Als 1827 Immanuel Kants Die Critik der reinen Vernunft von der katholischen Kirche auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt wurde, konnten die Katholischen natürlich nicht ahnen, was ihnen fast 200 Jahre später mit Jorge Mario Bergoglio passieren würde: Zum Papst gewählt – und alles ging mit rechten Dingen zu, soweit bekannt.
Aber das Schlimmste kam ja erst noch! Il Papa druckste anfangs zwar noch bissel herum, aber letztlich machte er klar, dass etwas vom Paradies schon diesseits möglich sein sollte. Da war bei fast allen Vorgängern das Leben noch einfach: Voll Mut und Zuversicht setzte die Kirche den dämonischen Mächten von Hammer und Sichel die strahlende Fahne des Kreuzes entgegen. In jener Zeit, lang, lang ist’s her, wurde der nicht mehr real existierende Kommunismus als Wurzel allen Übels gefürchtet. Heute rettet Franziskus die an Utopien arme Welt mit der Warnung, der Kapitalismus sei das Übel. Selbst die Dietmar Gabriel und die SPD (nicht ganz wörtlich) könnte da etwas tun, von den Grünen und den Gewerkschaften ganz zu schweigen. Keine Frage: Franziskus will uns ans Leder! Denn damit das System fortbestehen könne, würden Kriege geführt, sagte der Stellvertreter. Das ist nicht nur ein Schlag ins Kontor der Banken, Versicherungen und Konzerne, ja ins Herz des Systems, sondern meint auch die Regierungen. Die Botschaft hörten sie wohl – gleichwohl es fehlt ihnen der Glaube.
Doch nicht genug damit – er hat wieder gesprochen! Es geht um die Sorge für das gemeinsame Haus, und viele möchten fast „Halleluja“ rufen – so nah sind in manchen Passagen die Worte des Papstes an ihren eigenen Erfahrungen in einer kaputtgemachten Welt. Habgier und der Hunger nach Profit, nach Ausbeutung hier – und Flucht und Hunger der Millionen auf den Schattenseiten der Welt. Und: Die herrschende Politik sei an ihrem schlechten Ruf selbst schuld. Sie lasse ihren Worten keine Taten folgen, sie unterwerfe sich vielfach den Mächten der Wirtschaft und Finanzen. Gestern hü, heute hott, sagte meine Omi Glimbzsch in Zittau gern. Aber freuen wir uns nicht zu früh. Wirkliche Weisheit bekommt man nicht in sozialen Medien. Vielmehr drohe dort Vereinsamung und „geistige Umweltverschmutzung“. Kontext hat Franziskus ausdrücklich nicht erwähnt.
Und was lernen wir daraus? Vorsicht! Aber wir sind ja nicht päpstlicher als er.
Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.