Uns aus dem Elend zu erlösen / können wir nur selber tun! / Leeres Wort: des Armen Rechte / Leeres Wort: des Reichen Pflicht! / Unmündig nennt man uns und Knechte / Duldet die Schmach nun länger nicht!“

Wenn Sie’s nicht weitersagen: Das ist die Osterbotschaft 2024 meiner Omi Glimbzsch aus Zittau! Denn kluge und ältere Leute wie sie haben nach wie vor Hochachtung vor dem zukunftsweisenden Ahlener Programm der CDU von 1947, in dem festgestellt wird, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden ist (von den anderen Völkern ganz zu schweigen). Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik, heißt es bei der CDU, kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.

Die katholische Soziallehre – Frohe Botschaft! – ist ja so was wie Rosa Luxemburg, Heiner Geißler, Michael Bakunin und Papst Franziskus in Personalunion und gipfelt in der Forderung nach einer gesunden Familie (Familienzusammenführung auf Teufel komm raus an den Außengrenzen), nach einer heilen Umwelt, dem Recht auf Nahrung, Kleidung und Wohnung, dem Recht auf Bildung, Arbeit samt gerechtem Lohn (wenn nicht, dann Streik), dem Recht auf freie Meinungsäußerung, Informations- und Pressefreiheit und dem Recht, soziale und politische Initiativen zu ergreifen, um „das alles und noch viel mehr“ (Rio Reiser) durchzusetzen. Im Prinzip findet sich das alles nebst dem CDU-Programm in den Menschenrechten wieder. Es schimmert wie eine freie Republik durchs Grundgesetz.

Um es abzukürzen und wenn’s der Wahrheitsfindung dient: Die Osterbotschaft dieser Tage ist unzuverlässig wie die CDU und das Wetter und gipfelt im Halleluja von Ostermärschen, Asyl-Arbeitskreisen, Tafelläden, den Streiks des Sicherheitspersonals, weißen Fahnen und der gottgewollten Forderung: Mach es selbst und erkenne deine Macht – aber pass auf, dass du nicht beim Gendern erwischt wirst.

Nur kurz am Rande: Die Internationale war in Zeiten der UdSSR ein Volkslied wie „Häschen in der Grube“ bei Aiwanger. Im Zarenreich von heute wird sie in Dutzenden diverser und subversiver Umdichtungen auf den freien Märkten des Wortes gesungen – bis die Polizei kommt.

Schiss in der Hose – Grohmanns „Wettern der Woche“

Schiss in der Hose – Grohmanns "Wettern der Woche"

Der Ignorant nimmt Fakten nicht zur Kenntnis, der Dumme kann es nicht, meint meine Omi Glimbzsch in Zittau zu den bevorstehenden Wahlen in den Kolonien. Die Ergebnisse für die Krim lagen ja auf der Hand, aber in Thüringen kann das schon anders aussehen als in Sachsen oder Moskau. Dort standen tausende am 15.3. Punkt 12 vor den Wahllokalen – stimmlos und stumm. Auf der Krim erreichte der Großfürst nur lächerliche 87 %.

Piepegal, es wird nicht lange dauern, bis alles rauskommt – und schnell gehen, bis die penetranten Putinpöbler hinter Schloß und Riegel sitzen. Da sitzt vermutlich der Netto-Faschist längst im Weißen Haus und kringelt sich vor Vergnügen über so viel Dummheit der Nationen. Bei Putin weiß die Welt, was man von ihm halten muss, er verrät’s ja auch den Atheisten. Bei Donald Trump wissen nur die Medien und der liebe Gott, was wirklich Sache ist, aber sie halten dicht: Schiss in der Hose, alle beide. 

Aus gutem Grund und um die Menschheit nicht noch mehr zu verunsichern, tut die Welt so, als wäre Donald Trump ein stinknormaler Kandidat – einer wie du oder ich oder Scholz. Kein klares Wort zu seinem Extremismus, Rassismus, zu seiner Bigotterie und seinen Autoritarismus: Trump als Normalo, der die Damen mal gern am Hintern grabscht – na, wenn schon! Das fehlende offene Wort – also zu sagen, was wirklich Sache ist – hat Gründe: Journalisten, die dem Republikaner zu sehr auf den Zahn fühlen und ihm zu nahetreten, erhalten keinen Zugang mehr zu ihm und seiner Bande. US-Medien andererseits, gepampert von „Handwerk, Kleingewerbe und Bauern“, geben ihren Journalisten keinen Auftrag mehr, wenn sie auf den Roten Listen der Reps stehen. Aus die Maus.

