Wolfgang Simon von den AnStiftern gehörte zu den Organisatoren eines Vortrags von Daniele Ganser. Dazu ein diskussionswürdiger Bericht von Lars Laucke, Marbacher Zeitung 17.10.2017.
So viele Menschen wie am Montagabend dürfte die Erdmannhäuser Halle auf der Schray schon lange nicht mehr gesehen haben. Noch kurz vor Beginn des Vortrags des Schweizer Historikers und Friedensforschers Daniele Ganser müssen Helfer weitere Stühle herbeischaffen. Am Ende sind nicht nur die besetzt, sondern auch die Sitzreihen an der Seite prall gefüllt. „Bei 900 habe ich aufgehört zu zählen, es waren rund 1000 Besucher in der Halle“, sagt Wolfgang Simon nach der Veranstaltung. Der Vorsitzende des Vereins „Gentechnikfreie Landkreise Ludwigsburg und Rems-Murr“, welcher zusammen mit mehreren anderen Partnern den Vortrag organisiert hat, ist begeistert, dass so viele Menschen den Vortrag zum Thema „Illegale Kriege“ hören wollen.
Daniele Ganser ist derzeit fast schon eine Art Popstar der Friedensbewegung, auch wenn einige seiner Publikationen durchaus umstritten sind. Seine Vorträge sind stets gut besucht, am Montagabend sind es besonders viele Zuhörer. Der große Andrang sorgt allerdings auch für einige Tonprobleme – was Ganser gekonnt auffängt: „Es gibt diese Probleme, wir können sie nicht lösen. Wenn wir uns trotzdem entspannen, haben wir schon eine wichtige Lektion gelernt.“
An den Beginn seines Vortrags stellt Ganser das in der UNO-Charta verankerte Gewaltverbot: „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede Anwendung von Gewalt.“ Dieses Gewaltverbot sei bei Gründung der UNO vor etwa 70 Jahren etwas Neues in der Weltgeschichte gewesen. „Es war ein Fortschritt. Leider wird es nicht so stark beachtet, dennoch ist es wertvoll“, sagt der Schweizer und kritisiert: „Das Gewaltverbot wird systematisch ausgehebelt mit dem Argument der Terrorbekämpfung. Aber ich bin überzeugt, dass sich die Konflikte des 21. Jahrhunderts nicht mit Gewalt lösen lassen.“
Ganser zeigt danach Beispiele auf, in denen gegen das Gewaltverbot verstoßen wurde: die Besetzung Tibets durch China 1950, der Sturz des iranischen Präsidenten Mossadegh 1953, der Einmarsch der Sowjetunion in der Tschechoslowakei 1968, die Versenkung des Greenpeaceschiffes „Rainbow Warrior“ durch den französischen Geheimdienst 1985 oder der Irakkrieg 2003. Dass all diese Verstöße nicht durch die UNO entsprechend sanktioniert wurden, liege an einem Konstruktionsfehler: „Die fünf Veto-Mächte im Sicherheitsrat können das verhindern.“
Unter den Veto-Mächten USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich seien die USA eindeutig das mächtigste Land, erklärt Ganser. „Sie haben mehr Militärstützpunkte, sie haben mehr Flugzeugträger, der US-Dollar ist die Welt-Reservewährung. Und seit der Aufhebung der Golddeckung 1971 können die USA den Dollar drucken wie Hakle Toilettenpapier.“ Ganser schließt: „Die USA sind das Imperium.“ Sie seien das mächtigste Land der Welt und könnten skrupellos ihre Interessen durchsetzen. „Das ist kein Anti-Amerikanismus, sondern eine Kritik an derUS-Oligarchie. Denn vom US-Imperialismus profitiert nur eine kleine Oberschicht“, führt Ganser aus.
Auch der Angriff der USA auf einen syrischen Militärflughafen im Februar 2017 sei illegal gewesen. „Das war ein Erstschlag ohne UNO-Mandat“, sagt Ganser. In vielen westlichen Medien sei dieser Angriff jedoch gerechtfertigt worden, „da Assad ja Kinder vergast habe“. In diesem Zusammenhang erinnert Ganser an das Embargo gegen den Irak in den 1990er-Jahren, durch das etwa eine halbe Million Kinder ums Leben gekommen seien. Die damalige UN-Botschafterin der USA, Madeline Albright, wurde seinerzeit gefragt, ob es diesen Preis wert gewesen sei, was sie bejahte. Ganser folgert: „Dem Imperium sind die Kinder egal. Es geht nicht um Menschenrechte, es geht um Schürfrechte.“
Denn letztlich gehe es beim „Krieg gegen den Terror“ vor allem ums Erdöl. „Es wird ja immer vom muslimischen Terror gesprochen. Nun liegt das meiste Erdöl unter muslimischen Ländern. Wenn alles Erdöl der Welt unter Indien läge, wären dann die Hindus die Terroristen?“, fragt Ganser. „Der Krieg gegen den Terror ist ein Märchen, welches mit 9/11 begann.“ Die Anschläge vom 11. September 2001 seien bis heute nicht ausreichend untersucht. „Es gibt immer noch viele Menschen, die wissen nicht, dass damals drei Gebäude einstürzten, obwohl nur zwei von Flugzeugen getroffen wurden“, sagt Ganser. Ob das knapp 200 Meter hohe WTC 7 durch Feuer – die offizielle Version – oder durch Sprengung – was viele Baustatiker vermuten – eingestürzt ist, sei entscheidend „Wenn sich die These Sprengung durchsetzt, ist der Krieg gegen den Terror noch verrückter, als er es jetzt schon ist.“
Zum Schluss kommt der Schweizer noch zum Thema Medien. Es sei wichtig, öfter die Perspektive zu wechseln und sich bewusst zu sein, welche Medien man konsumiere. „Das Internet hat hier für eine Revolution gesorgt. Jeder bekommt heute die Medien, die er verdient.“ Und ab und zu sei ein digitales Timeout wichtig: „Offline ist das neue Bio.“ Ganz am Ende appelliert Daniele Ganser an die Menschen in der Halle: „Engagieren Sie sich für den Frieden, Frieden ist die Basis von allem!“ Und er warnt vor Pessimismus, denn man müsse wissen, „dass das Universum eigentlich in Ordnung ist“, sagt er und wird mit stehenden Ovationen verabschiedet.
Danke fürs Einstellen – die Marbacher Zeitung zeigt (wieder einmal), wie unvoreingenommene und sachlich richtige Berichterstattung auch bei heiklen Themen in einem lokalen Medium gehen kann. Hier der Link zum bericht (mit Bild): http://www.marbacher-zeitung.de/inhalt.erdmannhausen-frieden-ist-die-basis-von-allem.1f646e16-a1d0-4eb8-a59b-a43de729c54d.html
Grüße aus Erdmannhausen
Ein winziges Detail:
„… auch wenn einige seiner Publikationen durchaus umstritten sind.“
Was wollen Sie damit sagen? Würden Sie „umstritten“ auch über Merkel, Gabriel, Özdemir usw. verwenden? Ja, selbstverständlich sind sie umstritten! Aber würden Sie es in einem vergleichbaren Text hervorheben?
Worauf ich hinaus will ist, dass wenn irgend jemand schon mal Opfer einer Schmutzkampagne war, trägt er das Kainsmal „umstritten“. Es ist nicht mehr abwaschbar. Man sollte dabei nicht mitmachen. Entweder die Leute wissen schon von den Anfeindungen gegen diese Person oder eben nicht, dann muss man es ihnen auch nicht extra nachreichen und das Verdikt durch jede Wiederholung verstärken.