… sind kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auch wenn die Moralinstanzen des Landes verlauten lassen, dass man nicht so lange wählen kann, bis es einem passt. Wenn sich die Grünen etwa von 10 Punkten ihres 10-Punkte-Wahlprogramms verabschieden müssten, geht ja die Welt auch nicht sofort unter, sondern später. Wir hätten Zeit gewonnen, und es wird drei Grad wärmer. Heizkosten gespart.
Mal ehrlich: Jeder will doch seine Kosten kommen und jede hat vor etwas anderem Angst. Dem einem passt der Klimawandel nicht, der anderen die Arbeitslosigkeit. Der eine hat Schiss vor Flüchtlingen, die andere vor Söder. Das Steuerparadies ist halt nicht für jeden gemacht, der homo oeconomicus muss schaffen, was das Zeug hält, um wenigsten nicht in die Hölle zu kommen wie die Rechtsradikalen. Angesagt ist die volle Flexibilität im Job – also Fegefeuer vor dem Heimgang.
Die Entrüstung über die Maßlosigkeiten und die Korruption, die fehlende Scham der Teilhaber ist ja der Nährboden für den steigenden politischen Trotz: Immer bereit! Andererseits fragt sich der schlaue Bauer mit den größten Kartoffeln langsam, warum er (um Himmels Willen) weiterhin Vierfelder-Wirtschaft betreiben soll, wenn es doch Monsanto gibt und er viel mehr verdient, wenn er Soja anbaut und den Urwald vergisst. Für diese Sicht der Welt trommeln die Initiative freie Marktwirtschaft und Bertelsmann & Co KG, die kapitalistischen Kohorten der ungebremsten Profite. Und unsere Parteien? Die sind kleinmütig und kleingehäckselt im System der Besserverdiener. Der einzige Trost ist die „Anstalt“: Aufklärung im Wohnzimmer, wortgewandt, unkonventionell und scharf lassen Max Uthoff und Claus von Wagner alle Parteien weit hinter sich.
„Is ja gutt, is ja gutt, Peter, geh‘ einfach mal wieder zu Loretta und trink einen Espresso auf mein Wohl!“ Lyrik, Lieder und die Leidenschaft für eine gute Küche, Jazz, Kleinkunst, Filme, Überlebensmittel: Loretta muss bleiben! Loretta ist ein Kleinod im Stuttgarter Süden, sie hat diesen Ort 1996 gerettet, gestaltet und große Summen investiert und eine lebendige, interkulturelle Nachbarschaft geschaffen. Jetzt liegt die Kündigung auf dem Tisch. Liebe Omi, das nennt man Gentrifizierung, und vielleicht hilft’s ja, wenn ein paar tausend Leute laut werden und sagen: Stopp! Das Alimentari und die Kulturgarage dürfen nicht weggentrifiziert werden! Loretta muss bleiben!