Die US-Medien leben im Selbstverständnis der freien Meinungsäußerung und verhindern mit Gleichmacherei, dass ihre Leserinnen, Hörerinnen und Zuschauerinnen ein Licht aufgeht. Totschweigen oder verniedlichen, wenn es um Fakten wie diese geht: Dass eine der zwei großen Parteien komplett radikalisiert wurde, mit weißen Rassisten und Holocaustleugner engstens zusammenarbeitet und fleißig bei der Verbreitung von einigen der schlimmsten QAnon-Verschwörungstheorien hilft: Ganz im Ernst – freie Meinungsäußerung: Hillery Clinton trinkt Kinderblut. Wenn Trump die Wahl gewinnt, wird er gegen NBC und MSNBC wegen Hochverrats vorgehen. Sagt er. 

Die meisten Medaillen haben zwei Seiten, mit einigen Ausnahmen. Denn es gibt keine zwei Seiten beim Holocaust, beim Klimawandel oder bei der Frage, ob Joe Biden die letzte Wahl gewonnen hat oder nicht. Das muss gesagt sein, geschrieben, gedruckt, gesehen, gehört.

Alle Gewalt geht vom Volke aus. Aber wo geht sie hin, Manno? In unsrer lädierten Verfassung steht der eherne Grundsatz, daß die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Heißt dass, dass wir den Rest machen müssen? Ja.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator beim Bürgerprojekt Die AnStifter

Trumputins – Grohmanns „Wettern der Woche“

Trumputins – Grohmanns "Wettern der Woche"

Feind hört mit – Grohmanns „Wettern der Woche“

Ob im Toten Meer, im indischen Ozean oder in den Tiefen des Baltischen Meeres: Die Horch und Gucks dieser Welt sind überall zu Hause – zu Lande, unter Wasser und in der Luft der freien Welt, die auch immer dreckiger wird. Von 1939 bis zur Befreiung Deutschlands und der umliegenden Orte vom Faschismus durch die Alliierten und die Rote Armee herrschten bei uns Mord, Totschlag, Terror und Beifall. Für den braucht man überall Kriegspropaganda, die ihrerseits wiederum so gut sein muss, dass sie selbst hartgesottene Pazifisten zu kampfbereiten Taurussen macht. Russen-Chef Putin (Sing mir das Lied vom Tod) zeigt uns, wie man es macht. Wenn Wikipedia von früher erzählt (Autobahnen, Adolf, Auschwitz) hört man mit, dass die Kriegspropaganda der Bevölkerung eine latente Bedrohungssituation suggerierte und Lösungen anbot, wie damit umzugehen sei. „Es gab dazu während des Krieges eine bekannte Plakat-Reihe mit dem „Feind hört mit-Schattenmann“. Bei der Bundeswehr könnte man geschwätzigen Soldaten und tapferen Frauen einfach zu zischen: „Schnauze“. Halt, würde da die alternativ-libertär-linke TAZ titeln: Was da verquatscht wurde im Offizierskasino, weiß eh‘ jeder, der Zeitung liest. Aber wer liest heute schon noch? Und noch dazu Zeitung?

Was will ich sagen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, was alle wissen könnten: Dass du bei uns die Schnauze aufmachen kannst, anders als bei Putin, Selensky und Co. Dass du dafür sorgen könntest, dass man dir zuhört. Denn jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Genau! Aber vergiss nicht: Da brauchst du Kohle, unheimlich viel Kohle. Selbst Leute wie Donald Trump sind ja nicht Tag und Nacht flüssig. Du brauchst auch Worte, die überzeugen. Momentan scheint das nicht klappen: zu arrogant, sagen die einen, zu überheblich, meinen andere, zu weit weg vom Alltag.

Viele kluge Andersdenkende suchen Trost in Versicherungen wie dieser grundgesetzlich verbrieften: Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Den Rest von Artikel 5 regelt der freie Markt. 

Der kann nicht treu sein / Nein, nein, das kann er nicht / Wenn auch sein Mund mir / Wahre Liebe verspricht…
Alles muss man selber machen, meine meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Zeitungen, Bücher, Newsletter, Podcasts, Debatten, Netzwerke. Reedereien.

Schweineregime? – Grohmanns „Wettern der Woche“

Schweineregime? – Grohmanns "Wettern der Woche"

He Leute, Böhmermann ist ja auch nicht schlecht! Und von dem haben Sie mehr als von mir, auch wenn ich ganz andere Reichweiten erreiche. Böhmermann hat uns in seiner letzten Sendung Mut gemacht zum „Besser werden“ in den sozialen Netzwerken. Nehmen wir das rotchinesische TikTok. Dort erreicht die AfD doppelt so viel junges Publikum wie alle anderen Parteien zusammen: mehr als sechs Millionen Likes und knapp 400.000 Follower:innen. Tendenz steigend. Die Einschlafseiten der demokratischen Gesellschaft lassen grüßen.

