Es gibt Nazis in Göppingen. Eine handfeste Szene, aufgebaut von jungen Erwachsenen, unterstützt durch die Ignoranz der Meisten.
Die „Autonomen Nationalisten Göppingen“ sind seit einigen Jahren sehr aktiv und haben mehrere Demonstrationen jährlich durchgeführt, meistens Anfang Oktober. Sie konnten dafür öffentlich mobilisieren durch Flyer und Banneraktionen, sogar das geschichtsrevisionistische Gedenken an den „alliierten Bombenterror von Dresden“ wurde durch Aufstellen von Gedenkkreuzen aufgegriffen. Es kam auch zu Morddrohungen und einem tätlichen Angriff auf einen Infostand des Bündnisses „Kreis Göppingen nazifrei“ und öffentlichen Drohgebärden.
Im Februar diesen Jahres durchsuchte das LKA 19 Wohnungen im Kreis Göppingen, Esslingen und Rems-Murr und nahm 4 Personen fest. Unter anderem wurden Propagandamaterialien und Waffen beschlagnahmt. Der Prozess wegen Sachbeschädigung und gefährlicher Körperverletzung hat noch nicht begonnen. Aber nun wird über ein Verbot der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ beraten.
Trotz allem zeigte sich das eigentliche Problem in Göppingen bei einem aktuellen Vorfall. Nazis aus Bayern haben am 30.8. eine Kundgebung am Göppinger Bahnhof abgehalten, auf der sie „Freiheit für alle Nationalisten“ forderten. Die Stadtverwaltung hatte zwar Kenntnis davon, informierte aber darüber nicht. Die Taktik des versuchten Ignorierens hat Tradition in Göppingen, weshalb sich diese Nazi-Strukturen dort überhaupt erst etablieren konnten. Schlimmer noch, der Bürgermeister rechtfertigt öffentlich diese Vorgehensweise und gewährt ihnen das Erfolgserlebnis des öffentlichen Auftritts ohne Widerspruch. Ein CDU-Stadtrat lobt diese Einstellung und fordert sogar die Absage einer daraufhin angemeldeten Gegendemonstration. Die Organisatoren seien nur an der Eigendarstellung interessiert und würden es nicht schaffen die Demo friedlich durchzuführen. Diese Ignoranz des eigentlichen Problems ist fatal. Denn: Was Göppingen braucht, ist gesellschaftliches Engagement, Zivilcourage und die Unterstützung der Stadtverwaltung. Es ist sozialwissenschaftlich bewiesen, dass überall dort, wo die gewählten und angestellten Verantwortlichen einer Gemeinde sich öffentlich gegen Rechts positionieren, intolerante und menschenfeindliche Einstellungen sich nicht durchsetzen können.
Es gibt noch viel zu tun in Göppingen. Angeblich am 11. Oktober soll die Gegendemo des Bündnisses „Kreis Göppingen nazifrei“ stattfinden. Mehr Infos gibt es noch nicht. Antifas rufen zu einer Demo um 16 Uhr am Bahnhof auf.