„Biste erscht die Arbeit los, biste schnell die Würde los“, wusste meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Sie hat zeitlebens nicht viel auf die feschen Sprüche und großen Worte gegeben und unterscheidet sich da kaum von den Daheimgebliebenen vom letzten Sonntag. Ob Schulz oder Junkers, Brüssel oder Straßburg, saure oder krumme Gurken – das geht den Leuten am Allerwertesten vorbei. In der Kommune nicht anders: Blau Weiss Rot, Schwarz Rot Geld: Wenn Du alles in einen Topf schmeißt und kräftig rührst, kommt’s unten oft Braun raus und fast immer Schwarz. Aus den demokratischen Fehltritten Land auf, Land zimmern sich die Leut‘ ihre eigene Farbenlehren. So lange die Parteien der Wählerschaft viele dumme Sprüche und keinerlei Denkarbeit zumuten, weil sie ihr das Denkvermögen absprechen, wird sich das kaum ändern.
Also, Parteien: Wenn die Hirnleistung zu wünschen übrig lässt, bleibt der Ausweg des Neurodopings als Kassenleistung. Es muss nicht immer gleich Haschmich sein.
In diesen Tagen feiern wir ja – feiern Sie mit!*) – den 65. Geburtstag unseres Grundgesetzes. Das war vielleicht eine Steissgeburt! Und mit ihr tausend tolle Versprechungen wie etwa diese hier, der Artikel 3 GG:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Oder nehmt den Artikel 10 – da lachen ja die Hühner! „(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.“ Richtig Trost spendet den Armen und Daheimgebliebenen da schon eher der Artikel 12: (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden. Nu ja ja nu ne ne, was tun, wenn das dem Jobcenter zu Ohren kommt?
Der Artikel 16a klingt da fast poetisch: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Schon deshalb muss der politisch Verfolgte unter allen Umständen daran gehindert werden, jemals auf dem Boden des Grundgesetzes anzukommen. Denn wenn er erst mal in einem deutschen Lager ist, könnte er, theoretisch, auf den Artikel 1 GG pochen: „(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt,“ aber die treibt mit der Würde und mit Hilfe von Frontex, NSU, Hartz IV etc. pp. ganz schön Schindluder. Da tröstet mich auch meiner Omi Glimbzsch aus Zittau ihr Trost „Der liebe Gott sieht alles“ nicht – denn den interessieren solche Petitessen eher selten.
*) Georg Nüsslein (CSU) verlässt den Saal und diesen Text.
Peter Grohmann wettert jede Woche für die Wochenzeitung Kontext – für lau.