Egal jetzt, in welchen lokalen, nationalen oder internationalen Netzwerken und Medien wir uns rumklicken: SA marschiert, die Reihen fest geschlossen – aber nur, wenn’s gegen die Demokratie geht. Gegen die wird gedroschen, was das Zeug hält. Und niemand scheut sich, auch aktuelles linkes Vokabular in den braunen Brei zu mischen. Kluge und dumme Hetze, halbe Lügen und ganze Wahrheiten gegen „die da oben“, „die Medien“ und ihre „semitischen Lenkungskreise und Stichwortgeber“, gegen „Herrschsucht und Manipulation“ links-grün-versiffter Eliten, gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Leitmedien, Systempresse. Kommt alles aus den USA, hinter Politik und Medien stecken jüdisches Kapital, Kriegstreiber und Konzern-Oligarchie. Man darf heut‘ eh nix mehr sagen, es gibt keine zuverlässigen Informationen mehr und selbst Kabarettisten werden verfolgt … – das Ende ist nah!

Mal egal jetzt – wichtig ist: Die braunen Netze arbeiten international, effektiv und thementeilig, sammeln die jungen Wähler:innen von morgen ein, spielen sich gekonnt die Bälle zu, sind meist tagesaktuell, loben Lesben, Arendt, Luxemburg, den 1. Mai, die Revolutionäre von 1848, Assange, bissel die DDR und – zwinker-zwinker – den Volksaufstand. Grundgesetz, Demokratie, ja Deutschland und morgen die ganze Welt seien bedroht. Da darf die Frage nicht fehlen, ob „das Schweineregime jetzt sturmreif“ sei, mit Verweis auf Art. 20 Absatz 4 der Verfassung: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Das kann ja heiter werden.

Ehrlich, unsereins tut sich schwer mit den sozialen Medien und fragt, was denn da sozial sei und wieso sich die anderen so leicht tun und warum die unseren die anderen nicht überzeugen können. Vielleicht stimmt sogar die Antwort, dass unsere Antwort auf die Probleme der Zeit zu kompliziert, zu langatmig, zu duster und zu unglaublich ist. Alerta verstehen die nicht, und warum man um Himmels Willen den Grünen und der SPD beim großen Marsch gegen rechts immer wieder eins überbrät, verstehe wer will. Ich nicht. Vielleicht liegt’s an Stalin oder Sinowjew? So gesehen könnte auch ein guter Teil des demokratischen Widerstands vom Platz gejagt werden. Übrig bleiben dann die Alleinredner der Antifa.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. 

Putin Liebe – Grohmanns „Wettern der Woche“

Putin Liebe – Grohmanns "Wettern der Woche"

Ich sag‘ jetzt nichts zu Julien Assange, kein Wort! Ich bring‘ mich doch nicht unnötig in Verruf, ja in Gefahr, weil ich weiß: Der Ami schreckt vor nichts zurück. Und daher ich steh‘ in diesen waffentragenden Tagen in einer Frontlinie mit allen großen und kleinen Medienmachern weltweit und den schreibenden, singenden Zünften. Sie wissen schon: Alle reden vom Wetter – Wir nicht.

Nur mal schnell soviel: Seit 1780 Tagen wird Julian Assange im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten und bereitet sich auf den Tod vor – wir sind ja hier nicht in Sibirien, dort geht es schneller beim Freigang. Eben jetzt, heute, morgen, beginnt Assanges vermutlich letzte Anhörung – täuschen Sie sich nicht! – bei der die Welt abermals weghört. Im Tauziehen um seine Auslieferung legen die Machthabenden eben mal die Menschenrechte rechts ab – kennt man: Nicht sehen, nichts hören, nichts sagen, nichts riechen: Es stinkt zum Himmel.

