In Griechenland schütten sie mit Geldern der EU Flüsse zu, um Häuser auf die neue Piste im alten Flussbett zu setzen. So kommt auch der arme Grieche zu Eigentum. Mit Regen rechnet man in diesen trockenen Zeiten ja eh‘ nicht – bis es mal gewittert wie früher, als die Menschen noch denken konnten. Zugegeben, es war mehr als ein Gewitter dieser Tage, es war eher eine Naturkatastrophe, aber selbst gemacht. Mensch, mal ehrlich: Ist das nicht ein treffendes Beispiel für den Zustand der Welt?
Und auf der geht überall, landauf, landab, landunter, das Vertrauen der Menschen verloren: In die Kunst der Ingenieure, die Versprechen der Investoren, die Gelder aus Brüssel, die Genehmigungen durch Parlamente, die Gutachten der Geologen. Alles geht den Bach hinunter. Das wachsende Unvermögen der Parteien und der politischen Institutionen kommt daher gestiefelt mit dem Umvermögen, das demokratische Ideal neu zu definieren. Es gibt ein doppeltes Postulat, mit dem gebrochen werden muss: Mit dem Vorrang der Ökonomie, speziell der ökonomischen Probleme vor allen anderen und dem irren Glauben wider besseres Wissen (FDP und Konsorten), dass es einen grenzenlosen Reichtum an natürlichen Ressourcen gibt.
Der Großvater meiner Omi Glimbzsch in Zittau hat seine Groschen noch im Erzbergbau verdient. Eine schwere Schinderei. Heute kommt der Steiger, schlecht verkleidet und noch schlechter bezahlt, in seinem nachgemachten Sonntagsgewand daher und empfängt Touristen aus China im Schaubergwerk. Das Erz ist alle. Zinn kommt aus Indonesien, wird häufig illegal abgebaut, der Regenwald verreckt ebenso wie die Korallenriffe und die einheimischen Fischer schauen in den Mond und den Fangflotten nach. In den illegalen Minen werden Kinder ausgebeutet Juckt’s Samsung oder Apple? Wenn diese Minen schließen, stehen die Halbwüchsigen morgen vielleicht vor unserer Tür und verlangen ein halbes Jahr später Familienzusammenführung, fürchtet Seehofer.
Die einzige legitime Politik ist diejenige, die sich auf das Postulat einer gemeinsamen Menschheit beruft. Das ist es, was uns Reichen so schwer fällt. Uns reicht’s, wenn Menschenrechte hierzulande gelten – von den paar Ausnahmen mal abgesehen.
Peter Grohmann