Die Berufsdemonstranten aus Stuttgarts Halbhöhenlagen haben die Stadt verändert. Und heißa, was für ein Aufgebot, fast jede Woche: Bis an die Zähne eingepackte Polizei steht Spalier und schützt die Shoppingmalls, wenn die Möchtegern-Revolutionäre im Sturmschritt dabei sind, unsere Stadt zwischen Wald und Reben auseinanderzunehmen. Montag für Montag, seit 250 Wochen(!) verbündet sich ein abgewracktes Bildungsbürgertum mit arbeitsscheuem Gesindel, mit Drogendealern, Besserwissern, Nörglern, Zukurzgekommenen bei fetten Immobiliendeals und anderen Angsthasen vor der Zukunft und macht diese unsere Stadt unsicher. Mal 2000 bis 3000, mal 1500, mal mehr, mal weniger – und das seit 250 Wochen! Jeeeeden Montag! Das ist fast noch schlimmer als die sogenannte Mahnwache vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof, die seit vier Jahren Tag und Nacht in der Gegend herummahnt – täglich 24 Stunden, bei jedem Wetter! Das hat selbst meine Omi Glimbzsch in Zittau nicht erlebt – nicht unterm Kaiser, nicht unterm Hitler, nicht unterm Grotewohl! Mit aggressiven Schreien wie „Oben bleiben – Köpfchen zeigen“ ziehen die Antidemokraten nach ihrer Kundgebung durch die Straßen der Innenstadt, fühlen sich wie Lokführer oder Piloten und missbrauchen das Recht auf Einkauf und Konsum. Was da marschiert, ist eine gefährliche und selbstsüchtige Bürgermischung von selbst ernannten Demokraten, parteimüde und bereit, auch am kommenden Montag zur 250. Montagsdemo zu erscheinen – koste es, was es solle.
Weint Kretschmann? Trauert Kuhn? Klagt Nils Schmidt, der kürzlich erst in Dusslingen einen Tunnel eingeweiht hat? Sind Gall und Stickelberger überhaupt noch im Amt? Alles schweigt, selbst Gisela Erler: Stille Nacht – statt durchzugreifen wie einst das Geschwisterpaar Häußler-Mappus. Die Drohkulisse der Göppinger Bereitschaftspolizei nämlich lässt die Demonstranten kalt – solange die Gummiknüppel nur gezeigt, aber nicht gezogen werden, wird sich nichts ändern. 18 000 Fotos von den Demonstrationen soll die Polizei bislang angeblich ausgewertet haben – 18 000, offenbar ohne nennenswertes Ergebnis. Und alle wieder gelöscht, angeblich.
Dabei könnte Demokratie so schön sein.
Peter Grohmann schreibt und spricht das Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.