Tiziano Baldi Galleni in der Zeitung iltirreno vom 10.3.2015 (Auszug)
„Die Gewalt der Natur nimmt auf niemand Rücksicht. So hat auch das Unwetter, das in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag die Versilia zerstört hat, auch die Gedenkstätten des nationalen Friedensparks in Sant’Anna di Stazzema beschädigt, – und dabei den umliegenden Wald weitgehend unbeschädigt gelassen. Als ob sich das Unwetter kaltblütig seine Objekte ausgesucht hätte: Und alle, eins nach dem anderen, hat es getroffen: die Kirche und den Platz, an dem sie steht (bekannt durch den Kinderreigen, der vor dem Massaker dort immer zu sehen war), den Kreuzweg, die Steintafel mit den Namen der Opfer des Massakers, die der kleinen Anna Pardini gewidmete Kapelle, den Friedhof und das Empfangszentrum.
Am vergangenen Samstag hätte die Kapelle eingeweiht werden sollen, die Anna Pardini gewidmet ist, dem jüngsten Opfer von Sant’Anna, die im Alter von nur zwanzig Tagen von deutschen Soldaten umgebracht worden war. Die Kapelle war gerade restauriert worden mit Mitteln, die von den Außenministerien Italiens und Deutschlands bereitgestellt worden sind. Heute ist sie verwüstet. Die Steinplatten aus Cardoso, mit denen das Dach bedeckt war, sind zu einem Puzzle aus tausend Stücken geworden, die zerbrochen und über den Asphalt zerstreut am Boden liegen. Zusammen mit der Dachpappe. Aber das ist nur der auffälligste Schaden, den man bemerkt, wenn man das Ortszentrum erreicht hat. Denn das ganze Dorf und auch das Denkmal mit dem Beinhaus der Ermordeten haben schwere Schäden davongetragen.
Die Gemeinde Stazzema hat schon eine grobe Schätzung der Schäden in Sant’Anna vorgenommen: etwa 500 000 Euro, wie Bürgermeister Verona bekanntgegeben hat. „Vielleicht ist das, was einen am schmerzvollsten berührt, das Foto von Enrico Pieri (des Präsidenten der Vereinigung der Blutzeugen von Sant’Anna) vor der Steintafel, die von dem Sturm in Stücke zerschlagen wurde“, erklärt Verona, „in symbolischer Weise zeigt es den Zustand, in dem sich heute Sant’Anna befindet.“
Und tatsächlich, wenn man weitergeht auf dem Platz, der auch Anna Pardini gewidmet ist, liegen in der gesamten Umgebung der Kapelle die entwurzelten Bäume am Boden. Nicht weniger beschädigt ist die Kirche des Dorfes. Wie um eine Grenze zu markieren, hat man die roten Scherben um sie herum aufgeschichtet. Auch das Dach ist teilweise abgedeckt. Das Museum des Widerstands ist schon seit Donnerstag geschlossen und auch die Besuche von Schülergruppen sind unterbrochen. „Die Bedingungen, es geöffnet zu halten und Besuche in Sicherheit zu gewährleisten, sind nicht gegeben“, sagt Verona, „auch weil der Kreuzweg, der zum Denkmal des Beinhauses hinaufführt, an mehreren Stellen wegen umgestürzter Bäume unterbrochen ist .“ Die Hinweistafeln auf den Wegen sind ausgerissen; die Flaggen Italiens und Europas am Eingang des Parks sind von Ästen und dem Gewicht zweier riesiger Bäume umgebogen.
Jemand von den wenigen Einwohnern von Sant’Anna versucht zu reagieren. Wir treffen ein Frau, die mit einem Handwagen das schon zersägte Holz wegschafft. Währenddessen ist Siria Pardini, eine Überlebende und Schwester von Anna Pardini, an der Kapelle und schaut ungläubig. Etwas weiter oben liegt der dunkelgraue Stein am Boden, auf dem die Namen aller Opfer verzeichnet sind. … “
Übersetzung: Gunther Leibbrand
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