Regierungspräsidium, Schockenriedstr. 1-11, 70565 Stuttgart-Vaihingen
Veranstalter: Stuttgarter Stolperstein-Initiativen
Mit der Verlegung von Stolpersteinen wollen die Stuttgarter Stadtteil-Initiativen gemeinsam mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig (72) die Erinnerung an die Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der „Euthanasie“-Opfer im Nationalsozialismus lebendig erhalten. Gunter Demnig wird in Stuttgart 17 weitere Stolpersteine verlegen.
Hier die geplanten Stationen:
Im Zwangsarbeitslager Hessbrühl in Stuttgart-Vaihingen waren aus der Sowjetunion verschleppte Frauen und Männer untergebracht, die für Vaihinger Rüstungsbetriebe Zwangsarbeit verrichten mussten. Als dort zwei Kinder geboren wurden, mussten die Mütter weiterhin so arbeiten wie vorher. Die unerwünschten Babies ließ man absichtlich unversorgt. So wurde das Mädchen Nina Radionowa nur 22 Tage alt. Als sich der kleine Witscheslau Maschkanow mit 6 Monaten eine Lungenentzündung holte, half ihm kein Arzt. Für beide Kinder werden Stolpersteine in der Schockenriedstr. 1-11 verlegt (9:00 Uhr vor dem Regierungspräsidium).
Die Familie Guggenheim wohnte seit 1922 in Stuttgart West. Als Juden waren sie zunehmender Schikane und Ausgrenzung ausgesetzt. Drei Monate nach Einführung des Judensterns mussten sie am 1. Dezember 1941 vom Stuttgarter Killesberg aus die Reise in das Vernichtungslager Riga antreten. Die Stolpersteine für Jakob Gustav, Lore Pia und Gretel Hella Guggenheim werden vor ihrer letzten Wohnung in der Johannesstraße 73 verlegt (9:40 Uhr).
In Stuttgart-Mitte am Rotebühlplatz 37 werden um 9:50 Uhr vier Stolpersteine verlegt für Lea und Ignaz Lentschner, die als Juden polnischer Herkunft 1938 nach Polen abgeschoben und nach dem Einmarsch der Deutschen 1940 ermordet wurden, sowie für deren Söhne Richard und Walter Lentschner.
In Stuttgart Ost werden zwei Stolpersteine an politische Opfer erinnern: Karl Dentler wurde Ende Mai 1935 „wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ verhaftet. Zunächst kam er in das berüchtigte Straflager Aschendorfer Moor im Emsland. Danach verurteilte man ihn zu vier Jahren Zuchthaus. Am 27. Dezember 1944 wurde er im KZ Buchenwald ermordet. Der Stolperstein für Karl Dentler wird im Wasserbergweg 8 verlegt (10:30 Uhr).
Dem Mechanikerlehrling Eugen Prötzel wurde zum Verhängnis, dass er im Jahr 1933 seinen kommunistischen Arbeitskollegen beim Flugblattfalten half. Die Strafe von 4 Wochen Haft hatte er bald abgesessen. Doch in den Daten der politischen Polizei blieb er sein Leben lang. Als er 1938 in Holland ohne Pass aufgegriffen und an Deutschland ausgeliefert wurde, musste er deswegen für 6 Wochen in Haft. Die Gestapo behandelte ihn als das, was man heute „Gefährder“ nennt: nach verbüßter Strafe nahm sie ihn ohne weiteres Gerichtsurteil sofort in „Schutzhaft“. Er lernte die Brutalität von Gestapo und SS in den Konzentrationslagern Welzheim und Dachau kennen, bis er Anfang 1940 im KZ Mauthausen ermordet wurde. Für ihn wird ein Stolperstein in der Hornbergstraße 91 verlegt (10:45 Uhr).
In Bad Cannstatt werden Stolpersteine an vier „Euthanasie“-Morde erinnern. Die Planer in Berlin hatten für ihre geheime „Aktion T4“ die Beseitigung von 70.000 psychisch Kranken und Behinderten aus den Heilanstalten des Reichs als Ziel vorgegeben. Für den Südwesten richteten die Innenministerien in Stuttgart und Karlsruhe auf der Münsinger Alb die Tötungszentrale Grafeneck mit Gaskammer und Verbrennungsofen ein. Die Anstaltsleitungen wurden in das Verbrechen eingebunden. An Weihnachten 1940 hatte Grafeneck sein Soll von über 10.000 Tötungen erreicht. Fast niemand brach das Schweigen – für Jahrzehnte.
Die Stolpersteine werden verlegt für Georg Ebe in der Kissinger Straße 48 (11:00 Uhr), für Emma Bertha Lutz in der Wildunger Str. 41 und für Albert Schoor in der Wildunger Str. 46 (je ca. 11:10 Uhr) sowie für Friedrich Kühner in der Kreuznacher Str. 17 (11:20 Uhr).
In Stuttgart Nord vor dem Haus Knollstraße 38 (11:50 Uhr) wird ein Stein an den zweijährigen Rudolf Rathgeb erinnern. Seine Eltern gaben ihn zur Behandlung einer Gehirnschädigung in die „Kinderfachabteilung“ des Städtischen Kinderkrankenhauses Stuttgart in der Türlenstraße. Dort wurde er im Zuge des geheimen „Kindereuthanasie“-Programms ermordet.
Auch der letzte zu verlegende Stolperstein in der St. Pöltener Straße 17 in Feuerbach (12:15 Uhr) erinnert an ein ermordetes Kind. Anneliese Schillinger, geboren im November 1943, wurde im Alter von 5 Monaten in der „Kinderfachabteilung“ der Städtischen Kinderklinik getötet. Die Todesursache „Hirnhautentzündung“ auf ihrem Totenschein war genauso erlogen wie der Name des ausstellenden Arztes.
Bitte beachten Sie, dass die folgenden Verlegungen auch schon früher beginnen können.
Verschlagwortet mit: Bewegungen, Gedenken, Gesellschaft, Nationalsozialismus