Ohne Schwarzweiß-Malerei geht gar nichts mehr
Wer Gutes über Russland berichtet, gilt als „Putinversteher“. Wer Probleme der Europäischen Union anspricht, wird zum „Europafeind“. Und zum „Globalisierungsgegner“, wer globale Missstände anprangert. Schriftsteller Bodo Morshäuser über Kampfbegriffe des Mainstream.
Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde ein paar Jahre lang der Traum geträumt, das Zeitalter der Ideologien, Demagogie und Propaganda sei vorüber. Heute gehört diese Hoffnung der Vergangenheit an. Wir leben längst im nächsten ideologischen Zeitalter. Ohne Schwarzweiß-Malerei geht gar nichts mehr.
Wenn gegen globale Missstände demonstriert wird, für die die neoliberale Auslegung der Globalisierung verantwortlich gemacht wird, hören solche Demonstranten oft, sie seien „Globalisierungsgegner“. Obwohl die Mehrheit nur eine andere Art von Globalisierung als die bestehende will, und nicht vorhat, ihre in China gefertigten iPhones wegzuwerfen. Mit der Titulierung „Globalisierungsgegner“ soll genau dieser Veränderungswille bestritten werden.
Oder wenn gesagt wird, die EU, so, wie sie besteht, bringe zu viele Probleme und müsse verändert werden, kommt es häufig vor, dass selbsternannte „Pro-Europäer“ rufen, diese Kritiker seien „Europagegner“ oder „Europafeinde“. Obwohl Veränderungen der EU aus Sorge um ihren Weiterbestand gefordert werden. Aber genau das soll mit solchen Kampfbegriffen in Zweifel gezogen werden. Übrigens abgesehen davon, dass die EU nicht Europa ist.
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
Quelle: Deutschlandfunk Kultur