Das Wichtigste zuerst – oder wie meine Omi Glimbzsch in Zittau immer sagt: first things first. Glückauf fürs Neue also, und bloß keinen Dünnpfiff! Vor der beschleunigten Verdauung, im Volksmund auch Scheißeritis genannt, ist keiner gefeit, ausnahmslos. Und es gehört zu den Anstandsregeln guter Journalisten (zu denen ich nicht gehöre), Kolleginnen oder Kollegen in ihrem Medium in Frieden ruhen zu lassen. Daher behaupte ich auch nicht vorschnell, unsere großen Medien hätten so was wie geistigen Dünnpfiff, was ihre Diskussionsfreude, ihre Bereitschaft zu Aufklärung, zur Information angeht – und dass sie weit weg von vierter Gewalt sind.
Erstens käme sofort jemand wie Matthias Döpfner daher gejammert (der andere Kardinal) und würde auf Nordkorea oder Malta verweisen, wo die Presse oben ganz ohne ist. Zweitens beschmutzt man nicht das eigene Nest. Aber verdammt, ich such‘ doch in meiner Erst-Zeitung tagelang vergeblich nach den Wachhunden der Demokratie, nach Journalisten, die als kritische Beobachter und Beschreiber der Gesellschaft arbeiten, nach Meldungen jenseits des Mainstreams, die ich in meiner „Tageszeitung“ fast jeden Tag finde!
In der „Zeit“ vom 15.5.2017 ist nachzulesen, dass etwa 38 000 Todesfälle (allein 2015) vermeidbar gewesen wären, wenn Autobauer die Abgasgrenzwerte für Dieselmotoren eingehalten hätten. Rein theoretisch könnte man sich ja Journalisten vorstellen, die solche Zahlen kritisch prüfen – vielleicht sind sie ja dubios? Vielleicht sind es ja nicht 38 000 Tote, sondern 58 000? Und was ist mit 2016? Möglich, dass alles auf die europäische Hauptstadt des Feinstaubs herunter-zurechnen. Stattdessen deckt mich das Amtsblatt aus der Plieninger Straße am ersten Tag des Jahres mit 250 Gramm Werbebeilagen ein – die Zeitung selbst ist ein Leichtgewicht von 140 Gramm.
Nicht besser die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender: Afrika, Asien, Lateinamerika, Australien bleiben weit unter der 5-Prozent-Hürde. Oft hilft nur ein Terroranschlag oder ein Erdbeben, um sich überhaupt an die Existenz anderer Erdteile zu erinnern. Für den Neujahrswunsch der Kanzlerin nach dem Gemeinsamen (das Unangenehme bleibt außen vor) kann bereits am 1.1.2018 Vollzug gemeldet werden. Ach, übrigens, Frau Merkel will sich dafür einsetzen, dass es Deutschland auch in zehn, fünfzehn Jahren gut geht. Das geht allerdings nur, wenn es dem Rest der Welt schlechter geht. Das hat sie natürlich nicht gesagt.
Lieber Peter,
hab‘ vielen Dank für Dein Wettern gleich in der ersten Woche eines
wohl auch schon wieder besch…eidenen Jahres. Eigentlich ist ja Dünn-
pfiff (Diarrhoe) ohne Ansage schlimmer – was kann da nicht alles in die
Hose gehen. Aber ich habe verstanden. Du sagst für das Jahr 2018
schon den Dünnpfiff an, der dann vielfach ohne Ansage wieder nur so
rausflutschen wird.
Aber viel schlimmer ist Verstopfung (Obstipation), die habe ich jetzt
wieder am ersten Wochenende des Jahres hautnah erlebt. Verstopfte
Wege, verstopfte Luft, verstopfte Hirne in unserem Gernegroßstädtle
zwischen Hängen und Würgen kennt man ja schon. Neu waren für mich
die Tage der „offenen Baustelle“ im Rest unseres ehemals so großartigen
Hbf-Areals. Ich war dort zugange, um für die Ings zu versuchen, etwas
über den „Wahren Fortschritt“ rüberzubringen. (Kannsch vergessen,
dieses Abführmittel bringts net.) Es war (ich kann es nur mit einem
im Deutschen möglichen Verstopfungswort sagen)
eine volksfestmenschenmassenartiges Besucheraufkommen, eine Völker-
wanderung mit Kind und Kegel, beringt und benagelt. Die S21-Baustelle,
das neue Wahrzeichen, das neue Neuschwanstein Suttgarts! Fantastisch
die verschlungenen und verstopften Baulogistikröhren.
Unsinn vom Feinsten!
Für mich als Berggänger und Randschwaben war oftmals (nur, aber
nat. auch gerne) der Weg das Ziel. Und so ist für den wackeren Schwaben
wohl das Schaffen das Ziel. Wobei wir fast schon bei Ludwig Uhland und
der Neudefinition des Schwabenstreichs wären (“ … sah man zur Rechten
wie zur Linken einen halben Stadtpark niedersinken“ oder so ähnlich). Oder
auch beim Geschwätz der Schimäre Kretschmann, wo er in Abwandlung
etwas besser sagen sollte (statt) „… was wir > was die machen, wenn’s
nicht klappt, sieht man (wer auch immer) dann, wenn’s nicht klappt. Das
klappt immer“ Also klappt doch alles. So lustig geht’s halt zu in der Welt.
Und ohne Humor geht schon gar nichts, Dünnpfiff schafft wenigstens
ab und an Erleichterung. Und hier bei der wahrgenommenen Obstruktion
nebst Meteorismus fehlen mir die Worte – grotesker geht’s nicht. Ja dann
nächstes Jahr Große Oper in der Wendekaverne – bitteschön, danke gerne!
Viele Grüße – Pit