ER ist da. Ein Sonntagskind. Egal, was ER übermorgen sagen wird: wir sind heute schon einverstanden! Ich. Sie. Die Medien. Die Parteien. Die Regierung. Die Opposition. Das Volk. Das Ausland. Alle. Selbst wenn ER etwas ganz anderes sagen würde, denn nichts ist unmöglich, sagt der „Spiegel“. Weil bei uns können sich alle anderen Länder eine Scheibe abschneiden! Mehr sag ich nicht.
Jedenfalls ist mein Job sicher – als Rentner verdiene ich jetzt jeden Monat 22 Euro mehr und komm durch die Rentenanpassung auf satte 992 Mäuse. Anders als die Verlierer: etwa 20 Prozent aller Beschäftigten kriegen eben mal 400 Euro auf die Kralle, behauptet der DGB. Aktuell sind das über sieben Millionen Arbeitsverhältnisse. 2,5 Millionen dieser schlechten Verhältnisse sind Nebentätigkeiten – mithin arbeiten 4,9 Millionen Menschen ausschließlich in Minijobs. Aufstocken, Kombilohn, Grundsicherung, Eckregelsatz: das sagt doch alles.
Das Beispiel zeigt, dass wir ein absolut republikanischer, demokratischer und sozialer Rechtsstaat sind, wie es ja Artikel 28 (1) des Grundgesetzes auch für den Niedriglohnsektor bindend vorschreibt. Das ist, ähnlich wie früher der russische Sektor, eine Gegend unseres Vaterlandes, in der man am Wochenende das Jobwunder besichtigen kann – und wo man auch mit sehr wenig Geld sehr viel gute Laune produziert. In Gelsenkirchen-Buer etwa oder in Reinsdorf bei Zwickau, wo meine Omi Glimzbsch herkommt. Natürlich schafft der eine oder andere, der nicht dort leben will, sein Geld in die Schweiz – wenn er was übrig hat. Erst neulich wurde ein deutscher Rentner im Grenzland erwischt, der 900 000 Euro Bares im Leibgürtel hatte und nach Zürich bringen wollte – der Stadt mit der höchsten Lebensqualität weltweit. Aber der Mann war zu dick (Zürcher Geschnetzeltes!) und fiel deshalb dem Zoll auf.
Damit so etwas nicht wieder passiert, wird nun endlich das neue deutsch-schweizerische Steuerabkommen unter der Hand abgesegnet, verabschiedet, angewandt: Topp, es gilt! Alle Sünden der Vergangenheit sind vergeben, und wer jetzt neues Schwarzgeld in der Schweiz waschen will, muss vorsichtiger sein. Natürlich: die Kritik der Habenichtse ist vehement und ließ nicht auf sich warten. Sogar der Bund Deutscher Kriminalbeamter sprach gar von „staatlich organisierter Geldwäsche“.
Fehlt nur noch, dass man jetzt auch die Bestechung von Abgeordneten unter Strafe stellt – das wäre fast so schlimm wie die Abschaffung von Journalistenrabatten. Wie man’s macht, isses verkehrt!