Gemeingüter sind Gefahrgüter

Liebe Leut,

als Gefahrgut werden Dinge bezeichnet, die aufgrund ihrer Eigenschaften eine Gefahr z.B. für die öffentliche Sicherheit darstellen. Gemeingüter wiederum sind Güter, die für alle potenziellen Nachfrager frei zugänglich sind. Sie stellen somit eine prinzipielle Gefahr für unser Wirtschaftssystem dar, das darauf ausgelegt ist, allem einen Preis zuzusprechen.

Gemeingüter und das Gemeinwohl an sich sind aber auch selbst in Gefahr, immer weiter monetarisiert und kommerzialisiert zu werden, was der Kapitalismus-Kritiker Byung-Chul Han in einem interessanten Beitrag in der Süddeutschen Zeitung anprangerte.

Insbesondere geht die sogenannte New Economy gefährliche Wege, die Han unter dem Stichwort Sharing-Ökonomie zusammenfasst: Sie zerstört z.B. mit dem hotelmäßigen Vermieten von Wohnraum (Stichwort 9flats) private Unterkünfte, die in der Vergangenheit häufig ohne Geld auskamen. Gleichzeitig schafft sie durch das Anbieten der entsprechenden Internetplattform für die Vermittlung zwischen Anbietern und Reisenden sich selbst gleich zwei Kundengruppen und damit zwei Abhängigkeitsverhältnisse – inklusive der Definition sämtlicher Spielregeln. Der Kolumnist des Spiegel Sascha Lobo bezeichnet diesen Trend als Plattform-Kapitalismus.

Im selben Spiegel-Beitrag weist Sascha Lobo aber auch auf ein Missverständnis hin: „Das ursprüngliche Verständnis des Wortes „Teilen“ (Sharing) hat gerade nichts mit Geld zu tun.“

Um dieses Teilen drehen sich die jahrhundertealten Ansätze von Allmende und Gemeingütern, die in letzter Zeit wieder stärker ins Bewusstsein rücken. Mit verschiedensten Projekten stemmen sich Menschen weltweit gegen den beschriebenen Trend zur weiteren Kommerzialisierung.

Und auch rund um Stuttgart sprießen zarte Pflänzchen: In Repair Cafés werden Alltagsgegenstände wieder funktionstüchtig, auf den Fildern wird solidarische Landwirtschaft geprobt und in Tübingen scheinen die Mietshäuser-Syndikate immer besser zu funktionieren.

Im Herbst wollen wir die verschiedenen Zugänge und Möglichkeiten innerhalb der Commons, Gemeingüter, Allmende beleuchten. Unsere Reihe beginnt am 29. September mit einem Einführungsvortrag der österreichischen Sozialwissenschaftlerin Brigitte Kratzwald über die Funktionsweise von Gemeingütern. Im Abstand von wenigen Wochen folgen ihm die Themen Creative Commons, als eine Grundlage nicht-profitorientierten Teilens im Internet, am 13.10., Landwirtschaft am 10.11., Open Source Ecology über die gemeinsame Entwicklung frei nachbaubarer Maschinen am 24.11. und am 1.12. Wohnformen.

Diese und auch noch weitere Termine zum Themenkomplex finden Sie unter https://www.die-anstifter.de/termine/schlagworte/commons/

Herzliche Grüße

Fritz Mielert & Peter Grohmann

PS: Seit gestern läuft die Eröffnungswoche des Stuttgarter Weltladens am Charlottenplatz. Schauen Sie doch mal vorbei!
PS: Heute Abend um 20 Uhr spielt die Berliner Compagnie ihr Stück Die Stille Macht – Eine Lobbyistenkomödie in Erdmannshausen. Um pünktlich zu kommen, sollten Sie die S4 ab S-Hbf um 18:38 Uhr nehmen (in Marbach dann Bus 456).
PS: Sonntag um 11 Uhr läuft im Planetarium Schwarze Katze, weißer Kater
 – Crna mačka, beli mačor
PS: Ebenfalls am Sonntag bieten wir die allerletzte Exkrusion zur Kunstausstellung Underground an
PS: Am 9. Oktober wird der Konsumtempel Milaneo feierlich eröffnet & viele Gruppen werden insbesondere gegen Primark protestieren.
PS: Am 8. November findet unser zivilgesellschaftlicher Kongress zum NSU-Komplex statt. Was sonst noch alles zum Thema läuft, finden Sie unter https://www.die-anstifter.de/termine/schlagworte/NSU/
PS: Mehr Demokratie hat eine sinnvolle Unterschriftensammlung für mehr Transparenz in Baden-Württemberg gestartet: https://www.mehr-demokratie.de/aufruf-informationsfreiheit-bw.html

Über Fritz Mielert

Fritz Mielert, Jahrgang 1979, arbeitete von 2013 bis 2017 als Geschäftsführer beim Bürgerprojekt Die AnStifter in Stuttgart. Davor betreute er ab 2011 bei Campact politische Kampagnen im Spektrum zwischen Energiewende und Vorratsdatenspeicherung, engagierte sich in der AG Antragsbearbeitung der Bewegungsstiftung, baute ab 2010 maßgeblich die Parkschützer als eine der wichtigsten Gruppierung im Protest gegen Stuttgart 21 auf und war ab 1996 mehrere Jahre ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv.