Krieg und Frieden sind völlig außer Kontrolle geraten. Seltsam in Zeiten, in denen es doch gerade erst gelungen ist, alles unter Kontrolle zu haben – alles: die Netze, Gedanken, Verstand und Seele und böse Geister, Börsen und Banken, Medien, Parlamente, Konsum, Gesundheit und Fortpflanzung, Arbeit, Freizeit, Vergnügen, einfach alles. Selbst die weisen Voraussagen der kritischen Intelligenz, eigene und fremde Erfahrungen, Daten, Fakten, die Lehren aus Wissenschaft und Forschung, Moral, Überzeugungen – alles scheint nutzlos, alles scheint vergebens, weggeworfen, vergeudet. Wenn zu den Waffen gerufen wird, zur Verteidigung oder zum Angriff auf Feinde aller Farben, ist alles zur Stelle, was leben und laufen kann. Jede Seite ist – je nach Volksvermögen – gut vorbereitet, die Bunker sind geöffnet, Schonkost auf Vor-rat für Jahre, alles ohne Mindesthaltbarkeitsdatum. Die Schutzanzüge liegen parat, preiswerte Ware aus China, klimaneutral, recycelbar. Keine Kinderarbeit. Manchmal scheint mir’s, als werde alles getan, um ums Verhandeln herumzukommen. Verhandler sind Verräter oder Kriegsverbrecher, schlimmer als die drei Pazifisten in Moskau und Kiews, von denen Du nix hörst. Und frag‘ mich jetzt bloss nicht, wann die Russen abziehen! Hat bisher keiner gefordert.
Neulich traf ich einen, der mit denen nicht reden will, auf keinen Fall! Einen von den Höhen akademischer Gutbürgerlichkeit. Mit denen? Der meint die, mit denen wir nichts zu tun haben sollten, weil’s nichts bringt und weil die strohdumm sind. Querulanten und so. Aber wir, wir wissen genau Bescheid, wissen, was von was kommt, wie wir’s machen müssten, dass es anders wird und klappt. Es? Es ist die bessere Welt. Und „wir“, das ist die „progressive Intelligenz,“ Besserwessis, geistreiche Republikaner mit ei’m Hau auf Arendt und nur von anderen Mehrheiten gehindert, das Gute und Richtige zu tun.
Apropos Mehrheiten: Ganz nebenbei zog eben der innerdeutsche Krieg gegen Weltuntergang und Genderei an uns vorbei ging siegreich (für die anderen) zu Ende. Jetzt ist Waffenstillstand. Eine Bier für alle, Herr Ober.
Die anderen haben gewonnen, das Land jubelt, die Verhältnisse bleiben so stabil wie die Befürchtung, dass es noch ganz anders kommen könnt‘. Ein Drittel der Hessen blieb gern zu Hause (Hessenschau schauen). In Bayern nahmen rund drei Viertel der Wahlbeteiligten ihr höchstes demokratisches Gut ernst – und wählten rechts bis rechtsradikal.
Ein Trost bleibt: Die Nichtwählerin und ihr Nichtwähler. Sind die die stille Reserve für die AfD – oder für die Republik? Man weiß es, aber sagt es nicht. Im Inneren des Landes ist wieder Ruhe eingekehrt. „Die“ sind jetzt die Zweitstärksten.
Vertrauen ist nur dann gut, wenn man sich eine Enttäuschung leisten kann.
Hasso, fass den Asylanten! Hasso, fass!
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter