Der letzte Postminister ist tot. Wolfgang Bötsch trieb die Umwandlung von Telekom, Postbank und Postdienst in profitable Aktiengesellschaften voran – dann brauchte man ihn nicht mehr. Seitdem kommt bei uns täglich dreimal die Briefpost und sechsmal ein Paktedienst. Mancher Briefträger sieht so verhungert aus, dass ihn meine Omi Glimbzsch in Zittau sofort zum Frühstück einladen würde. Wenn’s wirklich eng wird, stellt das Sozialsystem Wohlfahrtsmarken zur Verfügung – Motiv 2017: Hänsel und Gretel. Zum Abschlecken.
Wie H&M. Das schwedische Modehaus ärgert sich über ver.di, die Aktion Arbeitsunrecht und Demonstrationen vor den 400 deutschen Filialen – ausgerechnet am Freitag, dem 13.! Die Schweden haben bekanntlich schon lange vor der Oktoberrevolution den echten Sozialismus erfunden, aber eben auch nur auf dem Papier. Diesmal ging’s nicht um Sozialismus, sondern um Union Busting. Schlicht gesagt ist damit die professionelle und systematische Bekämpfung von Betriebsräten und gewerkschaftlicher Organisierung gemeint. Weltweit sind Netzwerke aus Anwälten, Unternehmensberatern, Personalmanagern und Detektiven aktiv, um mit allen Tricks und Mitteln die unabhängige Organisierung von Arbeitern und Angestellten zu verhindern. Dazu gehört etwa auch die erfolgreich gestreute Meinung, dass Gewerkschaften „eigentlich“ überflüssig seien, überholt, unflexibel, kurz: oll.
Oll sind vor allem die Werte- und Rechtsvorstellungen bei H&M. Der Konzern ist im Alltag alles andere als modern, fröhlich oder gar locker. „Er beutet seine Angestellten aus: hässlich, brutal, mittelalterlich“, sagt der interventionistische Philosoph Werner Rügemer. H&M macht seinen Leuten das Arbeiten und Leben zur Hölle. Da gibt es etwa den Flex-Vertrag, bei dem sich die Arbeitszeit ständig ändern kann. Mal sind’s 10 Stunden, mal 40 pro Woche. Ständig ändert sich das Einkommen, mal reicht’s zum Leben, manchmal nicht. Gewerkschaften sind gaga – und Hauptsache, der Arsch passt in die Hose.
Nein, das ist natürlich kein Thema für Jamaica und auch keins für Macron. Die Arbeit wird knapper und flexibler, der Druck nimmt zu, die alten Rechte werden Zug und Zug abserviert. Klar ist nur: Die Zahl der Hungernden steigt. Da dürfen die Profite nicht zurückbleiben. Wo es keine Betriebsräte gibt, ist der Arbeitnehmer allein. Kusch, oder werde Briefträger.