Einmal alle vier Jahre kommt er ganz groß raus, der kleine Mann auf der Straße, und seine Frau auch. Die nimmt ihn dann an der Hand und geht mit ihm wählen. Nie sonst ist der kleine Mann auf der Straße so wichtig, so groß, so mächtig so selbstbewußt wie heute, und seine Frau auch! Kurz vor dem Wahllokal könnte er sich demonstrativ noch einmal umdrehen listig sagen: Und was, wenn ich nicht wähle? Oder SPD? Alle wären zu Tode erschrocken, und seine Frau auch. Deshalb hegt und pflegt man ihn, das olle Mauerblümchen von gestern, läßt ihn Feinstaub, Harzt IV und die Asylbetrüger vergessen und liest ihm jeden Wunsch von den Augen ab. Man krault ihm den Rücken, putzt ihm Schuhe und Hintern und verspricht ihm den blauen Himmel über der Ruhr, auch wenn er in Neckarwestheim wohnt. Seine Frau hat sich deshalb von ihm scheiden lassen. Neckarwestheim, erzählte sie meiner Omi Glimbzsch in Zittau bei deren Neunzigsten, stehe auf zu löchrigem Grunde. Der kleine Mann auf der Straße hatte ihr einstens versprochen, Neckarwestheim abzuschalten – versprochen, gebrochen, sagt sie, und nimmt sich nun, die alte Protestantin, einen von der Linken zum Ankreuzigen.
Der kleine Mann auf der Straße ist arm dran, vergesslich, weil er zu häufig vorm Fernseher hockt, deshalb auch übergewichtig, fährt einen Mercedes ML 63 AMG (Jahreswagen), macht Überstunden, damit er sich den und eine Kreuzfahrt leisten kann – direkt mit der Queen Mary II in den Canale Grande, hinein ins Vergnügen! Wenn die Mary am Markusplatz vorfährt, steigt der Alkoholspiegel in Venedig: Der Markusplatz ist 175 Meter lang, die Queen Mary 345 Meter. Der kleine Mann freut sich und spuckt der dem großen Mann auf der Straße, der eben seinen Ministrone schlürft, von ganz oben in die Suppe.
Knapp vier Jahre lang und im übrigen lebenslänglich ist der kleine Mann auf der Straße eher der, der in der Hohenheimer Straße wohnt und den Feindstaub offenbar ganz gut verträgt. Er holt die Kastanien für den großen Mann aus dem Feuer holt – gern, kratzt das Kleingeld für die Bankenkrise zusammen und spielt im World Trade Center Feuerwehr. Er holt sich in Tschernobyl die Krätze und in Fukushima den Rest und strahlt dann den großen Mann selbstbewußt an: Für Sie, sagt er selbstbewußt und nicht ohne Stolz, geh’n wir jederzeit durchs Feuer.
Aber eines Tages, wettern?, da wird der Kleine Mann tatsächlich nicht mehr durch die Feuer, sondern auf die Straßen gehen! Bevor was anbrennt, wird er sich vielleicht sagen: Moment mal, jetzt komm ich!.