Nur 70 Prozent der Deutschen haben das Vertrauen in Politik und Wirtschaft verloren, sagt Bertelsmann. Das „nur“ stammt von mir. Aber was ist mit der Justiz? Volle Pulle Vertrauen? „Arm und reich, vor Gott ist alles gleich“, wusste meine Omi Glimbzsch. Aber was ist vorher, Omi?, hab ich sie gefragt.
Die Zschäpe kommt ja, wie Omi, auch aus besseren Kreisen – Plattenbau – und darf sich über einen gerechten Kadi und weltweite Aufmerksamkeit freuen. Sie hat immer für Stimmung gesorgt, zu Hause, wenn die Jungs unterwegs waren zum Morden. Stimmung ist wichtig für den Medienrummel und muss bis ins nächste Jahr reichen. Doch die verdirbt nun ausgerechnet ein Männe vom baden-württembergischen LKA. Er liest aus Belegen, dass es nicht nur Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen sein könnten, die in Heilbronn gemordet haben. Zeugenaussagen sprechen von drei oder vier weiteren Tätern – aber der Staatsanwalt winkt ab: „So flüchtet man nicht, wenn man was plant“, sagt StA Meyer-Manoras, und er muss es natürlich wissen.
Von den neuen zu den alten Nazis, Justizirrtümern, Behördenpannen und ungelösten Rätseln ist es nur ein kleiner Schritt: Gegen 50 noch lebende KZ-Aufseher wird (endlich) ein Verfahren eingeleitet. Die Zentrale Stelle in Ludwigsburg, die gehassten Aufklärer gehen davon aus, dass ein Urteil gegen die Mörder auch ohne konkreten Mordbeweis möglich ist (taz, 8. 4. 13). Da schaust, gell?
Denn von hier aus wiederum ist es nur ein kleiner Schritt zu Stazzema, zu jenem toskanischen Dorf, lieber Genosse Stickelberger, Justizminister des Landes und schützender Dienstherr von Oberstaatsanwalt Häußler. Letzterer hatte letztes Jahr das Verfahren gegen noch lebende Mörder der Wehrmacht eingestellt – Ersterer hatte das für richtig gehalten. Unangenehm für Ersteren wie für Letzteren, dass zu den aus Ludwigsburg angestoßenen Verfahren nun auch noch ein offizielles Gutachten des Kölner Historikers Carlo Gentile zu Stazzema auf den Tisch gelegt wird. Dessen Fazit: mies ermittelt. Wichtige Dokumente und Zeugenaussagen seien den Ermittlern nicht bekannt gewesen oder nicht hinzugezogen worden. Die Staatsgewalt sei zweckdienlichen Hinweisen nicht nachgegangen und habe „deutliche Fehler hinsichtlich der historischen Daten“ gemacht und keine „Rücksicht auf die Topografie und auf den zeitlichen Ablauf“ des Massakers von Stazzema genommen.
Mensch, wenn wir nicht nur das Vertrauen in Wirtschaft und Politik verlieren, sondern auch noch in die Justiz, was bleibt dann noch? Die Antithese: Vor dem Gesetz ist alles gleich. Oder ein Rücktritt.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer der Bürgerprojekte Die AnStifter.