In Fellbach haben in der Nacht auf Donnerstag über 100 Menschen auf einen kurzfristigen Aufruf hin die Abschiebung eines Gambiers verhindert. Am Mittwochnachmittag war durchgesickert, dass der junge Geflüchtete Modoulamin in der Nacht zurück nach Italien abgeschoben werden sollte. Dort war er nach seiner Flucht über das Mittelmeer angekommen und wegen des Dublin-III-Abkommens hatten die Behörden seinen in Deutschland gestellten Asylantrag abgelehnt. Die UnterstützerInnen, welche sich Mittwochnacht vor der Flüchtlingsunterkunft in der Fellbacher Bruckstraße eingefunden haben, sollen eine bunte Mischung aus Bürgerinitiativen, linken Gruppen, Geflüchteten aus der Unterkunft und deren Fellbacher Nachbarn gewesen sein. Die Stimmung war Berichten zufolge bestens, AnwohnerInnen brachten Kaffee und Brezeln. Um 3 Uhr fuhr dann auch der erste Polizeiwagen an der Unterkunft vorbei, 30 Minuten später kamen die PolizistInnen mit Verstärkung wieder, um die Abschiebung durchzuführen. Doch weder die Aufforderung die Blockade aufzulösen, noch der Versuch über den Hintergang durchzukommen, gelangen den OrdnungshüterInnen. So zogen die BeamtInnen erfolglos ab. AugenzeugInnen zufolge soll der Einsatzleiter Auer zum Abschied noch „Ihr habt die Schlacht gewonnen, aber den Krieg gewinnen wir!“ verkündet haben.
Dieser Fall verdeutlicht einmal mehr, dass das Dublin-III-Verfahren menschenunwürdig ist und erfolgreiche Integration verhindert. Vor zehn Monaten ist Modoulamin nach Deutschland gekommen. Er besucht Deutsch-Integrationskurse und arbeitet als Hilfshausmeister an der Hermann-Hesse-Realschule in Fellbach-Schmiden. Der Rektor der Schule soll sich ebenfalls an der Blockade beteiligt haben. Obendrein hat Modoulamin vor Kurzem eine Zusage für eine FSJ-Stelle im Fellbacher „Haus am Kappelberg“, einer Anlage für betreutes Wohnen von Senioren und Pflegeeinrichtung, bekommen. Nun wollen ihn die Behörden noch schnell nach Italien zurück verfrachten, denn auch das ist Teil der Dublin-III-Verordnung: wenn die deutschen Behörden Modoulamin sechs Monate nach seinem Asylantrag nicht nach Italien, dem europäischen Land welches er zuerst betreten hatte, abgeschoben haben, fällt die Zuständigkeit dann doch auf die Bundesrepublik. Am 1. Juli endet diese Frist.
Das der Dublin-III-Wahnsinn ein Ende hat, ist vorerst nicht abzusehen. Beim gestrigen EU-Gipfel konnte man sich nicht auf eine Quotenregel einigen. 40.000 Geflüchtete, welche sich momentan in Italien und Griechenland befinden, sollen auf andere EU-Staaten verteilt werden, um die Mittelmeer-Länder zu entlasten. Da osteuropäische Staaten ihre Beteiligung an einer möglichen Quotenregelung abgeblockt haben sollen, geschieht die Verteilung nun auf freiwilliger Basis. Der italienische Regierungschef Matteo Renzi soll seiner Enttäuschung folgendermaßen Ausdruck verliehen haben: „Wenn Ihr mit der Zahl von 40 000 nicht einverstanden seid, verdient Ihr es nicht, Europa genannt zu werden. Wenn das eure Idee von Europa ist, dann könnt ihr es für euch behalten. Entweder gibt es Solidarität – oder verschwendet nicht unsere Zeit.“ Eine Quotenregelung wäre sicherlich ein Fortschritt, wenn es darum geht, Länder wie Italien nicht die gesamte Last tragen zu lassen. Eine einigermaßen gleichmäßige Verteilung auf Europa ist sicherlich sinnvoll. Ein strenges Quotensystem scheint aber ebenfalls nicht die goldene Lösung darzustellen, wenn es um gelungene Integration sowie Wohlbefinden und Schutz der Geflüchteten geht. Folgt man diesen Zielen, müsste man es diesen freistellen, wo in Europa sie einen Asylantrag stellen. Allen die dieses Thema vertiefen möchten, sei das Büchlein „Im Namen der Menschlickeit. Rettet die Flüchtlinge!“ von Heribert Prantl empfohlen.