… macht man nicht mit links, sagte meine Omi Glimbzsch aus Zittau gern, wenn sie mich auf die Palme bringen wollte. Auch der Grieche wird wieder skeptisch gegenüber der Linken, ob wohl er sie seinerzeit erfunden hat, die Linke wie die Demokratie. Ich hab mich im Kluge, meiner etymologischen Schatztruhe, vergewissert: Demokratie, diese noch gar nicht existierende Herrschaftsform, wurde von den griechischen Denkern eher kritisch betrachtet – und jetzt wieder!
Die Rechtsradikalen in Athen und drum rum legen gewaltig zu (in den Umfragen), so gewaltig, wie sie zuschlagen (im Alltag). Das Land muss eine Million Illegale Flüchtlinge verkraften – das sollen denen die EZB oder die Merkel erst einmal nachmachen! Man könnte natürlich von den Flüchtlingen welche nach Stuttgart holen – was für ein Wahlkampfthema! Die würden sich nicht mehr einkriegen, die Bahnhofskandidaten und kritischen Grube-Begleiter. Auf den Plakaten versprechen sie Bürgernähe und eine Politik des Gehörtwerdens – da sag ich mal: Um Gottes willen! Das Volk will keinen Feinstaub, da ist es sich einig mit Fritz, das Volk will bewahren, da ist es sich einig mit Hannes, das Volk will die soziale Stadt, da ist es sich einig mit Bettina Wilhelm. Und gemeinsam ist man sich einig: bloß keine von denen! Bloß keine Asylantenflut, nicht aus Sonstewo, nicht aus Syrien, da ist man sich sogar einig mit den Pressefritzen. Die Oberschlaule aus Berlin sind keinen Deut christlicher oder sozialer – „das Problem muss vor Ort gelöst werden“, tönen sie aus dem fetten Reichstag. Wie praktisch. Das Rote Kreuz schickt Einwegzelte.
Was aber die Demokratie in der Stadt angeht, da tät ich mir wünschen, wenn die da etwas mehr Rücksicht auf die gebildeten Schichten nehmen würden. Dumme Gesichter mit dem falschen Lachen – das kann ich besser. Ich will hören, was ihr zur Verantwortung Stuttgarts für die Welt sagt, zu den dreckigen Geschäften der Banken und Energieriesen, zur Atomlobby, zu den Steuerbetrügern und Spesenrittern, die auf dem Sattel des Gemeinwohls durch die Welt reiten. Ich will hören, dass ihr und eure politischen Gruppen und Parteien auf die Barrikaden geht, wenn Menschen ersaufen – oder, noch einmal davongekommen, zusammengeschlagen werden im vereinten, demokratischen Europa. Macht auf die Tür, die Tor macht weit: Das ist nicht nur ne verdammte Christenpflicht, sondern praktische Demokratie. Das Problem mit dem Feinstaub würde ich euch dann abnehmen.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die AnStifter.
(aus Kontext-Wochenzeitung, 13.9.2012)