Stuttgart: Der Stuttgarter Friedenspreis der AnStifter geht 2015 an Giuseppina Maria Nicolini. Die Bürgermeisterin der Mittelmeerinseln Lampedusa und Linosa wird für ihre Verdienste geehrt, mit klaren Worten den menschenverachtenden Umgang der Europäischen Union mit Flüchtlingen an ihren Außengrenzen zu kritisieren und den Ankommenden nach Kräften zu helfen. An der Abstimmung über den mit 5.000 Euro dotierten Preis, der mittlerweile im 13. Jahr verliehen wird, beteiligten sich 458 AnStifterinnen und AnStifter.
„Mit dem diesjährigen Friedenspreis wird eine Frau geehrt, die sich für diejenigen einsetzt, die der Hölle in Syrien und Libyen entkommen sind, aber von der Europäischen Union grausamst im Stich gelassen werden“, erklärt Fritz Mielert, Geschäftsführer der AnStifter. „Gerade in Zeiten, in denen die Friedensnobelpreisträgerin Europäische Union den Tod tausender Flüchtlinge in billigend in Kauf nimmt, ist die Wahl der AnStifterinnen und AnStifter ein klares Zeichen für Humanität. Die Vorschläge der EU-Kommission, wie die Zerstörung von Schlepperbooten und Rettungsaktionen vor der eigenen Küste, sind zynisch. Statt weiterer Maßnahmen, die auf die Abwehr von Flüchtlingen zielen, benötigen wir dringend einen legalen Zugang zu Schutz und Asyl.“
Giuseppina Maria „Giusi“ Nicolini (* 5. März 1961) ist Bürgermeisterin der italienischen Gemeinde Lampedusa und Linosa. Aufgewachsen auf Lampedusa setzte sie sich für den Umweltschutz auf der Mittelmeerinsel ein und erreichte, dass Teile als Naturreservat ausgewiesen wurden. Seit 2012 nahm sie wiederholt mit deutlichen Worten Stellung zur Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Aufgrund ihres Engagements war und ist sie Anfeindungen und Brandanschlägen ausgesetzt. Seit Jahren fordert sie eine gemeinsame europäische Seerettungsaktion. Die neueste Flüchtlingskatastrophe kommentierte sie mit den Worten: „Wenn jemand aus einem brennenden Haus fliehen muss, dann flieht er einfach. Und in unserem Fall über das Meer.“ Das eigentliche Problem sei die instabile Lage in den Herkunftsländern der Migranten, die immer neue Flüchtlingswellen auslösten. Die Lösung müsse langfristig angegangen werden.
Auf Giusi Nicolini entfielen im zweiten Wahlgang 28 Prozent der abgegebenen Stimmen zum Stuttgarter Friedenspreis. Auf Platz zwei kam mit elf Prozent der palästinensische Arzt Dr. Izzeldin Abuelaish, auf Platz drei die Friedensinitiative „Keine Waffen vom Bodensee“. Der Friedenspreis des Bürgerprojekts Die AnStifter wird am 6. Dezember 2015 ab 17 Uhr im Theaterhaus Stuttgart verliehen.
Die Preisträger der vergangenen Jahre waren 2014 der Whistleblower Edward Snowden, 2013 mit Enio Mancini und Enrico Pieri zwei Überlebende des NS-Massakers im italienischen Sant’Anna di Stazzema und 2012 die „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“.
Weitere Informationen zum Stuttgarter Friedenspreis
http://www.stuttgarter-friedenspreis.de
Wir sind überglücklich, dass unser Vorschlag von den Anstifterinnen und Anstifter die meisten Stimmen bekommen hat, wohlwissend dass jeder Vorschlag einen Preis verdient hätte. Giusi Nicolini hat sich in einem Jahr der sich anbahnenden schrecklichen Tragödien im Mittelmeer schon früh mutig zur Wort gemeldet und nicht nur Abkehr der EU von Mare Nostrum sondern auch die verlogene und menschenfeindliche Flüchtlingspolitik der EU angeprangert. Leider ist die Preisverleihung erst im Dezember – bis dahin werden sich noch weitere Tragödien im Mittelmeer vor den Augen Europas abspielen. Wir freuen uns mit allen AnstifterInnen Giusi Nicoloni und ihre vielen UnterstützerInnen im Dezember im Stuttgarter Theaterhaus mit vielen in unserer Region gestrandeten Flüchtlingen begrüßen zu dürfen.