Im Stuttgarter Neuen Schloss berieten heute auf Einladung von Ministerpräsident Kretschmann 70 Vertreterinnen und Vertreter von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingspolitik. Doch wichtige Vertreter der Zivilgesellschaft waren ausgeschlossen. Und so organisierte der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg als Dachverband der lokalen Flüchtlingshilfeorganisationen kurzerhand eine eigene Versammlung. Unter dem Motto “Humanität muss weiter Vorrang haben” versammelten sich ca. 100 Menschen vor dem Tagungsort. Das Medieninteresse war groß, noch vor Beginn der Veranstaltung befragten zahlreiche Fotografen, Kamerateams und Journalisten die anwesenden Demonstranten.
In seinen Beiträgen forderte Manfred Budzinski vom Flüchtlingsrat eine möglichst gute Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge und sprach sich gegen verschärfte Abschiebungsregelungen aus. Für Roma gebe es kein sicheres Herkunftsland. Kretschmann bzw. die Landesregierung hatte mit ihrer Zustimmung den “Asyl-Kompromiss” im Bundesrat möglich gemacht. Demnach wurden Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer auch für Sinti und Roma definiert, obwohl sie dort rassistisch verfolgt werden.
Budzinski lobte das ehrenamtliche Engagement in der Bevölkerung. In jeder Kommune gründe sich ein Freundeskreis, der die Flüchtlinge unterstützen wolle. Daher gebe es bereits eine gelebte ehrenamtliche Willkommenskultur, die nun eine Willkommensstruktur zur Unterstützung brauche. Weil der Flüchtlingsrat vom heutigen Treffen der Politiker ausgeschlossen war, kündigte Budzinski einen Flüchtlingsgipfel der ehrenamtlichen Freundeskreise und Initiativen an.
In der Berichterstattung wird meist von steigenden Flüchtlingszahlen oder 52.000-80.000 Asylsuchenden gesprochen, die nach Baden-Württemberg kommen. In Stuttgart z.B. sind zur Zeit 3300 Menschen untergebracht bis Ende des Jahres werden es 5400 sein (siehe Flüchtlingsbericht der LHS von heute). Das bedeutet, dass nur ein Prozent der Bevölkerung der Landeshauptstadt Geflüchtete sind. Für ein so reiches Land klingen diese Zahlen nicht wirklich dramatisch – verglichen mit z.B. 15 Prozent in Jordanien.