Das fällt uns Deutschen schwer: Oxi zu sagen und Oxi zu tragen. Dabei sind wir doch das Vaterland der Demokratie! Wir wissen, dass Wahlentscheidungen und Volksabstimmungen von den Verlierern zu akzeptieren sind – ob sie nun gefälscht, gefakt oder ganz einfach aus dem europäischen Himmel gefallen sind.
Oxi will uns was sagen: Dass der Grieche die Schnauze voll hat vom alten System der Korruption und Vetterleswirtschaft, die quer durch alle sozialen Schichten und politischen Strömungen lief und komplett gesellschaftsfähig war. Mit einem kleinen Unterschied: Die einen konnten täglich 60 Euro abheben (so die Behauptung). Weggelassen wurde dabei freilich der zweite Teil und viel wichtigere Teil des Satzes: Sofern sie überhaupt noch Geld auf ihrem Konto hatten und die spärlichen Einkünfte nicht schon nach 4 – 5 Abhebungen aufgezehrt waren. Dieser Teil der griechischen Gesellschaft ist zahlenmäßig der größte. Die anderen, besseren Griechen haben ihre Vermögen längst auf die Caymans geschafft, nach Liechtenstein, haben Steuerspar-Imperien nach dem Modell Claude Junckers in Luxemburg gegründet und sind sich mit der internationalen Schickeria einig: Nicht das alte, lang herrschende System muss fallen, sondern die bösen Brüder vom Syriza, kostas es was es wolle.
Europas Linke darf nicht zu früh jubeln – wir können jederzeit wieder einmarschieren: Mit dem internationalen Finanzkapital und dem Euro im Gepäck, mit der Nato, mit der griechischen Armee. Wir können aber auch die Griechen am ausgestreckten Arm über der Ägäis verhungern lassen, wenn sie, Oxi hin der her – nicht folgen wollen, wenn sie unartig bleiben. Die Griechen sollten wissen: Wir können noch ganz anders.
Zum Beispiel in Griechenland Sympathie parken, Ideen investieren, Urlaub machen, auf Europa bauen – mehr als Merkels Sandburgen. Oder einfach nur von den Griechen lernen, auch mal Oxi zu sagen.
Peter Grohmann schreibt sein Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.