Ja aber? Im Fall Julien Assange geht es um grundsätzliche Fragen der Medienfreiheit und der Menschenrechte. Assange hat sich keines Verbrechens schuldig gemacht. Im Gegenteil – Wikileaks hat Menschenrechtsverletzungen enthüllt, das ist höchst lebensgefährlich, aber eben kein Verbrechen. Vor diesen 1780 Tagen saß der 52-jährige Enthüller im todkrankmachenden Asyl der ecuadorianischen Botschaft in London. Wenn’s nach der US-Anklagebehörde geht, kommen 175 Jahre Haft dazu. Na, dann schau’n mer mal. Weiter zu. Ich erleb ’s nicht mehr…

Zuversicht ist bissel mehr als euer billiger Trost“, postet meine Omi Glimbzsch aus Zittau via TikTok und fügt dunkeldeutend hinzu: „Die Sicht wird immer schlechter.“ Meint sie da den Thüringer Wald? Die Putin-Versteher? Nee, sagt sie. Das Problem mit den Putin-Verstehern sei ja, dass sie Putin nicht verstanden haben – und weist ganz nebenbei auf einen Nawalny-link hin, der mit der Sache hier absolut nichts zu tun hat, von dem sich Nawalny aber nicht distanziert hat: „Alles, was uns stört, muss man mit Vorsicht, aber unbeirrt per Deportation entfernen.“ (https://www.deutschlandfunk.de/populismus-und-nationalismus-nawalnys-politische-agenda-100.html)

Und Wladimir Wissarionowitsch Putin? Der ist ein despotischer, kranker Mensch und ein eingebildeter Egomane. Der kleine Großrusse schreckt vor nichts, aber auch vor gar nichts zurück, selbst wenn das jetzt gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist. Hin und wieder greift Putin zu einem Gläschen Nowitschok und trinkt auf das Wohl von freien Wahlen und ungebildeten Massen. „Ihr werdet noch Euer blaues Wunder erleben“, sagt er mit seinem berühmten Augnzwinkern, vor dem auch Pamela Anderson in die Knie geht. Sie hatte Putin unter vier Augen gesoffen, aber „Ich hatte nichts mit ihm“, beteuert Pamela, „Aber er ist ja sooo charmaπnt!“ (https://www.nau.ch/people/welt/gefallen-pamela-anderson-schwarmt-von-treffen-mit-wladimir-putin-66405128)

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator beim Bürgerprojekt Die AnStifter

Links, Rechts, Autobahn – Grohmanns „Wettern der Woche“

Links, Rechts, Autobahn – Grohmanns "Wettern der Woche"

Als die FPD 1948 als kleineres Übel auf die Welt kam, wollten die alten Kameraden die neue Partei umgehend zur „NS-Kampftruppe“ umwandeln. Die FDP erholte sich davon – aber: Nie wieder ist jetzt. Hatte 1933 Theodor Heuss den Nazis nicht geholfen, die Demokratie abzuschaffen? Lappalien wurden in der neuen Republik schnell verziehen. Was heißt denn schon Presse- und Versammlungsfreiheit oder Briefgeheimnis? Ich bitte Sie! Die später aufgetauchten freien Geister – etwa Dahrendorf, Hamm-Brücher, Ernst Neger – hat der Erdboden verschluckt. Nur Gerhart Baum bläst den Liberalen noch den Marsch.

Heut weiß man: Nur wenige Menschen kommen als Nazis auf die Welt, Adolf Hitler etwa. Hitler begriff schon als Baby sofort, was dem deutschen Volk bevorsteht und ließ sich demokratisch wählen, nachdem er trockengelegt worden war. Zugegeben, die Industrie hat die Windeln gewechselt – raus aus der Scheiße der Rezension, rein in die Scheiße mit Krieg: vom Habenichts zum Taugenichts. Die Industrie hat viel geholfen und noch mehr vergessen. IG Farben, IG Spenden. Sie war’s nicht alleine, wir waren auch dabei. Doch trotz der 156.000 Toten bei der Wehrmacht blieb die Stimmung im Lande noch 1944 erstaunlich gut für die Nazis. Die schlechte Laune kam erst später, nach dem 13. Februar …

Heut‘ ist die Stimmung schlecht für die Demokratie. „So schlecht war ’se noch nie“, meint meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Aber wer weiß schon, was noch kimmt, Omi?

Die Massen? 30 Prozent von denen sind tendenziell rechts, 30 Prozent tendenziell links und 30 Prozent tendenziell auf Aschermittwoch. Links heißt jetzt nicht das, was Sie gleich wieder denken, und rechts kann auch mancher Linker stehen, wie Geschichte und Gegenwart zeigen. Die 30 Prozent mit gar nischt sitzen bequem in der Mitte rum und wärmen sich den Arsch. Die restlichen zehn Prozent sind Auslandsdeutsche. Jetzt könnse sich ’n Kopp machen, wohin eventuell die 30 Prozent der Mitte gehen würden, wenn’s hart auf hart kommt. Die ganze Wahrheit ist einfach: Ohne die Mitte geht keine Rechnung auf.

