Peter Grohmann Damals, als die Bücher brannten, in den Tagen des Mai 1933. Auf großen Karren fuhren die nationalen deutschen Studentenschaften zusammen, was obskur war: Gute Literatur, Aufklärung, Humanismus, Geschichte, Sozialismus, Arbeiterrechte. Sie karrten zusammen, was ihnen in die Hände fiel, was ihnen in die Hände gereicht wurde aus den Bibliotheken der Universitäten, der Städte, aus Büchereien und Buchhandlungen und Antiquariaten. Es war ein Johlen im Land der Dichter und Denker. Und so, wie in jenen bitteren Jahren die Theater weiter spielen, weiter spielten als sei nichts, als man die Juden vor die Tür setzte und gebrandmarkt hatte, so füllten die Bibliotheken, die öffentlichen und privaten, nun den freien Platz wieder. The Show Must Go On. Vom Wort zur Tat.
Kurz nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurde der undeutsche Geist auf den Scheiterhaufen der Geschichte geworfen – gut vorbereitet, organisiert, mit deutscher Gründlichkeit: Erst die Bücher, dann die Menschen. Marxistische Juden oder linksradikale Christen, pazifistische Sozialisten oder sozialistische Revolutionäre, Humanisten, Quer- und Andersdenker, Autorinnen und Autoren. Höhepunkt waren die am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz und in 21 anderen deutschen Universitätsstädten gut und groß inszenierten öffentlichen Bücherverbrennungen. Papier brennt gut.
Zehntausend, zwanzigtausend Bände? Fünfzigtausend? Sie haben alles gemacht, nur nicht gezählt, die Studenten, die Professoren, die neue Intelligenz.
Im Mai 2013 wird das 80 Jahre her sein. Es gilt, an diese Tage, diese Zeiten zu erinnern, in den Tagen des 10. Mai 2013, vor Ort, regional und landesweit, bundesweit, in vielfältigen, in großen und kleinen Aktionen, Es gilt aber auch, die Gegenwart ins Auge zu fassen, sage und schreibe: Auf die weltweiten Verfolgungen von Kulturschaffenden heute in Solidarität aufmerksam zu machen.
In Stuttgart hat sich im Sommer 2012 der ‚Aktionskreis 10. Mai‘ gegründet, auf Initiative des Bürgerprojekts Die Anstifter. Der gemeinnützige Verein mit Sitz in Stuttgart engagiert sich „gegen Gewalt und Vergessen“ und verleiht jährlich den Stuttgarter Friedenspreis.
Die Initiative 10. Mai wird von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstützt und freut sich über weitere UnterzeichnerInnen und Akteure. Im Aktionskreis arbeiten Jugendhäuser und Kultur-schaffende, kommunale und freie Träger der Kulturarbeit mit, gewerkschaftliche und basiskirchiche Gruppen, Bibliotheken, Verlage, Buchhändler, Autorinnen, Journalisten, Stiftungen, Theater und SchauspielerInnen, Chöre, Kinos, Bildungsträger, LehrerInnen, Jugendverbände, Institute der Hochschulen: Momentan noch auf eher regionaler Basis, ohne Finanzmittel, ehrenamtlich, aber schon hört man das Echo aus Köln und Berlin, Lindau und Hamburg.
Die Aktion setzt auf Freiwilligkeit, auf Ideen, auf Selbstständigkeit. „Aller Orten“, so die Ideengeber, sollen am 10. Mai 2013 – und vorher und nachher und dann jedes Jahr! – die unterschiedlichsten Aktionen stattfinden. Nichts liegt da näher als das öffentliche Lesen.
Gewünscht, vorgeschlagen, denkbar ist jede Form, die zum Thema, zum Inhalt passen könnte. Das Thema heißt Rassismus und Intoleranz, Antisemitismus, Militarismus – oder positiv ausgedrückt: Solidarität, Gerechtigkeit, Frieden, all das, was einer weltoffenen Gesellschaft und der Demokratie zusteht, ihr auf vom Kopf auf die Beine hilft, ihr nützt. Die kritische Auseinandersetzung mit der Gegenwart ist ausdrücklich gewünscht – der Gedanke an politische Flüchtlinge heute, an geschlossene Grenzen und verbotene Bücher, an inhaftierte Blogger und Journalisten liegt nahe. Nicht nur der Obrigkeitsstaat winkt immer wieder in diesen Zeiten, auch der Artikel 5 ist nicht standfest genug, und die neuen Befragungen des Volks, hier wie anderswo, lassen ahnen, was da alles im Argen liegt, wenn’s um Asyl und Meinungsfreiheit, Gewalt und Versammlungsrecht geht. Der große Bruder steht parat.
Von Interesse wird sein, ob sich auch „die Medien“ dieses Tages erinnern, möglicherweise die Aktionsidee aufgreifen, berichten, kommentieren, den Gedanken zum eigenen machen.
Holt sie zusammen an einen Tisch, die Veranstalter von Kultur, die Regisseure und Autorinnen, die Clubs und Musikanten, die Schulen, Verlage, die Aufmerksamen. Die „Aktion 10. Mai“ ist behilflich, ist Trittbrett und sucht Mitfahrende. Wenn es um konkrete Tipps geht, wenn Material gesucht wird, das längst gefunden sein müsste, wenn vernetzt, bekannt gemacht, vermittelt werden soll.
Schreiben Sie uns, wenn Sie die Aktion 10. Mai gut finden, unterstützen Sie das Projekt mit Ihrer Unterschrift (ohne weitere Verpflichtungen). Helfen Sie mit einer Geld- oder Sachspende, aber besser noch: Aktivieren Sie zivilgesellschaftliche Gruppen bei sich, laden Sie zu einem Treffen ein, realisieren Sie ein eigenes Programm im Kontext der Aktion 10. Mai. Verbreiten Sie diese Idee auf Ihren Wegen. Wir sind offen für weitere Ideen, freuen uns über Ihr Material, Ihren Zuspruch, Ihre Mitwirkung. Geben Sie bitte diese Info an Kulturschaffende in Ihrem Ort, Ihrem Bereich weiter.
Die Koordination des Projektes liegt bei Marieke Kodweiss (Sternenleiter) und Peter Grohmann. Ab Februar 2013 stehen zentrale Flyer, Plakate und ein Logo zur Verfügung. Kontakt: Aktion 10. Mai c/o Peter Grohmann , Olgastr.1 A, 70182 Stuttgart, Tel. 0711 2 48 56 77, Fax -79, Email: kontakt@Die-Anstifter.de. Website: https://www.die-anstifter.de/?p=12919 .