Aus allen möglichen Richtungen erreichen die AnStifter momentan Fragen nach der Bundestagswahl. Was soll ich wählen? Soll ich überhaupt wählen? Wenn ich nicht wähle, wird dann mein Boykott in irgendeiner Form wahrgenommen?
Natürlich haben die AnStifter darauf keine generelle Antwort. Jede/r muss selbst entscheiden, was für die Gesellschaft, die Demokratie und – ganz wichtig – für sich selber die richtigen Antworten auf die Fragen sind.
Als Denkanstöße ein paar Links / Zahlen:
Die Brandeins schreibt in ihrer aktuellen Ausgabe, dass der Anteil der Nichtwähler bei einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.000 Euro bei 15 Prozent, bei über 3.000 Euro bei 25 Prozent liegt. Leider ist keine Quelle angegeben, wohl aber widerlegen diese Zahlen Vorurteile nach der Nichtbeteiligung des „Prekariats“ an demokratischen Prozessen.
Der Soziologe Harald Welzer plädierte im Spiegel 22/2013 unter dem Titel „Das Ende des kleineren Übels“ für einen Wahlboykott, weil seiner Ansicht nach keine der Parteien Antworten auf die wirklich wichtigen Zukunftsfragen biete und sich die Parteien zu wenig von einander unterscheiden würden. „Historisch ist dieses Zähneknirschen als repressive Toleranz bekannt, die man falschen Verhältnissen gegenüber an den Tag legt, weil man immer der Auffassung sein darf, es müsse erst noch schlimmer kommen, bevor man nicht mehr mitmacht. Die Wahl des kleineren Übels ist nicht nur unter den Bedingungen freier Gesellschaften eine verbreitete Praxis, die hilft, es sich nicht unnötig unbequem zu machen, sondern insbesondere in totalitären Staaten ein Herrschaftsmechanismus, der dafür sorgt, dass sich diejenigen nicht auflehnen, die zwar nicht gut finden, was geschieht, aber davon noch nicht in ihrer Existenz getroffen sind.“
Ulrich Horn kritisiert auf charta.info unter dem Titel „Warum die Wechselstimmung fehlt“ eben dieses passive Verhalten der Intellektuellen. „Als Reaktion auf die Passivität im Land flüchten Intellektuelle selbst in Passivität, die sie dann zum Protest umdeuten. Sie beklagen mangelnden Einfluss. Statt ihn sich zu verschaffen, wenden sie sich von der Politik ab und werden so zu einem Teil des Problems.“
Für unsere parlamentarische Demokratie ist die momentan stattfindende Debatte wichtig und richtig, kann es doch sein, dass sie auch die Parteien erreicht und hier gegebenenfalls mittelfristig sogar zu Verhaltensänderungen führt.