Der Italiener will die Flüchtlinge, die aus dem Meer auftauchen, nicht mehr alleine retten. Denn das kostet! Die Italiener sagen: Rund 10 Millionen Euro. Monatlich! Deshalb hat der Italiener hat seine alliierten Christenfreunde in Europa gebeten, beim Tragen dieser 10 Millionen behilflich zu sein, und, wenn’s geht, ein paar tausend Ohne-Boots-Flüchtlinge ab- und aufzunehmen. Die EU, vorn dran unser Vorbild Jean-Claude Juncker, hat abgewunken: 10 Millionen, das wäre zuviel des Guten. 10 Millionen, das ist etwa die Summe, die man den europäischen Banken täglich vorn und hinten reinschiebt, systemrelevant. Mare nostrum, unser Mehr.
Mare nostrum ist, anders als ein Bahnhof, allerdings nicht alternativlos. Bisher hat man gut und gern 100 000 Flüchtlinge gerettet – künftig werden es ein paar tausend weniger sein, hart an der Grenze eben. Europa schützt die Grenzen, aber nicht die Flüchtlinge: 1820 Menschen sind seit Jahresbeginn bei dem Versuch, ihrer Not zu entfliehen, gestorben. Der Tod auf dem Mittelmeer ist zur unheimlichen Routine geworden. Er dient aber auch der Abschreckung. Die europäische Demokratie wird immer mehr zur großen exklusiven Veranstaltung, die den Reichtum drinnen und die Not draußen behalten möchte, sagt Heribert Prantl. Dagegen liest sich ein Interview von Joachim Gauck zur Verantwortung Deutschlands ganz anders. In den kühlen November der Menschenrechte hinaus ging es ihm ja vor allen Dingen darum, ob die Rolle Deutschlands in unserer gegenwärtigen Kraft – („und ich meine nicht militärisch, sondern ich meine das Demokratiewunder… die Sicherheit der Menschen- und Bürgerrechte, die Herrschaft des Rechtes, der innere Friede im Lande…“) – also, ob das nicht ein gutes Beispiel wäre für viele Regionen dieser Welt. Denn die Leute könnten, tät meine Omi Glimbzsch in Zittau jetzt sagen, ja dann ja dort bleiben, wo sie hergekommen sind, in ihrer Demokratie, verstehen Sie? Und unsere Demokratie tät kein‘ Schaden nehmen, die Hooligans müssten nicht nach Hannover zu den Rechtsradikalen und die Mitte der Gesellschaft hät‘ dann ja auch nicht mehr soviel wie jetzt gegen Fremde, egal, ob Juden, Zigeuner oder Leute mit anderen Handicaps.
Peter Grohmann schreibt und spricht das Wettern der Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.
Passend dazu:
Lesung
Fr, 28. November 2014, 19:30 Uhr
Lampedusa, 3. Oktober 2013
Veranstalter: ACLI BaWü, Die AnStifter u.a.
Haus der katholischen Kirche, Königstraße 7, Stuttgart
Diskussion
Sa, 29. November 2014, 17:00 Uhr
Giusy Nicolini, Bürgermeisterin von Lampedusa: Als Europäer gehen uns die Flüchtlinge auf Lampedusa alle an
Veranstalter: ACLI BaWü, Die AnStifter u.a.
Haus der katholischen Kirche, Königstraße 7, Stuttgart