dasCann, Kegelenstr. 21, 70372 Stuttgart
Veranstalter: Rosa Luxemburg Stiftung BW
Diskussion mit Benjamin Seidl (Jugendtreff Feuerbach), Jenny Jarling und Timo Mildner (Mobile Jugendarbeit), Ralf Kröner (Journalist) und Dr. Martin Schacht (DVJJ. Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V.)
In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 lief eine Polizeikontrolle in der Stuttgarter Innenstadt aus dem Ruder und schaukelte sich zu dem auf, was später meist als «Stuttgarter Krawallnacht» bezeichnet wurde. Politik und Justiz reagierten äußert scharf. Politiker behaupteten, man habe es mit Jugendlichen zu tun, die «gegen den Rechtsstaat eingestellt seien» (Kretschmann) und die man «alle kriegen» müsse (Strobl).
Tatsächlich identifizierte die Polizei fast 154* beteiligte Jugendliche. Ende 2020 begannen die ersten Prozesse. Gerade in den ersten Instanzen wurden mitunter harte Jugendgefängnisstrafen ohne Bewährung verhängt, die in einigen Fällen über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Maß hinausgingen (aber häufig in der zweiten Instanz abgemildert wurden). Zahlreiche Beschuldigte kamen in Untersuchungshaft, obwohl in den meisten Fällen weder Flucht-, noch Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr bestand.
Soziale Ursachen und Erfahrungen mit Diskriminierung durch die Polizei wurden im Kontext der «Krawallnacht» zumindest ansatzweise diskutiert. Doch die sozialen und entwicklungspsychologischen, jugendtypischen Ursachen wurden nicht genügend berücksichtigt. In der Veranstaltung sollen auch Ansprüche und Grundsätze des Jugendstrafrechts herausgestellt werden – z. B. der Vorrang nachholender Erziehung vor Strafe.
Zu Beginn der Veranstaltung wird der Stuttgarter Journalist Ralf Kröner seine Eindrücke von neun öffentlichen Prozessen gegen Beschuldigte der «Krawallnacht» schildern. Benjamin Seidl, Leiter des Jugendtreff Feuerbach, wird den Zusammenhang zwischen den Ereignisse vom Juni 2020 und den Lebenslagen von Jugendlichen herstellen. Jenny Jarling und Timo Mildner von der mobilen Jugendarbeit Stuttgart knüpfen hieran an und stellen ihre Arbeit dar, die darin besteht, Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitgestaltung in der Innenstadt zu ermöglichen. Welche Veränderungen haben sich nach den Geschehnissen vom Juni 2020 ergeben? Dr. Martin Schacht, Oberstaatsanwalt an der Staatsanwaltschaft Karlsruhe und Mitglied der Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. (DVJJ), wird die Bedeutung jugendstrafrechtlicher Prinzipen vor dem Hintergrund der juristischen Verfolgung der Ereignisse darstellen.
Im Anschluss an die vier Impulse, wird es genügend Zeit für Diskussion und Austausch geben.
(*Hinweis: Die im Text genannten Zahlen beziehen sich auf den Stand von August 2021.)
Eine Veranstaltung der Rosa Luxemburg Stiftung Baden-Württemberg
Verschlagwortet mit: Justiz, Polizei