Meine Achillesferse ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Am Sonntag erregten mich öffentlich-rechtliche Filmszenen, bei denen einem Opfer mittels Gartenschere die Finger abgeschnitten wurden. Nicht besser war ein Tatort mit höchsten Quoten, bei dem der geistig benachteilige Mörder zuerst ausgewählte Opfer mit seinem Auto zweimal überfuhr und ihnen dann gewisse Körperteile herausschnitt: Auge um Auge, Zahn um Zahn, die Welt en gros und en détail, ganz wie sie ist. Keine Frage, dass auch ARD und ZDF zum Fest der Auferstehung von den Toten mit jeder Menge Mord und Totschlag locken – das ist verständlich, denn wer schaut sich schon eine plumpe Osterandacht an? Soweit zum Film.
In der Realität genügt es längst nicht mehr, mit oder ohne Suff den Gegner in Grund und Boden zu schlagen – man muss den Wehrlosen auch auf Kopf und Oberkörper treten. Das ist der Alltag ohne Quoten, häufig sogar gefilmt und ins Netz gestellt. Die Medien sind eben auch nicht mehr das, was sie mal waren, und der Hinweis, dass es in Nordkorea oder England deutlich schlimmer ist, hilft auch nicht. Klar, ohne die journalistischen Giftspritzen des Daily Mail gegen die EU hätte das Ding mit dem Brexit niemals geklappt, und ohne Alfred Hugenberg hätte es kaum einen Gröfaz gegeben. Mit seinem Hugenberg-Konzern, einem Medienkonzern, der die Hälfte der deutschen Presse kontrollierte, trug er mit nationalistischer und antisemitischer Propaganda maßgeblich zum Aufstieg der rechten und rechtsextremistischen Parteien in der Weimarer Republik bei.
Am vergangenen Wochenende machte sich Markus Grabitz in der hiesigen Regionalzeitung mit überregionalem Anspruch zum Lautsprecher von CDU, Freihandel und besserer Kontrolle der NGO’s. Letztere nämlich würden teilweise eine völlig andere Meinung vertreten als die EU-Kommission. Nicht nur das, sie kassierten auch jede Menge Kohle: „Allein die Geldbeträge, die da fließen, stimmen nachdenklich“, meint Grabitz und hinterfragt die Unabhängigkeit der NGO’s.
Im Grunde ist es doch die alte Melodie: „Wes‘ Brot ich ess‘, des‘ Lied ich sing‘“. Auf die Idee, nach „Waffengleichheit“ zu fragen, wenn es um Demokratie geht, kommt der gute Mann natürlich nicht. „Zum Kotzen, Herr Major“, wie meine Omi Glimbzsch in Zittau gern kommentierte.
*) Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.