Aber mit Wahrheiten darf man dem Rest der Welt nicht kommen: Viele sind immun. Ich nenn‘ jetzt nur mal das bis zum Erblinden gebrauchte Wörtchen „Faschisten“, mit dem man mir nichts, dir nichts jeden Rechtsgewendeten etikettiert, der gestern vielleicht noch links oder Mitte war. Der Begriff, heute tagtäglich verabreicht, verbraucht, verniedlicht und verharmlost den Nationalsozialismus. Deutschland, was ist los mit dir? Und he, Antifa, aufgemerkt: Der ständige Nazi-Vergleich ermüdet. Reichen denn Rassismus und Fremdenhass nicht aus? Sind Antisemitismus, Gewalt und Intoleranz nicht mehr alltagstauglich? Komm, fahr mit mir nach Dachau, Terezin oder Auschwitz, ich zeig‘ Dir den Schuhberg. Aber wahr bleibt auch: Deutschland hat genug Rechte. Mehr brauchen wir nicht. Aber bedenkt: Trotz Jahrzehnten intensiver Beschäftigung mit der eigenen Geschichte bleibt für viele nur das mühsam zusammengekratzte Wissen zu den Autobahnen übrig. Die polnische hört kurz vor Auschwitz auf.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

s‘ brennt, Briderli, s‘ brennt! – Grohmanns „Wettern der Woche“

s' brennt, Briderli, s' brennt! – Grohmanns "Wettern der Woche"

Augen auf! – Grohmanns "Wettern der Woche"

Augen auf, rief mir meine Omi Glimbzsch hinterher, als ich mich aufs Glatteis der Jungen Pioniere wagte. Und sie wusste auch schon als Kind, dass man keine Faust machen darf, wenn man überall die Finger drin hat wie Freidemokrat Lindner. Der spricht von „Kampfansage“ und glaubt, dass Strack-Zimmermann & Co. die Sahra und ihren Oskar schlagen könnten. Völker, hört ihr die Signale? Also Augen auf! Trotz alledem und alledem: Wir schütteln uns: Ein garst’ger Wind – doch weiter nichts trotz alledem! Ferdinand Freiligrath. Unbeeindruckt von Bubi Scholz und dem Erfurter Programm der SPD zieht die FDP mit ihrer Eurofighterin in die neoliberale Schlacht am Buffett …

… aber unerschrocken verschreckt auf deutschen Straßen beim demokratischen Frühlingsfest: die Antifa und kreuzbrave biedere Bürger:innen mit dem Slogan „AfDler töten“. Augen zu und durch? Oder mit die Augen rollen?

Echt jetzt?, fragt sich der besorgte Leichenbeschauer in Aachen und muss um die Ecke denken: Natürlich will niemand die AfDler töten, da käme es schneller zum Prozess als die Polizei erlaubt. Abgesehen davon sind die AfDler ja seit Langem in der Überzahl. Doch eventuell meint die Antifa das mit dem Umbringen, Töten oder Ermorden ja gar nicht so! Vielleicht ist das alles am 20.1.2024 in Aachen ja nur der Vorbote des linksrheinischen Karnevals à la Spaßguerilla. Doch, die gab’s wirklich, ich sage nur Fritz Teufel (Hie gut Wirtemberg allewege!), Kommune 1, ApO, Kunzelmann. Die Spaßguerilla provozierte in den 68er-Zeiten und wollte der Arbeiterbewegung partout alternative Formen der Solidarität beibringen (Sie wissen schon: Hammer und Pichel, Haschisch, Habermas).

Andererseits: Eine ganz andere Botschaft der nichtklebenden Aachner Akteur:innen könnte sein, dass mit dem Slogan „AfDler töten“ der Blick von Bürgerschaft und berittener Polizei auf das Treiben der AfD gelenkt werden sollte, das, so meine Vermutung, letztlich zu Mord und Totschlag führen muss oder jetzt bereits führt – sieh nur an die europäischen Außengrenzen der herrschenden Parteien. Wie auch immer: Das mit dem Bürgerschreck ist so gut gelungen, dass es von den Faschos kommen könnte. Die pinkeln an die Brandmauern und reiben sich jetzt vor Freude ihre blutigen Hände.

Mit einem blauen Auge kam der Herrgott davon: Der CDU-Kandidat mit fetten 52 Prozent wäre im Saale-Orla-Kreis (bei Sibirien) chancenlos geblieben, hätten ihm nicht Sozis und Kommunisten die Stange gehalten und alle gemeinsam für Deutschland gebetet. Dass die AfD auch bei höherer Wahlbeteiligung und Fliegeralarm bei der Landratswahl nur auf lächerliche 48 Prozent kam, ist den linden Winden geschuldet. Die könn‘ sich jederzeit drehen, vgl. Klimawandel.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.